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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 13.10.2004
Aktenzeichen: 7 ABR 5/04
Rechtsgebiete: BetrVG, WO


Vorschriften:

BetrVG § 19
WO in der Fassung vom 11. Dezember 2001 § 2 Abs. 5
§ 2 Abs. 5 WO in der Fassung vom 11. Dezember 2001, wonach der Wahlvorstand dafür Sorge tragen soll, dass ausländische Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, vor Einleitung der Betriebsratswahl über Wahlverfahren, Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden, ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren iSd. § 19 Abs. 1 BetrVG, deren Verletzung zur Anfechtung der darauf beruhenden Wahl berechtigt.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! BESCHLUSS

7 ABR 5/04

Verkündet am 13. Oktober 2004

In dem Beschlussverfahren

hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Beratung vom 13. Oktober 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dörner, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gräfl und den Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer sowie die ehrenamtlichen Richter Metzinger und Kley

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 25. September 2003 - 9 TaBV 33/03 - wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die zu 1) bis 4) beteiligten Antragsteller sind im Betrieb der zu 6) beteiligten Arbeitgeberin in Frankfurt am Main beschäftigte wahlberechtigte Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin ist ein Catering-Unternehmen im Bereich der Luftfahrt. Von den ca. 1.000 im Betrieb beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmern sind ca. 70 % ausländischer Herkunft. Bei den ca. 400 Angestellten beträgt der Anteil ausländischer Arbeitnehmer ca. 20 %. Die größte Gruppe der ausländischen Mitarbeiter stammt aus der Türkei, weitere kommen aus Spanien, Italien, Griechenland, Serbien, Kroatien, Tunesien, Marokko, Japan, Thailand und den Philippinen. Im gesamten Unternehmen der Arbeitgeberin sind über 100 Nationalitäten vertreten. Die Geschäftsführung versendet wichtige an die Arbeitnehmer gerichtete Informationsschreiben nicht nur in deutscher Sprache, sondern auch in anderen, den ausländischen Arbeitnehmern geläufigen Sprachen. Nach einem Hinweis des Betriebsrats an die Mitarbeiter konnte ein Schreiben der Geschäftsführung vom 8. Mai 2003 in verschiedenen Sprachen, zB türkisch, englisch, spanisch, thai, vietnamesisch, griechisch und italienisch, im Büro des Betriebsrats abgeholt werden.

In dem Betrieb fand vom 20. bis 22. März 2002 eine Betriebsratswahl statt, aus der der zu 5) beteiligte Betriebsrat hervorging. Das Wahlergebnis wurde am 22. März 2002 bekanntgegeben. Das Wahlausschreiben für die Betriebsratswahl war nur in deutscher Sprache bekannt gemacht worden. Eine gesonderte Information der ausländischen Arbeitnehmer über die Einzelheiten der Wahl hatte nicht stattgefunden.

Mit der am 5. April 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift haben die Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten. Sie haben die Auffassung vertreten, bei der Betriebsratswahl sei ua. § 2 Abs. 5 WO verletzt worden, da der Wahlvorstand die ausländischen Arbeitnehmer nicht in ihren Landessprachen über den Ablauf der Betriebsratswahl sowie die Grundsätze der Wahlordnung unterrichtet habe. Insbesondere die im sog. operativen Bereich, zB Spüle, Küche, Tablettauffüllung beschäftigten ungelernten ausländischen Arbeitnehmer verfügten nicht über hinreichende Sprachkenntnisse, um an der Wahl ordnungsgemäß teilnehmen zu können. Die mangelnden Sprachkenntnisse des Großteils der ausländischen Arbeitnehmer seien auch für den Wahlvorstand erkennbar gewesen, da im Betrieb selbst einfachste Hygieneregeln mehrsprachig veröffentlicht, Betriebsversammlungen unter Übersetzung der wesentlichen Inhalte in die türkische Sprache durchgeführt und Informationsschreiben der Geschäftsführung in den im Betrieb gängigen Sprachen versandt worden seien.

Die Antragsteller haben zuletzt beantragt,

die Betriebsratswahl, die in der Zeit vom 20. bis 22. März 2002 stattgefunden hat, für ungültig zu erklären.

Der Betriebsrat hat die Zurückweisung des Antrags beantragt und gemeint, weder ihm noch dem Wahlvorstand seien ausländische Arbeitnehmer bekannt, die der deutschen Sprache nicht in der Weise mächtig seien, dass sie sich im Arbeitsleben hinreichend verständigen könnten. Alle im Betrieb beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmer verfügten über ausreichende Deutschkenntnisse, um den betrieblichen Anforderungen zu genügen, zumal dies auch Einstellungsvoraussetzung sei.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragsteller hat das Landesarbeitsgericht den erstinstanzlichen Beschluss abgeändert und dem Antrag stattgegeben. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Antragsteller beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

II. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Betriebsratswahl zu Recht nach § 19 Abs. 1 BetrVG für unwirksam erklärt, weil bei der Wahl gegen § 2 Abs. 5 WO in der Fassung vom 11. Dezember 2001 verstoßen wurde und das Wahlergebnis hierauf beruht.

Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann die Betriebsratswahl angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Zu den wesentlichen Vorschriften über das Wahlverfahren gehört § 2 Abs. 5 WO. Nach dieser Bestimmung soll der Wahlvorstand dafür sorgen, dass ausländische Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, vor Einleitung der Betriebsratswahl über Wahlverfahren, Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden. Diese Vorschrift hat der Wahlvorstand im Streitfall verletzt. Dies berechtigt zur Anfechtung der Betriebsratswahl, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Wahlergebnis bei ordnungsgemäßer Unterrichtung der im Betrieb beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer anders ausgefallen wäre.

1. Bei der Regelung in § 2 Abs. 5 WO handelt es sich trotz der Ausgestaltung als Soll-Vorschrift um eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG, deren Verletzung zur Anfechtung der Betriebsratswahl berechtigt (Fitting BetrVG 22. Aufl. § 2 WO 2001 Rn. 12; GK-BetrVG/Kreutz/Oetker 7. Aufl. § 2 WO Rn. 19; DKK/Schneider BetrVG 9. Aufl. § 2 WO 2001 Rn. 17; Richardi/Thüsing BetrVG 9. Aufl. § 2 WO 2001 Rn. 21).

a) Grundsätzlich zählen zwar nur zwingende Bestimmungen zu den wesentlichen Vorschriften über das Wahlverfahren iSd. § 19 Abs. 1 BetrVG (BAG 14. September 1988 - 7 ABR 93/87 - BAGE 59, 328 = AP BetrVG 1972 § 16 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 16 Nr. 6, zu B III 1 der Gründe; vgl. auch 31. Mai 2000 - 7 ABR 78/98 - BAGE 95, 15 = AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 12 = EzA BetrVG 1972 § 19 Nr. 39, zu B IV 1 der Gründe). Verstöße gegen Soll-Vorschriften berechtigen demgegenüber in der Regel nicht zur Anfechtung der Wahl (Fitting BetrVG 22. Aufl. § 19 Rn. 10; GK-BetrVG/Kreutz 7. Aufl. § 19 Rn. 17; DKK/Schneider BetrVG 9. Aufl. § 19 Rn. 3; ErfK/Eisemann 4. Aufl. § 19 BetrVG Rn. 2; Richardi/Thüsing BetrVG 9. Aufl. § 19 Rn. 5; Gnade FS Herschel 1982 S. 143). Denn Soll-Vorschriften sind vom Gesetzgeber erkennbar mit geringerer Verbindlichkeit auf der Rechtsfolgenseite ausgestaltet als zwingende Vorschriften. Ausnahmsweise können jedoch auch Soll-Vorschriften als wesentliche Wahlvorschriften iSd. § 19 Abs. 1 BetrVG anzusehen sein. Das ist der Fall, wenn sie elementare Grundprinzipien der Betriebsratswahl enthalten (Fitting aaO § 19 Rn. 10; ErfK/Eisemann aaO § 19 BetrVG Rn. 2) oder tragende Grundsätze des Betriebsverfassungsrechts berühren (DKK/Schneider aaO § 19 Rn. 3; vgl. hierzu auch BAG 14. September 1988 - 7 ABR 93/87 - aaO, zu B III 3 der Gründe) und deshalb von ihrer Zwecksetzung her als wesentlich iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG einzustufen sind.

b) Nach diesen Grundsätzen ist § 2 Abs. 5 WO eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren iSd. § 19 Abs. 1 BetrVG, weil die Regelung die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts sicherstellen soll und sie zudem der betrieblichen Integration ausländischer Arbeitnehmer dient. Ausländische Arbeitnehmer sind unter denselben Voraussetzungen wie deutsche Arbeitnehmer nach § 7 BetrVG wahlberechtigt und nach § 8 BetrVG wählbar. Fehlende oder begrenzte Kenntnisse der deutschen Sprache erschweren ihnen die Ausübung ihres aktiven und passiven Wahlrechts. Durch die in § 2 Abs. 5 WO normierte Unterrichtungspflicht soll gewährleistet werden, dass ausländischen Arbeitnehmern, die die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschen, um sich selbst anhand des Gesetzes, der Wahlordnung, der Wählerlisten und des Wahlausschreibens sowie durch Kommunikation mit anderen Arbeitnehmern über die Wahlgrundsätze und das Wahlverfahren zu informieren, die zur Wahlbeteiligung notwendigen Kenntnisse "in geeigneter Weise" vermittelt werden, damit sie ihr Wahlrecht in gleicher Weise ausüben können wie deutsche Arbeitnehmer. § 2 Abs. 5 WO dient somit der Verwirklichung des elementaren demokratischen Grundsatzes der Gleichheit der Wahl. Eine Missachtung dieser Vorschrift berechtigt daher zur Anfechtung der Wahl.

2. Der Wahlvorstand hat bei der Betriebsratswahl gegen § 2 Abs. 5 WO verstoßen, da er die im Betrieb beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer nur in deutscher Sprache über das Wahlverfahren, die Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, den Wahlvorgang und die Stimmabgabe unterrichtet hat, obwohl er davon ausgehen musste, dass eine Vielzahl dieser Arbeitnehmer der deutschen Sprache nicht iSv. § 2 Abs. 5 WO mächtig ist.

a) Bei der Beurteilung der Frage, ob die im Betrieb beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer der deutschen Sprache iSv. § 2 Abs. 5 WO mächtig sind, ist im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift, ausländischen Arbeitnehmern die wesentlichen Grundsätze über die durchzuführende Wahl zu vermitteln, um ihnen in gleicher Weise wie deutschen Arbeitnehmern die Wahrnehmung ihres aktiven und passiven Wahlrechts zu ermöglichen, nicht lediglich darauf abzustellen, ob sie sich bei der täglichen Arbeit hinreichend verständigen können. Entscheidend ist vielmehr, ob ihre Deutschkenntnisse ausreichen, um die zum Teil komplizierten Wahlvorschriften und den Inhalt eines Wahlausschreibens verstehen zu können. Im Zweifelsfall muss der Wahlvorstand von unzureichenden deutschen Sprachkenntnissen ausgehen (GK-BetrVG/Kreutz/Oetker 7. Aufl. § 2 WO Rn. 20; DKK/Schneider BetrVG 9. Aufl. § 2 WO 2001 Rn. 17). Das gilt jedenfalls dann, wenn im Betrieb eine größere Anzahl ausländischer Arbeitnehmer im gewerblichen Bereich mit einfachen Hilfsarbeiten beschäftigt ist. Diese Arbeitnehmer mögen zwar über die für die tägliche Arbeit erforderlichen Deutschkenntnisse verfügen. Das bedeutet aber nicht, dass diese Kenntnisse auch genügen, um sich die zu einer umfassenden Wahrnehmung der Rechte im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl nötigen Informationen selbst zu verschaffen. Denn zur Erledigung einfacher Hilfstätigkeiten im gewerblichen Bereich sind in der Regel nur geringe Deutschkenntnisse erforderlich.

b) Hiernach hat das Landesarbeitsgericht im Streitfall zu Recht angenommen, der Wahlvorstand habe auf Grund der betrieblichen Verhältnisse davon ausgehen müssen, dass im Betrieb zahlreiche wahlberechtigte Arbeitnehmer die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrschen, um sich selbst über Wahlverfahren, Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe zu informieren. Die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen der Rechtsbeschwerde sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zwar keine Beweisaufnahme zur Feststellung der Sprachkenntnisse der ausländischen Arbeitnehmer durchgeführt. Das war auch nicht erforderlich. Das Landesarbeitsgericht ist auf Grund der unstreitigen betrieblichen Umstände zu dem Ergebnis gelangt, dass der Wahlvorstand bei einer Vielzahl ausländischer Arbeitnehmer nicht vom Vorhandensein ausreichender deutscher Sprachkenntnisse hätte ausgehen dürfen. Dies ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.

Im Betrieb der Arbeitgeberin sind etwa 700 ausländische Arbeitnehmer im gewerblichen Bereich und etwa 80 Angestellte ausländischer Herkunft tätig. Im sog. operativen Bereich, zB Spüle, Küche, Tablettauffüllung, sind zahlreiche ungelernte Arbeitnehmer mit Hilfstätigkeiten einfachster Art beschäftigt. Bereits dies lässt darauf schließen, dass eine Vielzahl der dort beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer zwar möglicherweise über die für die tägliche Arbeit erforderlichen Deutschkenntnisse verfügt, diese Kenntnisse aber nicht ausreichen, um komplizierte Wahlvorschriften verstehen zu können. Denn zur Verrichtung der täglichen Arbeit in dem sog. operativen Bereich werden nur geringe Kenntnisse der deutschen Sprache benötigt. Außerdem geht die Geschäftsleitung davon aus, dass die Sprachkenntnisse ausländischer Arbeitnehmer des Betriebs nicht ausreichen, um schwierige Sachverhalte zu verstehen. Dies ergibt sich daraus, dass in der Vergangenheit unstreitig Teilbetriebsversammlungen im operativen Bereich, zB Spüle, unter Übersetzung der wesentlichen Inhalte in die türkische Sprache durchgeführt wurden, zu Gesprächen mit asiatischen Arbeitnehmern, zB Köchen, externe Dolmetscher herangezogen wurden, Informationsschreiben der Geschäftsleitung in den den Mitarbeitern geläufigen Sprachen verschickt wurden und vom Betriebsrat ein Mitteilungsschreiben der Geschäftsleitung der Belegschaft mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf zur Verfügung gestellt wurde, dass das Schreiben in verschiedenen Sprachen abgeholt werden könne. In Anbetracht dieser Umstände spielt es keine Rolle, dass möglicherweise die in mehreren Sprachen verfassten Hygienehinweise in den Toiletten des Betriebs entsprechend dem Vortrag des Betriebsrats in erster Linie Arbeitnehmer von Fremdfirmen betreffen. Auf Grund der ansonsten im Betrieb geübten Praxis hätte sich auch dem Wahlvorstand die Annahme aufdrängen müssen, dass eine große Zahl der ausländischen Arbeitnehmer der deutschen Sprache nicht iSv. § 2 Abs. 5 WO mächtig ist. Dem steht nicht entgegen, dass kein ausländischer Arbeitnehmer an den Wahlvorstand herangetreten ist und diesen um eine Übersetzung von Wahlunterlagen in seine Muttersprache gebeten hat. Nach § 2 Abs. 5 WO soll der Wahlvorstand für eine geeignete Unterrichtung der der deutschen Sprache nicht mächtigen ausländischen Arbeitnehmer Sorge tragen. Er hat die Unterrichtung daher von sich aus vorzunehmen, ohne dass es hierzu zu einer vorherigen Aufforderung durch die ausländischen Arbeitnehmer bedarf.

3. Der Verstoß gegen die nach § 2 Abs. 5 WO bestehende Unterrichtungspflicht war geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbsatz BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Betriebsratswahl, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Das ist der Fall, wenn bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte (BAG 5. Mai 2004 - 7 ABR 44/03 - DB 2004, 1947, zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B I 3 der Gründe; 19. November 2003 - 7 ABR 24/03 - AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 54 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 2, zu B II 3 der Gründe; 31. Mai 2000 - 7 ABR 78/98 - BAGE 95, 15 = AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 12 = EzA BetrVG 1972 § 19 Nr. 39, zu B IV 6 a der Gründe). Das kann im Streitfall nicht angenommen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass die im Betrieb beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer im Falle einer ordnungsgemäßen Unterrichtung von ihrem Wahlrecht in anderer Weise Gebrauch gemacht hätten als dies tatsächlich geschehen ist. Dem steht nicht entgegen, dass 1.049 von insgesamt 1.442 wahlberechtigten Arbeitnehmern gewählt haben und nur 28 Stimmen ungültig waren. Denn es ist denkbar, dass ausländische Arbeitnehmer bei ordnungsgemäßer Unterrichtung nach Maßgabe des § 2 Abs. 5 WO entweder ihre Stimme anders vergeben oder selbst eine Vorschlagsliste erstellt und eingereicht hätten, was möglicherweise zu einem anderen Wahlergebnis geführt hätte.



Ende der Entscheidung

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