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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: 7 AZR 190/05
Rechtsgebiete: BGB, SGB IX


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 242
SGB IX § 81 Abs. 2 Nr. 1
SGB IX § 81 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

7 AZR 190/05

Verkündet am 26. April 2006

In Sachen

hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2006 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dörner, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gräfl und den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Koch sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Gerschermann und Busch für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 10. November 2004 - 3 Sa 321/04 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Neubegründung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger.

Der am 11. Juli 1952 geborene Kläger wurde von der Beklagten am 20. Juni 1983 als Bauwerker mit einem Bruttostundenlohn von zuletzt 11,17 Euro bei einer 39-Stunden-Woche eingestellt. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 80. Über die entsprechende Feststellung informierte die Ehefrau des Kläger die Beklagte im Oktober 2002.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden kraft beiderseitiger Tarifbindung bzw. Allgemeinverbindlicherklärung die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes Anwendung.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Ausnahme der Jahre 1990 und 1991 zu Anfang Dezember bzw. zum 1. Januar des Folgejahres und stellte den Kläger jeweils im Folgejahr zu unterschiedlichen Terminen wieder ein. Im Einzelnen ergeben sich folgende Unterbrechungszeiten:

 Kündigung zumWiedereinstellung am
2. Dezember 198325. Juni 1984
3. Dezember 198409. April 1985
01. Januar 198601. April 1986
01. Januar 198702. April 1987
01. Januar 198811. April 1988
01. Januar 198928. März 1989
01. Januar 199203. Februar 1992
01. Januar 199322. Februar 1993
01. Januar 199411. Februar 1994
01. Januar 199513. Februar 1995
01. Januar 199609. April 1996
01. Januar 199703. März 1997
01. Januar 199817. März 1998
01. Januar 19992. März 1999
01. Januar 200001. März 2000
01. Januar 200101. März 2001
01. Januar 20023. April 2002

3.

Das Kündigungsschreiben vom 28. Juni 2000 lautete auszugsweise wie folgt:

"Kündigung

Sehr geehrter Herr P ,

unsere langjährigen Erfahrungen haben gezeigt, dass für die Wintermonate regelmäßig keine Aufträge eingehen. Mit einer derartigen Entwicklung rechnen wir auch in diesem Jahr.

Aus diesem Grund sehen wir uns leider gezwungen, Ihr Arbeitsverhältnis zum 1. Januar 2001 zu kündigen."

Nur dieser Kündigung war ein Begleitschreiben der Beklagten mit folgendem Wortlaut beigefügt:

"Anhang zum Kündigungsschreiben

(nicht zur Vorlage beim Arbeitsamt bestimmt)

Sehr geehrter Herr P ,

wir sichern Ihnen zu, dass wir Sie zu unveränderten Bedingungen und unter Anrechnung Ihrer vorangegangenen Betriebszugehörigkeitszeiten im Jahr 2001 wieder einstellen werden."

Unter dem 26. Juni 2002 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 1. Januar 2003. Das Kündigungsschreiben lautete wie folgt:

"Kündigung

Sehr geehrter Herr P ,

unsere langjährigen Erfahrungen haben gezeigt, dass für die Wintermonate regelmäßig keine Aufträge eingehen. Mit einer derartigen Entwicklung rechnen wir auch in diesem Jahr. Aus diesem Grund sehen wir uns leider gezwungen, Ihr Arbeitsverhältnis zum 1. Januar 2003 zu kündigen."

Der Kläger übergab der Beklagten im Januar 2003 seine Lohnsteuerkarte für das Jahr 2003, die im Februar 2003 die letzte Entgeltabrechnung vornahm. Die Beklagte sandte die Lohnsteuerkarte sowie den Sozialversicherungsnachweis im April 2003 an den Kläger zurück. Eine Wiedereinstellung des Klägers, der gegen die Kündigung aus dem Jahr 2002 keine Kündigungsschutzklage erhoben hatte, lehnte sie ab.

Der Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2005 eine zuletzt bis zum 31. Dezember 2006 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Mit seiner am 28. Mai 2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger seine Wiedereinstellung gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Er hat behauptet, es sei bei der Beklagten betriebsüblich gewesen, dass jeweils im Winter auf Grund fehlender Aufträge alle Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen entlassen und im Frühjahr wieder eingestellt worden seien. Die Beklagte sei aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zur Neubegründung seines Arbeitsverhältnisses spätestens zum 30. April 2003, dem Zeitpunkt der Einstellung der anderen im Vorjahr entlassenen Arbeitnehmer, verpflichtet.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Arbeitsbedingungen anzunehmen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten,

dass sich der Kläger auf einen Vertrauenstatbestand nicht berufen könne, da sie seit 1999 nicht alle Arbeitnehmer zum Jahresende entlassen habe und überdies die entlassenen Arbeitnehmer im Folgejahr nicht vollständig wieder eingestellt worden seien. Der Kläger könne eine Wiedereinstellung auch deshalb nicht verlangen, weil er auf Grund seiner Schwerbehinderung nicht in der Lage sei, die Tätigkeit als Bauwerker in einer Asphaltkolonne auszuüben.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Das Landesarbeitsgericht ist zu Unrecht von einem auf Vertrauenshaftung gestützten Anspruch des Klägers auf Wiedereinstellung bei der Beklagten ausgegangen. Allerdings könnte sich die Pflicht der Beklagten zur Neubegründung des Arbeitsverhältnisses aus anderen, bisher nicht geprüften Anspruchsgrundlagen wie einer einzelvertraglichen oder einer auf einer betrieblichen Übung beruhenden Zusage der Beklagten ergeben. Dies vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. Vielmehr bedarf es einer weiteren Sachverhaltsaufklärung und einer tatrichterlichen Würdigung durch das Berufungsgericht.

I. Der Klageantrag ist zulässig. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Wie der Kläger in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, erstrebt er die Verurteilung der Beklagten zur Annahme seines im Antrag liegenden Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags zu den bisherigen Bedingungen.

II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht den vom Kläger geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruch mit den Grundsätzen der Vertrauenshaftung begründet.

Das Vertrauen des einen Vertragspartners auf die Neubegründung des Vertrags kann die Verpflichtung des anderen Teils auf Abgabe einer auf die Annahme des Vertragsangebots gerichteten Willenserklärung zum Vertragsschluss nicht begründen.

1. Ein Arbeitnehmer kann einen Anspruch auf Wiedereinstellung nicht aus der Inanspruchnahme von Vertrauen in die Neubegründung des Arbeitsverhältnisses herleiten. Die Wiedereinstellung setzt den Neuabschluss des in der Vergangenheit beendeten Arbeitsvertrags durch die Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen voraus. Allein das Vertrauen eines Vertragpartners auf den Neuabschluss des Vertrags verpflichtet seinen vormaligen Vertragspartner nicht zur Abgabe der zu einem neuen Vertragsschluss führenden Willenserklärung. Das Einstehen für ein beim Vertragspartner herbeigeführtes Vertrauen beruht letztlich auf dem Verbot des widersprüchlichen Verhaltens als Unterfall des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Ein zu Unrecht enttäuschtes Vertrauen führt regelmäßig zu einer auf Ersatz des Vertrauensschadens gerichteten Einstandspflicht desjenigen, der den Vertrauenstatbestand geschaffen hat. Etwas anderes folgt auch nicht aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Zwar hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts in der Vergangenheit erwogen, dass eine vom Arbeitgeber veranlasste oder bestätigte Erwartung des Arbeitnehmers, der Arbeitgeber sei zu einem zukünftigen Vertragsabschluss bereit, unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium schutzwürdig sein und einen Vertrauenstatbestand begründen könne, der den Arbeitgeber zur erneuten Einstellung des Arbeitnehmers verpflichte (29. Januar 1987 - 2 AZR 109/86 -AP BGB § 620 Saisonarbeit Nr. 1 = EzA BGB § 620 Nr. 87, zu C III 2 der Gründe; 15. März 1984 - 2 AZR 24/83 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 2 = EzA BGB § 611 Einstellungsanspruch Nr. 2, zu I 2 a der Gründe). Der Zweite Senat hat in den beiden auch vom Landesarbeitsgericht angeführten Entscheidungen zu den Voraussetzungen des auf Vertrauensschutz gestützten Wiedereinstellungsanspruchs jedoch nicht abschließend Stellung genommen. Seine im Rahmen eines obiter dictums ergangenen Ausführungen in der zuletzt ergangenen Entscheidung vom 29. Januar 1987 machen jedoch deutlich, dass der auf die Inanspruchnahme von Vertrauen gestützte Wiedereinstellungsanspruch letztlich auf einer entsprechenden Erklärung des Arbeitgebers gegenüber den begünstigten Arbeitnehmern beruhen muss, deren Inhalt durch Auslegung zu ermitteln ist. In der genannten Entscheidung hatte der Arbeitgeber gegenüber den Saisonarbeitnehmern das Ende des Saisonarbeitsverhältnisses des laufenden Jahres und ebenso den Beginn der Saison des Folgejahres am Schwarzen Brett bekannt gegeben sowie in einem Begleitschreiben mit der Zahlung des Weihnachtsgeldes die Hoffnung auf eine gute und erfreuliche Zusammenarbeit im kommenden Jahr zum Ausdruck gebracht.

2. Danach kann der Kläger allein aus der durch die Handhabung in den vergangenen Jahren bei ihm geweckten Erwartung, er werde im Frühjahr wieder eingestellt, keinen Anspruch herleiten, zumal nicht einmal Erklärungen der Beklagten wie im Fall des Zweiten Senats in der Entscheidung vom 29. Januar 1987 (- 2 AZR 109/86 - AP BGB § 620 Saisonarbeit Nr. 1 = EzA BGB § 620 Nr. 87) vom Landesarbeitsgericht festgestellt worden sind.

III. Danach war das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO. Der Senat kann über den Anspruch des Klägers nicht abschließend entscheiden, weil die Voraussetzungen des § 563 Abs. 3 ZPO nicht gegeben sind. Die Klage könnte auch ohne ausdrückliche gesetzliche oder tarifliche Anspruchsgrundlage begründet sein, wenn die Beklagte dem Kläger mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses im Jahr 2002 zugleich erklärt hat, ihn wie in den Vorjahren auch im Jahr 2003 zu den bisherigen Vertragsbedingungen wieder einzustellen oder bei der Beklagten eine betriebliche Übung besteht, die zum Jahresende entlassenen Arbeitnehmer im Folgejahr wieder einzustellen. Dies bedarf einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch das Landesarbeitsgericht und einer erstmaligen tatrichterlichen Würdigung.

1. Für den vom Kläger geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruch besteht keine ausdrückliche gesetzliche oder tarifliche Anspruchsgrundlage. Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Bereitschaft der Beklagten zur Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses eine unzulässige Diskriminierung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung darstellt. Nach § 81 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX führt ein Verstoß gegen das in § 81 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX enthaltene Benachteiligungsverbot nicht zu einem Anspruch des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses, sondern nur zu einer Entschädigung in Geld, über die in diesem Rechtsstreit nicht zu befinden ist. Auch der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV-Bau) enthält keinen Wiedereinstellungsanspruch nach einer auf vorübergehenden Auftragsmangel in den Wintermonaten gestützten Kündigung.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wiedereinstellung aus einer Nebenpflicht der Beklagten aus dem mit Ablauf des 31. Dezember 2002 beendeten Arbeitsverhältnis. Einem betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer kann ein Wiedereinstellungsanspruch zustehen, wenn sich zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergibt. Der Wiedereinstellungsanspruch dient nämlich als Korrektiv dafür, dass bereits ein prognostizierter Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit eine Kündigung rechtfertigen kann. Ändern sich nach dem Kündigungsausspruch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist die maßgeblichen Umstände entgegen der ursprünglichen Prognose, kann der Arbeitgeber aus einer vertraglichen Nebenpflicht zum erneuten Abschluss eines Arbeitsvertrags mit dem gekündigten Arbeitnehmer verpflichtet sein (BAG 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - BAGE 95, 171 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 6 = EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 5, zu II B 2 der Gründe mwN). Der Kläger macht jedoch nicht geltend, dass sich für ihn zwischen dem Kündigungsausspruch und dem Ablauf der Kündigungsfrist durch eine nachträgliche Änderung der Umstände bei der Beklagten eine Beschäftigungsmöglichkeit ergeben hat.

3. Die Beklagte ist zur Wiedereinstellung des Kläger verpflichtet, wenn dieser das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 26. Juni 2002 auf Grund der in der Vergangenheit erfolgten Wiedereinstellung der im Vorjahr gekündigten Arbeitnehmer zugleich als Zusage zu einer Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses für das Jahr 2003 auffassen konnte. Ob dies der Fall ist, kann der Senat nach den bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Er kann dem Berufungsgericht nur folgende Hinweise geben:

a) Einer Wiedereinstellungszusage steht nicht entgegen, dass in dem Kündigungsschreiben eine Bereitschaft der Beklagten zur Neubegründung des Arbeitsverhältnisses nicht ausdrücklich erwähnt ist. Verträge und Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte. Dieser Inhalt kann vom objektiven Sinn des Erklärungstatbestandes abweichen (BAG 19. Januar 2005 - 7 AZR 113/04 -, zu II 1 b der Gründe; BGH 9. Mai 2000 - VI ZR 173/99 - NJW 2000, 3429, zu II 2 b bb der Gründe).

b) Aus Sicht des Klägers könnte das Kündigungsschreiben vom 26. Juni 2002 als eine Zusage zur Wiedereinstellung im Jahr 2003 anzusehen sein.

Die Beklagte hat den Kläger seit dem Jahr 1983 mit Ausnahme der Jahre 1990 und 1991 zum Ablauf des 2./3. bzw. 31. Dezember gekündigt und jeweils im Folgejahr ohne eine ausdrückliche schriftliche Zusage zu den bisherigen Bedingungen wieder eingestellt. Lediglich im Jahr 2000 hat sie dem Kläger die Wiedereinstellung für das Jahr 2001 schriftlich zugesichert. Deshalb könnte die Beklagte mit der Abfassung des Kündigungsschreibens vom 26. Juni 2002 aus Sicht des Klägers erklärt haben, dass sie auch für das Jahr 2003 an dieser Praxis festhalten wird. So hat sie im Kündigungsschreiben vom 26. Juni 2002 wie früher auf ihre langjährigen Erfahrungen Bezug genommen, wonach für die Wintermonate regelmäßig keine Aufträge eingehen. Damit hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass sie zum Kündigungszeitpunkt selbst nicht mit einem endgültigen Beschäftigungswegfall gerechnet hat, der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Voraussetzung für eine wirksame betriebsbedingte Kündigung gewesen wäre (zu den Anforderungen an eine betriebsbedingte Kündigung wegen eines witterungsbedingten Auftragsrückgangs im Baugewerbe: 11. März 1998 - 2 AZR 440/97 -, zu III 2 c der Gründe; 7. März 1996 - 2 AZR 180/95 -AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 76 = EzA KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 84, zu II 2 b dd der Gründe). Vielmehr ging sie für den Kläger nur von einem saisonalen Beschäftigungsrückgang in den Wintermonaten aus. Daneben ist der Text des Kündigungsschreibens vom 26. Juni 2002 jedenfalls mit dem bei der Akte befindlichen Kündigungsschreiben aus dem Jahr 2000 identisch. Auch dies spricht dafür, dass der Kläger annehmen konnte, dass es bei der bisherigen Handhabung bleiben sollte. Dabei ist auch zu würdigen, dass die Beklagte zwar dem Kläger im Jahr 2000 erstmalig die Wiedereinstellung schriftlich zugesagt hat, das Schreiben aber keinen Hinweis darauf enthält, dass die Wiedereinstellung zukünftig von einer schriftlichen Zusage abhängen sollte. Überdies ist der Kläger im Jahr 2002 ohne vorherige schriftliche Einstellungszusage eingestellt worden. Für die Auslegung des Kündigungsschreibens aus dem Juni 2002 kommt es schließlich nicht darauf an, wann dem Kläger die Arbeitspapiere ausgehändigt worden sind.

c) Zu den weiteren Umständen, die das Berufungsgericht aufzuklären und zu werten haben wird, zählt ferner der Inhalt des Kündigungsschreibens des Jahres 2001 und der Kündigungsschreiben aus der Zeit vor dem Jahr 2000, da ein unveränderter Wortlaut der Kündigungserklärung im Jahr 2002 als Anzeichen für die Beibehaltung der bisherigen Wiedereinstellungspraxis der Beklagten anzusehen sein könnte. Der Einwand der Beklagten, bereits in den Vorjahren seien nicht alle Arbeitnehmer entlassen und die entlassenen Arbeitnehmer nicht wieder in vollem Umfang eingestellt worden, ist in dieser Form für die Auslegung des Kündigungsschreibens vom 26. Juni 2002 ohne Bedeutung. Nur wenn dem Kläger diese Handhabung bekannt war und er aus ihr schließen musste, dass die Beklagte auch ihm gegenüber nicht mehr an der Praxis der vergangenen Jahre festhalten würde, wären die von der Beklagten behaupteten Änderungen ihrer Entlassungs- und Wiedereinstellungspraxis berücksichtungsfähig. In diesem Fall wäre vom Landesarbeitsgericht aufzuklären, aus welchen Gründen die in den Jahren 1999 bis 2001 gekündigten Arbeitnehmer nicht wieder von der Beklagten eingestellt worden sind. Waren diese etwa krankheitsbedingt zur Ausübung ihrer bisherigen Tätigkeit nicht mehr in der Lage oder an einer Neubegründung des Arbeitsverhältnisses nicht interessiert, spräche deren unterbliebene Wiedereinstellung nicht gegen die Beibehaltung der bisherigen Wiedereinstellungspraxis der Beklagten. Daneben könnte die Nichtberücksichtigung einzelner Arbeitnehmer für die von der Beklagten behauptete Änderung ihrer Wiederstellungsgrundsätze dann unbeachtlich sein, wenn diese nicht mit Tätigkeiten im Tiefbau beschäftigt waren. Die Vorinstanzen haben keine Feststellungen zu den Arbeitsbereichen getroffen, mit denen die von den witterungsbedingten Entlassungen betroffenen Arbeitnehmer beschäftigt waren. Der Kläger war als Bauwerker in einer Asphaltkolonne eingesetzt. Zu den Geschäftsfeldern der Beklagten zählen nicht nur Tiefbauarbeiten, sondern auch der Fertigteilbau. Dieser ist üblicherweise von witterungsbedingten Auftragsschwankungen weniger stark betroffen als der Tiefbaubereich. Dies könnte zur Folge haben, dass für die Beurteilung der Wiedereinstellungspraxis der vergangenen Jahre nur auf die im Tiefbau beschäftigten Arbeitnehmer abzustellen ist.

d) Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger das Kündigungsschreiben vom 26. Juni 2002 zugleich als Wiedereinstellungszusage verstehen konnte, wäre die Klage insoweit begründet. Weder die im Jahr 2002 festgestellte Schwerbehinderung des Klägers, noch eine etwaige vorübergehende Arbeitsunfähigkeit oder die bis zum 31. Dezember 2006 bewilligte Rente wegen Erwerbsminderung stehen der Neubegründung des Arbeitsverhältnisses entgegen. Nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte die Wiedereinstellung der gekündigten Arbeitnehmer in der Vergangenheit nicht von einem bestimmten Gesundheitszustand abhängig gemacht. Ob ein solcher Vorbehalt überhaupt zulässig wäre, kann daher dahinstehen.

4. Ergibt die Auslegung des Kündigungsschreibens, dass der Kläger nicht von einer Wiedereinstellungszusage für das Folgejahr ausgehen konnte, kann die Klage dennoch begründet sein, wenn sich der Wiedereinstellungsanspruch aus einer bei der Beklagten bestehenden betrieblichen Übung ergibt (zum Begriff der betrieblichen Übung: BAG 9. Februar 2005 - 5 AZR 164/04 - EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 6, zu II 3 d der Gründe mwN; 14. Januar 2004 - 10 AZR 251/03 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Bahn Nr. 19, zu II 2 a der Gründe; 12. November 1997 - 7 AZR 563/93 -, zu 5 der Gründe). Der Kläger hat im Schriftsatz vom 7. Oktober 2003 behauptet, dass es bei der Beklagten betriebsüblich gewesen sei, die jeweils im Winter auf Grund fehlender Aufträge aus betriebsbedingten Gründen entlassenen Arbeitnehmer im Frühjahr weiterzubeschäftigen. Die Vorinstanzen sind diesem Vortrag nicht nachgegangen. Angesichts des bisher knappen Sachvortrags sieht der Senat von weiteren Hinweisen ab.

Ende der Entscheidung

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