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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 29.07.2009
Aktenzeichen: 7 ABR 27/08
Rechtsgebiete: BetrVG, GG
Vorschriften:
BetrVG § 3 Abs. 1 | |
GG Art. 9 Abs. 3 | |
GG Art. 2 Abs. 1 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! BESCHLUSS
Verkündet am 29. Juli 2009
In dem Beschlussverfahren
hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Anhörung vom 29. Juli 2009 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dörner, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gräfl, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Koch sowie die ehrenamtlichen Richter Güner und Willms für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats und der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 21. Februar 2008 - 5 TaBV 14/07 - aufgehoben.
Das Verfahren wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Gründe:
A. Die Antragstellerin, die im Unternehmen der zu 3) beteiligten Arbeitgeberin vertretene Gewerkschaft ver.di, macht im Rechtsbeschwerdeverfahren die Unwirksamkeit der am 20. April 2006 bei der Arbeitgeberin durchgeführten Betriebsratswahl geltend, aus der der zu 2) beteiligte Betriebsrat hervorgegangen ist.
Die Arbeitgeberin betreibt unter verschiedenen Marken Lebensmitteleinzelhandel. Die Antragstellerin und die Arbeitgeberin schlossen am 18. März 2002 "für die Dauer einer Amtsperiode gemäß § 13 BetrVG" einen Tarifvertrag nach § 3 BetrVG, wonach die Betriebe und Betriebsteile der Arbeitgeberin im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags zu einem Betrieb zusammengefasst wurden. Die turnusmäßige Betriebsratswahl im Jahr 2002 erfolgte auf der Grundlage dieses Tarifvertrags.
Die Antragstellerin forderte die "E mbH" in R mit Schreiben vom 12. Dezember 2005 auf, für die im Jahr 2006 anstehende Betriebsratswahl in Verhandlungen über einen "Tarifvertrag nach § 3 BetrVG" im Unternehmen der Arbeitgeberin einzutreten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die mit dem Adressaten des Schreibens nicht identische Arbeitgeberin bereits mit der zu 4) beteiligten Gewerkschaft DHV in Verhandlungen über den Abschluss eines Zuordnungstarifvertrags, der anschließend unter dem 2. Januar 2006 unterzeichnet wurde. Dieser Tarifvertrag entspricht bis auf die Geltungsdauer inhaltlich dem zuvor mit der Antragstellerin abgeschlossenen Tarifvertrag und lautet:
"§ 1 Tariflicher Geltungsbereich
1.) räumlich: für das Gebiet der BundesländerBayern, Sachsen und Thüringen
2.) fachlich: für alle Betriebe und sämtliche Filialen, Betriebsteile undNebenbetriebe anzusehenden Betriebsstätten der B mbH, einschließlich der Verwaltung
3.) persönlich: für alle im räumlichen undfachlichen Geltungsbereich beider B mbH beschäftigten Arbeitnehmer/innen im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG.
...
§ 3 Zuordnung von Betrieben
Die im Geltungsbereich dieses Vertrages liegenden Betriebe aller Verkaufsschienen sowie die zentrale Verwaltung der B mbH in M, die als Betriebsteile anzusehen sind, werden abweichend von § 4 BetrVG zu einem einzigen Betrieb zusammengefasst. Die einzelnen Betriebsteile der vorgenannten Verkaufsschienen sind in der Anlage 1 ausgeführt.
...
§ 6 Geltungsdauer
Dieser Tarifvertrag tritt mit der Unterzeichnung durch die Parteien in Kraft. Dieser Tarifvertrag kann von jeder Vertragspartei mit einer Frist von 6 Monaten, erstmals zum 31. Mai 2010, gekündigt werden."
§ 2 der Satzung der Gewerkschaft DHV in ihrer zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags vom 2. Januar 2006 geltenden Fassung lautete:
"§ 2 Aufgaben und Ziele
1. Der DHV ist eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen, die in der Verwaltung und dem öffentlichen Dienst tätig sind. ... Er vertritt die Interessen der Mitglieder in christlich-sozialer Grundhaltung. ...
2. Diesem Ziel dienen:
a) Tarifverhandlungen und Tarifabschlüsse mit den Arbeitgebern und ihren Verbänden. Zur Durchsetzung seiner Forderungen ist er bereit, Arbeitsniederlegungen oder andere Kampfmaßnahmen einzusetzen. ...
...
§ 3 Mitgliedschaft
1. Die Mitgliedschaft können Arbeitnehmer und Berufsanwärter in kaufmännischen und verwaltenden Berufen erwerben.
2. Zur Wahrnehmung gewerkschaftlicher Belange kann der Hauptvorstand auch Arbeitnehmer aus anderen Berufsgruppen aufnehmen und deren Interessen wahrnehmen."
Die E Handelsgesellschaft informierte die Antragstellerin unter dem 2. Februar 2006 über den Abschluss des Tarifvertrags.
Die am 20. April 2006 bei der Arbeitgeberin durchgeführte Betriebsratswahl fand auf der Grundlage des Tarifvertrags vom 2. Januar 2006 statt. Zu diesem Zeitpunkt wurden bei der Arbeitgeberin mehr als 1600 Arbeitnehmer beschäftigt. Es wurde der zu 2) beteiligte und aus 15 Mitgliedern bestehende Betriebsrat gewählt. Das Ergebnis der Betriebsratswahl wurde durch einen Aushang am 24. April 2006 bekannt gemacht. Danach erhielt die Liste der Antragstellerin 2 Sitze.
Mit ihrem am 8. Mai 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat sich die Gewerkschaft ver.di gegen die Gültigkeit der Betriebsratswahl gewandt. Sie hat gemeint, die Betriebsratswahl habe nicht auf der Grundlage des Tarifvertrags vom 2. Januar 2006 durchgeführt werden dürfen, da dieser nur unter ihrer Beteiligung hätte abgeschlossen werden können. Die Betriebsratswahl sei fehlerhaft durchgeführt worden, weil in einigen Filialen das Wahlausschreiben nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden sei. Im Wahlausschreiben sei die Größe des Betriebsrats unzutreffend auf 15 Betriebsratsmitglieder festgelegt worden. Schließlich seien die Briefwahlunterlagen nicht an die Privatadressen der Arbeitnehmer versandt worden, sondern von den jeweils örtlichen Marktleitern verteilt und wieder entgegengenommen worden.
Die Gewerkschaft ver.di hat beantragt,
die Betriebsratswahl vom 20. April 2006 für nichtig zu erklären,
hilfsweise,
die Betriebsratswahl vom 20. April 2006 für unwirksam zu erklären.
Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben die Zurückweisung des Antrags beantragt.
Das Arbeitsgericht hat den Hauptantrag zur Nichtigkeit der Wahl abgewiesen und auf den Hilfsantrag die Betriebsratswahl für unwirksam erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichteten Beschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin weiter die vollständige Abweisung des Antrags, während die antragstellende Gewerkschaft ver.di die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beantragt. Die Gewerkschaft DHV hat im Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt.
B. Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann dem auf Feststellung der Ungültigkeit der am 20. April 2006 durchgeführten Betriebsratswahl gerichteten Antrag nicht entsprochen werden. Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass durch einen Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 BetrVG die betriebsverfassungsrechtliche Organisation abweichend von den gesetzlichen Vorgaben ausgestaltet werden kann. Das Beschwerdegericht hat aber zu Unrecht die in dem Tarifvertrag vom 2. Januar 2006 vereinbarte Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats nicht als wirksam angesehen, weil der Tarifvertrag nicht unter Beteiligung der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen worden ist. Damit hat das Landesarbeitsgericht die für den Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BetrVG geltenden Anforderungen verkannt. Ein solcher Tarifvertrag kann von einer tarifzuständigen und im Betrieb vertretenen Gewerkschaft ohne Beteiligung von anderen gleichfalls tarifzuständigen Gewerkschaften abgeschlossen werden. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht, das über die Gültigkeit der Betriebsratswahl vom 20. April 2006 neu befinden muss. Der Senat kann auf der Grundlage der bisher vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob die Wahl des Betriebsrats unwirksam ist oder nicht. Die Betriebsratswahl ist unter Verkennung des Betriebsbegriffs von § 1 Abs. 1 Satz 1, § 4 BetrVG erfolgt, wenn der Tarifvertrag vom 2. Januar 2006 aus anderen als vom Landesarbeitsgericht angenommenen Gründen unwirksam ist oder die Voraussetzungen für die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats nicht vorliegen. An einem wirksamen Tarifvertragsabschluss fehlt es, wenn die Gewerkschaft DHV nicht für sämtliche bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer tarifzuständig war. Daneben muss die Gewerkschaft DHV mit zumindest einem Mitglied im Betrieb der Arbeitgeberin vertreten sein und die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats muss den Anforderungen der Dienlichkeitsklausel in § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG genügen. Hierzu haben die Beteiligten bisher keinen Sachvortrag gehalten. Ist die Zuordnung der bei der Arbeitgeberin bestehenden betriebsverfassungsrechtlichen Einheiten durch den Tarifvertrag vom 2. Januar 2006 wirksam geändert worden, ist die Wahl nur ungültig, wenn die von der Gewerkschaft ver.di geltend gemachten Wahlfehler vorliegen und das Ergebnis der Betriebsratswahl beeinflusst haben können.
I. Die Betriebsratswahl kann nach § 19 Abs. 1 BetrVG beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist ua. eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft zur Anfechtung der Betriebsratswahl berechtigt. Die Anfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses zulässig (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Die Gewerkschaft ver.di hat die Betriebsratswahl vom 20. April 2006 fristgerecht angefochten. Das Wahlergebnis der Betriebsratswahl ist am 24. April 2006 bekannt gegeben worden. Der am 8. Mai 2006 beim Arbeitsgericht eingegangene Wahlanfechtungsantrag hat daher die Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gewahrt.
II. Das Landesarbeitsgericht hat dem Wahlanfechtungsantrag der Gewerkschaft ver.di zu Unrecht entsprochen. Es hat den zwischen der Arbeitgeberin und der Gewerkschaft DHV abgeschlossenen Tarifvertrag vom 2. Januar 2006 für unwirksam gehalten, weil dieser nur unter Mitwirkung der Gewerkschaft ver.di hätte abgeschlossen werden dürfen. Das Beschwerdegericht ist zwar im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BetrVG das gesetzliche Organisationsmodell durch eine abweichende Regelung in einem Tarifvertrag einer tarifzuständigen und im Betrieb vertretenen Gewerkschaft ersetzt und ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gebildet werden kann. Das Landesarbeitsgericht hat aber rechtsfehlerhaft angenommen, dass ein Tarifvertrag über die betriebsverfassungsrechtliche Organisation zur Vermeidung einer möglichen Tarifkonkurrenz nur von allen für den Betrieb tarifzuständigen Gewerkschaften gemeinsam geschlossen werden kann.
1. Nach § 3 Abs. 1 BetrVG kann durch Tarifvertrag unter den dort bestimmten Voraussetzungen von den organisatorischen Vorschriften des BetrVG abgewichen werden und ua. für Unternehmen mit mehreren Betrieben ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gebildet werden, wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BetrVG). Mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG ermächtigt der Gesetzgeber die Tarifvertragsparteien in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise, durch betriebsverfassungsrechtliche Normen abweichende Vereinbarungen über die Repräsentationsstruktur der Arbeitnehmer im Bereich der betrieblichen Mitbestimmung zu schaffen, die an die Stelle des gesetzlichen Organisationsmodells treten.
2. Der Gesetzgeber hat die organisatorischen Bestimmungen des BetrVG grundsätzlich zweiseitig-zwingend ausgestaltet und damit der Normsetzung durch Tarifverträge weitgehend entzogen (zu §3 BetrVG aF: BAG 10. November 2004 - 7 ABR 17/04 - zu B I 3 b aa [1] der Gründe, AP BetrVG 1972 §3 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 §3 Nr. 1; allgemein zu den organisatorischen Vorschriften des BetrVG: BAG 10. Februar 1988 - 1 ABR 70/86 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 57, 317 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 53 = EzA TVG § 1 Nr. 34). Die Möglichkeit zu einer vom Gesetz abweichenden Ausgestaltung der Repräsentationsstrukturen der Arbeitnehmer in der Betriebsverfassung ist den Tarifvertragsparteien nur in dem durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG bestimmten Umfang eröffnet. Die weiteren Tatbestände in § 3 Abs. 1 Nr. 4 und 5 BetrVG betreffen dagegen die Bestimmung zusätzlicher betriebsverfassungsrechtlicher Gremien und Vertretungen, die nicht an die Stelle der gesetzlich vorgesehenen Arbeitnehmervertretungen treten. Durch die Neuregelung des § 3 BetrVG in dem Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) ist das zuvor in § 3 Abs. 2 BetrVG aF enthaltene Zustimmungserfordernis der obersten Arbeitsbehörden für Tarifnormen, mit denen die betriebsverfassungsrechtliche Organisationsstruktur abweichend ausgestaltet wird, entfallen. Abweichende Regelungen in Tarifverträgen im Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 BetrVG bedürfen nun keiner staatlichen Zustimmung mehr. Die betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen treten in ihrem Geltungsbereich an die Stelle der im BetrVG enthaltenen organisatorischen Bestimmungen, wenn sie die allgemeinen Voraussetzungen für den Abschluss von Tarifverträgen nach dem TVG erfüllen und den Anforderungen des § 3 Abs. 1 BetrVG genügen. Die nach dieser Vorschrift vereinbarten Tarifnormen gelten auch für die Arbeitnehmer, die nicht Mitglieder der abschließenden Gewerkschaft sind. Nach § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2 TVG ist für die unmittelbare und zwingende Wirkung von betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen die Tarifbindung des Arbeitgebers ausreichend.
3. § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG ist verfassungsgemäß. Die Vorschrift verstößt nicht gegen die negative Koalitionsfreiheit der nicht- oder andersorganisierten Arbeitnehmer und beruht auf einer ausreichend legitimierten Delegation staatlicher Normsetzungsbefugnisse.
a) Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit wird durch die Erstreckung der Normwirkung auf die nicht der abschließenden Gewerkschaft angehörenden Arbeitnehmer nicht verletzt.
Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet als individuelles Freiheitsrecht das Recht des Einzelnen, eine Koalition zu gründen, einer Koalition beizutreten oder ihr fernzubleiben oder aus ihr auszutreten, sowie das Recht, durch koalitionsmäßige Betätigung die in der Verfassungsvorschrift genannten Zwecke zu verfolgen. Das Grundrecht schützt davor, dass ein Zwang oder Druck auf die nicht- oder andersorganisierten Arbeitnehmer ausgeübt wird, einer bestimmten Organisation beizutreten. Ein von einer Regelung oder Maßnahme ausgehender bloßer Anreiz zum Beitritt erfüllt diese Voraussetzung nicht. Allein dadurch, dass jemand den Vereinbarungen fremder Tarifvertragsparteien unterworfen wird, ist ein solcher spezifisch koalitionsrechtlicher Aspekt nicht betroffen (BVerfG 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202, 218 = AP GG Art. 9 Nr. 129). Dass ein nicht der vertragsschließenden Gewerkschaft angehörender Arbeitnehmer wegen eines Tarifvertrags nach § 3 BetrVG motiviert wird, der vertragsschließenden Koalition beizutreten, um als deren Mitglied auf den Abschluss der künftigen Tarifverträge Einfluss nehmen zu können, liegt fern. Die Bindung eines nicht- oder andersorganisierten Arbeitnehmers an einen betriebsverfassungsrechtlichen Tarifvertrag kann daher nicht als unzulässiger Druck in Richtung auf einen Koalitionsbeitritt qualifiziert werden (Fitting BetrVG 24. Aufl. §3 Rn. 10; GK-BetrVG/Kraft/Franzen 8. Aufl. §3 Rn. 69; Richardi/Richardi BetrVG 11. Aufl. § 3 Rn. 12; Thüsing ZIP 2003, 693, 694 f.).
b) § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip. Die Vorschrift enthält eine zulässige Delegation der staatlichen Normsetzungsbefugnis über die Ausgestaltung der Repräsentation der Arbeitnehmer im Bereich der betrieblichen Mitbestimmung, die eine Erstreckung der Normwirkung gegenüber den nicht- oder andersorganisierten Arbeitnehmern in den von dem Tarifvertrag erfassten Einheiten rechtfertigt.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf der Gesetzgeber seine Normsetzungsbefugnis grundsätzlich außerstaatlichen Stellen, zu denen auch die Tarifvertragsparteien zählen, überlassen. Die Übertragung auf Tarifvertragsparteien darf jedoch nicht in beliebigem Umfang erfolgen, da ansonsten der Bürger schrankenlos einer normsetzenden Gewalt nichtstaatlicher Einrichtungen ausgeliefert werden würde, die ihm gegenüber weder staatlich-demokratisch noch mitgliedschaftlich legitimiert ist. Die Erstreckung der Rechtsetzung durch die Tarifvertragsparteien auf Nichtmitglieder bedarf danach eines normierenden Aktes einer staatlichen Stelle. Bei diesem handelt es sich nicht um einen unzulässigen Verzicht des Gesetzgebers auf seine Rechtssetzungsbefugnisse, wenn der Inhalt der tarifvertraglichen Regelungen, auf die in staatlichen Rechtsnormen verwiesen wird, im Wesentlichen feststeht (BVerfG 14. Juni 1983 - 2 BvR 488/80 - BVerfGE 64, 208, 214 f. = AP BergmannsVersorgScheinG NRW § 9 Nr. 21).
bb) Es bedarf keiner Entscheidung, ob diese vom Bundesverfassungsgericht für Inhaltsnormen festgeschriebenen Grundsätze auf betriebsverfassungsrechtliche Normen über die Organisation der Betriebsverfassung gleichermaßen zu übertragen sind oder für diese wegen der nur mittelbaren rechtlichen Betroffenheit der Arbeitnehmer weniger strenge Grundsätze gelten (dazu Friese ZfA 2003, 237, 249 ff.). Die durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG bewirkte Delegation der Normsetzung durch den Gesetzgeber auf die Tarifvertragsparteien genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für Inhaltsnormen gelten würden.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats oder die Zusammenfassung von Betrieben nur zulässig, wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG knüpft die Errichtung von Spartenbetriebsräten an das Erfordernis der sachgerechten Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben, während nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG andere Arbeitnehmerstrukturen nur bestimmt werden können, soweit dies insbesondere aufgrund der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient. Die Vorschrift eröffnet den Tarifvertragsparteien danach keine beliebige Ausgestaltung der Repräsentationsstrukturen der Arbeitnehmervertretungen, sondern bindet diese an das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG. Der Gesetzgeber musste die Voraussetzungen für den Abschluss von Tarifverträgen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG auch nicht "bis in die Einzelheiten" ausgestalten (so aber Giesen BB 2002, 1480, 1486). Die dort bestimmten Voraussetzungen bieten eine noch ausreichende Gewähr dafür, dass die nicht der tarifschließenden Gewerkschaft angehörenden Arbeitnehmer der Normsetzung der Tarifvertragsparteien nicht schrankenlos ausgeliefert werden (BVerfG 14. Juni 1983 - 2 BvR 488/80 - BVerfGE 64, 208, 214 = AP BergmannsVersorgScheinG NRW § 9 Nr. 21). Bei den Merkmalen der "erleichterten Bildung von Betriebsräten", der "Zweckmäßigkeit" und der "Sachgerechtigkeit" handelt es zwar um unbestimmte Rechtsbegriffe, die vage und schwer zu konkretisieren sind (GK-BetrVG/Kraft/Franzen 8. Aufl. § 3 Rn. 7) und zu "Schwierigkeiten" (Annuß NZA 2002, 259) bei der Bestimmung der Voraussetzungen führen können, unter denen die Tarifvertragsparteien vom gesetzlichen Organisationsmodell der Betriebsverfassung abweichen dürfen. Diese vom Gesetzgeber bewusst gewählte Regelungstechnik (BT-Drucks. 14/5741 S. 33) soll den Tarifvertragsparteien Handlungsspielräume für eine vom Gesetz abweichende Bildung von Arbeitnehmervertretungen im Bereich der betrieblichen Mitbestimmung ermöglichen. Die hierdurch eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten sind jedoch verfassungsrechtlich unbedenklich (Fitting BetrVG 24. Aufl. § 3 Rn. 10; GK-BetrVG/Kraft/Franzen aaO. Rn. 69; Richardi/Richardi BetrVG 11. Aufl. § 3 Rn. 12; Friese ZfA 2003, 237, 247 f.; Thüsing ZIP 2003, 693, 695; Teusch NZA 2007, 124, 126; für § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG: Annuß NZA 2002, 290, 291 f.). Die Gültigkeit eines nach § 3 Abs. 1 BetrVG abgeschlossenen Tarifvertrags unterliegt der Kontrolle durch die Gerichte für Arbeitssachen, die bei der Auslegung und der Anwendung der in § 3 Abs. 1 BetrVG verwandten unbestimmten Rechtsbegriffe die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Delegation staatlicher Normsetzungsbefugnis an die Tarifvertragsparteien ebenso berücksichtigen müssen, wie die sich aus der Betriebsverfassung ergebenden Grundsätze für die Bildung demokratisch legitimierter Arbeitnehmervertretungen. Die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG formulierten Voraussetzungen für abweichende Vereinbarungen über die Repräsentation der Arbeitnehmer sind trotz der in ihnen enthaltenen Freiräume für die Tarifvertragsparteien ausreichend bemessen, um zB Tarifverträgen die rechtliche Anerkennung zu versagen, die lediglich verbandspolitisch motiviert sind, aus Kostengründen keine ausreichend legitimierte Repräsentationsstruktur schaffen (GK-BetrVG/Kraft/Franzen aaO. Rn. 8) oder wenn nicht gesichert ist, wer der durch Tarifvertrag geschaffenen Arbeitnehmervertretung als Arbeitgeber gegenübersteht (Richardi/Richardi aaO. Rn. 11).
4. Der Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG unterliegt den allgemeinen tarifrechtlichen Voraussetzungen. Erforderlich sind danach die Tariffähigkeit und die Tarifzuständigkeit der abschließenden Arbeitnehmerkoalition für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Daneben muss die Vereinbarung unter Beachtung des Schriftformerfordernisses des § 1 Abs. 2 TVG getroffen worden sein.
a) Die Tarifzuständigkeit einer Gewerkschaft ist die Fähigkeit eines an sich tariffähigen Verbandes, Tarifverträge mit einem bestimmten Geltungsbereich abzuschließen. Sie richtet sich grundsätzlich nach dem in der Satzung des Verbandes festgelegten Organisationsbereich (BAG 10. Februar 2009 - 1 ABR 36/08 - Rn. 26 mwN, NZA 2009, 908). Die Tarifzuständigkeit muss bei Abschluss des Tarifvertrags vorliegen (BAG 24. Juli 1990 - 1 ABR 46/89 - zu B II 2 e der Gründe, AP TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 7 = EzA TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 2). Fehlt die Tarifzuständigkeit, ist der Tarifvertrag wegen Fehlens einer Wirksamkeitsvoraussetzung unwirksam (BAG 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu II 1 der Gründe, BAGE 16, 329 = AP TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 1; 19. Dezember 1958 - 1 AZR 109/58 - zu 1 der Gründe, BAGE 7, 153 = AP TVG § 2 Nr. 3). Geht der Geltungsbereich eines Tarifvertrags teilweise über die in der Satzung einer tariffähigen Vereinigung festgelegte Tarifzuständigkeit hinaus, ist der Tarifvertrag insoweit nichtig (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 26, BAGE 120, 182 = AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 34 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 131; 14. November 2001 - 10 AZR 76/01 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 99, 310 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Brotindustrie Nr. 6 = EzA TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 8).
b) Ein Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG erfordert wegen der betriebseinheitlichen Geltung von betriebsverfassungsrechtlichen Normen allerdings die satzungsmäßige Tarifzuständigkeit der abschließenden Gewerkschaft für alle Arbeitsverhältnisse der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. § 3 Abs. 2 TVG ordnet die betriebsbezogene Geltung von betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Normen unabhängig von der Organisation der Arbeitnehmer in der Gewerkschaft an. Die Vorschrift stellt zwar eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, wonach die Rechtsnormen eines Tarifvertrags nur zwischen beiderseits Tarifgebundenen Anwendung finden, sie erweitert aber nicht die Tarifzuständigkeit der abschließenden Gewerkschaft. So kann auch bei der Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags (§ 5 TVG) der tarifliche Geltungsbereich nicht auf Arbeitsvertragsparteien ausgedehnt werden, für die es den Tarifvertragsparteien an der Tarifzuständigkeit mangelt (BAG 20. April 1988 - 4 AZR 646/87 - BAGE 58, 116 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 95 = EzA § 4 TVG Bauindustrie Nr. 37; 19. Dezember 1958 - 1 AZR 109/58 - zu 1 der Gründe, BAGE 7, 153 = AP TVG § 2 Nr. 3).
5. Der Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG muss durch eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft erfolgen. Dieses Normverständnis erschließt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, der sich zu der Repräsentation der abschließenden Gewerkschaft in den von dem Tarifvertrag erfassten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheiten nicht verhält. Für die entsprechende Auslegung der Vorschrift sprechen jedoch ihre Entstehungsgeschichte, der Normzweck sowie die Gesetzessystematik.
a) Nach der Gesetzesbegründung sollten den "Beteiligten vor Ort" mit der Neufassung des § 3 weitreichende und flexible Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden, damit sie mit Hilfe von Vereinbarungslösungen Arbeitnehmervertretungen schaffen können, die auf die besondere Struktur des jeweiligen Betriebs, Unternehmens, oder Konzerns zugeschnitten sind. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers können die Vertragsparteien vor Ort die Sachgerechtigkeit von unternehmensspezifischen Arbeitnehmerstrukturen angesichts der Vielgestaltigkeit der zu regelnden Sachverhalte besser beurteilen als staatliche Stellen (BT-Drucks. 14/5741 S. 33). Der Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG verlangt danach die Beurteilung, ob und ggf. in welcher Weise das gesetzliche Repräsentationsmodell ersetzt werden soll. Dies erfordert ua. die Einschätzung der Tarifvertragsparteien, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG vorliegen und die Beurteilung, in welcher Weise sie von der durch das Gesetz eröffneten Regelungsmöglichkeit Gebrauch machen wollen. Diese Entscheidung setzt die Kenntnis der bestehenden betriebsverfassungsrechtlichen Organisation und der mitbestimmungsrechtlich relevanten Entscheidungsabläufe in den betroffenen Betriebsstätten voraus. Den für den Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG erforderlichen Kenntnisstand kann sich eine Gewerkschaft regelmäßig nur durch ihre Einbeziehung in die Betriebsratsarbeit, die Kommunikation mit ihren in den betreffenden Organisationseinheiten beschäftigten Mitgliedern oder durch die Wahrnehmung ihres Zutrittsrechts aus § 2 Abs. 2 BetrVG verschaffen. Dies setzt ihr Vertretensein im Betrieb voraus.
b) Daneben ist nach dem BetrVG die Wahrnehmung der einer Gewerkschaft zur Sicherung und Ausgestaltung der Betriebsverfassung zugewiesenen Rechte stets von ihrem Vertretensein im Betrieb bzw. im Betriebsrat abhängig. Dies betrifft die Befugnis, eine Abstimmung über die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats (§ 3 Abs. 3 Satz 2 BetrVG) bzw. über die Teilnahme von Arbeitnehmern in einem Betriebsteil an der Wahl im Hauptbetrieb (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 3 Abs. 3 Satz 2 BetrVG) zu veranlassen, den Betriebsrat zur Einberufung einer Betriebsversammlung anzuhalten (§ 17 Abs. 3, § 43 Abs. 4 BetrVG) und an ihr teilzunehmen (§ 46 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) sowie ihre Antragsbefugnis bei dem Verfahren zur Bestellung eines Wahlvorstands (§ 17 Abs. 4 BetrVG), über die Zuordnung von Betriebsteilen (§ 18 Abs. 2 BetrVG), bei der Wahlanfechtung (§ 19 Abs. 2 BetrVG) und nach § 23 BetrVG. Ebenso können Vertreter einer Gewerkschaft nur zur Unterstützung der Arbeitnehmervertretungen hinzugezogen werden, wenn sie in den jeweiligen Gremien vertreten sind (§ 31, § 51 Abs. 1, § 59 Abs. 1, § 65 Abs. 1, § 73 Abs. 2, § 73b Abs. 2 BetrVG; zum Wirtschaftsausschuss: BAG 25. Juni 1987 - 6 ABR 45/85 - BAGE 55, 386 = AP BetrVG 1972 § 108 Nr. 6 = EzA BetrVG 1972 § 108 Nr. 7).
6. § 3 Abs. 1 BetrVG ist entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht dahingehend auszulegen, dass ein Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG nur von allen Gewerkschaften gemeinsam abgeschlossen werden kann, die für die von seinem Geltungsbereich erfassten betriebsverfassungsrechtlichen Einheiten tarifzuständig sind.
a) Im Schrifttum wird die Möglichkeit einer Gewerkschaft zum Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 BetrVG allerdings dann in Frage gestellt, wenn mehr als eine Gewerkschaft für die jeweiligen betriebsverfassungsrechtlichen Einheiten tarifzuständig ist. Zur Begründung werden die ansonsten unvermeidbaren und "befriedigend nicht lösbaren" Tarifkonkurrenzprobleme (Fitting BetrVG 24. Aufl. § 3 Rn. 16) angeführt. Beabsichtige der Arbeitgeber, mit einer Gewerkschaft Verhandlungen über einen Tarifvertrag nach § 3 BetrVG aufzunehmen, so habe er dies im Betrieb bzw. in den von einem möglichen Tarifabschluss betroffenen Betriebsstätten bekannt zu geben. Sofern eine andere Gewerkschaft gleichfalls ihre Zuständigkeit geltend mache, dürfe der angestrebte Tarifvertrag nur unter ihrer Einbeziehung abgeschlossen werden. Der Arbeitgeber könne nur mit einer Gewerkschaft abschließen, wenn keine andere Gewerkschaft den Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 BetrVG reklamiere. Ein nachfolgend mit einer anderen Gewerkschaft vereinbarter Tarifvertrag sei dann unwirksam, insoweit gelte ein (modifiziertes) Prioritätsprinzip (Fitting aaO.; GK-BetrVG/Kraft/Franzen 8. Aufl. § 3 Rn. 34; Eich EuroAS 2003, 12, 15 f.). Sind zwei dem DGB angehörende Gewerkschaften nach ihrer Satzung tarifzuständig, müsse entweder eine entsprechende Einigung getroffen werden oder die Tarifzuständigkeit der entsprechenden DGB-Einzelgewerkschaft durch eine schiedsgerichtliche Entscheidung nach § 16 der DGB-Satzung für den Arbeitgeber verbindlich festlegt werden (Fitting aaO. Rn. 15; WP/Preis BetrVG 3. Aufl. § 3 Rn. 6).
b) Nach der Gegenauffassung soll der Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 BetrVG durch konkurrierende Gewerkschaften möglich sein. Eine mögliche Tarifkonkurrenz sei dann entweder zugunsten des von der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern im Betrieb bzw. im Geltungsbereich des abgeschlossenen Tarifvertrags (Vorrangprinzip, dafür DKK/Trümner BetrVG 11. Aufl. § 3 Rn. 157; Gamillscheg Kollektives Arbeitsrecht Bd. I S. 606; Däubler ArbuR 2001, 285, 288; Plander NZA 2002, 483, 486; Spinner ZTR 1999, 546, 548) oder nach einem kombinierten Vorrang- bzw. Sachnäheprinzip aufzulösen, wonach sich der Tarifvertrag durchsetze, bei dem die Gewerkschaft über die nach der Satzung zu bestimmende größere Sachnähe und die höhere Mitgliederzahl verfüge (Friese ZfA 2003, 237, 276 ff.). Schließlich wird vorgeschlagen, die Tarifkonkurrenz durch ein modifiziertes Spezialitätsprinzip zu vermeiden (Thüsing ZIP 2003, 693, 699 f.; Teusch NZA 2007, 124, 129), die sich widersprechenden Tarifinhalte für unwirksam anzusehen (Annuß NZA 2002, 290, 293) oder nach einem absoluten Prioritätsprinzip aufzulösen, wonach der zuerst abgeschlossene Tarifvertrag in seinem zeitlichen Geltungsbereich nachfolgende Tarifverträge ausschließt (Dietz BetrVG 4. Aufl. § 47 Rn. 26).
c) Die Auffassung, wonach bereits der Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 BetrVG nur durch eine Gewerkschaft ausscheidet, wenn noch eine andere tarifzuständige Gewerkschaft seinen Abschluss beansprucht bzw. beanspruchen könnte, ist methodisch nicht begründbar und vermag auch wegen der sich hieraus ergebenden praktischen Konsequenzen nicht zu überzeugen. Die Abschlussfreiheit für einen Tarifvertrag nach § 3 BetrVG ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht eingeschränkt. Die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion der Vorschrift, wonach ein Tarifvertrag zur Vermeidung einer künftig möglichen Tarifkonkurrenz nur von mehreren tarifzuständigen Gewerkschaften gemeinsam abgeschlossen werden kann, liegen nicht vor. Allerdings besteht insoweit keine unbewusste Regelungslücke, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat. Eine Auslegung der Vorschrift, durch die die Abschlussfreiheit der Tarifvertragsparteien wegen einer möglichen Tarifkonkurrenz und damit nur aus Zweckmäßigkeitserwägungen eingeschränkt würde, unterliegt verfassungsrechtlichen Bedenken.
aa) Der Gesetzgeber hat für Tarifverträge nach § 3 BetrVG bewusst von einer Regelung der mit einer Tarifkonkurrenz zusammenhängenden Fragen abgesehen.
Der Gesetzgeber ist bereits vor der Änderung des § 3 BetrVG durch das Gesetz zur Reform der Betriebsverfassung vom 23. Juli 2001 von der Möglichkeit zum Abschluss konkurrierender Tarifverträge über die Organisation der Arbeitnehmervertretungen ausgegangen. Nach § 3 Abs. 1 BetrVG aF bedurften Tarifverträge der Zustimmung der jeweils zuständigen obersten Arbeitsbehörde der Länder bzw. des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Vor der Entscheidung über die Zustimmung war ua. den an der Entscheidung über die Zustimmung interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben. Von dem Merkmal der interessierten Gewerkschaften waren solche Verbände erfasst, die auf Arbeitnehmerseite als Tarifvertragsparteien für den Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 BetrVG in Betracht gekommen wären, weil sie für die vom Geltungsbereich des zu genehmigenden Tarifvertrags erfassten Betriebe tarifzuständig waren (DKK/Trümner BetrVG 7. Aufl. § 3 Rn. 81; Fitting BetrVG 20. Aufl. §3 Rn. 62; GK-BetrVG/Kraft 6. Aufl. §3 Rn. 41; Richardi/Richardi BetrVG 7. Aufl. § 3 Rn. 53). Eine mögliche Tarifkonkurrenz konnte durch das Anhörungsverfahren aufgezeigt werden. Bei Tarifverträgen mit einem sich überschneidenden Geltungsbereich hatte die zuständige Behörde nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz zu entscheiden, welchem Tarifvertrag sie ihre Zustimmung erteilt (Fitting aaO. Rn. 13).
Die Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 3 BetrVG verhält sich nicht zu einer möglichen Tarifkonkurrenz. Das deutet jedoch nicht auf eine planwidrige Gesetzeslücke hin. Dagegen spricht, dass die im zeitlichen Geltungsbereich des Zustimmungserfordernisses des § 3 Abs. 2 BetrVG aF auftretenden Fragestellungen dem Gesetzgeber bekannt waren. Daneben ist im Schrifttum bereits im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens zur Reform des BetrVG auf die Frage einer Tarifkonkurrenz und ihre mögliche Auflösung hingewiesen worden (Däubler ArbuR 2001, 1, 2 f.; Franzen ZfA 2000, 285, 306 f.; Konzen RdA 2001, 76, 86). Diese Anregung hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen und damit die Beantwortung der mit einer Tarifkonkurrenz zusammenhängenden Fragen den Gerichten überlassen.
bb) Der mit dem Erfordernis der zwingenden Beteiligung anderer tarifzuständiger Gewerkschaften verbundene Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Abschlussfreiheit der Tarifvertragsparteien kann nicht mit einer möglichen Tarifkonkurrenz gerechtfertigt werden.
(1) Art. 9 Abs. 3 GG schützt nicht nur den Einzelnen in seiner Freiheit, eine Vereinigung zur Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gründen, ihr beizutreten oder fernzubleiben oder sie zu verlassen. Geschützt ist auch die Koalition selbst in ihrem Bestand, ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Der Schutz erstreckt sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen und umfasst insbesondere auch die Tarifautonomie, die im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht. Das Aushandeln von Tarifverträgen ist ein wesentlicher Zweck der Koalitionen. Der Staat enthält sich in diesem Betätigungsfeld grundsätzlich einer Einflussnahme und überlässt die erforderlichen Regelungen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zum großen Teil den Koalitionen, die sie autonom durch Vereinbarungen treffen (BVerfG 3. April 2001 - 1 BvL 32/97 - BVerfGE 103, 293, 304 mwN = AP BUrlG § 10 Kur Nr. 2 = EzA GG Art. 9 Nr. 75). Zu den der Regelungsbefugnis der Koalitionen überlassenen Materien gehören in dem durch § 3 BetrVG eröffneten Rahmen auch der Abschluss von Tarifverträgen über die Ausgestaltung der Repräsentation der Arbeitnehmer.
(2) Der Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG ist Teil der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Abschlussfreiheit der Tarifvertragsparteien. Diese umfasst das Recht, die Regelung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch Tarifverträge überhaupt, mit einem bestimmten Gegenspieler oder unter bestimmten Bedingungen abzulehnen (BAG 14. Juli 1981 - 1 AZR 159/78 - zu III 1 der Gründe, BAGE 36, 131 = AP TVG § 1 Verhandlungspflicht Nr. 1 = EzA GG Art. 9 Nr. 33; 2. August 1963 - 1 AZR 9/63 - zu III 2 der Gründe, BAGE 14, 282 = AP GG Art. 9 Nr. 5). Die Auswahlfreiheit hinsichtlich des Vertragspartners gilt für Arbeitnehmerkoalitionen wie auf Arbeitgeberseite für die Arbeitgeberverbände und den einzelnen Arbeitgeber gleichermaßen. Die Pflicht zur Einbeziehung einer weiteren Tarifvertragspartei greift in die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberseite und die Koalitionsfreiheit der mit ihr zum Tarifvertragsabschluss bereiten Gewerkschaft ein. Das durch sie bewirkte Erfordernis zur Bildung einer "Zwangstarifgemeinschaft" ist mit der kollektiven Koalitionsfreiheit nicht vereinbar und berücksichtigt die Gegnerschaft von konkurrierenden Gewerkschaften nur unzureichend. Ein solcher Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Abschlussfreiheit könnte allenfalls dann zu erwägen sein, wenn die von dem beabsichtigten Tarifvertragsschluss ausgeschlossene Gewerkschaft nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft an einer Normsetzungsbefugnis für ihre Mitglieder gehindert wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Eine tarifzuständige Gewerkschaft kann mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, zu denen auch der Arbeitskampf gehört, den Arbeitgeber zur Beendigung eines bestehenden und zum Neuabschluss eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG anhalten. Dies folgt nicht schon aus dem Wortlaut der Norm, die sich zur Erstreikbarkeit von entsprechenden Tarifverträgen nicht verhält, sondern im Wesentlichen aus der Gesetzgebungsgeschichte und dem Normzweck.
(a) Vor der Reform des BetrVG ist die Erstreikbarkeit von Tarifverträgen nach § 3 BetrVG aF von der überwiegenden Auffassung im Schrifttum bejaht worden (DKK/Trümner BetrVG 7. Aufl. § 3 Rn. 70 ff.; ErfK/Eisemann 2. Aufl. § 3 BetrVG Rn. 1; Fitting BetrVG 20. Aufl. § 3 Rn. 11; Spinner Die vereinbarte Betriebsverfassung S. 77 f.; dagegen Buchner NZA 2001, 633, 635). Die Gesetzesbegründung zur Neuregelung enthält keine Aussage über die Zulässigkeit eines entsprechenden Arbeitskampfs. Während der Reformdiskussion und des Gesetzgebungsverfahrens ist vorgeschlagen worden, ein ausdrückliches Arbeitskampfverbot in das Gesetz aufzunehmen (Franzen ZfA 2000, 285, 297; Reichold NZA 1999, 561, 570). Diese Anregung hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen, was als beredtes Schweigen des Gesetzgebers zugunsten einer Erzwingbarkeit von Tarifverträgen nach § 3 BetrVG zu werten ist (DKK/Trümner BetrVG 8. Aufl. § 3 Rn. 155; Richardi/Richardi BetrVG 8. Aufl. § 3 Rn. 39; Konzen RdA 2001, 76, 86; Reichold NZA 2001, 857, 859; offengelassen von Annuß NZA 2002, 290, 294).
(b) Die von der Gegenauffassung gegen die Erzwingbarkeit vorgebrachten Einwände überzeugen nicht. Tarifnormen über die Organisation der Betriebsverfassung zählen zu den betriebsverfassungsrechtlichen Normen, die von dem Begriff der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen iSd. Art. 9 Abs. 3 GG erfasst werden. Der Abschluss von Tarifverträgen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG dient auch der Verfolgung mitgliederbezogener Verbandsinteressen (aA Fitting BetrVG 24. Aufl. § 3 Rn. 20; Friese ZfA 2003, 237, 268; ebenso GK-BetrVG/Kraft/Franzen 8. Aufl. § 3 Rn. 32, die die Erkämpfbarkeit wegen der Indienstnahme der Tarifvertragsparteien durch den Gesetzgeber verneinen), weil er das Vertretensein der Gewerkschaft in den vom tariflichen Geltungsbereich betroffenen Einheiten voraussetzt. Die Bindung an die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 BetrVG bei der Durchsetzung der Mitgliederinteressen schließen ein Verbandsinteresse der kampfführenden Gewerkschaft nicht aus, sondern begrenzen nur ihr Kampfziel. Die Annahme der Erzwingbarkeit von Tarifverträgen über die betriebsverfassungsrechtliche Organisation verletzt nicht die Berufsfreiheit der betroffenen Unternehmen (so aber Reichold NZA 2001, 857, 859; für § 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG auch Thüsing ZIP 2003, 693, 697, 701). Weder besteht ein verfassungsrechtlicher Anspruch der betroffenen Unternehmen auf Beibehaltung des gesetzlichen Mitbestimmungsmodells noch stellt eine erkämpfbare unternehmensübergreifende Betriebsverfassung das Geheimhaltungsinteresse von Unternehmen, die untereinander im Wettbewerb stehen, prinzipiell in Frage (so offenbar GKBetrVG/Kraft/Franzen aaO. Rn. 71 f.). Einem entsprechenden Bedürfnis kann durch die Ausgestaltung der Verschwiegenheitspflicht (§ 3 Abs. 5 Satz 2, § 79 Abs. 1 BetrVG) Rechnung getragen werden. Schließlich ist eine einseitige Stärkung der Verhandlungsposition der kampfführenden Gewerkschaften nicht zu erwarten. Arbeitskämpfe, die um den Abschluss eines Organisationstarifvertrags geführt werden, sind bisher in nennenswerter Anzahl nicht bekannt geworden (Wißmann AiB 2000, 320, 322 "höchst begrenzte Streikbereitschaft"; nach Trümner JbArbR 36 [1999] S. 59, 71 sind Arbeitskämpfe um Tarifverträge nach § 3 BetrVG in der Praxis nicht aufgetreten; in diesem Sinn auch Gamillscheg Kollektives Arbeitsrecht Bd. II S. 213).
cc) Die Beschränkung der Abschlussfreiheit bei Tarifverträgen nach § 3 BetrVG wegen einer möglichen Tarifkonkurrenz führte auch zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten. Die Gerichte für Arbeitssachen müssten im Wege der Rechtsfortbildung Verfahrensregeln aufstellen, die gewährleisten, dass jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft von einem beabsichtigten Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 BetrVG Kenntnis erlangen kann. Dies setzt insbesondere bei größeren Einheiten ein aufwendiges Verfahren voraus, durch das die gerade vom Gesetzgeber hervorgehobene Flexibilität der "Beteiligten vor Ort" für den Abschluss eines Tarifvertrags wesentlich beeinträchtigt würde.
7. § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG ist aus den vorstehenden Gründen auch nicht so auszulegen, dass es einer nach Zahl der Mitglieder kleinen, aber im Unternehmen vertretenen und tarifzuständigen Gewerkschaft durch die Anwendung eines Repräsentations- oder Mehrheitsprinzips von vornherein verwehrt ist, einen Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG abzuschließen. Es sei dahingestellt, ob ein derartiges Prinzip das geeignete Mittel dafür ist, eine nach Abschluss von zwei oder mehr Tarifverträgen entstandene Tarifkonkurrenz zugunsten der mehrheitlich im Unternehmen vertretenen Gewerkschaft aufzulösen. Das ist wenigstens zweifelhaft, wenn - wie nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin - die mehrheitlich vertretene Gewerkschaft nur durch zehn Mitglieder unter 1600 Beschäftigten im Betrieb vertreten ist. Ein derartiges Prinzip ist jedenfalls aus den vorgenannten Gründen und aus Gründen des verfassungsrechtlichen Minderheitenschutzes (dazu BAG 16. März 2005 - 7 ABR 40/04 - zu B III 3 d aa der Gründe mwN, BAGE 114, 119 = AP BetrVG 1972 § 15 Nr. 3 = EzA BetrVG 2001 § 15 Nr. 1) in der Betriebsverfassung nicht geeignet, bereits den Abschluss eines Tarifvertrags durch Annahme eines Anfechtungsgrundes de facto zu verhindern.
III. Danach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Tarifvertrag über die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats nur unter der Beteiligung der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen werden konnte. Dies ist nicht der Fall. Die Arbeitgeberin konnte den Tarifvertrag vom 2. Januar 2006 allein mit der Gewerkschaft DHV abschließen, sofern diese zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Tarifvertrags für alle von seinem persönlichen Geltungsbereich erfassten Arbeitnehmer tarifzuständig und durch eines ihrer Mitglieder im Betrieb vertreten war. Dies hat das Landesarbeitsgericht ebenso zu prüfen, wie die Frage, ob die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BetrVG vorliegen. Dazu wird aufzuklären sein, wie sich die betriebsverfassungsrechtliche Organisation der Betriebe und Betriebsteile ohne die im Tarifvertrag bestimmte Zuordnung darstellt und ob die Voraussetzungen der Dienlichkeitsklausel in § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG erfüllt sind. Dabei könnte von Bedeutung sein, dass der umstrittene Tarifvertrag dem von der Antragstellerin abgeschlossenen Vorgängertarifvertrag entspricht, diese in keiner Phase des hiesigen Verfahrens die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BetrVG in Zweifel gezogen hat und auch nicht vor Beginn der Betriebsratswahl einen inhaltlich anderen Tarifvertrag vorgeschlagen hat. Sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BetrVG erfüllt, wird das Landesarbeitsgericht schließlich zu prüfen haben, ob die von der Gewerkschaft ver.di geltend gemachten Wahlfehler vorliegen und das Wahlergebnis beeinflusst haben können.
Ende der Entscheidung
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