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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: 7 AZR 366/05
Rechtsgebiete: BGB, TzBfG


Vorschriften:

BGB § 117
BGB § 141
BGB § 144
BGB § 779
TzBfG § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8
TzBfG § 14 Abs. 4
TzBfG § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

7 AZR 366/05

Verkündet am 26. April 2006

In Sachen

hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2006 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dörner, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gräfl und den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Koch sowie die ehrenamtlichen Richter Herbst und Wolf für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 3. Mai 2005 - 22 Sa 84/04 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit einer Befristung.

Die Klägerin war bei der Streithelferin nach mehreren vorangehenden befristeten Arbeitsverträgen in der Zeit vom 25. November 2002 bis zum 31. August 2003 als Lektorin für Französisch mit 75 % der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Angestellten befristet beschäftigt. Die Befristung war auf die vorübergehende Abwesenheit von Herrn W gestützt, der für eine Tätigkeit an der Universität in L beurlaubt war. Mit Schreiben vom 12. Januar 2003 kündigte Herr W sein Arbeitsverhältnis mit der Streithelferin zum Ablauf der Beurlaubung am 31. August 2003.

Zwischen der Klägerin und den Leitern des Romanischen Seminars kam es nach der Kündigung von Herrn W zu Gesprächen über eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses. Von Seiten des Romanischen Seminars wurde bei der Personalverwaltung der Streithelferin ein Antrag auf Weiterbeschäftigung der Klägerin für die Zeit bis zum 30. September 2004 gestellt. Die Personalverwaltung äußerte zwar Zweifel, ob angesichts der Bestimmungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes eine weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin rechtlich zulässig sei, schlug aber schließlich vor, eine weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses in einem gerichtlichen Vergleich zu vereinbaren. Zwischen den Parteien ist streitig, ob und inwieweit die Klägerin in diese Überlegungen eingebunden war.

Am Vormittag des 12. August 2003 führte der Personaldezernent der Streithelferin mit einer Richterin am Arbeitsgericht Freiburg ein Telefonat über die Möglichkeit zum Abschluss eines Vergleichs. Die Richterin bot an, noch am gleichen Tag einen Vergleich im Termin um 11.00 Uhr zu protokollieren. Daraufhin bat der Personaldezernent die Klägerin, zu diesem Zeitpunkt beim Arbeitsgericht zu erscheinen. Er entwarf unter ihrem Briefkopf eine Befristungskontrollklage und formulierte einen Vergleichstext vor, der eine Befristung zum 30. September 2004 vorsah. Vor dem Eintritt in den Sitzungssaal unterzeichnete die Klägerin den Entwurf der Klageschrift. In dem anschließenden Termin, zu dessen Beginn der Richterin die Klageschrift ausgehändigt wurde und der Personaldezernent anschließend auf deren förmliche Zustellung verzichtete, schlossen die Parteien zum Aktenzeichen 3 Ca 416/03 den vorformulierten Vergleich über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. September 2004.

Mit Schriftsatz vom 5. November 2003 hat sich die Klägerin gegen die im Vergleich vom 12. August 2003 vereinbarte Befristung zum 30. September 2004 gewandt und zugleich mit Schreiben vom gleichen Tag gegenüber der Streithelferin die Anfechtung des Vergleichs erklärt.

Das Arbeitsgericht hat den Schriftsatz der Klägerin vom 5. November 2003, der das Aktenzeichen des Verfahrens 3 Ca 416/03 trägt, einem neuen Verfahren mit dem Aktenzeichen 3 Ca 632/03 zugeordnet. Die Klägerin hat im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht erklärt, dass die Fortsetzung des ursprünglichen Rechtsstreits 3 Ca 416/03 nicht beabsichtigt sei.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Beschäftigungsverhältnis nicht durch die Befristung auf Grund § 1 des Vergleichs vom 12. August 2003 im Verfahren 3 Ca 416/03 mit Ablauf des 30. September 2004 endet.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnisses sei auf Grund des gerichtlichen Vergleichs vom 12. August 2003 wirksam befristet worden. Daneben beruhe die Befristung zum 30. September 2004 auf einem Wunsch der Klägerin und sei überdies wegen der Besetzung der Stelle nach dem 30. September 2004 durch Mitarbeiter der Partneruniversität L sowie des Einsatzes der Klägerin als Lektorin gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der hiergegen gerichteten Berufung der Klägerin stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Das Landesarbeitsgericht durfte die Wirksamkeit der von der Klägerin erklärten Anfechtung des gerichtlichen Vergleichs vom 12. August 2003 nicht als unbeachtlich ansehen. Die Entscheidung über die von der Klägerin gegenüber der Befristung zum 30. September 2004 erhobenen Befristungskontrollklage setzt die Vereinbarung eines befristeten Arbeitsverhältnisses voraus. Hieran fehlt es, wenn die Klägerin den gerichtlichen Vergleich vom 12. August 2003 wirksam angefochten hat. Hierdurch wäre nicht nur die verfahrensbeendende Wirkung des Vergleichs entfallen, sondern zugleich die vertragliche Grundlage für das bis zum 30. September 2004 befristete Arbeitsverhältnis. Der Senat kann über die Wirksamkeit der Anfechtung nicht selbst befinden, weil das Landesarbeitsgericht zu den Anfechtungsgründen keine Feststellungen getroffen hat. Die Anfechtung ist auch nicht deshalb für die Entscheidung über die Befristungskontrollklage unbeachtlich, weil der Vergleich als Scheingeschäft unwirksam ist oder die Parteien den im Vergleich enthaltenen Vertragsschluss bestätigt bzw. erneut vorgenommen haben. Die rechtzeitig erhobene Befristungskontrollklage ist begründet, wenn die Anfechtung die im Vergleich vom 12. August 2003 vereinbarte Befristung nicht beseitigt hat. Das beklagte Land kann die Befristung nicht auf einen sachlichen Grund iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG stützen.

I. Der Senat kann anhand der bislang festgestellten Tatsachen nicht entscheiden, ob die rechtzeitig erhobene Befristungskontrollklage begründet ist. Deren Erfolg hängt von der Wirksamkeit der Anfechtung des gerichtlichen Vergleichs vom 12. August 2003 ab. Ist die von der Klägerin erklärte Anfechtung begründet, ist die Befristungskontrollklage abzuweisen, weil es an einer Vereinbarung eines befristeten Arbeitsverhältnisses fehlt.

1. Der Erfolg der Befristungskontrollklage ist von der Entscheidung über die Wirksamkeit der Anfechtung abhängig.

Das Landesarbeitsgericht hat die mit anwaltlichem Schreiben vom 5. November 2003 für die Klägerin erklärte Anfechtung des gerichtlichen Vergleichs vom 12. August 2003 für unbeachtlich gehalten, da die Klägerin das ursprüngliche Verfahren nicht weiterverfolgt und ihr Prozessbevollmächtigter auf Nachfrage klargestellt habe, dass nicht beabsichtigt sei, das Verfahren fortzusetzen. Mit dieser Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht von einer Entscheidung über die Wirksamkeit der Anfechtung des Vergleichs absehen. Die Entscheidung über eine Befristungskontrollklage setzt die wirksame Vereinbarung eines befristeten Arbeitsverhältnisses voraus. Fehlt es hieran, besteht kein der gerichtlichen Kontrolle zugängliches befristetes Arbeitsverhältnis. Die Klage nach § 17 TzBfG ist als unbegründet abzuweisen. Zwischen den Parteien besteht nur ein Arbeitsverhältnis, wenn die Anfechtung des Vergleichs vom 12. August 2003 unbegründet ist. Mit einer erfolgreichen Anfechtung wäre nicht nur die verfahrensbeendende Wirkung des Vergleichs, sondern zugleich die vertragliche Grundlage für das bis zum 30. September 2004 befristete Arbeitsverhältnis entfallen. Das Landesarbeitsgericht hatte danach als Vorfrage zu klären, ob das von den Parteien im Vergleich vom 12. August 2003 vereinbarte befristete Arbeitsverhältnis durch die Anfechtung wirksam beseitigt worden ist.

2. Die Anfechtungserklärung der Klägerin vom 5. November 2003 ist nicht gegenstandslos.

Die Anfechtungserklärung ist eine einseitige formfreie empfangsbedürftige Willenserklärung. Ihre Gestaltungswirkungen treten grundsätzlich mit Zugang der Erklärung bei dem Anfechtungsgegner ein. Die Anfechtungserklärung ist unwiderruflich und kann nach ihrem Zugang bei dem Anfechtungsgegner nicht mehr von dem erklärenden Teil zurückgenommen werden. Aus diesem Grund hat auch das Nichtbetreiben eines gerichtlichen Verfahrens, in dem die Anfechtung erklärt worden ist, keinen Einfluss auf die bereits zuvor eingetretene Gestaltungswirkung. Die fehlende Fortsetzung des ursprünglichen Verfahrens 3 Ca 416/03 war daher für die Wirksamkeit der am 5. November 2003 für die Klägerin erklärten Anfechtung ohne rechtliche Bedeutung.

II. Danach war das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO. Der Senat kann über den Anspruch der Klägerin nicht abschließend entscheiden, weil die Voraussetzungen des § 563 Abs. 3 ZPO nicht gegeben sind. Der Senat kann wegen fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht beurteilen, ob die Anfechtung begründet ist. Die Wirksamkeit der Anfechtung kann auch nicht aus anderen Gründen dahingestellt bleiben. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das beklagte Land könne die Befristung nicht auf einen Sachgrund des § 14 Abs. 1 TzBfG stützen, ist hingegen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Der Senat kann die Wirksamkeit der von der Klägerin erklärten Anfechtung nicht beurteilen. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen zu den in Betracht kommenden Anfechtungsgründen getroffen. Eine Entscheidung über die Wirksamkeit der Anfechtung kann nicht deshalb unterbleiben, weil der Vergleich als Scheingeschäft (§ 117 Abs. 1 BGB) ohnehin unwirksam ist oder die Parteien das im Vergleich liegende Rechtsgeschäft bestätigt (§ 144 Abs. 1 BGB) bzw. erneut vorgenommen (§ 141 Abs. 1 BGB) haben.

a) Der Prozessvergleich ist kein Scheingeschäft.

Bei einem Scheingeschäft iSd. § 117 Abs. 1 BGB wollen die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen. In Wirklichkeit sollen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten. Ein Scheingeschäft liegt nicht vor, wenn es zur Herbeiführung des von den Parteien tatsächlich beabsichtigten Erfolgs der wirksamen Vornahme des betreffenden Rechtsgeschäfts gerade bedarf (BAG 28. Juni 2005 - 1 ABR 25/04 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 146, = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 14, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 2 b aa der Gründe mwN). Danach stellt der Prozessvergleich vom 12. August 2003 kein Scheingeschäft dar. Beide Parteien wollten das ursprünglich bis zum 30. September 2004 befristete Vertragsverhältnis fortsetzen und haben zu diesem Zweck den Prozessvergleich geschlossen.

b) Die Anfechtung der Klägerin war nicht nach § 144 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.

Danach ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn das anfechtbare Rechtsgeschäft vom Anfechtungsberechtigten bestätigt wird. Die Bestätigung nach § 144 Abs. 1 BGB muss jedoch vor Zugang der Anfechtungserklärung bei dem anderen Vertragsteil erklärt werden, da ansonsten die mit der Anfechtung verbundenen Wirkungen bereits eingetreten sind. Die Klägerin hat zwar im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 23. März 2004 angegeben, dass nicht beabsichtigt sei, den ursprünglichen Rechtsstreit, in dem die Anfechtung erklärt worden ist, weiter zu verfolgen. Selbst wenn hierin eine Bestätigung des Prozessvergleichs liegen sollte, führt das nicht zum Ausschluss ihres Anfechtungsrechts. Zum Zeitpunkt ihrer Erklärung war dem beklagten Land die Anfechtungserklärung bereits zugegangen.

c) Die Parteien haben den im Vergleich vom 12. August 2003 vereinbarten Abschluss eines bis zum 30. September 2004 befristeten Arbeitsverhältnisses nicht nach § 141 Abs. 1 BGB bestätigt.

Nach § 141 Abs. 1 BGB ist die Bestätigung eines nichtigen Rechtsgeschäfts durch Denjenigen, der es vorgenommen hat, als erneute Vornahme zu beurteilen. Die Bestätigung hat keine rückwirkende Kraft. Ein Rechtsgeschäft gilt erst vom Zeitpunkt der Bestätigung an (BAG 16. März 2005 - 7 AZR 289/04 - AP TzBfG § 14 Nr. 16 = EzA TzBfG § 14 Nr. 17, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu I 2 a der Gründe mwN). Es kann dahinstehen, ob die wechselseitigen Erklärungen der Parteien nach Zugang der Anfechtungserklärung der Klägerin als Bestätigung zu werten sind. Die nach § 14 Abs. 4 TzBfG für die wirksame Befristung eines Arbeitsvertrags erforderliche Schriftform (§ 126 BGB) ist nicht gewahrt. Die Bestätigung nach § 141 Abs. 1 BGB ist als Neuvornahme des nichtigen Rechtsgeschäfts zu beurteilen, bei der die für das ursprüngliche Rechtsgeschäft vorgeschriebene Form beachtet werden muss. Dies gilt auch, wenn das ursprüngliche Rechtsgeschäft nicht wegen Formmangels, sondern aus einem anderen Grund nichtig war (BGH 6. Mai 1985 - VIII ZR 119/84 - NJW 1985, 2579, zu II 2 a der Gründe). Die Parteien haben aber keine den Erfordernissen des § 126 BGB genügenden Erklärungen abgegeben.

2. Kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass die von der Klägerin erklärte Anfechtung unbegründet ist, ist die gegenüber der Befristung zum 30. September 2004 erhobene Befristungskontrollklage begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die im gerichtlichen Vergleich vom 12. August 2003 vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin nicht nach § 14 Abs. 1 TzBfG durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.

a) Die Befristung ist nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG gerechtfertigt. Die am 12. August 2003 vor dem Arbeitsgericht Freiburg protokollierte Vereinbarung stellt keinen gerichtlichen Vergleich dar. Es fehlt an einem offenen Streit der Parteien über die Wirksamkeit des bis zum 31. August 2003 befristeten Arbeitsvertrags.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die auch der Gesetzgeber bei dem Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG zugrunde gelegt hat (BT-Drucks. 14/4374 S. 19), ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses in einem gerichtlichen Vergleich wirksam, soweit die Parteien darin zur Beendigung eines Kündigungsverfahrens oder eines Feststellungsstreits über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses infolge einer Befristung eine Einigung erzielen. Der gerichtliche Vergleich, mit dem die Parteien zur Beilegung einer Rechtsstreitigkeit ein befristetes oder auflösend bedingtes Arbeitsverhältnis vereinbaren, unterliegt keiner weiteren Befristungskontrolle. Deren Funktion erfüllt das Arbeitsgericht durch seine ordnungsgemäße Mitwirkung beim Zustandekommen des Vergleichs, der regelmäßig sogar auf seinem Vorschlag beruht. Dem Gericht als Grundrechtsverpflichteten iSd. Art. 1 Abs. 3 GG obliegt im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle die Aufgabe, den Arbeitnehmer vor einem grundlosen Verlust seines Arbeitsplatzes zu bewahren und damit einen angemessenen Ausgleich der wechselseitigen, grundrechtsgeschützten Interessen der Arbeitsvertragsparteien zu finden. Diese aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitete Schutzpflicht erfüllt das Gericht nicht nur durch ein Urteil, sondern auch im Rahmen der gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits. Schlägt das Arbeitsgericht zur Beendigung des Verfahrens über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses einen Vergleich vor, der eine weitere, allerdings zeitlich begrenzte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, ist das im Regelfall eine hinreichende Gewähr dafür, dass diese Befristung nicht deswegen gewählt worden ist, um dem Arbeitnehmer grundlos den gesetzlichen Bestandsschutz zu nehmen (BAG 2. Dezember 1998 - 7 AZR 644/97 - AP HRG § 57a Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 156, zu 1 b der Gründe).

Allerdings setzt der Sachgrund des gerichtlichen Vergleichs neben der Mitwirkung des Gerichts am Zustandekommen eines befristeten Arbeitsverhältnisses das Bestehen eines offenen Streits der Parteien über die Rechtslage hinsichtlich des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses voraus (BAG 15. August 1984 - 7 AZR 538/82 -, zu II 2 der Gründe; 22. Februar 1984 - 7 AZR 435/82 - BAGE 45, 160 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 80 = EzA BGB § 620 Nr. 69, zu 3 der Gründe). Dies ist nach der Rechtsprechung des Senats zu der vor In-Kraft-Treten des TzBfG geltenden Rechtslage nicht schon der Fall, wenn der Arbeitgeber den Ausspruch einer Kündigung lediglich angedroht hatte. Vielmehr mussten beide Parteien gegensätzliche Rechtsstandpunkte darüber eingenommen haben, ob bzw. wie lange zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht. Insbesondere der Arbeitnehmer musste nachdrücklich seine Rechtsposition vertreten und gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht haben. Der Arbeitgeber musste es daraufhin abgelehnt haben, den Arbeitnehmer entsprechend seiner Forderung zu beschäftigen (vgl. BAG 24. Januar 1996 - 7 AZR 496/95 - BAGE 82, 101 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 179 = EzA BGB § 620 Nr. 139, zu II 2 der Gründe). An dem Erfordernis des offenen Streits über die Beendigung oder Fortsetzung des laufenden Arbeitsverhältnisses hält der Senat auch unter Geltung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes fest. Das Merkmal soll die missbräuchliche Ausnutzung des durch § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG eröffneten Sachgrunds verhindern. Es soll insbesondere gewährleisten, dass der gerichtliche Vergleich nicht nur zu einer Protokollierung einer von den Arbeitsvertragsparteien vor Rechtshängigkeit getroffenen Vereinbarung, durch die ein befristeter Arbeitsvertrag verlängert wird, benutzt wird (so bereits BAG 22. Februar 1984 - 7 AZR 435/82 -, zu 3 der Gründe).

bb) Im Streitfall sind die Voraussetzungen für den Sachgrund des gerichtlichen Vergleichs nicht erfüllt.

Die Befristung zum 30. September 2004 wurde nicht im Wege gegenseitigen Nachgebens der Parteien zur Beilegung eines offenen Streits über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31. August 2003 hinaus vereinbart. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatten die Parteien bis zur Absprache über den Abschluss des Prozessvergleichs keine gegenteiligen Rechtsstandpunkte darüber eingenommen, ob und gegebenenfalls wie lange noch ein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen bestand. Die Klägerin hatte gegenüber dem beklagten Land nicht die Unwirksamkeit der Befristung zum 31. August 2003 geltend gemacht, sondern nur ihr Interesse an einer Verlängerung ihres Vertrags geäußert.

Die Klägerin hat auch nicht durch die Erhebung der Befristungskontrollklage am 12. August 2003 die Unwirksamkeit der Befristung zum Ausdruck gebracht. Die Wirksamkeit der Befristung zum 30. August 2003 wurde von ihr in der Begründung der Klage nicht in Zweifel gezogen. Daneben ist die von dem Personaldezernenten der Streithelferin vorbereitete und von der Klägerin lediglich unterzeichnete Klage nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur erhoben worden, um die Voraussetzungen einer vermeintlich gerichtsfesten Befristung bis zum 30. September 2004 zu schaffen. Selbst wenn in der vom beklagten Land initiierten Klage zunächst eine Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung zum 31. August 2003 durch die Klägerin gelegen haben sollte, wären die Voraussetzungen für einen offenen Streit nicht gegeben. Das beklagte Land hatte nach Aushändigung der Klageschrift und der sich unmittelbar hieran anschließenden Protokollierung des Vergleichs keinen nach außen erkennbaren gegenteiligen Rechtsstandpunkt über die Wirksamkeit der Befristung zum 31. August 2003 eingenommen.

b) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Befristung zum 30. September 2004 nicht auf einem Wunsch der Klägerin beruht und durch den Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG gerechtfertigt ist. Auch die Revision zieht dies nicht in Zweifel.

c) Das beklagte Land kann sich zur Rechtfertigung der im Vergleich vereinbarten Befristungsabrede nicht darauf berufen, die Befristung habe den laufenden kulturellen und wissenschaftlichen Austausch mit der Partneruniversität in L gewährleisten sollen. Es kann dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen ist, der Sachgrund sei objektiv nicht gegeben, da er vom beklagten Land nicht vorgetragen worden sei oder ob nicht zunächst vom Berufungsgericht nach § 139 Abs. 1 ZPO der Umfang der vom beklagten Land geltend gemachten Sachgründe aufzuklären gewesen wäre. Selbst der im Rahmen der zulässigen Verfahrensrüge eingeführte Tatsachenvortrag des beklagten Landes rechtfertigt die Befristung der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung eines laufenden kulturellen oder wissenschaftlichen Austausches nicht.

aa) Eine Befristung unter diesem Gesichtspunkt ist nach der Rechtsprechung des Senats nur gerechtfertigt, wenn die konkrete Lektorenstelle dem Austausch von Hochschulabsolventen dient. Dazu bedarf es entsprechender Vereinbarungen mit ausländischen Hochschulen oder einer entsprechenden Verwaltungspraxis. Die dem sog. Rotationsprinzip innewohnende Weiterbildungsfunktion ist als sachlicher Grund für die Befristung nur anzuerkennen, wenn nach verhältnismäßig kurzer Zeit auch tatsächlich ein Austausch stattfindet (25. Februar 1998 - 7 AZR 31/97 - BAGE 88, 144 = AP HRG § 57b Nr. 15 = EzA BGB § 620 Hochschule Nr. 14, zu B II 2 der Gründe mwN).

bb) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Das beklagte Land hat weder eine Vereinbarung mit einer ausländischen Hochschule vorgelegt oder eine entsprechende Verwaltungspraxis dargelegt, noch hat es dargetan, dass die Stelle der Klägerin gerade dem Zweck für einen Austausch diente. Es hat lediglich vorgetragen, dass zwei Mitglieder der Partneruniversität in L vom 1. Oktober 2004 bis zum 31. März 2005 jeweils einen Teilzeitvertrag für die Lektorenstelle der Klägerin hatten. Dieses Vorbringen des beklagten Landes genügt den genannten Anforderungen nicht. Vielmehr hätte es vortragen müssen, dass bereits zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses am 12. August 2003 feststand, dass die Stelle der Klägerin ab dem 1. Oktober 2004 von Angehörigen einer anderen Universität zum Zweck des laufenden kulturellen oder wissenschaftlichen Austausches befristet besetzt werden sollte.

d) Das Landesarbeitsgericht hat schließlich ohne Rechtsfehler die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der Befristung im Hinblick auf die Tätigkeit der Klägerin als Lektorin unterlassen. Allein die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Lektorentätigkeit stellt keinen Sachgrund für die mit der Klägerin zum 30. September 2004 vereinbarte Befristung dar. Weiteren Sachvortrag hat das beklagte Land in den Vorinstanzen nicht gehalten, ebenso wenig hat die Revision eine diesbezügliche Verfahrensrüge erhoben. Die Ausführungen in der Revisionsbegründung zur Rechtfertigung der turnusmäßigen Neubesetzung von Lektorenstellen bei der Streithelferin sind als neuer Tatsachenvortrag in der Revisionsinstanz unbeachtlich.

III. Bei der Prüfung der Wirksamkeit der von der Klägerin erklärten Anfechtung wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass die Wirksamkeit der Anfechtung in dem vorliegenden Verfahren zu prüfen ist. Einer Aussetzung bis zum rechtskräftigen Abschluss des unter dem Aktenzeichen 3 Ca 416/03 beim Arbeitsgericht Freiburg geführten Rechtsstreits bedarf es nicht. Der vorliegende und der Rechtsstreit 3 Ca 416/03 stellen ein einheitliches Verfahren dar. Der Streit um die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs ist in dem ursprünglichen Verfahren auszutragen (BAG 5. August 1982 - 2 AZR 199/80 - BAGE 40, 17 = AP ZPO § 794 Nr. 31 = EzA ZPO § 794 Nr. 6, zu B II 2 der Gründe). Dementsprechend hat die Klägerin auch mit Schriftsatz vom 5. November 2003 beantragt, das ursprüngliche Verfahren 3 Ca 416/03 wieder aufzunehmen. Die Vorgaben der für die Arbeitsgerichte des beklagten Landes geltenden Aktenordnung, wonach ein durch Vergleich abgeschlossenes Verfahren ein neues Aktenzeichen erhält, ändern nichts daran, dass es sich bei einem Streit um die Wirksamkeit des Prozessvergleichs um die Fortsetzung des ursprünglichen Verfahrens handelt.

Ende der Entscheidung

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