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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 16.01.2008
Aktenzeichen: 7 AZR 1090/06
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO
Vorschriften:
ArbGG § 74 Abs. 1 | |
ZPO § 233 | |
ZPO § 234 | |
ZPO § 236 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 16. Januar 2008
In Sachen
hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2008 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dörner, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gräfl, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Koch sowie die ehrenamtlichen Richter Hökenschnieder und Krollmann für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 16. Juni 2006 - 22 Sa 87/06 - wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis am 31. Juli 2005 geendet hat.
Der am 6. Juli 1940 geborene Kläger war seit dem 13. Juli 1970 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin, der Deutschen Bundespost, als Arbeiter im Postfach- und Verwaltungsdienst teilzeitbeschäftigt. Nach dem zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 30. Juli 1971 gelten die Bestimmungen des Tarifvertrags für die Arbeiter der Deutschen Bundespost in ihrer jeweils geltenden Fassung als unmittelbar zwischen den Parteien vereinbart. Sowohl in dem Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) als auch in § 37 Abs. 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG vom 18. Juni 2003 (MTV-DP AG) ist bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats endet, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 20. Juli 2005 unter Hinweis auf § 37 Abs. 1 MTV-DP AG mit, dass sein Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. Juli 2005 ende.
Mit der am 22. August 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der Altersgrenzenregelung gewandt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Befristung auf die Vollendung des 65. Lebensjahres, mithin zum 31. Juli 2005, nicht beendet worden ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das Berufungsurteil wurde am 16. Juni 2006 verkündet. Es wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20. November 2006 zugestellt. Dem Urteil war eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, nach der der Kläger gegen das Urteil "innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung bzw. fünf Monate nach seiner Verkündung" beim Bundesarbeitsgericht schriftlich Revision einlegen könne. Mit der am 19. Dezember 2006 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. In der Revisionsverhandlung vor dem Senat am 16. Januar 2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers wegen Versäumung der Revisionsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung geltend gemacht, die Versäumung der Revisionsfrist liege an seinem Verschulden. Die Beklagte hat beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unzulässig, da sie entgegen § 74 Abs. 1 ArbGG nicht innerhalb von sechs Monaten nach Verkündung des Berufungsurteils eingelegt wurde und die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gegeben sind.
I. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beträgt die Frist für die Einlegung der Revision einen Monat. Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 ArbGG beginnt die Frist mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Diese Frist hat der Kläger versäumt. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts wurde am 16. Juni 2006 verkündet. Es wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20. November 2006 zugestellt. Die Revision ging beim Bundesarbeitsgericht am 19. Dezember 2006, somit nach Ablauf von sechs Monaten nach Verkündung des Berufungsurteils ein. Da das Ende der Frist für die Einlegung der Revision auf Samstag, den 16. Dezember 2006 fiel, hätte die Revision nach § 222 Abs. 2 ZPO spätestens am Montag, dem 18. Dezember 2006 eingelegt werden müssen.
Der Kläger konnte die Revision trotz der Unrichtigkeit der vom Landesarbeitsgericht erteilten Rechtsmittelbelehrung nicht nach § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG innerhalb eines Jahres nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils einlegen. § 9 Abs. 5 ArbGG ist auf die Revisionsfrist bei der Zustellung eines Berufungsurteils mit fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung nach Ablauf von fünf Monaten seit der Verkündung nach der durch das Gesetz zur Reform der Zivilprozessordnung vom 27. Juli 2001 mit Wirkung vom 1. Januar 2002 erfolgten Neufassung von § 74 Abs. 1 Satz 2 ArbGG nicht mehr anwendbar. Nach § 74 Abs. 1 ArbGG nF beginnen die Revisionsfrist und die Revisionsbegründungsfrist spätestens fünf Monate und nicht - wie nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor der Gesetzesänderung - 17 Monate nach der Verkündung des Berufungsurteils zu laufen. Nur diese Gesetzesauslegung dient der vom Gesetzgeber mit der Neuregelung beabsichtigten Verfahrensbeschleunigung und trägt dem Umstand Rechnung, dass § 9 Abs. 5 ArbGG nur eine Rechtsmittelbelehrung über die Revisionsfrist, nicht jedoch über die Revisionsbegründungsfrist vorschreibt. Bei der Anwendung von § 9 Abs. 5 ArbGG ließe sich nach der Neufassung des § 74 Abs. 1 ArbGG das widersinnige Ergebnis nicht vermeiden, dass die Frist für die Revisionsbegründung fünf Monate, die Frist für die Einlegung der Revision jedoch erst 17 Monate nach Verkündung des Berufungsurteils anfinge zu laufen (vgl. zur Berufungsfrist: BAG 28. Oktober 2004 - 8 AZR 492/03 - BAGE 112, 286 = AP ArbGG 1979 § 66 Nr. 29 = EzA ArbGG 1979 § 66 Nr. 38, zu B II der Gründe; 16. Dezember 2004 - 2 AZR 611/03 - AP ArbGG 1979 § 66 Nr. 30 = EzA ZPO 2002 § 233 Nr. 3, zu II 1 der Gründe; 23. Juni 2005 - 2 AZR 423/04 - AP ArbGG 1979 § 66 Nr. 31, zu I der Gründe; 24. Oktober 2006 - 9 AZR 709/05 - AP ArbGG 1979 § 66 Nr. 34 = EzA ArbGG 1979 § 66 Nr. 41, zu A I 1 der Gründe). Die in einer nicht tragenden Begründung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren vertretene abweichende Auffassung (BAG 14. Februar 2007 - 7 ABR 26/06 - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 54 Nr. 3) hält der Senat nicht aufrecht.
II. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor.
1. Nach § 233 Abs. 1 ZPO ist einer Partei, die ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Wiedereinsetzung muss bei Versäumung der Revisionsfrist nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses beantragt werden. Nach Ablauf eines Jahres, vom Ablauf der versäumten Frist an gerechnet, kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden (§ 234 Abs. 3 ZPO). Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
2. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht zwar nicht entgegen, dass der Kläger den Wiedereinsetzungsantrag später als ein Jahr nach Ablauf der Revisionsfrist gestellt hat. Da der Kläger die Revision innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist eingelegt und begründet hat, hätte nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 233 ZPO auch ohne Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden können. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor, da der Kläger die Revisionsfrist nicht unverschuldet versäumt hat. Nach den Erklärungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beruht die Fristversäumung auf seinem Verschulden. Nach § 85 Abs. 2 ZPO steht das Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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