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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 10.10.2007
Aktenzeichen: 7 ABR 51/06
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 26 Abs. 2
BetrVG § 33 Abs. 1
BetrVG § 40 Abs. 1
BetrVG § 76a Abs. 3
BGB § 177 Abs. 1
BGB § 184 Abs. 1
Der Betriebsrat kann durch eine nachträgliche Beschlussfassung eine von dem Betriebsratsvorsitzenden zuvor ohne Rechtsgrundlage im Namen des Betriebsrats getroffene Vereinbarung genehmigen.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! BESCHLUSS

7 ABR 51/06

Verkündet am 10. Oktober 2007

In dem Beschlussverfahren

hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Beratung vom 10. Oktober 2007 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dörner, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gräfl, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Koch sowie die ehrenamtlichen Richter Busch und Zwisler für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Juni 2006 - 9 TaBV 164/05 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

Gründe:

A. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Zahlung einer Vergütung für die Tätigkeit der Antragstellerin als Einigungsstellenbeisitzerin.

Die Arbeitgeberin vertreibt bundesweit Drogeriewaren in Verkaufsstellen.

Durch Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 13. Oktober 2003 wurde für den Verkaufsbezirk Darmstadt wegen der beabsichtigen Reduzierung der Personalsollzahlen in den Verkaufsstellen eine Einigungsstelle zur Regelung eines Interessenausgleichs und gegebenenfalls Sozialplans eingerichtet. Die Anzahl der Einigungsstellenbeisitzer wurde für jede Seite auf zwei festgesetzt.

Der für den Verkaufsbezirk Darmstadt gebildete, aus sieben Mitgliedern bestehende Betriebsrat beschloss in seiner Sitzung am 9. Februar 2004 über die Bestellung der für ihn in der Einigungsstelle auftretenden Beisitzer. Die Tagesordnung der Sitzung am 9. Februar 2004 enthielt zunächst keinen Tagesordnungspunkt über eine Beschlussfassung zur Besetzung der Einigungsstelle. Zu Beginn der Betriebsratssitzung, an der zunächst vier Betriebsratsmitglieder teilnahmen, wurde die Tagesordnung um den Tagesordnungspunkt "Beschluss Einigungsstelle Besetzung Beisitzer" ergänzt. Unter diesem Tagesordnungspunkt wurde die Bestellung der Antragstellerin, einer Gewerkschaftssekretärin der Gewerkschaft ver.di, als eine von zwei externen Beisitzern einstimmig beschlossen. An der Abstimmung nahmen drei Betriebsratsmitglieder teil.

Die Antragstellerin stellte nach Beendigung des Einigungsstellenverfahrens der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 16. September 2004 für ihre Tätigkeit einen Betrag von 2.100,00 Euro (7/10 des Honorars der Einigungsstellenvorsitzenden) in Rechnung und bat erfolglos um Ausgleich bis zum 15. Oktober 2004.

In dem am 17. November 2004 eingeleiteten Beschlussverfahren hat die Arbeitgeberin erstinstanzlich die Ordnungsmäßigkeit des Betriebsratsbeschlusses vom 9. Februar 2004 in Zweifel gezogen. Daraufhin beschloss der Betriebsrat in seiner Sitzung am 20. Mai 2005 erneut die Bestellung der Antragstellerin als Beisitzerin für die Einigungsstelle zur Reduzierung der Personalsollzahlen.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die Arbeitgeberin zu verurteilen, an die Antragstellerin 2.100,00 Euro zuzüglich Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Oktober 2004 zu zahlen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben den Antrag abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter, während die Arbeitgeberin die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beantragt.

B. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist begründet und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung des Verfahrens zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann der Antrag nicht abgewiesen werden. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass der Betriebsrat in seiner Sitzung am 9. Februar 2004 keinen wirksamen Beschluss über die Bestellung der Antragstellerin als Beisitzerin für die Einigungsstelle zur Reduzierung der Personalsollzahlen gefasst hat. Es hat aber zu Unrecht die Möglichkeit einer Genehmigung der Bestellung durch den in der Betriebsratssitzung vom 20. Mai 2005 gefassten Beschluss verneint. Das führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Die Antragstellerin kann das der Höhe nach unstreitige Honorar beanspruchen, wenn der Betriebsrat am 20. Mai 2005 durch einen ordnungsgemäßen Beschluss ihre Bestellung als Einigungsstellenbeisitzerin genehmigt hat. Dies vermag der Senat auf Grund der vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen nicht zu beurteilen.

I. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass als Anspruchsgrundlage der streitigen Forderung allein § 76a Abs. 3 BetrVG in Betracht kommt. Danach hat ein betriebsfremder Beisitzer gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit im Einigungsstellenverfahren, dessen Höhe sich nach den Grundsätzen des § 76a Abs. 4 Satz 3 bis 5 BetrVG richtet. § 76a Abs. 3 BetrVG begründet einen gesetzlichen Anspruch des betriebsfremden Beisitzers auf Vergütung seiner Tätigkeit in der Einigungsstelle.

1. Der Honoraranspruch des von dem Betriebsrat bestellten betriebsfremden Beisitzers ist dem Grunde nach nur von dessen wirksamer Bestellung für eine im Betrieb des Arbeitgebers gebildete Einigungsstelle und der Annahme dieser Bestellung durch den Beisitzer abhängig (BAG 19. August 1992 - 7 ABR 58/91 - AP BetrVG 1972 § 76a Nr. 3 = EzA BetrVG 1972 § 76a Nr. 7, zu B II 2 a der Gründe). Bei der Auswahl der von ihm zu benennenden Einigungsstellenmitglieder muss der Betriebsrat nicht prüfen, ob die Benennung eines oder mehrerer betriebsfremder Beisitzer erforderlich ist (BAG 24. April 1996 - 7 ABR 40/95 - AP BetrVG 1972 § 76 Einigungsstelle Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 76a Nr. 10, zu B 3 der Gründe). Der Beschluss des Betriebsrats über die Bestellung eines externen Einigungsstellenbeisitzers muss den allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen genügen. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung, so entfällt schon deshalb ein Honoraranspruch aus § 76a Abs. 3 BetrVG.

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Beschluss vom 9. Februar 2004 den für die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats geltenden Anforderungen (dazu zuletzt BAG 24. Mai 2006 - 7 AZR 201/05 - Rn. 17 ff., AP BetrVG 1972 § 29 Nr. 6 = EzA BetrVG 2001 § 29 Nr. 1) nicht genügt und daher unwirksam ist. Der Betriebsrat war in seiner Sitzung am 9. Februar 2004 an einer Beschlussfassung über die von ihm zu benennenden Einigungsstellenmitglieder gehindert, da die Einladung zu der Betriebsratssitzung keinen Tagesordnungspunkt enthielt, der dem Betriebsrat eine entsprechende Beschlussfassung ermöglichte. Die Tagesordnung konnte in der Sitzung am 9. Februar 2004 nicht ergänzt werden, weil nicht alle Betriebsratsmitglieder anwesend waren. Diese Würdigung des Beschwerdegerichts wird von der Antragstellerin in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht mehr in Frage gestellt.

Das Landesarbeitsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, dass der Betriebsrat mit einem in der Betriebsratssitzung vom 20. Mai 2005 gefassten Beschluss die Bestellung der Antragstellerin zur Einigungsstellenbeisitzerin nicht genehmigen konnte. Vielmehr war eine zuvor zwischen der Betriebsratsvorsitzenden/stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden oder einem anderen vom Betriebsrat bevollmächtigten Betriebsratsmitglied einerseits und der Antragstellerin andererseits getroffene Vereinbarung über ihre Bestellung zur Einigungsstellenbeisitzerin genehmigungsfähig. Eine derartige Vereinbarung war zwar auf Grund des verfahrensfehlerhaften Betriebsratsbeschlusses vom 9. Februar 2004 und der deshalb fehlenden Vertretungsmacht der für den Betriebsrat handelnden Person schwebend unwirksam. Der Betriebsrat konnte die getroffene Vereinbarung aber durch einen ordnungsgemäßen Beschluss am 20. Mai 2005 genehmigen. Die durch die Genehmigung eintretenden Rechtswirkungen wären in diesem Fall durch die Fiktion des § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Bestellung der Antragstellerin zurückbezogen. Da der Senat die Wirksamkeit des in der Betriebsratssitzung vom 20. Mai 2005 gefassten Beschlusses auf Grund der bisher vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht beurteilen kann, muss die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen werden.

a) Vereinbarungen, die der Betriebsratsvorsitzende, sein Stellvertreter (oder ein anderes beauftragtes Betriebsratsmitglied) ohne einen wirksamen Betriebsratsbeschluss abgeschlossen haben, sind nach § 177 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam. Sie können jedoch vom Betriebsrat durch eine spätere ordnungsgemäße Beschlussfassung nach § 184 Abs. 1 BGB genehmigt werden.

Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG vertritt der Betriebsratsvorsitzende oder im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter den Betriebsrat im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse. Die Beschlüsse des Betriebsrats dienen der internen Willensbildung des Gremiums. Nur ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss schafft die Legitimation für die Handlungen und Erklärungen des Betriebsrats und der für ihn tätigen Personen, soweit nicht durch besondere gesetzliche Regelungen dem Betriebsratsvorsitzenden oder seinem Stellvertreter eine Alleinzuständigkeit zugewiesen ist. Ein unter Missachtung zwingender Verfahrensvorschriften zustande gekommener Beschluss des Betriebsrats ist unwirksam und entfaltet keine Rechtswirkungen. Der Betriebsrat kann aber erneut über die Angelegenheit beschließen. Der im Rahmen einer erneuten Befassung getroffene Beschluss wirkt dabei grundsätzlich nicht auf den Zeitpunkt der erstmaligen und wegen des Verfahrensfehlers unwirksamen Beschlussfassung zurück, sondern schafft erst für die Zukunft eine Rechtsgrundlage für die Handlungen und Erklärungen des Betriebsrats zu diesem Beschlussgegenstand.

Der Betriebsrat kann allerdings durch die nachträgliche Beschlussfassung eine vom dem Betriebsratsvorsitzenden zuvor ohne Rechtsgrundlage getroffene Vereinbarung genehmigen. Denn der Betriebsratsvorsitzende handelt im Rahmen der für den Betriebsrat abgegebenen Erklärungen als gesetzlicher Vertreter des Betriebsrats. Fehlt es an einem Betriebsratsbeschluss oder ist der Beschluss unwirksam, handelt der Betriebsratsvorsitzende ohne Vertretungsmacht. Eine von dem Betriebsratsvorsitzenden abgeschlossene Vereinbarung, die nicht auf einem zuvor gefassten wirksamen Betriebsratsbeschluss beruht, ist schwebend unwirksam. Ihre Wirksamkeit hängt nach § 177 Abs. 1 BGB von der nachträglichen Zustimmung des Betriebsrats zu der Vereinbarung ab (BAG 15. Dezember 1961 - 1 AZR 207/59 - AP BGB § 615 Kurzarbeit Nr. 1, zu 4 c der Gründe). § 177 BGB gilt für alle Rechtsgeschäfte, die von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht vorgenommen werden (MünchKomm BGB/Schramm 5. Aufl. § 177 Rn. 3 f.). Die Vorschrift findet daher nicht nur auf die gewillkürte Vertretung, sondern auch dann Anwendung, wenn ein gesetzlicher Vertreter außerhalb der ihm eingeräumten Vertretungsmacht handelt (BGH 19. Januar 1973 - V ZR 115/70 - WM 1973, 460, zu B 1 der Gründe).

b) Genehmigt der Betriebsrat das zunächst ohne Vertretungsmacht abgeschlossene Rechtsgeschäft, wirkt die Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nichts anderes bestimmt ist. Das von dem Vertreter abgeschlossene Rechtsgeschäft wird auf Grund der Genehmigung so behandelt, als sei es bei seiner Vornahme sogleich wirksam geworden (MünchKommBGB/Schramm § 177 Rn. 44).

aa) Das Recht des Vertretenen, einem in seinem Namen abgeschlossenen Rechtsgeschäft nachträglich zuzustimmen, ist von Gesetzes wegen nicht befristet. Die Genehmigung kann daher grundsätzlich zeitlich unbegrenzt ausgesprochen werden. Der andere Teil kann den Schwebezustand beenden, indem er entweder das Vertretergeschäft widerruft oder den Vertretenen auffordert, sich zur Genehmigung zu erklären (§ 178 BGB). Die zeitliche Rückerstreckung der Genehmigung auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts kann allerdings durch dessen Rechtsnatur ausgeschlossen sein. Dies ist insbesondere bei fristgebundenen Rechtsgeschäften der Fall, zB wenn für die die Vornahme des Rechtsgeschäfts oder einer Willenserklärung eine gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Frist gesetzt ist (BGH 13. Juli 1973 - V ZR 16/73 - NJW 1973, 1789, zu 4. der Gründe; 15. Juni 1960 - V ZR 191/58 - BGHZ 32, 375, 383) oder wenn die Rückbeziehung zu sachwidrigen und mit den Wertungen anderer Normen nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führt (Staudinger/Gursky BGB 2004 § 184 Rn. 38).

bb) Die erneute Beschlussfassung des Betriebsrats führt danach nicht stets zu einer zeitlichen Rückerstreckung auf den Zeitpunkt der ersten (unwirksamen) Beschlussfassung.

Die Wirkungen der erneuten Beschlussfassung rrichten sich regelmäßig nicht nach § 184 Abs. 1 BGB, wenn sie nicht die nachträgliche Zustimmung des Betriebsrats zu einem von dem Betriebsratsvorsitzenden, seinem Stellvertreter oder einem sonst im Namen des Betriebsrats handelnden Mitglied abgeschlossenen Vertrag zum Gegenstand hat, da es insoweit an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 177 Abs. 1 BGB fehlt. Hier bleibt es bei dem Grundsatz, dass erst die erstmals wirksame Beschlussfassung die Legitimation für das Handeln des Betriebsrats schafft.

Daneben ist die zeitliche Rückerstreckung der Genehmigung ausgeschlossen, wenn die Beschlussfassung des Betriebsrats erst nach dem für die Beurteilung eines Sachverhalts maßgeblichen Zeitpunkt erfolgt. Diese Einschränkung betrifft insbesondere rechtsgeschäftliche Vereinbarungen, durch die dem Arbeitgeber eine Kostentragungspflicht auferlegt wird. Insoweit wird die Rückwirkung der Genehmigung durch die nach § 40 BetrVG gebotene Erforderlichkeitsprüfung begrenzt. Danach muss der Betriebsrat vor der Verursachung von Kosten nach pflichtgemäßer Würdigung aller Umstände über die Erforderlichkeit entscheiden. Die Frage der Erforderlichkeit ist von dem Zeitpunkt des Beschlusses aus zu beurteilen, der die Kosten ausgelöst hat (BAG 15. November 2000 - 7 ABR 24/00 - EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 92, zu B I 3 der Gründe; 19. April 1989 - 7 ABR 6/88 - BAGE 61, 340 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 29 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 62, zu B I 1 der Gründe). So hat der Senat entschieden, dass ein nach dem Besuch einer Schulungsveranstaltung gefasster Betriebsratsbeschluss, in dem die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds gebilligt wird, keinen Anspruch des Betriebsrats nach § 40 Abs. 1 BetrVG auf Kostentragung durch den Arbeitgeber begründet (8. März 2000 - 7 ABR 11/98 - BAGE 94, 42 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 68 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 90, zu B 3 der Gründe). Des weiteren können wie bei der Änderung oder Aufhebung von Betriebsratsbeschlüssen Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes einer zeitlichen Rückerstreckung der Genehmigung entgegenstehen (vgl. dazu Fitting 23. Aufl. § 26 Rn. 29 f.; Raab/GK-BetrVG 8. Aufl. § 26 Rn. 48 ff.).

c) Danach konnte der Betriebsrat im Streitfall mit einem in der Betriebsratssitzung vom 20. Mai 2005 gefassten Beschluss die zu diesem Zeitpunkt schwebend unwirksame Bestellung der Antragstellerin als Einigungsstellenbeisitzerin genehmigen.

Die Beschlussfassung des Betriebsrats über die Bestellung eines Einigungsstellenbeisitzers ist nicht fristgebunden. Eine gesetzliche Frist, innerhalb derer die Bestellung zu erfolgen hat, besteht nicht. Der Betriebsrat muss die Entscheidung über die Bestellung seiner Beisitzer nicht auf der Grundlage der zu Beginn des Einigungsstellenverfahrens maßgeblichen Umstände treffen, da seine Entscheidung durch den Grundsatz der Erforderlichkeit anders bei der Beschlussfassung über die Entsendung eines Betriebsratsmitglieds zu einer Schulungsveranstaltung nicht eingeschränkt wird. Der Betriebsrat war an der Beschlussfassung am 20. Mai 2005 auch nicht deshalb gehindert, weil die Tätigkeit der Einigungsstelle zu diesem Zeitpunkt bereits beendet war. Der Betriebsrat bleibt bis zur vollständigen Abwicklung der noch nicht erfüllten Vergütungsansprüche der von ihm in die Einigungsstelle entsandten Beisitzer zu einer Beschlussfassung weiter zuständig.

Die sich aus der Genehmigung ergebenden Rechtsfolgen werden nicht durch einen zu Gunsten der Arbeitgeberin bestehenden Vertrauensschutz begrenzt. Die Genehmigung einer zuvor schwebend unwirksamen Bestellung der Antragstellerin als Einigungsstellenbeisitzerin greift nicht in wohlerworbene Rechtspositionen der Arbeitgeberin ein. Es bedarf keiner Entscheidung, inwieweit Grundsätze des Vertrauensschutzes allgemein die zeitliche Rückerstreckung einer Genehmigung für ein für den Betriebsrat abgeschlossenes Rechtsgeschäft begrenzen können. Im Streitfall bestand bis zur Beschlussfassung des Betriebsrats am 20. Mai 2005 keine gesicherte Rechtsposition der Arbeitgeberin, auf Grund derer sie darauf vertrauen konnte, von der Antragstellerin auf die Zahlung der sich aus § 76a Abs. 3 BetrVG ergebenden Vergütung nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Die Arbeitgeberin hatte von den Verfahrensfehlern bei der Beschlussfassung am 9. Februar 2004 bis zur Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens keine Kenntnis. Sie musste daher mit einem Honoraranspruch der Antragstellerin rechnen. Daneben hatte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens im Schriftsatz vom 26. April 2005 die "Bestätigung" der Bestellung der Antragstellerin angekündigt.

II. Der Senat kann die Sache nicht abschließend entscheiden, so dass sie an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist. Der Senat kann nicht beurteilen, ob der Antragstellerin der geltend gemachte Zahlungsanspruch zusteht. Die Begründetheit des Antrags ist vom Vorliegen eines genehmigungsfähigen Rechtsgeschäfts über die Bestellung der Antragstellerin als Einigungsstellenbeisitzerin und der ordnungsgemäßen Einladung zu der Betriebsratssitzung vom 20. Mai 2005 abhängig.

1. Das Landesarbeitsgericht wird zunächst aufzuklären haben, ob der Antragstellerin von der Betriebsratsvorsitzenden oder einem vom Betriebsrat entsprechend bevollmächtigtem Mitglied das Amt der Einigungsstellenbeisitzerin angeboten worden ist und sie ihre Bereitschaft zur Übernahme erklärt hat. Über die tatsächlichen Vorgänge, die zu der Bestellung der Antragstellerin geführt haben, haben die Beteiligten bisher keinen Vortrag gehalten. Ist die Antragstellerin durch eine mit dem Betriebsrat getroffene Vereinbarung zur Einigungsstellenbeisitzerin bestellt worden, konnte der Betriebsrat durch den Beschluss vom 20. Mai 2005 die zu diesem Zeitpunkt schwebend unwirksame Vereinbarung genehmigen.

2. Daneben wird das Landesarbeitsgericht aufzuklären haben, ob die Betriebsratsvorsitzende sämtliche Betriebsratsmitglieder zu der Sitzung am 20. Mai 2005 unter Mitteilung der Tagesordnung geladen hat. Die Arbeitgeberin hat in den Vorinstanzen die Ordnungsmäßigkeit des Betriebsratsbeschlusses vom 20. Mai 2005 in Frage gestellt. Begründete Zweifel gegenüber der Rechtzeitigkeit der Ladung und dem Inhalt des Einladungsschreibens sowie hinsichtlich der Beschlussfähigkeit des Gremiums (§ 33 Abs. 2 BetrVG) bestehen nicht. Nach der Einladung sollte unter dem Tageordnungspunkt 4 die Beschlussfassung über die Beisitzer in der Einigungsstelle "Interessenausgleich/Sozialplan" wiederholt werden. Nach der vom Betriebsrat vorgelegten Anwesenheitsliste waren in der Sitzung vom 20. Mai 2005 fünf der sieben Mitglieder anwesend, die einstimmig für die Bestätigung der Beschlussfassung vom 9. Februar 2004 gestimmt haben. Da die Arbeitgeberin jedoch bestritten hat, dass die Betriebsratsvorsitzende die Ladungen den Betriebsratsmitgliedern persönlich übergeben bzw. nach Hause geschickt hat und nur fünf der sieben Betriebsratsmitglieder an der Sitzung teilgenommen haben, ist festzustellen, ob alle Betriebsratsmitglieder die Ladung erhalten haben oder nicht.

Ende der Entscheidung

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