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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 20.02.2008
Aktenzeichen: 7 AZR 990/06
Rechtsgebiete: TzBfG
Vorschriften:
TzBfG § 17 Satz 1 | |
TzBfG § 21 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 20. Februar 2008
In Sachen
hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20. Februar 2008 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dörner, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gräfl, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Koch sowie die ehrenamtlichen Richter Metzinger und Hoffmann für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 11. Oktober 2006 - 5 Sa 385/05 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die vorzeitige Beendigung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.
Der am 1. Oktober 1942 geborene Kläger war bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit dem 1. April 1961 beschäftigt, zuletzt als stellvertretender Leiter der Abteilung Umweltschutz. Die Parteien schlossen unter dem 9. März 2001 eine Altersteilzeitvereinbarung, die auszugsweise wie folgt lautet:
"§ 3 Arbeitszeit ... (2)
(1) (2) ..."
Die Arbeitszeit wird so verteilt, dass sie in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses, vom 01.04.2001 bis 30.06.2003, voll geleistet wird (Vollzeitphase) und der Arbeitnehmer anschließend in der 2. Hälfte, vom 01.07.2003 bis 30.09.2005 von der Arbeitsleistung freigestellt wird (Freistellungsphase). ...
...
§ 10
Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses
Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet ohne Kündigung am 30.09.2005.
Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet ansonsten entsprechend § 11 TV ATZ.
§ 11 des in der Altersteilzeitvereinbarung in Bezug genommenen Tarifvertrags zur Altersteilzeit (TV ATZ) vom 30. Juni 1999 lautet wie folgt:
"§ 11
Ende des Arbeitsverhältnisses in Altersteilzeit
1. Die Altersteilzeit endet in der Regel mit dem 62. Lebensjahr, sofern in der Altersteilzeitvereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer nichts anderes vereinbart worden ist.
2. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet im Übrigen mit Ablauf des Kalendermonates vor dem Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer eine Rente wegen Alters, eine Knappschaftsausgleichsleistung, eine ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art oder, wenn er von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, eine vergleichbare Leistung einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens bezieht; dies gilt nicht für Renten, die vor dem für den Arbeitnehmer maßgebenden Rentenalter in Anspruch genommen werden können. Es endet ferner mit Ablauf der Altersteilzeitvereinbarung, spätestens jedoch, wenn der Bezug einer ungekürzten Altersrente möglich ist.
..."
Der Kläger ist seit dem 1. November 2002 schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80. Darüber informierte er die Beklagte im März 2004. Mit Schreiben vom 27. April 2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis wegen der Bezugsmöglichkeit einer ungekürzten Altersrente nach § 236a SGB VI vorzeitig zum 31. Juli 2004 enden werde, und zahlte dem Kläger das nach dem TV ATZ bestehende Wertguthaben in Höhe von 19.448,03 Euro aus.
Mit seiner am 15. September 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die vorzeitige Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2004 gewandt. Er hat gemeint, die Bezugsmöglichkeit einer ungekürzten Altersrente nach § 236a SGB VI werde von der Regelung in § 11 Nr. 2 Satz 2 TV ATZ nicht erfasst, da § 236a SGB VI bei Abschluss des Tarifvertrags noch nicht in Kraft getreten sei.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31. Juli 2004 hinaus bis 30. September 2005 fortbestanden hat.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen zuletzt gestellten Klageantrag weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nach § 11 Nr. 2 Satz 2 TV ATZ mit Ablauf des 31. Juli 2004 geendet, da der Kläger ab dem 1. August 2004 eine ungekürzte Altersrente nach § 236a SGB VI beziehen konnte.
I. Die Klage ist zulässig.
Bei dem Feststellungsantrag handelt es sich um eine allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Dies ergibt sich sowohl aus dem Antragswortlaut als auch aus der zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden Antragsbegründung. Der Kläger hat zwar zwischenzeitlich auch die Unwirksamkeit der in § 11 Nr. 2 Satz 2 TV ATZ normierten auflösenden Bedingung geltend gemacht, daran aber im Verlauf des Rechtsstreits nicht mehr festgehalten. Er hat in der mündlichen Verhandlung vom 10. März 2005 klargestellt, dass sein Antrag nicht als Befristungskontrollklage iSd. § 17 Satz 1 TzBfG, sondern lediglich als allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO anzusehen ist, weshalb die Rechtswirksamkeit der in § 11 Nr. 2 Satz 2 TV ATZ vereinbarten auflösenden Bedingung nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. So beruft er sich nur darauf, dass die Tarifnorm im Falle der möglichen Inanspruchnahme einer ungekürzten Altersrente nach § 236a SGB VI keine auflösende Bedingung vorsehe, die das Arbeitsverhältnis beendet hat. Dies ist nicht mit einer fristgebundenen Klage nach § 21, § 17 Satz 1 TzBfG geltend zu machen, sondern mit einer allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO (BAG 18. Oktober 2006 - 7 AZR 662/05 - Rn. 13, EzTöD 100 TVöD-AT § 33 Erwerbsminderungsrente Nr. 2). Das erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da die Beklagte das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger in Abrede stellt und sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruft, weil die in § 11 Nr. 2 Satz 2 TV ATZ genannten Voraussetzungen erfüllt seien.
II. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nach § 11 Nr. 2 Satz 2 TV ATZ am 31. Juli 2004 geendet, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt eine ungekürzte Altersrente beanspruchen konnte. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Parteien in der Altersteilzeitvereinbarung vom 9. März 2001 die Regelungen des TV ATZ einzelvertraglich in Bezug genommen haben und ab dem 1. August 2004 die Voraussetzungen für die vorzeitige Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses wegen der Möglichkeit zum Bezug einer ungekürzten Altersrente vorlagen.
1. Nach § 11 Nr. 2 Satz 2 TzBfG endet ein nach dem TV ATZ begründetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis vor dem durch § 11 Nr. 1 TV ATZ bezeichneten Zeitpunkt mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer eine Altersrente nach § 236a SGB VI beanspruchen kann. Entgegen der Auffassung des Klägers haben die Tarifvertragsparteien die vorzeitige Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nicht von dem Vorliegen der zum Zeitpunkt des Tarifvertragsabschlusses geltenden rentenrechtlichen Voraussetzungen abhängig gemacht.
a) Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Tarifnorm. § 11 Nr. 2 TV ATZ differenziert nicht zwischen den zum Zeitpunkt des Tarifvertragsabschlusses bestehenden Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Altersrente und späteren Änderungen des Rentenbezugs. Die vorzeitige Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach § 11 Nr. 2 TV ATZ hängt nicht von dem Anspruch auf eine von der Norm bezeichneten Altersrente, sondern nur allgemein von einer "ungekürzten" und damit von einer Altersrente ab, die der Altersteilzeitarbeitnehmer nach Erreichen des Renteneintrittsalters ohne Abschläge beanspruchen kann. Mit dem Begriff der Altersrente haben die Tarifvertragsparteien dabei auf einen Rechtsbegriff des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches verwiesen, der durch die jeweils geltenden rentenrechtlichen Regelungen ausgefüllt werden soll. Zu den Altersrenten iSd. SGB VI zählt auch die Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236a SGB VI. Dies folgt bereits aus der amtlichen Überschrift zu § 236a SGB VI, nach der die Leistung eine "Altersrente für schwerbehinderte Menschen" darstellt.
b) Diese Auslegung wird durch die rentengesetzliche Entwicklung bestätigt. Mit § 236a SGB VI ist kein neuer gesetzlicher Tatbestand der Altersrente wegen Schwerbehinderung eingeführt worden, der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags den Tarifvertragsparteien nicht bekannt war. Bei der Rente nach § 236a SGB VI handelt es sich um eine von besonderen Zugangsvoraussetzungen abhängige Altersrente für schwerbehinderte Menschen iSd. § 37 SGB VI, die zum Zeitpunkt des Tarifvertragsabschlusses am 30. Juni 1999 vom Gesetzgeber bereits eingeführt war. Mit der Einfügung des § 236a SGB VI durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998) wollte der Gesetzgeber die stufenweise Anhebung des Rentenzugangsalters für den seinerzeit in § 37 SGB VI genannten Personenkreis (Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige) erreichen. Die Altersgrenze des § 37 SGB VI sollte durch § 236a SGB VI beginnend mit dem 1. Januar 2000 für bestimmte Jahrgänge von dem 60. auf das 63. Lebensjahr angehoben werden. Durch das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3843) wurde die Anhebung des Zugangsalters für den in § 37 SGB VI genannten Personenkreis bis zum 1. Januar 2001 lediglich ausgesetzt. Das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) hat dann zum 1. Januar 2001 § 236a SGB VI in seiner heutigen Fassung ohne inhaltliche Änderungen eingeführt. Angesichts des im Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 nur befristeten Hinausschiebens des Inkrafttretens des § 236a SGB VI mussten die Tarifvertragsparteien zum Zeitpunkt des Abschlusses des TV ATZ im Juni 1999 von dem zeitnahen Wirksamwerden des § 236a SGB VI ausgehen, so dass ihre umfassend normierte Vorschrift auch den Fall des Bezugs der Altersrente für schwerbehinderte Menschen einschließt.
2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Voraussetzungen für die vorzeitige Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Juli 2004 im Streitfall vorgelegen haben.
Der Kläger konnte ab dem 1. August 2004 eine abschlagsfreie Altersrente nach § 236a SGB VI beziehen. Danach haben die Versicherten, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Voraussetzung ist, dass sie das 60. Lebensjahr vollendet haben und bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen anerkannt, berufs- oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und eine Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Nach § 236a Satz 2 und 4 SGB VI wird die Altersgrenze von 60 Jahren nach Maßgabe der Anlage 22 für Versicherte angehoben, die nach dem 31. Dezember 1940 geboren sind. Danach bestand für den am 1. Oktober 1942 geborenen Kläger seit dem 1. August 2004 die Möglichkeit zur Inanspruchnahme einer ungekürzten Altersrente nach § 236a SGB VI. Gegenteiliges hat der Kläger in der Revisionsinstanz nicht mehr geltend gemacht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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