Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 31.05.2000
Aktenzeichen: 7 ABR 78/98
Rechtsgebiete: BetrVG 1972, BGB, SpTrUG, VermG, DBGrG, UmwG


Vorschriften:

BetrVG 1972 § 16 Abs. 1
BetrVG 1972 § 17 Abs. 1
BetrVG 1972 § 19 Abs. 1
BetrVG 1972 § 19 Abs. 2
BetrVG 1972 § 22
BGB § 613 a
SpTrUG § 1
SpTrUG § 13 Abs. 1
VermG § 6 b Abs. 9
DBGrG § 2 Abs. 1
DBGrG § 25
UmwG § 321
Leitsätze:

1. Wird eine Wahlanfechtung darauf gestützt, daß unter Verkennung des Betriebsbegriffs in einem Gemeinschaftsbetrieb ein weiterer Betriebsrat für einen unselbständigen Betriebsteil gewählt worden ist, muß eine nachfolgende Betriebsratswahl im Gemeinschaftsbetrieb ebenfalls angefochten werden. Das gilt auch, wenn in dem isolierten Wahlanfechtungsverfahren weitere Verfahrensverstöße geltend gemacht werden, die unabhängig von einer Verkennung des Betriebsbegriffs zur Unwirksamkeit der Betriebsratswahl führen (im Anschluß an BAG 7. Dezember 1988 - 7 ABR 10/88 - BAGE 60, 276 = AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 15).

2. Führt die Abspaltung eines betriebsratsfähigen Betriebsteils dazu, daß die von der Abspaltung betroffenen Arbeitnehmer betriebsverfassungsrechtlich nicht mehr repräsentiert werden, hat der Betriebsrat des bisherigen Betriebs in dem abgespaltenen Betriebsteil unverzüglich die Wahl eines Betriebsrats einzuleiten. Dazu ist er aufgrund eines im Betriebsverfassungsgesetz nicht geregelten, aber durch richterliche Rechtsfortbildung anzuerkennenden Übergangsmandats verpflichtet.

Aktenzeichen: 7 ABR 78/98 Bundesarbeitsgericht 7. Senat Beschluß vom 31. Mai 2000 - 7 ABR 78/98 -

I. Arbeitsgericht Beschluß vom 23. Januar 1998 Berlin - 16 BV 31141/97 -

II. Landesarbeitsgericht Beschluß vom 19. Oktober 1998 Berlin - 9 TaBV 1 und 2/98 -


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! BESCHLUSS

7 ABR 78/98 9 TaBV 1 und 2/98

Verkündet am 31. Mai 2000

Kaufhold, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Beschlußverfahren

mit den Beteiligten

1.

Antragstellerin,

2.

3.

Beschwerdeführerin und Rechtsbeschwerdeführerin,

4.

Beschwerdeführerin und Rechtsbeschwerdeführerin,

5.

6.

Beschwerdeführerin und Anschlußrechtsbeschwerdeführerin,

hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts am 31. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dörner, den Richter am Bundesarbeitsgericht Professor Dr. Steckhan und die Richterin am Bundesarbeitsgericht Schmidt sowie die ehrenamtlichen Richter Bea und Wolf beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3) und zu 4) sowie der Beteiligten zu 6) wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 19. Oktober 1998 - 9 TaBV 1 und 2/98 - aufgehoben. Das Verfahren wird zur anderweiten Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die Antragstellerin ist eine im Betrieb der zu 6) beteiligten Arbeitgeberin vertretene Gewerkschaft. Bei der Arbeitgeberin handelt es sich um ein Tochterunternehmen des zu 4) beteiligten Unternehmens, das mehrheitlich dem zu 3) beteiligten Unternehmen gehört. Die zu 3) und 4) beteiligten Unternehmen unterhalten auf einem Gewerbehof in Berlin-Tegel einen gemeinsamen Betrieb. Für den Gemeinschaftsbetrieb ist der zu 5) beteiligte Betriebsrat gewählt worden.

Im Gemeinschaftsbetrieb bestand zunächst ein Kostencenter für den Bereich Spritzguß/Schreibgeräte/Verpackung, für das Herr K verantwortlich war. Zum 1. Januar 1997 wurde das Kostencenter in drei sog. Profitcenter aufgeteilt und zumindest der Bereich Schreibgeräte einer weiteren zur Unternehmensgruppe zählenden GmbH zugewiesen, die nicht am Verfahren beteiligt ist.

Nachdem für den im Gemeinschaftsbetrieb verbliebenen Bereich Spritzguß weder mit der zuständigen Gewerkschaft noch mit dem Betriebsrat eine Einigung über die Einführung von Samstagsarbeit und eine Änderung der Arbeitszeit erzielt werden konnte, gründete das zu 4) beteiligte Unternehmen die Bet. zu 6). Zum Geschäftsführer wurde der bisherige Kostenveranwortliche K bestellt. Dem neugegründeten Unternehmen wurde zum 1. April 1997 der Bereich Spritzguß im Wege eines Betriebsteilübergangs übertragen. Betroffen davon waren 37 Arbeitnehmer, die dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse nicht widersprachen. Sie arbeiteten wie zuvor in der bisherigen Produktionshalle und an denselben Maschinen für Aufträge des zu 4) beteiligten Unternehmens. Am 16. Mai 1997 fand bei der Bet. zu 6) eine Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands statt. Dabei wurde ein aus drei Mitgliedern bestehender Wahlvorstand gewählt, der anschließend die Betriebsratswahl einleitete. Am 14. Juli 1997 wählten die Beschäftigten des abgespaltenen Betriebsteils einen aus drei Mitgliedern bestehenden Betriebsrat, den Bet. zu 2).

Das am selben Tag bekanntgegebene Wahlergebnis läßt die antragstellende Gewerkschaft mit dem vorliegenden, am 28. Juli 1997 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag überprüfen. Die Wahl des nach Ablauf seiner regulären Wahlperiode im Gemeinschaftsbetrieb der Bet. zu 3) und zu 4) im Jahre 1998 gewählten Betriebsrats, des Bet. zu 5), wurde nicht angefochten.

Die Antragstellerin hat gemeint, die gesonderte Wahl eines Betriebsrats in dem abgespaltenen Betriebsteil sei fehlerhaft. Sämtliche Unternehmen bildeten nach wie vor einen Gemeinschaftsbetrieb. Dem Geschäftsführer des abgespaltenen Betriebsteils stünden keine eigenen Entscheidungsbefugnisse in den personellen und sozialen Angelegenheiten zu. Diese würden wie zuvor von den übrigen beteiligten Unternehmen getroffen. Es bestehe ein einheitlicher Leitungsapparat, der einen arbeitgeberübergreifenden Personaleinsatz praktiziere. Dessen ungeachtet sei die Bestellung des Wahlvorstands verfahrensfehlerhaft erfolgt. Wenn der abgespaltene Betriebsteil als selbständiger Betrieb geführt werde, habe die Betriebsratswahl durch den Betriebsrat des Gemeinschaftsunternehmens eingeleitet werden müssen, der dazu im Wege eines Übergangsmandats verpflichtet gewesen sei. Die Betriebsversammlung sei zur Einleitung der Wahl nicht befugt gewesen.

Die Antragstellerin hat beantragt

festzustellen, daß die Betriebsratswahl bei der Beteiligten zu 6) vom 14. Juli 1997 unwirksam ist.

Die beteiligten Unternehmen haben beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Sie haben behauptet, ein Gemeinschaftsbetrieb aller beteiligten Unternehmen liege nicht vor. Die angeführten arbeitstechnischen und personalwirtschaftlichen Verknüpfungen sowie die dargestellten buchhaltungstechnischen und finanzwirtschaftlichen Beziehungen beruhten auf ihrer Konzernverbundenheit. Es fehle ein einheitlicher Leitungsapparat.

Die beteiligten Betriebsräte haben keine Anträge gestellt.

Das Arbeitsgericht hat dem Wahlanfechtungsantrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerden der beteiligten Unternehmen zurückgewiesen. Dagegen richten sich die Rechtsbeschwerden der beteiligten Unternehmen, mit der sie die Abweisung des Antrags begehren. Die Antragstellerin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden. Die beteiligten Betriebsräte haben sich auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

B. Die Rechtsbeschwerden der beteiligten Unternehmen sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Beschwerdegericht. Das Landesarbeitsgericht durfte über die Wirksamkeit der Wahl nicht befinden, ohne zuvor zu klären, ob es sich bei der Betriebsstätte um einen Gemeinschaftsbetrieb oder einen eigenständigen Betrieb handelt. Der Senat kann deshalb nicht abschließend entscheiden, ob die Betriebsratswahl vom 14. Juli 1997 wirksam ist oder nicht.

I. Die formellen Voraussetzungen eines Wahlanfechtungsverfahrens sind erfüllt.

Die Antragstellerin ist nach § 19 Abs. 1 BetrVG anfechtungsberechtigt. Sie ist in dem Betrieb des zu 6) beteiligten Unternehmens vertreten.

Die gesetzliche Anfechtungsfrist von zwei Wochen ist gewahrt. Die Antragstellerin hat die am 14. Juli 1997 durchgeführte Betriebsratswahl, deren Ergebnis am selben Tag bekanntgemacht worden war, am 28. Juli 1997 angefochten, § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG.

II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht nicht geprüft, ob die angefochtene Wahl unter Verkennung des Betriebsbegriffs stattgefunden hat. Denn eine wirksame Wahlanfechtung setzt im Streitfall voraus, daß der zu 2) beteiligte Betriebsrat für einen selbständigen Betrieb zu wählen war. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

1. Wird die Anfechtung einer Betriebsratswahl darauf gestützt, daß in einem einheitlichen Betrieb unter Verkennung des Betriebsbegriffs mehrere Betriebsräte für jeweils unselbständige Betriebsteile gewählt worden sind, muß die Wahl aller Betriebsräte angefochten werden (BAG 7. Dezember 1988 - 7 ABR 10/88 - BAGE 60, 276 = AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 15, zu B 3. Abs. der Gründe). Die gegen die Wahl eines einzelnen Betriebsrats gerichtete Anfechtung ist in einem solchen Fall unzulässig. Durch die Annullierung der verfahrensfehlerhaften Wahl eines einzelnen Betriebsrats allein kann ein betriebsverfassungsgemäßer Zustand künftig nicht erreicht werden.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dient das Anfechtungsrecht nach § 19 Abs. 1 BetrVG dazu, eine Betriebsratswahl zu korrigieren, die unter Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften durchgeführt worden ist. Dazu billigt das Gesetz einem Anfechtungsberechtigten ein zeitlich begrenztes Recht zu, eine Wahl durch gerichtlichen Beschluß für unwirksam erklären zu lassen. Dadurch soll eine weitere, den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Wahl ermöglicht werden (BAG 7. Dezember 1988 aaO, zu B 4. Abs. der Gründe).

Besteht der zur Wahlanfechtung berechtigende Wahlverfahrensverstoß darin, daß in einem einheitlichen Betrieb unter Verkennung des Betriebsbegriffs für einen unselbständigen Betriebsteil ein Betriebsrat gewählt worden ist, kann dieser betriebsverfassungswidrige Zustand nur durch gerichtliche Annullierung der Wahl sämtlicher Betriebsräte beseitigt werden, damit die Betriebsbelegschaft einen neuen, für den gesamten Betrieb einheitlich zuständigen Betriebsrat wählen kann. Denn der Betriebsrat, dessen Wahl nicht ebenfalls innerhalb der Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten worden ist, bleibt aus Gründen der Rechtssicherheit bis zum Ablauf seiner regelmäßigen Amtszeit im Amt unabhängig davon, ob er unter Verkennung des Betriebsbegriffs gewählt worden ist oder nicht (Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG 19. Aufl. § 19 Rn. 24; GK-Kreutz BetrVG 6. Aufl. § 19 Rn. 14 ff.). Er kann während seiner regulären Wahlperiode nicht durch einen für den gesamten Betrieb zu wählenden Betriebsrat ersetzt werden. Seine Zuständigkeit erstreckt sich auch nicht automatisch auf die durch eine erfolgreiche Wahlanfechtung betriebsratslos gewordenen Arbeitnehmer des unselbständigen Betriebsteils, die an seiner Wahl nicht beteiligt waren. Diese blieben bis zur turnusgemäßen Neuwahl ohne betriebliche Interessenvertretung (BAG 7. Dezember 1988 aaO, zu B 5. Abs. der Gründe).

b) Das gilt auch, soweit in einem solchen Wahlanfechtungsverfahren weitere Verfahrensverstöße geltend gemacht werden, die unabhängig von einer Verkennung des Betriebsbegriffs die Unwirksamkeit der Wahl zur Folge haben. Denn auch bei einer daraufhin ergehenden gerichtlichen Kassation des Wahlergebnisses kann ein betriebsverfassungsgemäßer Zustand in dem abgespaltenen Betriebsteil durch Neuwahl nur erreicht werden, wenn feststeht, daß es sich um einen selbständigen Betrieb oder selbständigen Betriebsteil handelt, für den überhaupt ein eigener Betriebsrat zu wählen ist. Andernfalls würde erneut ein Betriebsrat gewählt, dessen Wahl wegen Verkennung des Betriebsbegriffs anfechtbar wäre.

2. Nach diesen Grundsätzen ist die isolierte Anfechtung der Wahl des zu 2) beteiligten Betriebsrats nur statthaft, soweit der durch Abspaltung aus dem Gemeinschaftsbetrieb hervorgegangene Betriebsteil als selbständiger Betrieb geführt wird. Führen dagegen alle drei beteiligten Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb, wäre eine Neuwahl für einen unselbständigen Betriebsteil dieses Gemeinschaftsbetriebs nach wie vor betriebsverfassungswidrig. Ein dem Betriebsverfassungsgesetz entsprechender Zustand könnte nur durch eine erneute Wahl eines Betriebsrats für den Gemeinschaftsbetrieb hergestellt werden. Das setzt jedoch die Annullierung der späteren Wahl des zu 5) beteiligten Betriebsrats voraus. Die dazu erforderliche Wahlanfechtung haben die antragstellende Gewerkschaft und die übrigen zur Anfechtung Berechtigten jedoch versäumt.

III. Infolgedessen hat das Landesarbeitsgericht in dem erneuten Beschwerdeverfahren festzustellen, ob die beteiligten Unternehmen in der Produktionsstätte Berliner Straße in Berlin-Tegel einen Gemeinschaftsbetrieb unterhalten oder ob das zu 6) beteiligte Unternehmen einen eigenständigen Betrieb neben dem Gemeinschaftsbetrieb der Bet. zu 3) und zu 4) führt.

1. Bei seiner Prüfung hat das Landesarbeitsgericht die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs zu beachten.

Danach ist Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt (vgl. BAG 14. Dezember 1994 - 7 ABR 26/94 -BAGE 79, 47 = AP BetrVG 1972 § 5 Rotes Kreuz Nr. 3 mwN). Ein Betrieb kann von mehreren Arbeitgebern auch als Gemeinschaftsbetrieb geführt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 24. Januar 1996 - 7 ABR 10/95 - BAGE 82, 112 = AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 8 mwN; zuletzt 9. Februar 2000 - 7 ABR 21/98 - nv.) ist von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefaßt, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Dazu müssen sich die beteiligten Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Diese einheitliche Leitung muß sich auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in den sozialen und personellen Angelegenheiten erstrecken. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt nicht. Vielmehr müssen die Funktionen des Arbeitgebers in den sozialen und personellen Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden.

2. Stellt das Landesarbeitsgericht fest, daß ein Gemeinschaftsbetrieb aller beteiligten Unternehmen vorliegt, so hat es den Anfechtungsantrag der Antragstellerin als unzulässig abzuweisen. Auf die Frage, ob dem Bet. zu 5) ein Übergangsmandat zugestanden hat, kommt es dann nicht an.

IV. Stellt das Landesarbeitsgericht dagegen fest, daß der aus dem Gemeinschaftsbetrieb abgespaltene Betriebsteil als selbständiger Betrieb geführt wird, ist die Wahlanfechtung zulässig und begründet. Die Wahl des bei der Bet. zu 6) gewählten Betriebsrats wäre dann unwirksam. Bei der Einleitung der Wahl ist entgegen § 16 Abs. 1 BetrVG der Wahlvorstand nicht durch den Betriebsrat des Gemeinschaftsbetriebs (Bet. zu 5) bestellt worden, der dazu auf Grund eines Übergangsmandats berechtigt war.

1. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsrat zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit einen aus drei Mitgliedern bestehenden Wahlvorstand sowie dessen Vorsitzenden zu bestellen. Diese Vorschrift gilt auch bei der vorzeitigen Beendigung der Amtszeit (Däubler/Kittner/Klebe BetrVG 7. Aufl. § 16 Rn. 2; Hess/Schloch-auer/Glaubitz BetrVG 5. Aufl. § 16 Rn. 7). In diesem Fall ist der Betriebsrat verpflichtet, den Wahlvorstand unverzüglich zu bestellen, nachdem ein die Neuwahl begründender Sachverhalt vorliegt.

§ 16 BetrVG regelt zwingend die Bestellung eines Wahlvorstands und das weitere Verfahren, soweit der Betriebsrat seiner Bestellungspflicht nicht genügt (Däubler/Kittner/Klebe BetrVG 7. Aufl. § 16 Rn. 30; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG 19. Aufl. § 16 Rn. 1; Hess/Schlochauer/Glaubitz BetrVG 5. Aufl. § 16 Rn. 2; GK-Kreutz BetrVG 6. Aufl. § 16 Rn. 4). Infolgedessen handelt es sich um eine wesentliche Vorschrift zum Wahlverfahren, deren Verletzung ein Wahlanfechtungsrecht nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BetrVG begründet.

2. Das gilt auch bei der Übertragung von Betriebsteilen auf einen anderen Rechtsträger nach § 613 a BGB mit der Folge einer Betriebsspaltung. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, in diesem Fall sei nicht die Betriebsversammlung vom 16. Mai 1997, sondern der Betriebsrat des Gemeinschaftsbetriebs in analoger Anwendung des § 321 Abs. 1 UmwG zur Bestellung eines Wahlvorstands für den abgespaltenen Betriebsteil zuständig gewesen, hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Der Senat hält den Betriebsrat des früheren Gemeinschaftsbetriebs für verpflichtet, die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile vorübergehend weiterzuführen. Dazu gehört auch die Pflicht, unverzüglich einen Wahlvorstand zu bestellen. Das ergibt die Würdigung der betriebsverfassungsgesetzlichen Vorschriften über die Zuständigkeiten des Betriebsrats und der dazu nachfolgend erlassenen Vorschriften betriebsverfassungsrechtlicher Art in einer Vielzahl anderer Gesetze außerhalb des Betriebsverfassungsgesetzes.

a) Ein Übergangsmandat eines Betriebsrats zur Bestellung eines Wahlvorstands für die Einleitung von Betriebsratswahlen in einem anderen Betrieb ist im Betriebsverfassungsgesetz nicht geregelt. Vielmehr sind die dem Betriebsrat zugewiesenen betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben betriebsbezogen (BAG 23. November 1988 - 7 AZR 121/88 - BAGE 60, 191 = AP BGB § 613 a Nr. 77, zu I 2 a aa der Gründe).

aa) Das Betriebsverfassungsgesetz beruht auf der Annahme einer ausschließlich betriebsbezogenen Interessenvertretung durch die gewählten Repräsentanten der betriebsangehörigen Arbeitnehmer. Dazu knüpft es die Zuständigkeit eines Betriebsrats an die Identität desjenigen Betriebs, für den er gewählt worden ist (BAG 23. November 1988 - 7 AZR 121/88 - BAGE 60, 191 = AP BGB § 613 a Nr. 77, zu I 2 b der Gründe; Richardi BetrVG 7. Aufl. § 21 Rn. 27 f.; GK-Wiese BetrVG 5. Aufl. § 21 Rn. 42 mwN). Solange die Identität des Betriebs fortbesteht, behält der Betriebsrat das ihm durch Wahl übertragene Mandat zur Vertretung von Belegschaftsinteressen und zur Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben (BAG 28. September 1988 - 1 ABR 37/87 - BAGE 59, 371 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 55, zu B I 2 a der Gründe). Zur Einleitung von Betriebsratswahlen in einem anderen betriebsratsfähigen Betrieb ist er nicht befugt.

bb) Auch die Vorschrift des § 22 BetrVG wahrt das Prinzip der betriebsbezogenen Interessenvertretung. Diese Norm will lediglich sicherstellen, daß eine Belegschaft nach wie vor durch einen Betriebsrat vertreten bleibt, auch wenn dessen Amt auf Grund einer wesentlichen Änderung der Belegschaftsstärke, eines Absinkens der Zahl der Betriebsratsmitglieder unter die gesetzliche Zahl oder eines Rücktritts des Betriebsrats vorzeitig endet. Es handelt sich um eine Ausnahmeregelung, die ihrerseits auf dem Grundgedanken einer betriebsbezogenen Kontinuität betriebsverfassungsrechtlicher Interessenvertretung beruht und deshalb eine zeitliche, nicht jedoch eine betriebsübergreifende Ausweitung des Betriebsratsmandats zum Gegenstand hat. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle der vorliegenden Art kommt demnach nicht in Betracht (BAG 23. November 1988 - 7 AZR 121/88 - BAGE 60, 191 = AP BGB § 613 a Nr. 77, zu I 2 b aa der Gründe).

b) Die Anwendung dieses Prinzips führt dazu, daß bei einer betrieblichen Umorganisation, die eine Änderung der bisherigen Betriebsidentität zur Folge hat, das Amt des Betriebsrats endet oder er für einen Teil der bisher von ihm vertretenen Arbeitnehmer die Zuständigkeit verliert (vgl. Däubler/Kittner/Klebe BetrVG 7. Aufl. § 21 Rn. 33 f.; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG 19. Aufl. § 21 Nr. 40 ff.; GK-Wiese BetrVG 5. Aufl. § 21 Rn. 41 ff.; Bachner DB 1995, 2068; aA GK-Wiese/Kreutz BetrVG 6. Aufl. § 21 Rn. 41). Soweit die von der Betriebsumorganisation betroffenen Arbeitnehmer nicht wieder in einen betriebsratsfähigen Betrieb eingegliedert werden, für den auch ein Betriebsrat gebildet ist, werden sie bis zur Neuwahl eines Betriebsrats betriebsverfassungsrechtlich nicht mehr repräsentiert. Sie verlieren bis zur Konstituierung eines neuen Betriebsrats, dessen Wahl sie im Wege des § 17 Abs. 1 BetrVG veranlassen müssen, den kollektiven Schutz des Betriebsverfassungsgesetzes.

c) Von diesem Grundsatz der ausschließlich betriebsbezogenen Zuständigkeit eines Betriebsrats ist der Gesetzgeber seit 1991 in mehreren Einzelvorschriften zum Übergangsmandat des Betriebsrats abgewichen.

aa) Soweit eine Kapitalgesellschaft, deren sämtliche Geschäftsanteile oder Aktien sich unmittelbar oder mittelbar in der Hand der Treuhandanstalt befinden, ihr Vermögen spaltet und das zur Spaltung eines Betriebs führt, bleibt dessen Betriebsrat im Amt und führt die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile weiter, soweit sie betriebsratsfähig sind und nicht in einem Betrieb eingegliedert werden, in dem ein Betriebsrat besteht (§ 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Spaltung von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (SpTrUG) vom 5. April 1991 (BGBl. I S 854)). Das Übergangsmandat endet, sobald in den Betriebsteilen ein neuer Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekanntgegeben ist, spätestens jedoch drei Monate nach Wirksamwerden der Spaltung der Gesellschaft (§ 13 Abs. 1 Satz 2 SpTrUG).

Ein ebenfalls dreimonatiges Übergangsmandat des Betriebsrats bei der Entflechtung von Unternehmen zum Zwecke der Rückübertragung unrechtmäßig enteigneter Unternehmen hat der Gesetzgeber in § 6 b Abs. 9 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen - VermG - vom 23. September 1990 (BGBl. I S 766) geregelt. Nach § 6 b Abs. 9 Satz 1 VermG bleibt bei einer Entflechtung der Betriebsrat im Amt und führt die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile für längstens drei Monate weiter, soweit diese Betriebsteile betriebsratsfähig sind und nicht in einen Betrieb eingegliedert werden, in dem ein Betriebsrat besteht.

Ein weiteres betriebsverfassungsrechtliches Übergangsmandat hat der Gesetzgeber zu § 20 Abs. 1 Deutsche Bahn Gründungsgesetz - DBGrG - vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S 2386) normiert. Hat danach eine Ausgliederung aus der Deutschen Bahn AG gemäß § 2 Abs. 1 iVm. § 25 DBGrG die Spaltung eines Betriebs zur Folge, bleibt dessen Betriebsrat für längstens drei Monate geschäftsführend im Amt für die ihm bisher zugeordneten Betriebsteile, soweit diese betriebsratsfähig sind und nicht in einen Betrieb mit einem amtierenden Betriebsrat eingegliedert werden.

bb) Die weitestgehende Regelung eines betriebsverfassungsrechtlichen Übergangsmandats enthält § 321 UmwG in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsrechts vom 28. Oktober 1994 (BGBl. I S 3210). Nach dieser Vorschrift bleibt ein Betriebsrat im Amt und führt die Geschäfte der ihm bislang zugeordneten Betriebsteile längstens bis zu sechs Monaten weiter, soweit die Spaltung oder Teilübertragung eines Rechtsträgers nach dem Dritten oder Vierten Buch des UmwG die Spaltung eines Betriebs zur Folge hat, diese Betriebsteile betriebsratsfähig bleiben und auch nicht in einen Betrieb eingegliedert werden, in dem ein Betriebsrat besteht.

Gegenüber den vorangegangenen Regelungen zum Übergangsmandat verlängert § 321 Abs. 1 Satz 3 UmwG dessen Dauer von drei auf sechs Monate und verpflichtet darüber hinaus zur alsbaldigen Bestellung des Wahlvorstandes, § 321 Abs. 1 Satz 2 UmwG. Dagegen fehlt die noch in § 13 Abs. 3 SpTrUG und § 6 b Abs. 9 VermG enthaltene Beschränkung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats für Angelegenheiten, die den Wettbewerb zu den an der Spaltung oder Teilübertragung beteiligten Rechtsträgern beeinflussen könnten.

d) Diese Regelungen zu einem Übergangsmandat in Gesetzen außerhalb des Betriebsverfassungsgesetzes hat der Gesetzgeber nicht zum Anlaß genommen, das bis dahin geschlossene System einer betriebsgebundenen betriebsverfassungsrechtlichen Repräsentation einer Belegschaft insgesamt zu modifizieren und eine entsprechende Regelung zum betriebsverfassungsrechtlichen Übergangsmandat in das Betriebsverfassungsgesetz aufzunehmen. Als Folge davon ist der durch das Betriebsverfassungsgesetz vermittelte Schutz für die Arbeitnehmer, die im Zuge einer betrieblichen Umstrukturierung nach dem für sie anwendbaren Prinzip der betriebsgebundenen Zuständigkeit ihre bisherige betriebsverfassungsrechtliche Repräsentation verlieren, nachträglich lückenhaft geworden. In den gesetzlich geregelten Fällen zum Übergangsmandat werden die von einer Änderung der Betriebsorganisation betroffenen Arbeitnehmer von den Folgen, die sich aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Grundsatz der betriebsgebundenen Zuständigkeit des Betriebsrats ergeben, geschützt. Für einen vorübergehenden Zeitraum bleiben sie durch ihren bisherigen Betriebsrat vertreten. Sie behalten den kollektiven Schutz des Betriebsverfassungsgesetzes und müssen auch nicht für die Neuwahl einer Arbeitnehmervertretung nach Maßgabe des § 17 Abs. 1 BetrVG Verantwortung übernehmen. Diesen Schutz verlieren die Arbeitnehmer in allen sonstigen Fällen, in denen eine zur Änderung der Betriebsidentität führende betriebliche Umstrukturierung entweder eine rechtsgeschäftliche Übertragung von Betrieben oder Betriebsteilen im Wege des § 613 a Abs. 1 BGB vorausgeht oder auf einer bloßen Organisationsentscheidung ohne Wechsel des Rechtsträgers beruht. Sie werden bis zu der Konstituierung eines Betriebsrats, dessen Wahl sie nach § 17 Abs. 2 BetrVG veranlassen müssen, betriebsverfassungsrechtlich nicht vertreten.

3. a) Die erst durch die nachfolgende Gesetzgebung entstandene Schutzlücke ist durch die Annahme eines Übergangsmandats im Wege der Rechtsanalogie zu schließen. Die vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen über das Übergangsmandat aus den Jahren 1990 bis 1994 lassen die Vorstellung des Gesetzgebers erkennen, daß betriebsratslose Zeiten infolge betrieblicher Umstrukturierungen grundsätzlich zu vermeiden sind, wenn eine Organisationsentscheidung die Spaltung des Betriebs zur Folge hat und die betroffenen Arbeitnehmer danach nicht mehr betriebsverfassungsrechtlich vertreten werden (Däubler/Kittner/Klebe BetrVG 7. Aufl. § 21 Rn. 68 a ff; ErfK-Eisemann § 21 Rn. 8; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG 19. Aufl. § 21 Rn. 43 ff.; GK-Wiese/Kreutz BetrVG 6. Aufl. § 21 Rn. 81 bei Einzelrechtsnachfolge; Bachner NZA 1999, 1241, 1245; Däubler RdA 1995, 136; Engels FS Wlotzke S 279, 284; Frohner PersR 1995, 99, 104; Klar NZA 1997, 470, 472). Diesen in verschiedenen betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen normierten Grundsatz überträgt der Senat auf die Regelungen im Betriebsverfassungsgesetz.

b) Daran ist der Senat auch dann nicht gehindert, wenn es sich bei der im Betriebsverfassungsgesetz festgestellten Lücke um eine planmäßige Lücke handeln sollte. Entgegen der im Schrifttum vertretenen Auffassung kann der Senat nicht feststellen, eine ausfüllungsbedürftige Lücke sei nicht vorhanden, weil der Gesetzgeber die im Zuge der Normierung des UmwG ohnehin notwendig gewordene Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes nicht genutzt habe, ein allgemeines Übergangsmandat im Betriebsverfassungsgesetz zu regeln (so aber Hess/Schlochauer/Glaubitz BetrVG 5. Aufl. § 21 Rn. 32 ff.; Stege/Weinspach BetrVG 8. Aufl. § 21 Rn. 22; Bauer/Lingemann NZA 1994, 1057, 1058; Feudner BB 1996, 1934; Willemsen NZA 1996, 791, 802). Dafür könnte zwar sprechen, daß im Bundesministerium für Arbeit offenbar erwogen worden ist, während der parlamentarischen Beratungen zum UmwG ein allgemeines Übergangsmandat über Art. 13 UmwBerG in das BetrVG einzufügen, davon aber aus unterschiedlichen politischen Gründen Abstand genommen worden sein soll (Engels FS Wlotzke S 279, 284). Ein solcher Vorgang wird jedoch weder durch die Gesetzesmaterialien noch in sonstiger Weise objektiviert. Eine derartige Überlegung ist deshalb für die Feststellung der Planmäßigkeit einer Lücke ohne Bedeutung. Die Gesetzesmaterialien deuten eher darauf hin, daß der Gesetzgeber einen entsprechenden Regelungsbedarf verneint hat, weil seiner Auffassung nach die gesetzgebenden Körperschaften bereits das Übergangsmandat als Institut und damit als allgemein gültiges Rechtsprinzip geschaffen hatten (BR-Drucks. 75/94 S 174).

c) Für die Anerkennung eines allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Übergangsmandats im Wege der Rechtsfortbildung bedarf es letztlich keiner Entscheidung, ob das Fehlen einer darauf gerichteten gesetzlichen Regelung auf einer bewußten Entscheidung des Gesetzgebers oder einer planwidrigen Lücke des Gesetzes beruht. Denn bei der Frage, ob das Gesetz durch Richterrecht fortzuentwickeln ist, sind nicht nur die Absichten und bewußt getroffenen Entscheidungen des Gesetzgebers zu berücksichtigen, sondern auch solche objektiven Gesetzeszwecke und allgemeine Rechtsprinzipien, die in das Gesetz Eingang gefunden haben. Nach der zutreffenden Ansicht von Larenz ist " ein Prinzip, das jedem Gesetz innewohnt", ... "das der Gleichbehandlung des Gleichartigen" (Larenz Methodenlehre 6. Aufl. S 374, 375 mwN).

Die Anerkennung eines Übergangsmandats in den gesetzlich geregelten Fällen und das Fehlen eines Übergangsmandats im Betriebsverfassungsgesetz für die sonstigen Fälle ist mit dem Prinzip der Gleichbehandlung nicht vereinbar. Denn sachliche Gründe für unterschiedliche Regelungen zum Übergangsmandat im Betriebsverfassungsgesetz einerseits und in den genannten Gesetzen andererseits bestehen nicht (vgl. Wlotzke DB 1995, 40, 48). Für das Bestehen eines Übergangsmandats mit seinen weitreichenden Folgen für die Errichtung eines Betriebsrats in einem bislang betriebsratslosen Betrieb und dem vorübergehenden betriebsübergreifenden Erhalt kollektiver Schutzrechte käme es ohne die Anerkennung eines betriebsverfassungsrechtlichen Übergangsmandats allein auf die Rechtsgrundlage an, die einer betrieblichen Umorganisation vorausgeht und zur Aufhebung der bisherigen betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung führt. Die Spaltung eines Betriebs im Anschluß an einen Spaltungsvorgang nach dem UmwG und SpTrUG oder eine Entflechtung nach dem VermG ist nicht einmal ein spezifisch umwandlungs- oder entflechtungsrechtlicher Vorgang (vgl. GK-Wiese/Kreutz BetrVG 6. Aufl. § 21 Rn. 81). Denn ein Betrieb kann nicht nur im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge nach diesen Vorschriften, sondern wie vorliegend auch im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf einen anderen Rechtsträger übergehen. Das Schutzbedürfnis der Belegschaft im Anschluß an eine umwandlungsrechtliche oder einzelrechtsgeschäftliche Umstrukturierung eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist in allen Fällen gleich. Es besteht auch dann, wenn die Änderung der Betriebsorganisation nicht mit einem Wechsel des Rechtsträgers einhergeht. Es ist deshalb aus Gründen der Gleichbehandlung gleichgelagerter Sachverhalte geboten, ein betriebsverfassungsrechtliches Übergangsmandat anzuerkennen, soweit eine Änderung der betrieblichen Organisation zum Verlust der bisherigen betriebsverfassungsrechtlichen Repräsentation und zum Entstehen neuer betriebsratsfähiger Einheiten führt, für die noch kein Betriebsrat gebildet ist.

d) Mit der Anerkennung eines betriebsverfassungsrechtlichen Übergangsmandats im Wege richterlicher Gesetzesfortbildung werden die durch Art. 20 Abs. 3 GG gezogenen Grenzen gewahrt. Insbesondere ist der Senat an einer Fortbildung des Betriebsverfassungsgesetzes nicht durch eine in der politischen Diskussion befindlichen Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes gehindert. Dem Senat sind keine konkreten Gesetzgebungsentwürfe bekannt, in denen ein Übergangsmandat vorgesehen ist. Die Anerkennung eines betriebsverfassungsrechtlichen Übergangsmandats greift auch nicht der zum 17. Juli 2001 in nationales Recht umzusetzenden Betriebsübergangsrichtlinie (RL 77/187/EWG idF der RL 98/50EG vom 29. Juni 1998) vor. Der Gesetzgeber ist trotz der Anerkennung eines betriebsverfassungsrechtlichen Übergangsmandats frei, im Anwendungsbereich der Richtlinie den Inhalt eines Übergangsmandats zu konkretisieren.

4. Das im Wege der Rechtsfortbildung anzuerkennende Übergangsmandat unterliegt aber einer zeitlichen Beschränkung von drei Monaten. Eine Dauer von sechs Monaten entsprechend § 321 Abs. 1 Satz 2 UmwG (Däubler/Kittner/Klebe BetrVG 7.Aufl. § 21 Rn. 68; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG 19. Aufl. § 21 Rn. 49, 52; GK-Wiese/Kreutz BetrVG 6. Aufl. § 21 Rn. 82; Bachner NZA 1999, 1241, 1245; ders. DB 1995, 2068, 2070; Däubler RdA 1995, 136; Engels FS Wlotzke S 279, 286; Joost in Lutter UmwG 2. Aufl. § 321 Rn. 4; Klar NZA 1997, 470) ist nach dem Zweck des Übergangsmandats nicht zwingend. Dieser verlangt lediglich einen angemessenen Zeitraum, der den das Übergangsmandat ausübenden Betriebsrat in die Lage versetzt, Wahlen einzuleiten und bis zur Konstituierung des neu gewählten Betriebsrats die Interessen der Belegschaft zu vertreten. Dazu normieren die bisherigen gesetzlichen Regelungen zum Übergangsmandat außerhalb des UmwG eine Mindestdauer von drei Monaten. Diese Frist genügt den durch die WO 1972 vorgegebenen Fristen für die Einleitung und die Durchführung einer Betriebsratswahl. Sie ist daher auch im Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes angemessen.

5. Nach diesen Grundsätzen wäre nach dem Betriebsteilübergang der für den damaligen Gemeinschaftsbetrieb gebildete Betriebsrat verpflichtet gewesen, unverzüglich nach dem Übergang des Betriebsteils und seiner Fortführung als selbständiger Betrieb, die Wahl eines Betriebsrats einzuleiten, § 16 Abs. 1 BetrVG. Diese Frist hätte vorliegend mit dem Betriebsteilübergang am 1. April 1997 begonnen. Sie wäre bis zu der Einberufung und der Durchführung der Betriebsversammlung am 16. Mai 1997 noch nicht abgelaufen gewesen.

6. Die Wahl eines Wahlvorstandes auf der Betriebsversammlung am 16. Mai 1997 anstelle der Errichtung eines Wahlvorstandes nach § 16 Abs. 1 BetrVG durch den damals für den Gemeinschaftsbetrieb gebildeten Betriebsrat verletzt die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Dieser Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift des Wahlverfahrens läßt nicht darauf schließen, hierdurch habe das Wahlergebnis insgesamt objektiv weder beeinflußt noch geändert werden können, § 19 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BetrVG.

a) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn ein solcher Verstoß das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne Verstoß gegen wesentliche Vorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte (vgl. BAG 14. September 1988 - 7 ABR 93/87 -BAGE 59, 328 = AP BetrVG 1972 § 16 Nr. 1, zu B IV 2 der Gründe). Das betrifft in erster Linie Fallgestaltungen, in denen etwa die Berücksichtigung nicht wahlberechtigter Arbeitnehmer oder die Nichtbeteiligung wahlberechtigter Arbeitnehmer rechnerisch die Reihenfolge der Gewählten nicht ändern kann.

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (14. September 1988 - 7 ABR 93/87 - BAGE 59, 328 = AP BetrVG 1972 § 16 Nr. 1 ; 2. März 1955 - 1 ABR 19/54 - BAGE 1, 317 = AP BetrVG § 18 Nr. 1) läßt die Mißachtung des Bestellungsrechts des Betriebsrats nicht darauf schließen, daß die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BetrVG vorliegen und damit für das Wahlergebnis ohne Bedeutung gewesen sein konnten. Dafür spricht schon, daß ein Wahlvorstand nach der WO 1972 Ermessensentscheidungen zu treffen hat, die je nach seiner personellen Zusammensetzung unterschiedlich ausfallen und sich auf das Wahlergebnis auswirken können.

c) Die dagegen im Schrifttum geäußerte Kritik (Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG 19. Aufl. § 19 Rn. 16; GK-Kreutz BetrVG 6. Aufl. § 19 Rn. 48), nach der Wahlfehler im Zusammenhang mit der Bestellung oder der Zusammensetzung des Wahlvorstands grundsätzlich keinen Einfluß auf das Wahlergebnis haben, weil die zwingenden Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes und der WO 1972 eine das Wahlergebnis beeinflussende Entscheidungspraxis des Wahlvorstandes weitgehend ausschließen, gibt zur Änderung der Senatsrechtsprechung keinen Anlaß. Die Ausgestaltung der Wahlanfechtungsvorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BetrVG nimmt Rücksicht darauf, daß in einer Vielzahl an Fällen die Beeinflussung durch einen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nicht positiv festgestellt werden kann, sich aber dennoch latent auf das Wahlverhalten auswirkt. Deshalb muß eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen läßt, daß auch bei der Einhaltung entsprechender Vorschriften zum Wahlverfahren kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl.

Ende der Entscheidung

Zurück