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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 14.07.2005
Aktenzeichen: 8 AZR 300/04
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, EGBGB


Vorschriften:

ArbGG § 72 Abs. 5
ZPO § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a
EGBGB Art. 229 § 5 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

8 AZR 300/04

Verkündet am 14. Juli 2005

In Sachen

hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Beratung vom 14. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Hauck, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Wittek, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Laux sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Scholz und Knospe für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 13. Januar 2004 - 6 Sa 560/03 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche.

Der Kläger war seit April 1996 als wissenschaftlicher Assistent an der Universität T im Status eines Beamten auf Zeit tätig. Er erhielt Besoldung nach Besoldungsgruppe C 1. Von Juli 2000 bis Juli 2001 ließ er sich im dienstlichen Interesse ohne Bezüge beurlauben und verbrachte einen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Forschungsaufenthalt am Mikroelectronic Research Center, University of Texas at Austin.

Während dieses Forschungsaufenthalts bewarb sich der Kläger unter dem 24. Januar 2001 bei der Beklagten um eine Anstellung als Ingenieur in der Halbleitertechnik. Ein Vorstellungsgespräch fand am 28. Mai 2001 statt. Der Kläger füllte dabei einen Bewerbungsbogen aus. Bei der Frage nach dem bisherigen Verdienst brachte er den Vermerk: "beachte Beamtenstatus" an.

Am 6. Juni 2001 teilte die Beklagte dem Kläger per E-Mail mit, dass sie beabsichtige, ihn - vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrates - mit Wirkung zum 1. August 2001 einzustellen. Diese E-Mail enthielt auch die vorgesehenen vertraglichen Regelungen und endete mit der Bitte, bis spätestens 15. Juni 2001 mitzuteilen, ob er dieses Angebot annehme. Der Kläger antwortete hierauf mit E-Mail vom 7. Juni 2001. Sie hatte folgenden Inhalt:

"Vielen Dank fuer das Angebot: ich nehme es gerne an. Dabei gehe ich allerdings davon aus, dass I die Kosten fuer ein Hotelzimmer oder Appartement ab dem 1.8.2001 fuer die Dauer von bis zu zwei Monaten übernimmt, und nicht ab den 1.10.2001."

Unter dem 20. Juni 2001 veröffentlichte die Beklagte eine sog. Gewinnwarnung. Darin war ua. darauf hingewiesen, dass die Beklagte neben der Durchführung von Kostensenkungsprogrammen keine neuen Stellen schaffen und durch Fluktuation frei werdende Stellen nicht wieder besetzen werde.

Der Kläger telefonierte daraufhin am 22. Juni 2001 mit seinem künftigen Vorgesetzten Herrn Dr. M. Auf den Einstellungsstopp angesprochen, äußerte jener, die Stelle des Klägers sei vom Einstellungsstopp nicht betroffen.

Ebenfalls am 22. Juni 2001 unterzeichnete die Beklagte den Arbeitsvertrag und leitete ihn dem Kläger zu mit der Bitte, ein Exemplar dieses Vertrages bis zum 13. Juli 2001 unterschrieben wieder zurückzusenden, danach werde sie sich an das Angebot nicht mehr gebunden fühlen. Die Rücksendung erfolgte seitens des Klägers am 10. Juli 2001.

Ziffer 10 des Vertrages lautete:

"Während der ersten 6 Monate nach der Einstellung beträgt die beiderseitige Kündigungsfrist einen Monat zum Ende eines Kalendermonats.

...

Für den Fall der Auflösung oder Kündigung des Arbeitsverhältnisses steht es I frei, den Mitarbeiter unter Fortzahlung seines Entgeltes unter Anrechnung gegebenenfalls noch zustehenden Urlaubs und eventueller zusätzlicher Freizeitansprüche freizustellen."

Das vereinbarte monatliche Bruttogehalt betrug 5.900,00 Euro nebst einer widerruflichen Jahreszahlung.

Am 12. Juli 2001 beantragte der Kläger seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Am 18. Juli 2001 erhielt er die zum 31. Juli 2001 wirksame Entlassungsurkunde. Am 20. Juli 2001 reservierte die Beklagte für den Kläger ein Appartement in München. Am 23. Juli 2001 veröffentlichte sie ihre Quartalszahlen mit dem in der Gewinnwarnung bereits angekündigten Verlust von 598 Millionen Euro. Am 26. Juli 2001 beschloss der Vorstand der Beklagten das Sparprogramm "Impact", das ua. die Reduzierung von weltweit 5.000 Stellen vorsah. Hiervon betroffen war auch der Arbeitsplatz des Klägers.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2001, welches am Folgetag vor Arbeitsantritt übergeben worden ist, stellte die Beklagte den Kläger von der Arbeit unwiderruflich frei. Mit Schreiben vom 28. August 2001 sprach die Beklagte eine ordentliche Kündigung zum 30. September 2001 aus, die der Kläger nicht angriff. Vom 1. Oktober 2001 bis einschließlich Februar 2002 war der Kläger arbeitslos.

Der Kläger ist der Meinung gewesen, die Beklagte schulde ihm wegen schuldhafter Verletzung von Aufklärungspflichten während der Anbahnung des Arbeitsverhältnisses Schadensersatz. Er hat behauptet, er habe beim Vorstellungsgespräch am 28. Mai 2001 auf seinen Beamtenstatus und die fehlende Arbeitslosenversicherung hingewiesen. Die Personalleiterin B habe ihm jedoch mitgeteilt, er müsse deshalb keine Bedenken haben, es werde keine Probezeit vereinbart. Er habe den Arbeitsvertrag erst unterschrieben und die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis beantragt, als ihm die Beklagte auf seine telefonische Anfrage mitgeteilt habe, seine Stelle sei vom Einstellungsstopp nicht betroffen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hätte ihn über die mögliche Gefährdung seines Arbeitsplatzes unterrichten müssen. Angesichts der im Juni 2001 veröffentlichten Daten könne der eingetretene Verlust im dritten Quartal nicht überraschend gewesen sein. Der Kläger hat behauptet, zum Zeitpunkt seines Telefonats mit Herrn Dr. M habe es bereits gegenüber anderen Arbeitnehmern in der Probezeit Kündigungen gegeben, wie sich aus einem Artikel in der Wirtschaftswoche vom 21. Juni 2001 ergebe. Auch habe der Vorstandsvorsitzende in einer Betriebsversammlung am 27. November 2001 eingeräumt, dass bereits zwei Monate vorher hätte auf die Bremse getreten werden müssen. Herr Dr. M hätte bei seiner Auskunft entweder Rücksprache bei der Firmenleitung nehmen oder einen Vorbehalt dahin gehend anbringen müssen, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Stelle des Klägers unter die Einsparmaßnahmen fallen könne. Die Beklagte habe wissen müssen, dass der Arbeitsplatz gefährdet sein könne.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

an ihn 17.393,38 Euro brutto sowie weitere 4.396,16 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gem. § 1 DÜG aus 13.657,33 Euro seit 14. Dezember 2001, aus 4.066,11 Euro seit 1. Januar 2002 und aus 4.066,11 Euro seit 1. Februar 2002 zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat behauptet, die Gewinnwarnung vom 20. Juni 2001 habe lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagte derzeit keine neuen Stellen schaffen und durch Fluktuation frei werdende Stellen nicht wieder besetzen wolle. Beides habe den Arbeitsplatz des Klägers in einem Spezialistenteam zur Entwicklung der Technologieplattform für Chips der Zukunft nicht betroffen. Es sei dabei auch nicht um eine neue Stelle gegangen, sondern um die Besetzung eines bereits bestehenden Arbeitsplatzes, der mangels eines geeigneten Bewerbers zuvor nicht habe besetzt werden können. Zum Zeitpunkt der Nachfrage des Klägers habe es keinerlei Indizien gegeben, die nahe gelegt hätten, dass dessen Arbeitsplatz in einem für die künftige Unternehmensentwicklung wichtigen Bereich wegfallen könnte.

Die Beklagte habe erst unmittelbar nach der Beschlussfassung am 27. Juli 2001 die Mitarbeiter über den Stellenabbau informiert. Zum Zeitpunkt der Reservierung des Appartements habe es hierüber keine Kenntnisse und Absicht gegeben. Die Beklagte habe schließlich auch im Hinblick darauf, dass der Kläger keinen Ausschluss einer betriebsbedingten Kündigung ausgehandelt habe, keine Pflichtverletzung begangen.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch auf Schadensersatz verneint. Dem Kläger sei die schlechte wirtschaftliche Lage der Beklagten bekannt gewesen. Ein Verschulden der beiden Verhandlungspartner B und Dr. M habe nicht vorgelegen, da diese die Absichten des Vorstandes nicht hätten kennen können. Die Parteien hätten auch keinen längerfristigen Vertrag abgeschlossen. Eine Nachfrage durch Herrn Dr. M beim Vorstand sei am 22. Juni 2001 nicht veranlasst gewesen, da zu diesem Zeitpunkt der Kläger das Angebot der Beklagten bereits angenommen gehabt habe. Der Kläger habe das Risiko einer Kündigung durch die Beklagte erkennen können und selbst tragen müssen.

II. Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend einen Schadensersatzanspruch des Klägers verneint.

1. Die Revision ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig.

a) Eine Revisionsbegründung muss den Anforderungen des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO genügen. Bei einer materiell-rechtlichen Rüge sind die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Dabei ist erforderlich, dass sich die Revisionsbegründung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt. Sie muss den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 27. Mai 2004 - 6 AZR 132/03 -). Damit ist eine Zusammenfassung und Beschleunigung des Rechtsmittelverfahrens bezweckt. Gericht und Gegner sollen möglichst schnell und sicher erkennen können, wie der Rechtsmittelführer den Streitfall beurteilt wissen will. Sie sollen sich auf diesen Angriff erschöpfend vorbereiten können (BAG 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - AP TzBfG § 8 Nr. 10 = EzA TzBfG § 8 Nr. 8, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

b) Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung.

Die Ausführungen des Klägers in der Revisionsbegründungsschrift erschöpfen sich nicht in einer bloßen Darlegung anderer Rechtsansichten, was nicht ausreichend wäre. Der Kläger macht ua. geltend, das Landesarbeitsgericht habe den Umfang der Sorgfaltspflichten bei der Aufnahme von Vertragsverhandlungen angesichts der bisherigen Rechtsprechung verkannt und die Pflichten und Risiken der beiden Vertragsparteien falsch eingeschätzt. Dies gilt zumindest hinsichtlich der Darlegung, dass sich die Zeugin B und der Zeuge Dr. M als Verhandlungsführer bei ihren - beschwichtigenden -Äußerungen beim Vorstand hätten rückversichern müssen. Dies sei wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben geboten gewesen. Angesichts dieses Vortrags ist erkennbar, dass sich der Kläger gegen den nach § 242 BGB vom Landesarbeitsgericht gezogenen Umfang der Aufklärungspflichten wendet. Der Angriff auf die zweitinstanzliche Entscheidung ist damit sicher festgelegt.

Der Zulässigkeit der Revision steht des Weiteren nicht entgegen, dass der Kläger in der Revisionsbegründungsschrift keine Ausführungen zur Höhe der Schadensersatzforderung gemacht hat. Insoweit konnte er sich mit dem zweitinstanzlichen Urteil nicht auseinandersetzen, da dieses mangels Bejahung des Anspruchsgrundes auf die Höhe der Forderung nicht eingegangen ist.

2. Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat eine schuldhafte Pflichtverletzung durch die Beklagte zutreffend verneint.

Die Beklagte ist nicht gemäß den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung oder der culpa in contrahendo zum Schadensersatz verpflichtet.

a) Nach Art. 229 § 5 Abs. 1 EGBGB gilt für den Rechtsstreit, in dem es um Vertragsverhandlungen im Sommer 2001 geht, das BGB in der Fassung vor dem 1. Januar 2002.

Der Arbeitsvertrag ist am 7. Juni 2001 zustande gekommen. Die Beklagte hatte dem Kläger mit E-Mail vom 6. Juni 2001 den Abschluss eines Arbeitsvertrages unter näherer Darlegung der Konditionen angeboten. Dieses Angebot nahm der Kläger mit der E-Mail vom 7. Juni 2001 an. Bei dem Hinweis auf die Zur-Verfügung-Stellung des Hotelzimmers ab 1. August 2001 handelte es sich nicht um eine Ablehnung des Angebots der Beklagten verbunden mit einem neuen Angebot des Klägers gemäß § 150 Abs. 2 BGB, sondern nur um die Klarstellung eines offensichtlichen Irrtums der Beklagten bezüglich des Datums. Ein vorvertragliches Schuldverhältnis wird mit dem Abschluss des Vertrages beendet, so dass ab diesem Zeitpunkt Ansprüche aus positiver Forderungsverletzung begründet werden. Bereits entstandene Ansprüche aus culpa in contrahendo bleiben allerdings neben Ansprüchen aus positiver Forderungsverletzung bestehen (vgl. BAG 2. Dezember 1976 - 3 AZR 401/75 - AP BGB § 276 Verschulden bei Vertragsabschluss Nr. 10 = EzA BGB § 276 Nr. 35).

b) Die Beklagte hat weder selbst noch durch einen Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB aF) Verhaltenspflichten gegenüber dem Kläger verletzt.

aa) Aus einem Schuldverhältnis erwachsen einer Vertragspartei nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Diese nunmehr in § 241 Abs. 2 BGB ausdrücklich normierten Pflichten waren bereits vor In-Kraft-Treten dieser Norm aus § 242 BGB abgeleitet worden. Diese Pflichten können sich ua. auch auf Aufklärung richten. Die vertragliche Rücksichtnahmepflicht beinhaltet dabei eine Pflicht zur Aufklärung dahin gehend, dass die eine Vertragspartei die andere unaufgefordert über die Umstände informieren muss, die dieser unbekannt, aber für ihre Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Zustandekommen oder der Durchführung des Arbeitsverhältnisses erheblich sind (BAG 6. März 2003 - 2 AZR 50/02 - ZTR 2004, 107; LAG Hamm 14. Januar 2005 - 10 Sa 1278/04 - AuA 2005, 305; Palandt/Heinrichs BGB 64. Aufl. § 242 Rn. 37). Der Schuldner ist dann zur Aufklärung verpflichtet, wenn Gefahren für das Leistungs- oder Integritätsinteresse des Gläubigers bestehen, von denen dieser keine Kenntnis hat. Das Verschweigen von Tatsachen begründet eine Haftung, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte (Palandt/Heinrichs BGB § 242 Rn. 37, § 311 Rn. 42). Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht anerkannt, dass ein Arbeitgeber, der Vertragsverhandlungen eingeht, bestehende Umstände, gleich welcher Art, die die vollständige Durchführung des Rechtsverhältnisses in Frage stellen können, nicht verschweigen dürfe, soweit sie ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen. Eine schuldhafte Verletzung dieser Aufklärungspflicht begründet einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo, wenn sich die verschwiegene Gefahr später realisiert und zur Beendigung des Rechtsverhältnisses führt. Zu ersetzen ist dann der Vertrauensschaden. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn er auf die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages nicht vertraut und sich auf einen Vertragsabschluss gar nicht eingelassen hätte. Der Vertrauensschaden ist nicht auf das Erfüllungsinteresse, dh. die Vergütung begrenzt (BAG 17. Juli 1997 - 8 AZR 257/96 -AP BBiG § 16 Nr. 2 = EzA BBiG § 16 Nr. 2; 8. März 1977 - 4 AZR 700/75 - EzB [alte Fassung] BBiG § 15 Abs. 1 Nr. 5; 2. Dezember 1976 - 3 AZR 401/75 - AP BGB § 276 Verschulden bei Vertragsabschluss Nr. 10 = EzA BGB § 276 Nr. 35). Der Arbeitgeber muss gegenüber einem Arbeitnehmer schon bei den Einstellungsverhandlungen auf dessen besondere Interessen Rücksicht nehmen und ihn insbesondere über künftige Verhältnisse aufklären, wenn er erkennt, dass der Arbeitnehmer besondere Wünsche oder Erwartungen hat. Er darf dann nicht den Eindruck erwecken, der Arbeitnehmer könne ohne größeres Risiko sein bisheriges Arbeitsverhältnis kündigen, um sich für die Aufnahme der Tätigkeit bei dem verhandelnden Arbeitgeber freizumachen (BAG 7. September 1995 - 8 AZR 695/94 - ArbuR 1996, 30; 7. Juni 1963 - 1 AZR 276/62 -BAGE 14, 206 = AP BGB § 276 Verschulden bei Vertragsabschluss Nr. 4 = EzA BGB § 276 Nr. 8).

bb) Das Landesarbeitsgericht hat bei Berücksichtigung dieser Grundsätze zutreffend eine Verletzung der Aufklärungspflicht der Beklagten verneint.

Zunächst hat die Zeugin B bei den Vertragsverhandlungen am 28. Mai 2001 keine dem Kläger gegenüber bestehende Pflicht verletzt (zur Zurechnung des Verschuldens eines sog. Verhandlungsgehilfen nach § 278 BGB vgl. BAG 7. Juni 1963 - 1 AZR 276/62 - BAGE 14, 206 = AP BGB § 276 Verschulden bei Vertragsabschluss Nr. 4 = EzA BGB § 276 Nr. 8). Die Zeugin hat den Kläger weder über eine bevorstehende Gefährdung des Arbeitsverhältnisses getäuscht noch hat sie ein "geschütztes" Arbeitsverhältnis zugesagt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass bei keinem der Gespräche über einen längerfristigen Vertrag oder den Ausschluss einer betriebsbedingten Kündigung gesprochen worden ist. Sofern die Zeugin dem Kläger zugesagt haben sollte, dass keine Probezeit vereinbart werde, so liegt hierin nicht ein Ausschluss einer jeglichen Kündigung, sondern allenfalls ein Verzicht auf das Geltendmachen personen- oder verhaltensbedingter Kündigungsgründe. Im schriftlichen Arbeitsvertrag, der die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat (vgl. Palandt/Heinrichs BGB § 125 Rn. 15) findet sich zudem kein starker Bestandsschutz, sondern im Gegenteil sogar die Formulierung, dass während der ersten sechs Monate die beiderseitige Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende beträgt. Angesichts dieses Inhalts des schriftlichen Arbeitsvertrages kommt es im Weiteren nicht darauf an, ob Frau B dem Kläger anlässlich des Vorstellungsgesprächs am 28. Mai 2001 darüber hinaus mitgeteilt hat, er müsse "keine Bedenken haben". Eine solche Äußerung ist zunächst vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt und der Kläger hat insoweit keine Verfahrensrügen erhoben. Zudem erscheint es zweifelhaft, ob eine solche Äußerung überhaupt als rechtsverbindliche Zusage zu werten wäre. Sie steht vielmehr unter der selbstverständlichen Voraussetzung, dass keine späteren entgegenstehenden unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden. Doch selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellen würde, Frau B habe mit einer solchen Äußerung eine Zusage hinsichtlich einer längerfristigen Bindung abgegeben, reicht es nicht aus, dass während der Vorverhandlungen über diesen Punkt Einigkeit bestand. Der Kläger hätte vielmehr nachweisen müssen, dass die Parteien eine entsprechende Abrede auch noch bei Errichtung der Vertragsurkunde wollten (Palandt/Heinrichs aaO). Insoweit hat der Kläger nichts vorgetragen, angesichts des Wortlauts der Ziffer 10 des Arbeitsvertrages erscheint ein dahin gehender fortbestehender Wille auch ausgeschlossen.

Wenn der Kläger darüber hinaus geltend machen will, Frau B habe ihm fahrlässig entscheidungserhebliche Umstände verschwiegen, hat er keinerlei Umstände dafür vorgetragen, dass jene im Mai 2001 Anhaltspunkte dafür hatte, dass die Stelle des Klägers gefährdet sein könnte.

Auch der Zeuge Dr. M hat anlässlich des Telefonats am 22. Juni 2001, also nach Vertragsabschluss, nachdem der Kläger Kenntnis von der Gewinnwarnung erhalten hatte, keine Aufklärungspflichten gegenüber dem Kläger verletzt. Der Kläger hat eingeräumt, dass Herr Dr. M nicht wider besseres Wissen handelte, eine vorsätzliche Verletzung von Aufklärungspflichten scheidet somit von vornherein aus. Der Kläger hat des Weiteren keine Umstände vorgetragen, die eine fahrlässige Verletzung von Aufklärungspflichten hätten begründen können. Soweit sich der Kläger darauf stützt, dass Herr Dr. M ins Blaue hinein erklärt habe, dass die Stelle des Klägers vom Einstellungsstopp nicht betroffen sei, ohne einen Vorbehalt zu machen oder beim Vorstand nachzufragen, so vermag dies einen Vorwurf der fahrlässigen Pflichtwidrigkeit nicht zu begründen. Aus der Gewinnwarnung, die dem Kläger ebenfalls bekannt war, ergab sich nämlich für Herrn Dr. M keine Gefährdung der Stelle des Klägers, denn es handelte sich bei jener Stelle - wie von der Beklagten vorgetragen und vom Kläger nicht bestritten - weder um eine "neue" noch um eine durch "Fluktuation" freigewordene. Die Stelle war im Oktober 2000 geschaffen worden und bis Sommer nur nicht besetzt gewesen. Eine Gewinnwarnung hat nach dem Wertpapierhandelsgesetz überdies nur den Zweck, Aktionäre über kursbewegende Ereignisse zu unterrichten (§ 15 Wertpapierhandelsgesetz - WphG). Dabei dienen Adhocmeldungen dazu, für eine gleichzeitige Information aller Aktionäre einer Aktiengesellschaft zu sorgen. Anhaltspunkte für konkrete Personalplanungen oder dafür, dass hierdurch die Stelle des Klägers betroffen sein könnte, ergaben sich aus der Gewinnwarnung nicht, zumal die Stelle des Klägers in einem für die Beklagte zukunftsträchtigen Bereich, nämlich Forschung und Entwicklung, angesiedelt war. Die Auskünfte des Herrn Dr. M stellten keine Pflichtverletzung dar; das gilt noch nicht einmal dann, wenn er dem Kläger mitgeteilt haben sollte, dass dessen Stelle nicht "gefährdet" sei.

cc) Die Beklagte hat dem Kläger gegenüber ebenfalls keine Pflichten dadurch verletzt, dass sie ihr Personal, dh. ua. Frau B und Herrn Dr. M, nicht zu einem früheren Zeitpunkt darüber informiert hat, dass ein Stellenabbau in Betracht kommt, so dass diese den Kläger hätten aufklären können. Insoweit haben die Vorinstanzen entgegen der Auffassung des Klägers zutreffend darauf abgestellt, dass die Entscheidung, weltweit 5.000 Stellen abzubauen, erst am 26. Juli 2001 seitens des Vorstandes der Beklagten mit der Verabschiedung des Sparprogramms "Impact" getroffen worden ist und dass erst zu diesem Zeitpunkt der Wegfall der Stelle des Klägers ersichtlich war. Letzteres hat der Kläger in der Revisionsbegründung ausdrücklich eingeräumt. Die schwierige wirtschaftliche Lage, die der Beklagten und dem Kläger selbst auf Grund der Gewinnwarnung bereits am 20. Juni 2001 bekannt war, musste, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht automatisch Kündigungen, insbesondere nicht eine Kündigung gegenüber dem Kläger, der einen Arbeitsplatz in einem zukunftsträchtigen Bereich antreten sollte, nach sich ziehen. Eine Aufklärungspflicht besteht auch nur bezüglich "bestehender" Umstände, die die vollständige Durchführung eines Rechtsverhältnisses in Frage stellen können (BAG 17. Juli 1997 - 8 AZR 257/96 - AP BBiG § 16 Nr. 2 = EzA BBiG § 16 Nr. 2). Nur das Verschweigen von "Tatsachen" kann einen Schadensersatzanspruch begründen. Die sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) begründende Aufklärungspflicht gegenüber einem Bewerber über einen möglichen Stellenabbau tritt zwar nicht erst dann ein, wenn diesbezügliche unternehmerische Entscheidungen bereits wirksam und endgültig getroffen sind, sondern eine solche Pflicht kann bereits im Planungsstadium bestehen. Eine Auskunftspflicht kann aus Treu und Glauben allerdings nur dann abgeleitet werden, wenn die Planungen eine hinreichende Reife und Konkretheit aufweisen. Das setzt voraus, dass sich der Arbeitgeber im Grundsatz dazu entschlossen hat, eine bestimmte Stelle zu streichen. Der Stellenabbau muss hinreichend bestimmt und in Einzelheiten bereits absehbar sein, seine bloße Möglichkeit reicht nicht aus (vgl. die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Beteiligung des Betriebsrats bei geplanten Betriebsänderungen nach § 111 BetrVG, 20. November 2001 - 1 AZR 97/01 - BAGE 99, 377 = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 39 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 29; 19. Januar 1999 - 1 AZR 342/98 - AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 37 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 28). Bevor entsprechende Planungen nicht konkret sind, kann eine Auskunftspflicht nicht angenommen werden und wäre für den Arbeitgeber auch nicht zumutbar. Jedenfalls kann allein das Bestehen einer schlechten wirtschaftlichen Lage, die dem Arbeitnehmer zudem bekannt ist, in der aber noch keine konkrete Planung besteht, einen Arbeitsplatz zu streichen, noch keine Auskunftspflicht über einen theoretischen Stellenabbau begründen.

Eine Planung, die eine Auskunftspflicht auslöste, kann im Streitfall frühestens mit dem Vorstandsbeschluss vom 26. Juli 2001 angenommen werden. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die konkrete unternehmerische Entscheidung über den Arbeitsplatz erst zu diesem Zeitpunkt getroffen worden ist. Der Kläger hat auch nicht substantiiert eine wirksame frühere Planung seinen Arbeitsplatz betreffend vorgetragen, die zu einer früheren Auskunftspflicht geführt hätte. Das Vorbringen des Klägers, es habe bereits am 22. Juni 2001 Probezeitkündigungen gegeben, lässt keinen Rückschluss auf die Behauptung des Klägers zu, auch bezüglich seines Arbeitsplatzes habe es schon konkrete Planungen gegeben. Der von dem Kläger vorgelegte Artikel aus der Wirtschaftswoche vom 21. Juni 2001 betrifft nur eine Unterauslastung in der Fertigung der Beklagten. Überdies ist das Vorbringen des Klägers in sich widersprüchlich, da der Kläger mit der Revisionsbegründung unter Verweis auf einen Zeitungsbericht in der Süddeutschen Zeitung vom 1. August 2001 gleichzeitig vorträgt, es sei noch im Juli 2001 zu Einstellungen im größeren Stil gekommen. Soweit der Kläger Zeitungsartikel über die schwierige wirtschaftliche Situation anderer Firmen im Halbleitermarkt vorlegt, besagt dies im Hinblick auf die Beklagte nichts. Eine konkrete Gefahr bezüglich der Stelle des Klägers bestand zu einem früheren Zeitpunkt entgegen dessen Auffassung nicht. Letztlich spricht gerade die Tatsache, dass die Beklagte noch am 22. Juni 2001 die Vertragsurkunde unterzeichnete, den Kläger sodann ab dem ersten Arbeitstag unter Fortzahlung der nicht unerheblichen Vergütung ohne entsprechende Gegenleistung freistellte, gegen die Behauptung des Klägers, bereits zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte den Wegfall seiner Stelle konkret geplant. Ein solch unökonomisches Verhalten indiziert eher die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, dass es vor dem 26. Juli 2001 keine konkreten Planungen gegeben habe.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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