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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 21.04.2005
Aktenzeichen: 6 AZR 361/04
Rechtsgebiete: TV soziale Absicherung vom 6. Juli 1992, BGB


Vorschriften:

TV soziale Absicherung vom 6. Juli 1992 § 4
BGB § 613a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

6 AZR 361/04

Verkündet am 21. April 2005

In Sachen

hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Armbrüster und Prof. Dr. Friedrich sowie die ehrenamtlichen Richter Gebert und Schneider für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 27. Mai 2004 - 3 Sa 498/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob die Klägerin Anspruch auf 1.000,00 Euro Abfindung nach dem Tarifvertrag zur sozialen Absicherung vom 6. Juli 1992 (TV soziale Absicherung) hat.

Die am 13. April 1944 geborene Klägerin war seit 15. August 1971 bei dem Beklagten, einem Landkreis, sowie dessen Rechtsvorgängern als Reinigungskraft in der Staatlichen Regelschule O zu einem Bruttomonatslohn von 1.159,66 Euro beschäftigt. Der Beklagte ist Mitglied in der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände. § 2 des Arbeitsvertrags der Parteien lautet:

"Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem BMT-G-O und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen sowie den nach den für Arbeiter des Arbeitgebers im Gebiet nach Art. 3 des Einigungsvertrags jeweils geltenden sonstigen Regelungen."

Der Beklagte übertrug mit Wirkung zum 1. August 2002 die Erledigung sämtlicher Reinigungsaufgaben der von ihm bewirtschafteten Gebäude auf die K GmbH. Diese sollte die beim Beklagten beschäftigten Reinigungskräfte übernehmen, denen für die Dauer eines Jahres Vergütung nach dem BMT-G-O einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen sowie eine Abfindung für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis durch die K GmbH innerhalb der ersten 15 Monate gekündigt werden sollte, zugesagt wurde. Von den betroffenen 116 Reinigungskräften widersprachen etwa 110 - darunter auch die Klägerin - dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses, während nur etwa 2 bis 6 Reinigungskräfte ein Arbeitsverhältnis mit der K GmbH begründeten. Gegen die daraufhin von dem Beklagten gegenüber der Klägerin erklärte betriebsbedingte Kündigung zum 31. März 2003 erhob diese Kündigungsschutzklage. Die Parteien einigten sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung iHv. 4.500,00 Euro. Unter III. enthält dieser Vergleich folgende Regelung:

"Die Abfindung nach II ist auf eventuelle Ansprüche aus tarifvertraglichen Regelungen oder Sozialplanrregelungen, die unabhängig von diesem Vergleich bestehen, anzurechnen.

Solche Ansprüche sind durch Frau D geltend zu machen und ggf. gerichtlich durchzusetzen."

Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter Anrechnung der gezahlten Abfindung einen weitergehenden, auf § 4 TV soziale Absicherung gestützten Abfindungsanspruch in Höhe von 1.298,30 Euro, später in Höhe von 1.000,00 Euro geltend gemacht. § 4 TV soziale Absicherung enthält ua. folgende Regelung:

"(1) Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis aus Gründen des Personalabbaus entweder gekündigt oder durch Auflösungsvertrag beendet wird, erhält eine Abfindung.

...

(5) Eine Abfindung steht nicht zu, wenn

a) die Kündigung aus einem vom Arbeitnehmer zu vertretenden Grund (z.B. Ablehnung eines anderen angebotenen Arbeitsplatzes, es sei denn, daß ihm die Annahme nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten billigerweise nicht zugemutet werden kann) erfolgt ist oder

b) der Arbeitnehmer im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber ausgeschieden ist, weil er von einem anderen Arbeitgeber im Sinne des § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT-O/BAT-Ostdeutsche Sparkassen/BAT übernommen wird."

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe der volle Abfindungsanspruch nach § 4 TV soziale Absicherung zu. In Ermangelung eines Betriebsübergangs sei ihr kein anderer Arbeitsplatz iSv. § 4 Abs. 5a angeboten worden. Zudem seien die Arbeitsbedingungen bei der K GmbH in Bezug auf Leistungsdichte, Höhe der Vergütung, räumlichen Einsatzbereich, betriebliche Altersversorgung, vermögenswirksame Leistungen, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall deutlich schlechter als bei dem Beklagten und daher nicht zumutbar. Im Hinblick auf ihr Lebensalter sei die von der K GmbH beabsichtigte Einführung eines Flächenreinigungsnormativs von durchschnittlich 270 qm je Stunde für die Klägerin keinesfalls erbringbar gewesen, zumal bei dem Beklagten lediglich 140 qm je Stunde gereinigt werden mussten.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.000,00 Euro zuzüglich Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2003 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe kein Anspruch auf eine Abfindung nach § 4 TV soziale Absicherung zu, weil sie die zumutbare Weiterbeschäftigung als Reinigungskraft bei der K GmbH nicht angenommen habe. Die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst einerseits und im privaten Gebäudereinigerhandwerk andererseits begründeten keine Unzumutbarkeit des angebotenen Arbeitsplatzes.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren letzten Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

A. Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin eine Abfindung nach § 4 TV soziale Absicherung vom 6. Juli 1992 zu zahlen.

1. Der TV soziale Absicherung findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Zwar ist nicht die Klägerin, sondern nur der Beklagte als Mitglied der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände tarifgebunden. Die Parteien haben jedoch in § 2 Arbeitsvertrag die Anwendung des BMT-G-O und der diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge und der für Arbeiter des Arbeitgebers im Gebiet nach Art. 3 Einigungsvertrag jeweils geltenden sonstigen Regelungen vereinbart. Hierzu gehört auch der TV soziale Absicherung.

2. Nach § 4 Abs. 1 TV soziale Absicherung erhält ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis aus Gründen des Personalabbaus entweder gekündigt oder durch Auflösungsvertrag beendet wird, eine Abfindung. Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die Klägerin vor, denn ihr Arbeitsverhältnis als Reinigungskraft wurde vom Beklagten gekündigt, weil dieser die Erledigung sämtlicher Reinigungsaufgaben an die K GmbH vergeben hat.

3. Gleichwohl hat die Klägerin keinen Anspruch auf Abfindung. Nach § 4 Abs. 5a TV soziale Absicherung steht eine Abfindung nicht zu, wenn die Kündigung aus einem vom Arbeitnehmer zu vertretenden Grund (zB Ablehnung eines anderen angebotenen Arbeitsplatzes, es sei denn, dass ihm die Annahme nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten billigerweise nicht zugemutet werden kann) erfolgt ist.

a) Der normative Teil eines Tarifvertrags ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tarifvertraglichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Ein Wille, für den es im Wortlaut keinen Anhaltspunkt gibt, ist für die Auslegung bedeutungslos. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann (st. Rspr. des BAG, vgl. 28. Mai 1998 - 6 AZR 349/96 - AP BGB § 611 Bühnenengagementsvertrag Nr. 52 = EzA TVG § 4 Bühnen Nr. 5, zu II 2 a der Gründe; 26. April 2001 - 6 AZR 2/00 -AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 37, zu 1 a der Gründe; 29. August 2001 - 4 AZR 337/00 - BAGE 99, 24, 28; 22. Oktober 2002 - 3 AZR 664/01 - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 185, zu II 1 a der Gründe).

b) Eine am Wortlaut orientierte Auslegung ergibt, dass "anderer angebotener Arbeitsplatz" im Sinne der Tarifnorm jedes Beschäftigungsangebot zu geänderten Bedingungen beim bisherigen Arbeitgeber sowie zu gleichen und/oder geänderten Bedingungen bei einem Dritten ist.

aa) Als "Arbeitsplatz" wird im Sprachgebrauch zum einen der Platz, an dem man arbeitet (Arbeitsstätte), bezeichnet. Andererseits umschreibt dieser Begriff auch die Tätigkeit als solche, die berufliche Beschäftigung (Duden Das Große Wörterbuch der Deutschen Sprache in 10 Bänden 3. Aufl. Bd. 1 S. 282; Brockhaus-Wahrig Deutsches Wörterbuch in 6 Bänden Stand 1980 Bd. 1 S. 306; jeweils zum Begriff "Arbeitsplatz"). In diesem letztgenannten Sinn nimmt der Begriff "Arbeitsplatz" Bezug auf die Summe der von den Arbeitsvertragsparteien getroffenen Vereinbarungen, denn der konkrete Arbeitsplatz wird hierdurch von den Vertragspartnern im Einzelnen bestimmt. "Anderer Arbeitsplatz" ist jede Beschäftigung, der im Vergleich zur zuletzt ausgeübten Tätigkeit abweichende Vertragsbedingungen zugrunde liegen. Dies trifft beispielsweise auf eine Beschäftigung an einem anderen Arbeitsort, mit geänderter Tätigkeit, einem abweichenden Arbeitsvolumen sowie einer Änderung der Vergütung, aber auch auf eine solche bei einem anderen als dem bisherigen Arbeitgeber zu. Der Wortlaut der Tarifnorm begrenzt die anzubietenden Arbeitsplätze nicht auf solche des Vertragsarbeitgebers.

Auch muss das Angebot nicht von diesem erfolgen, sondern kann auch von einem Dritten unterbreitet werden. Es genügt die Übermittlung des Angebots durch den Beklagten als Vertragsarbeitgeber. Die Zusage des Beklagten, den Arbeitnehmer(inne)n den Besitzstand im Wesentlichen für ein Jahr zu garantieren, hatte das Angebot der K GmbH mit zum Inhalt. Das reicht aus.

bb) Dies ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Tarifbestimmung und dem tariflichen Gesamtzusammenhang. Wie die Tarifvertragsparteien in den Vorbemerkungen ausdrücklich niedergelegt haben, verfolgt der Tarifvertrag den Zweck, bei den erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen vorrangig Beschäftigungsmöglichkeiten zu sichern. Dabei geht es nicht nur um solche im öffentlichen Dienst, sondern um den Erhalt von Arbeitsplätzen schlechthin (BAG 19. Februar 1998 - 6 AZR 367/96 - BAGE 88, 109, zu II 1 der Gründe).

c) Hiernach lag der Klägerin das Angebot eines anderen Arbeitsplatzes vor. Sie hätte für die K GmbH eine Reinigungstätigkeit aufnehmen können. Dies lehnte sie ab, woraufhin der Beklagte das Arbeitsverhältnis wegen Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes der Klägerin kündigte.

d) Die Annahme des Arbeitsplatzes bei der K GmbH war der Klägerin nach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten billigerweise nicht unzumutbar.

aa) Unter Kenntnissen ist das tätigkeitsbezogene Sach- und Erfahrungswissen zu verstehen, während der Begriff der Fähigkeiten die körperliche und geistige Eignung zur Erfüllung der Anforderungen der neuen Tätigkeit umfasst (BAG 18. April 1996 - 6 AZR 607/95 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 14 = EzA TVG § 4 Personalabbau Nr. 5, zu II 2 a der Gründe; 29. Oktober 1998 - 6 AZR 271/97 -, zu II 3 a der Gründe; 26. April 2001 - 6 AZR 685/99 - ZTR 2002, 80, zu 2 a aa der Gründe; 28. Februar 2002 - 6 AZR 525/01 - EzA TVG § 4 Personalabbau Nr. 9, zu I 2 b der Gründe). Damit sind nach dem Wortlaut der Tarifnorm weder persönliche, noch familiäre oder soziale Gründe berücksichtigungsfähig. Ob ein angebotener Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer zumutbar ist, richtet sich nach Treu und Glauben, § 242 BGB. Die beiderseitigen Interessen sind zu berücksichtigen und abzuwägen. Dabei bedarf es grundsätzlich vor dem Hintergrund des auf Beschäftigungssicherung abzielenden Tarifzwecks für ein überwiegendes, berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers an einer Ablehnung des Arbeitsplatzes besonders gewichtiger Gründe (BAG 19. Februar 1998 - 6 AZR 367/96 - BAGE 88, 109, zu II 3 der Gründe; 29. Oktober 1998 - 6 AZR 271/97 -, zu II 3 b der Gründe). Im Verhältnis zum bisherigen Arbeitsplatz muss der angebotene Ersatzarbeitsplatz nicht gleichwertig sein (BAG 18. April 1996 - 6 AZR 607/95 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 14 = EzA TVG § 4 Personalabbau Nr. 5, zu II 2 b der Gründe; 30. Januar 1997 - 6 AZR 859/95 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 18 = EzA TVG § 4 Personalabbau Nr. 7, zu II 2 b der Gründe; 28. Februar 2002 - 6 AZR 525/01 - EzA TVG § 4 Personalabbau Nr. 9, zu I 2 c aa der Gründe). Im Falle eines Betriebsübergangs hat der Senat in Anlehnung an eine Entscheidung des Zehnten Senats vom 5. Februar 1997 (- 10 AZR 553/96 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 112 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 92, zu II 1 der Gründe) zur Auslegung eines Sozialplans, der einen Abfindungsanspruch bei Ablehnung eines zumutbaren Arbeitsplatzes ausschloss, allein im Wechsel der Person des Arbeitgebers keinen Grund für die Unzumutbarkeit der Weiterarbeit gesehen. Danach ist sogar dann, wenn die Arbeitsverträge beim Betriebserwerber gem. § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch einen anderen ungünstigeren Tarifvertrag geregelt werden, der Arbeitsplatz beim Betriebserwerber noch nicht unzumutbar, weil einmal erreichte Arbeitsbedingungen auch beim Betriebsveräußerer nicht auf Dauer garantiert sind. Der Senat hat ein befristetes Arbeitsverhältnis ebenso für zumutbar gehalten (1. Dezember 1994 - 6 AZR 571/94 -ZTR 1995, 462) wie das Angebot eines Teilzeitarbeitsverhältnisses (28. Februar 2002 - 6 AZR 525/01 - EzA TVG § 4 Personalabbau Nr. 9). Dagegen hat er ein nebenberufliches Arbeitsverhältnis in dem zeitlich völlig untergeordneten Umfang von 52 Stunden in sieben Monaten (19. Juni 1997 - 6 AZR 74/96 - ZTR 1997, 517) für unzumutbar erachtet, wie auch eine um 40 % niedrigere Vergütung bei gleicher Arbeitszeit (26. April 2001 - 6 AZR 685/99 - ZTR 2002, 80).

bb) Die Frage, ob ein Ersatzarbeitsplatz für den Arbeitnehmer zumutbar ist, hängt im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Deren Würdigung ist Sache des Tatrichters und in der Revisionsinstanz nur daraufhin nachprüfbar, ob das Gericht der Tatsacheninstanz den unbestimmten Rechtsbegriff der Zumutbarkeit verkannt, den Tatsachenstoff ausgeschöpft, alle wesentlichen Umstände widerspruchsfrei gewürdigt und allgemeine Denk- und Erfahrungssätze beachtet hat (BAG 29. Oktober 1998 - 6 AZR 271/97 -, zu II 3 d der Gründe; 24. Juli 1991 - 7 ABR 68/90 - BAGE 68, 187, 193).

cc) Das Landesarbeitsgericht hat sich hinsichtlich der Zumutbarkeit des angebotenen Arbeitsplatzes den Ausführungen des Arbeitsgerichts vollumfänglich angeschlossen. Dieses ist zunächst davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Unzumutbarkeit kein Vergleich zwischen den bisherigen und den angebotenen Arbeitsbedingungen vorzunehmen sei. Da die Zumutbarkeitsprüfung an Kenntnisse und Fähigkeiten anknüpfe, sei unerheblich, dass die Klägerin noch Kredite zu bedienen habe, ihr Ehemann Geringverdiener sei, sie 53 Jahre alt und weder im Besitz eines Autos noch einer Fahrerlaubnis sei. Das Arbeitsgericht hat sodann angenommen, dass der Klägerin die Tätigkeit bei der K GmbH billigerweise zuzumuten war. Zwar wäre im Fall einer Annahme des Vertragsangebots das Arbeitsverhältnis der Klägerin den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen für das Gebäudereinigerhandwerk unterfallen. Weder die arbeitsplatzbezogenen Anforderungen noch die Entlohnung und weitere Gegenleistungsfaktoren sowie Zeit, Ort und organisatorische Rahmenbedingungen begründeten aber ein überwiegendes Interesse der Klägerin an der Ablehnung des Vertragsangebots. Insoweit hätte es der Klägerin oblegen, darzulegen, warum die tariflichen Arbeitsbedingungen des Gebäudereinigerhandwerks für die von ihr ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft ausnahmsweise unzumutbar seien. Der tariflichen Regelung komme die Vermutung der Angemessenheit zu, was hier dadurch noch verstärkt werde, dass die Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk durch staatlichen Hoheitsakt für allgemeinverbindlich erklärt worden seien.

dd) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat den unbestimmten Rechtsbegriff der Zumutbarkeit nicht verkannt, den Tatsachenstoff ausgeschöpft, alle wesentlichen Umstände widerspruchsfrei gewürdigt und allgemeine Denk- und Erfahrungssätze beachtet. Das Landesarbeitsgericht erkennt richtig, dass nach dem Wortlaut der Tarifnorm persönliche, familiäre oder soziale Gründe die Unzumutbarkeit des Arbeitsplatzangebots nicht begründen können, da auf die Kenntnisse und Fähigkeiten abzustellen ist. Im Rahmen der Berücksichtigung der Fähigkeiten erlangt auch der Umstand, dass sich die Klägerin auf Grund ihres Lebensalters außer Stande sah, die bei der K GmbH einzuführende beabsichtigte Flächenreinigungsnorm von durchschnittlich 270 qm je Stunde gegenüber 140 qm bei dem Beklagten zu erfüllen, keine streitentscheidende Bedeutung. Die Klägerin hat nämlich nicht im Einzelnen dargelegt, welcher Art ihre altersbedingten Beeinträchtigungen sind und in welcher Weise diese sich auf ihre körperliche Leistungsfähigkeit auswirken, so dass das Landesarbeitsgericht diesen Gesichtspunkt nicht würdigen konnte. Auch zu den jeweils zur Verfügung stehenden Arbeitsmitteln und zu der jeweils geforderten Intensität der Reinigung hat die Klägerin nichts vorgetragen, so dass die unterschiedliche Flächenreinigungsnorm nichts konkretes besagt. Richtig erkannt wird, dass ein zu begründendes Arbeitsverhältnis mit der K GmbH den allgemeinverbindlichen Tarifverträgen für das Gebäudereinigerhandwerk unterfallen wäre. Dies wäre nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB auch bei Vorliegen eines Betriebsübergangs der Fall gewesen. Dass die Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk teilweise für den Arbeitnehmer ungünstigere Arbeitsbedingungen als der BMT-G-O und die diesen ergänzenden Tarifverträge enthalten, begründet noch nicht die Unzumutbarkeit des Arbeitsplatzangebots. Bei Zugrundelegung des tariflichen Zumutbarkeitsbegriffs bedarf es für ein überwiegendes Interesse des Arbeitnehmers an einer Ablehnung des Arbeitsplatzes besonders gewichtiger Gründe. Die Tatsacheninstanz hat richtig erkannt, dass die Klägerin nicht im Einzelnen dargelegt hat, aus welchen Gründen die tariflichen Bedingungen des Gebäudereinigerhandwerks für sie nicht nur nachteilig, sondern unzumutbar sein sollten. Im Übrigen ist bereits nicht ersichtlich, in welchem Umfang sich die Geltung der Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk auf die Vergütung der Klägerin tatsächlich ausgewirkt hätte. Zumindest im ersten Jahr einer Tätigkeit für die K GmbH wäre es wegen der vom Beklagten zugesagten Überbrückungsleistungen überhaupt nicht zu einer Minderung der Vergütung der Klägerin gekommen. Eventuell später eintretende nachteilige Auswirkungen führen jedoch schon deshalb nicht zu einer Unzumutbarkeit des angebotenen Arbeitsplatzes, weil einmal erreichte Arbeitsbedingungen auch beim bisherigen Arbeitgeber nicht auf Dauer garantiert sind.

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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