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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 06.08.2003
Aktenzeichen: 7 AZR 180/ 03
Rechtsgebiete: AÜG


Vorschriften:

AÜG § 1 Nr. 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 18. Dezember 2002 - 16 Sa 923/ 02 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen nach den Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist.

Der Kläger ist seit dem 3. April 2000 bei der BT GmbH (im folgenden: BT GmbH) als Busfahrer auf Grund des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 25. Februar 2000 beschäftigt. Die BT GmbH ist eine im Jahr 1999 gegründete hundertprozentige Tochtergesellschaft der Beklagten. Diese hat mit der BT GmbH am 22. November 1999 einen Geschäftsbesorgungsvertrag über die Erbringung von Fahrleistungen in den Unternehmensbereichen Omnibus, Straßenbahn und U-Bahn vereinbart. Der Vertrag lautet auszugsweise:

"§ 1 Vertragsgegenstand. (1) Im Rahmen dieser Geschäftsbesorgung wird BT Fahrleistungen in den Unternehmensbereichen Omnibus, Straßenbahn und U-Bahn entsprechend den von der B (i. R. BSU 2000) beauftragten Umfang eigenständig organisieren und durchführen. (2) Ansprechpartner für die B im Rahmen dieses Vertrages ist die ständig besetzte "zentrale Einsatzleitung" der BT. Unmittelbare Anweisungen durch die B an die von der BT eingesetzten Mitarbeiter werden ausdrücklich ausgeschlossen. Ausnahmen von dieser Regelung sind nur bei Gefahr im Verzuge, bzw. dringenden, unaufschiebbaren Fällen zulässig. (3) Zur Erstellung der Dienstplanung und Personalzuordnung innerhalb der BT stellt die B der BT Linienverzeichnisse und Umlaufpläne der in Anlage 1 spezifizierten Leistung zur Verfügung. (4) BT erbringt ihre Leistungen nach diesem Vertrag, sofern nicht in besonderen Fällen etwas anderes vereinbart wird, mit den Fahrzeugen der B.

§ 2 Anforderungen an den Auftragnehmer. (1) Die BT ist verpflichtet, die Fahrleistung unter Beachtung aller gesetzlichen Vorschriften, insbesondere des PBefG, der BOKraft und der BOStrab zu erbringen. (2) Über die konkrete Art und Weise der Durchführung von Fahrleistungen, insbesondere die Entgegennahme und Rückgabe der Fahrzeuge an die B, wird die BT mit den B-Unternehmensbereichen Omnibus, Straßenbahn und U-Bahn vor Beginn ihrer Tätigkeit für diese jeweils eine gesonderte Vereinbarung treffen. (3) Die B behält es sich vor, die BT auf Sicherheit und Zuverlässigkeit ihres Gesamtbetriebes, unabhängig von den vorgelegten Dokumenten zu überprüfen. (4) Die BT stellt sicher, daß im Rahmen der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag Personal nur in Dienstkleidung eingesetzt wird. ...

§ 4 Fahrausweise und Abrechnung. (1) Fahrgäste dürfen nur nach den geltenden Tarif- und Beförderungsbedingungen befördert werden. Es dürfen nur die von der B zur Verfügung gestellten Fahrausweise benutzt werden. (2) Die vereinnahmten Gelder stehen der B zu. Die BT ist verpflichtet, den erlangten Geldwert ordnungsgemäß an die B zu entrichten. (3) Abrechnungsdifferenzen gleicht die BT gegenüber der B aus.

§ 5 Vergütung. (1) Für die Erbringung der Leistung zahlt die B der BT eine Vergütung nach Maßgabe der Regelung in Anlage 2. ...

§ 6 Vertragsstrafe. (1) Die BT verpflichtet sich, für jede schuldhaft nicht ordnungsgemäß erbrachte Fahrleistung eine Vertragsstrafe gemäß Anlage 2 an die B zu zahlen. In einem solchen Fall besteht kein Anspruch auf Vergütung gemäß § 5. (2) Ein fehlendes Verschulden ist von der BT nachzuweisen. (3) Weitergehende Ersatzansprüche behält sich die B ausdrücklich vor.

§ 7 Haftung. (1) Soweit Dritte Ansprüche gegenüber der B in Fällen erheben, in denen die Leistung durch die BT erbracht wurde, stellt die BT die B von Ersatzansprüchen frei. (2) Die BT haftet für alle Schäden an den Fahrzeugen der B, die während der Geschäftsbesorgung (zwischen Übernahme und Rückgabe) entstanden sind. (3) Entsprechend den von den Unternehmensbereichen der B jeweils vorgegebenen abzusichernden Versicherungswagnissen und Deckungssummen wird die BT den hierzu erforderlichen Versicherungsschutz sicherstellen und diesen gegenüber der B durch Vorlage von Policen unverzüglich nachweisen."

Die Beklagte ist als Inhaberin von Genehmigungen nach dem Personenbeförderungsgesetz berechtigt und verpflichtet, Beförderungsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr in und um B zu erbringen. Zur Steuerung des Omnibusverkehrs unterhält sie eine Verkehrsleitstelle, die im ständigen Funkkontakt zu den Busfahrern steht und über eine Standleitung zur Polizei verfügt. Die Busse sind mit einem rechnergestützten Betriebsleitsystem ausgerüstet, das die Position der Busse anzeigt und über das die Verkehrsleitstelle den Busfahrern Weisungen erteilen kann.

Nach dem Abschluß des Geschäftsbesorgungsvertrags ersetzte die Beklagte im Bereich des Omnibusverkehrs ausscheidende Fahrer nicht mehr durch neueingestellte Fahrer, sondern beauftragte nach und nach die BT GmbH mit der Bedienung von Buslinien oder von einzelnen Busumläufen (Teilstrecken einer Buslinie). Anhand dieser Aufträge fertigt die BT GmbH Dienstpläne und gibt sie an ihre Fahrer weiter. Jeder Fahrer muß sich 45 Minuten vor dem Beginn seines Dienstes bei der BT GmbH anmelden, damit diese notfalls einen Reservefahrer aktivieren kann. Die BT GmbH teilt den Fahrern die Fahrtstrecken und etwa länger bekannte Umleitungen mit. Bei Unfällen, Verkehrsstauungen und sonstigen unvorhergesehenen Vorkommnissen müssen die Fahrer die Anweisungen der Verkehrsleitstelle der Beklagten beachten. Diese müssen die Fahrer auch bei plötzlich auftretender Dienstunfähigkeit oder anderen besonderen Vorkommnissen unterrichten. Bei kurzfristigen Ausfällen eigener Fahrer und fehlendem Ersatzpersonal beauftragt die Beklagte die BT GmbH im Rahmen sogenannter Dienstverlagerungen. Zu diesem Zweck hält die BT GmbH Reservepersonal auf den Betriebshöfen der Beklagten vor. Erst seit dem 29. September 2001 verfügt die BT GmbH über eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung.

Mit der am 7. Mai 2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger unter anderem den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, nicht die BT GmbH, sondern die Beklagte übe die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen bei der Erbringung der konkreten Fahrleistungen aus.

Der Kläger hat zuletzt beantragt festzustellen, daß sich der Kläger mit der Beklagten seit dem 3. April 2000 in einem Arbeitsverhältnis als Busfahrer mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 192 Stunden monatlich und im übrigen zu den im Betrieb der Beklagten geltenden Arbeitsbedingungen für Busfahrer befindet.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Ausübung des Direktionsrechts liege im Normalfall ausschließlich bei der BT GmbH, die auch allein für die personelle Besetzung der von ihr zu bedienenden Linien und Umläufe zuständig sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß zwischen den Parteien am 3. April 2000 kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist. Die Voraussetzungen für die gesetzliche Fiktion eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 9 Nr. 1 AÜG liegen nicht vor, da der Kläger bei der Beklagten nicht auf Grund einer gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung tätig geworden ist.

I. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist. Das ist der Fall, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung hat.

II. Zwar verfügte die BT GmbH nicht bereits am 3. April 2000, sondern erst seit dem 29. September 2001 über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Das führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags zwischen dem Kläger und der BT GmbH gemäß § 9 Nr. 1 AÜG und auch nicht zu einem gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 AÜG gesetzlich fingierten Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien. Denn der Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten lag keine Arbeitnehmerüberlassung zugrunde.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz eine Arbeitnehmerüberlassung iSd. AÜG. Diese ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet (3. Dezember 1997 - 7 AZR 764/ 96 - BAGE 87, 186 = AP AÜG § 1 Nr. 24 = EzA AÜG § 1 Nr. 9, zu I 1 der Gründe mwN).

a) Bei der Arbeitnehmerüberlassung werden dem Entleiher die Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt. Der Entleiher setzt sie nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer ein. Die Arbeitskräfte sind voll in den Betrieb des Entleihers eingegliedert und führen ihre Arbeiten allein nach dessen Weisungen aus. Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt hat. Von der Arbeitnehmerüberlassung ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten auf Grund eines Werk- oder Dienstvertrags zu unterscheiden. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen der Weisung des Arbeitgebers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werkes erteilen. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht erfaßt (ständige Rechtsprechung vgl. BAG 30. Januar 1991 - 7 AZR 497/ 89 - BAGE 67, 124 = AP AÜG § 10 Nr. 8 = EzA AÜG § 10 Nr. 3, zu III 1 der Gründe; 22. Juni 1994 - 7 AZR 286/ 93 - BAGE 77, 102 = AP AÜG § 1 Nr. 16 = EzA AÜG § 1 Nr. 4, zu IV 2 a der Gründe).

b) Über die rechtliche Einordnung eines Vertrags entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem Geschäftsinhalt tatsächlich nicht entspricht. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Ausführung des Vertrags ergeben. Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgebend, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben. Der so ermittelte wirkliche Wille der Vertragsparteien bestimmt den Geschäftsinhalt und damit den Vertragstyp (BAG 30. Januar 1991 - 7 AZR 497/ 89 - BAGE 67, 124 = AP AÜG § 10 Nr. 8 = EzA AÜG § 10 Nr. 3, zu II 2 der Gründe mwN). Einzelne Vorgänge der Vertragsabwicklung sind zur Feststellung eines vom Vertragswortlaut abweichenden Geschäftsinhalts nur geeignet, wenn es sich dabei nicht um untypische Einzelfälle, sondern um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend geübten Vertragspraxis handelt. Dabei muß diese abweichende Vertragspraxis den auf Seiten der Vertragspartner zum Vertragsabschluß berechtigten Personen bekannt gewesen und von ihnen zumindest geduldet worden sein; denn sonst kann eine solche, den schriftlichen Vereinbarungen widersprechende Vertragsdurchführung nicht als Ausdruck des wirklichen Geschäftswillens der Vertragspartner angesehen werden (BAG 30. Januar 1991 - 7 AZR 497/ 89 - aaO, zu IV 2 der Gründe).

2. Das Landesarbeitsgericht hat auf Grund der im Vertrag vom 22. November 1999 zwischen der Beklagten und der BT GmbH ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen zutreffend angenommen, daß der Geschäftsinhalt des Vertrags nicht auf eine Arbeitnehmerüberlassung gerichtet war.

a) Nach § 1 Abs. 1 des Vertrags war die BT GmbH verpflichtet, in dem von der Beklagten beauftragten Umfang Fahrleistungen eigenständig zu organisieren und durchzuführen. Für ihre Dienstplanung und Personalzuordnung erhielt die BT GmbH von der Beklagten gemäß § 1 Abs. 3 des Vertrags Linienverzeichnisse und Umlaufpläne. Die BT GmbH hatte nach § 1 Abs. 4 des Vertrags ihre Fahrleistungen mit den Fahrzeugen der Beklagten zu erbringen. Unmittelbare Anweisungen durch die Beklagte gegenüber den Mitarbeitern der BT GmbH waren nach § 1 Abs. 2 des Vertrags grundsätzlich ausgeschlossen und nur bei Gefahr im Verzuge oder in dringenden unaufschiebbaren Fällen zulässig. Die BT GmbH erhielt gemäß § 5 Abs. 1 für ihre Fahrleistung eine Vergütung, deren Höhe sich nach den Arbeitsstunden der eingesetzten Mitarbeiter richtete. Dieser Anspruch war gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags ausgeschlossen, falls die Fahrleistung auf Grund eines Verschuldens der BT GmbH oder ihres Fahrers nicht ordnungsgemäß erbracht wurde. In diesem Fall schuldete die BT GmbH gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags zusätzlich eine Vertragsstrafe. Für alle Schäden an den Fahrzeugen der Beklagten, die zwischen Übernahme und Rückgabe entstanden, hatte die BT GmbH gemäß § 7 Abs. 2 des Vertrags ohne Rücksicht auf ein Verschulden einzustehen. Dieses Risiko mußte sie durch den Abschluß einer entsprechenden Versicherung gemäß § 7 Abs. 3 des Vertrags abdecken.

b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß diese Regelungen des Geschäftsbesorgungsvertrags vom 22. November 1999 gegen die Absicht der Vertragsparteien sprechen, nur eine Arbeitnehmerüberlassung mit einer Vergütung nach Stundensätzen zu vereinbaren. Bei dieser Würdigung der Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der BT GmbH handelt es sich um die Auslegung eines atypischen Vertrags. Sie kann vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob sie gegen zwingende Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt oder wesentlichen Auslegungsstoff unberücksichtigt läßt. Darüber hinaus kann das Revisionsgericht nur prüfen, ob die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung möglich ist, nicht aber, ob sie tatsächlich richtig ist (ständige Rechtsprechung vgl. BAG 22. Juni 1994 - 7 AZR 286/ 93 - BAGE 77, 102 = AP AÜG § 1 Nr. 16 = EzA AÜG § 1 Nr. 4, zu III 2 b der Gründe mwN). Ein derartiger Rechtsfehler ist nicht ersichtlich und auch von der Revision nicht gerügt worden. Soweit die Revision meint, das Vorbringen des Klägers zu der Vertragsstrafenregelung und zu der Konzernverbundenheit der Beklagten und der BT GmbH sei unzutreffend gewürdigt worden, spricht das nicht gegen die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung des Vertrags. Für die Ermittlung des Geschäftsinhalts ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe zwischen Konzernunternehmen und deren wirtschaftliche Bedeutung unerheblich. Anhand einer derartigen Abrede kann nicht festgestellt werden, ob sich die Vertragspflicht auf die Bereitstellung von Personal beschränkte oder ob sie auf die Herstellung eines Werks bzw. die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet war. Für das wirtschaftliche Gesamtergebnis eines Konzerns hat eine Vertragsstrafenvereinbarung nur eine geringe Bedeutung.

3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die tatsächliche Durchführung des Geschäftsbesorgungsvertrags vom 22. November 1999 weiche nicht in einer Weise von dem vereinbarten Geschäftsinhalt ab, die zu der Annahme berechtige, in Wahrheit hätten die Beklagte und die BT GmbH eine Arbeitnehmerüberlassung gewollt.

a) Das Landesarbeitsgericht hat bei der Würdigung der praktischen Durchführung des Geschäftsbesorgungsvertrags zutreffend berücksichtigt, daß der Kläger während seiner täglichen Arbeit zwar weitgehend in den Betrieb der Beklagten eingegliedert war. Er hatte die Fahrpläne der Beklagten einzuhalten, die von ihr vorgegebenen Strecken zu fahren, die Fahrgäste nach dem Regelwerk der Beklagten zu befördern, Fahrberichte zu erstellen und alle übrigen Vorgaben der Beklagten einzuhalten. Das betraf insbesondere die verkehrslenkenden Anweisungen, die er von der Verkehrsleitstelle der Beklagten über Funk und ein EDV-gesteuertes Informationssystem erhielt. Allerdings spricht entscheidend gegen die Annahme einer Arbeitnehmerüberlassung, daß die BT GmbH den Einsatz ihrer Fahrer vollkommen eigenständig disponierte und die Beklagte weder rechtlich noch tatsächlich Änderungen bei der Diensteinteilung und der Zuweisung bestimmter Linien und Umläufe an die Fahrer der BT GmbH vornehmen konnte. Außerdem mußte der Kläger bei einer Erkrankung oder bei einer fehlenden Ablösung am vorgesehenen Punkt die BT GmbH unterrichten, damit sie ohne Einschaltung der Beklagten für einen Ersatzfahrer sorgen konnte.

b) Die Revision hat keinen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts bei dieser Würdigung der Vertragsdurchführung aufgezeigt. Mit der Rüge, die Verpflichtung des Klägers zur Unterrichtung der BT GmbH bei einer Erkrankung oder einer fehlenden Ablösung spreche nicht gegen Arbeitnehmerüberlassung, setzt die Revision lediglich ihre Würdigung der Vertragspraxis an die Stelle derjenigen des Landesarbeitsgerichts. Soweit die Revision rügt, die Beklagte erteile dem Kläger während seiner Tätigkeit Weisungen wie ein Arbeitgeber, vernachlässigt sie die besondere Art der Leistungen, die die BT GmbH nach dem Vertrag vom 22. November 1999 zu erbringen hatte, und die verschiedenen Pflichtenkreise der Vertragsparteien. Die BT GmbH war schuldrechtlich verpflichtet, Fahrleistungen für die Beklagte zu erbringen, dabei ihr eigenes Fahrpersonal einzusetzen und die Fahrzeuge der Beklagten zu verwenden sowie die gesetzlichen Vorschriften des Personenbeförderungsrechts und der Betriebsordnungen für den Kraft- und Straßenbahnverkehr zu beachten. Demgegenüber war die Beklagte öffentlich-rechtlich verpflichtet, auf Grund ihrer Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz Beförderungsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr in und um B zu erbringen. Um diesen besonderen Pflichten zu genügen, mußte sie in der Lage sein, auf die ihr arbeitsvertraglich verpflichteten eigenen Fahrer und auf die ihr schuldrechtlich verpflichteten Fahrer der BT GmbH über ihre Verkehrsleitstelle in der Weise Einfluß nehmen zu können, daß eine Personenbeförderung im Rahmen des Omnibusverkehrs ordnungsgemäß gewährleistet wurde. In dem Normalfall eines vollkommen störungsfreien Verkehrsflusses, einer Buslinienführung ohne Umleitung und bei einem tatsächlichen Einsatz aller eingeplanten Fahrer genügte die Beklagte ihrer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung bereits dadurch, daß sie der BT GmbH im vorhinein einen konkreten Auftrag für eine Fahrleistung auf einer bestimmten Linie oder auf einem bestimmten Umlauf erteilte. In diesem Normalfall bedurfte es keiner weiteren Einflußnahme der Beklagten auf die Fahrleistung des Klägers. Im Normalfall entsprach die praktische Durchführung vollständig den Vereinbarungen in dem Vertrag vom 29. November 1999, ohne daß sich Anhaltspunkte für eine Arbeitnehmerüberlassung ergaben. Die vom Kläger geschilderten Situationen stellen dagegen untypische Einzelfälle dar, die keinen Schluß auf eine durchgehend geübte Vertragspraxis zulassen. Aber auch in diesen Fällen, in denen der Betriebsablauf durch Verkehrsstaus, Unfälle, Konvoifahrten, den Ausfall eines Fahrers oder den technischen Defekt an einem Bus gestört wurden, hielten sich die Anweisungen der Beklagten gegenüber den Fahrern der BT GmbH im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen. Denn nach § 1 Abs. 2 des Vertrags waren sie bei Gefahr im Verzuge bzw. dringenden, unaufschiebbaren Ereignissen zulässig.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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