Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 02.04.2009
Aktenzeichen: 8 AZR 473/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 613a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

Verkündet am 2. April 2009

8 AZR 473/07

In Sachen

hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Hauck, die Richter am Bundesarbeitsgericht Böck und Breinlinger sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Vesper und Warnke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. Mai 2007 - 7 Sa 153/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.

Der Kläger war seit 1969 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt schwerpunktmäßig im Geschäftsbereich "C I (CI)".

Der Geschäftsbereich CI wurde mit Wirkung ab 1. November 2004 im Wege eines Betriebsteilüberganges auf die neu gegründete A GmbH übertragen.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 hatte die Beklagte dem Kläger ua. mitgeteilt:

"die A-G AG plant, den Geschäftsbereich C I (CI) mit Wirkung zum 1. November 2004 auf die A GmbH zu übertragen.

Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die dem Geschäftsbereich CI zugeordnet sind, führt diese Übertragung zu einem automatischen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse. Dies ist in § 613 a BGB geregelt, dessen Bestimmungen auf den Übergang zwingend anwendbar sind. § 613 a Absatz 5 BGB sieht eine schriftliche Information des von einem solchen Übergang betroffenen Arbeitnehmers vor, der nach § 613 a Absatz 6 BGB dem Übergang auch widersprechen kann.

Diese Bestimmungen lauten:

'Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1. den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,

2. den Grund für den Übergang,

3. die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer

und

4. die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.'

Ihr Arbeitsverhältnis ist dem Geschäftsbereich CI zugeordnet und würde deshalb mit dem 1. November 2004 auf A GmbH übergehen.

...

1. Zum geplanten Zeitpunkt des Übergangs: Das Datum des geplanten Übergangs ist der 1. November 2004.

2. Zum Grund für den Übergang:

Grund des Übergangs ist die rechtliche Verselbständigung des Geschäftsbereichs CI in der A GmbH und deren anschließende Veräußerung an die N GmbH.

A GmbH mit Sitz in L umfasst das gesamte bisherige CI-Geschäft der A-G AG, also die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte. A GmbH übernimmt das Vermögen von CI. Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen.

...

Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.

3. Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer:

Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs CI tritt A GmbH in die bestehenden, unveränderten Arbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben A-G AG, A GmbH, Gesamtbetriebsrat der A-G AG sowie die örtlichen Betriebsräte am 24. September 2004 eine Überleitungsvereinbarung 'zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen' abgeschlossen, die davon geprägt ist, so weit wie möglich Kontinuität zu wahren:

- Die bei der A-G AG verbrachten und/oder von ihr anerkannten Dienstjahre werden als Dienstzeit bei A GmbH anerkannt.

- Die Zugehörigkeit zu den Arbeitgeberverbänden der Chemischen Industrie wird auch bei A GmbH bestehen, d.h. es bleibt bei den Chemie-Tarifen.

...

5. Zu Ihrer persönlichen Situation:

Ihr Arbeitsverhältnis wird nach unserer Planung von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4 betroffen sein. Die Zustimmung des Betriebsrats zu Ihrer Aufnahme in die Namensliste liegt derzeit noch nicht vor. Insofern sind Verhandlungen mit dem Betriebsrat noch nicht abgeschlossen. Sie müssen jedoch damit rechnen, nach Abschluss dieser Verhandlungen mit oder ohne Ihre Aufnahme in die Namensliste der zur Kündigung vorgesehenen Mitarbeiter eine Kündigung zu erhalten.

Zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile stehen Ihnen dann die in unserem Sozialplan vorgesehenen Leistungen zu.

Die geplante Kündigung wirkt sich auf den Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses nicht aus. Ihr Arbeitsverhältnis geht trotzdem über und Sie sind verpflichtet, Ihre Tätigkeit bei A GmbH fortzuführen. Die nachfolgend dargestellten Konsequenzen eines eventuellen Widerspruchs treffen auch in Ihrem Falle zu.

6. Zum Widerspruchsrecht:

Sie haben das Recht, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH binnen einer Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens schriftlich zu widersprechen. Die Erklärung kann nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden. Sie kann auch nicht an eventuelle Bedingungen geknüpft werden.

Sollten Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen wollen, müsste das schriftlich mit einer von Ihnen unterschriebenen Erklärung innerhalb dieser Frist erfolgen. Eventuelle Widerspruchsschreiben richten Sie bitte ausschließlich an:

...

7. Zu den Folgen eines Widerspruchs:

Im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bleibt Ihr Arbeitsverhältnis bei der A-G AG und geht nicht auf die A GmbH über.

Da nach dem Übergang des vollständigen Geschäftsbereichs CI auf A GmbH Ihr bisheriger Arbeitsplatz bei A-G AG nicht mehr vorhanden sein wird und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht, müssen Sie daher im Falle der Ausübung Ihres Widerspruchsrechts mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch A-G AG rechnen. Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass nach der eindeutigen Regelung in der mit dem Gesamtbetriebsrat der A-G AG und den örtlichen Betriebsräten vereinbarten Überleitungsvereinbarung in diesem Fall kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, weder gegenüber der A-G AG noch gegenüber A GmbH. Im Falle eines Widerspruchs müssen Sie deshalb damit rechnen, Ihren Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren. Außerdem sind bei einer eventuellen Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch Ihre Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt.

Wir empfehlen Ihnen daher dringend, von einem Widerspruch abzusehen.

..."

Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH zunächst nicht.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2005 kündigte die A GmbH das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger "aus dringend betrieblichen Erfordernissen ordentlich zum 30. September 2005". Im Mai 2005 stellte diese Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Am 20. Juli 2005 teilte sie dem Kläger schriftlich mit, dass sie aufgrund des am 20. Mai 2005 gestellten Insolvenzantrages die ihm zugesagten Abfindungsleistungen derzeit nicht erbringen könne.

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A GmbH wurde am 1. August 2005 eröffnet.

Am 2. August 2005 schloss der Kläger mit der A GmbH und der C GmbH einen "Aufhebungs- und Anstellungsvertrag (Dreiseitiger Vertrag)". Dieser lautet - soweit hier von Interesse:

"I. Präambel

1. A wird aus wirtschaftlichen Gründen einen Abbau von Arbeitsplätzen an den Standorten L/K, P, W, V und M durchführen.

2. Um die damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer auszugleichen, haben A und der Gesamtbetriebsrat von A am 27.07.2005 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan abgeschlossen. Dem Arbeitnehmer sind die darin getroffenen Vereinbarungen bekannt. Ihm ist auch bekannt, dass sein Arbeitsplatz wegfällt und eine betriebsbedingte Kündigung erfolgen soll.

...

II. Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit A

1. In Kenntnis der in der Präambel genannten Fakten vereinbaren der Arbeitnehmer und A die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus den im Interessenausgleich und Sozialplan vom 27.07.2005 genannten betriebsbedingten Gründen einvernehmlich zum 01.08.2005.

2. Der Arbeitnehmer erklärt, dass er über die Folgen einer solchen einvernehmlichen Beendigung - insbesondere auf den darin liegenden Verzicht auf das Führen von Bestandsstreitigkeiten gegen seinen Arbeitgeber - belehrt worden ist. Der Arbeitnehmer hatte auch Gelegenheit, sich über diese Folgen ausführlich beraten zu lassen.

3. Ist ein Übertritt in die C zum 01.08.2005 vorgesehen, wird das Arbeitsverhältnis mit A bis zum vereinbarten Beendigungstermin nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Vorschriften ordnungsgemäß fortgeführt und abgerechnet.

...

5. Mit diesem Vertrag sind sämtliche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abzuleitenden wechselseitigen Ansprüche der Vertragsparteien, seien sie bekannt oder nicht bekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, geregelt und abgegolten, sofern es sich nicht um Insolvenzforderungen des Arbeitnehmers handelt und sich aus dem Sozialplan nichts anderes ergibt. Die Behandlung von betrieblichen Altersversorgungsansprüchen richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften.

...

III. Befristeter Anstellungsvertrag mit der C

1. Gegenstand und Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses mit der C

a. Der Arbeitnehmer und die C schließen hiermit einen befristeten Arbeitsvertrag für die Dauer vom 01.08.2005 bis zum 31.03.2006. Das Arbeitsverhältnis endet mit dem Beendigungsdatum automatisch, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

...

10. Schlussbestimmungen

a. Die Parteien stimmen darüber überein, dass der Anstellungsvertrag unter der Bedingung geschlossen wird, dass das mit der A bestehende Arbeitsverhältnis wirksam beendet worden ist.

...

e. Mit diesem dreiseitigen Vertrag wird die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und A und das befristete Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und C abschließend geregelt. Weitere Absprachen bestehen zwischen diesen Parteien nicht. Jede Änderung und Ergänzung dieses Vertrages, einschließlich dieser Klausel, bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

..."

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 3. Februar 2006 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die A GmbH. Er machte in diesem Zusammenhang geltend, dass "eine ordnungsgemäße Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB" nicht vorliege.

Der Kläger ist der Ansicht, er habe im Februar 2006 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die A GmbH noch wirksam widersprechen können, weil infolge der nicht ausreichenden Unterrichtung durch die Beklagte im Schreiben vom 22. Oktober 2004 über den beabsichtigten Betriebsteilübergang die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt worden sei.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie meint, die Unterrichtung des Klägers über den beabsichtigten Betriebsteilübergang genüge den gesetzlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. Der Widerspruch des Klägers sei deshalb verspätet. Zumindest habe er sein Widerspruchsrecht verwirkt bzw. auf die Ausübung desselben verzichtet. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des KIägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis mehr, weil dieses mangels eines wirksamen Widerspruchs des Klägers ab dem 1. November 2004 auf die A GmbH gemäß § 613a Abs. 1 BGB übergegangen war.

A. Das Landesarbeitsgericht hat sein Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne dahinstehen, ob die Beklagte den Kläger über den Betriebsteilübergang ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet habe und ob die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB durch die Unterrichtung vom 22. Oktober 2004 in Gang gesetzt worden sei. Auf jeden Fall habe zum Zeitpunkt der Widerspruchserklärung kein Widerspruchsrecht des Klägers mehr bestanden. Mit dem Arbeitsgericht sei zunächst davon auszugehen, dass der Kläger auf sein Widerspruchsrecht verzichtet habe, dieses außerdem verwirkt sei und der Kläger sich darüber hinaus widersprüchlich verhalten habe. Über diese Feststellungen des Arbeitsgerichts hinaus führe eine analoge Anwendung des Rechtsgedankens des § 144 BGB - Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts - dazu, dass zum Zeitpunkt der Erhebung des Widerspruches durch den Kläger im Februar 2006 für diesen kein Widerspruchsrecht mehr bestanden habe.

Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis zu folgen.

B. Das Widerspruchsrecht des Klägers war zum Zeitpunkt seiner Ausübung mit Schreiben vom 3. Februar 2006 verwirkt.

I. Wie der Senat bereits in einer Vielzahl von gleich gelagerten Fällen entschieden hat, entspricht die Unterrichtung durch die Beklagte vom 22. Oktober 2004 über den beabsichtigten Betriebsteilübergang nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. Sie setzt damit die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB für die betroffenen Arbeitnehmer nicht in Lauf (vgl. zB 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354 oder 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

II. Der Senat hat mehrmals entschieden, dass das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers grundsätzlich verwirken kann (vgl. zB 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

1. Im Streitfall war nicht zu entscheiden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht in Anwendung des Rechtsgedankens des § 144 BGB - Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts - verlieren kann. Das Recht des Klägers zum Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die A GmbH war nämlich zum Zeitpunkt der Widerspruchserklärung im Februar 2006 bereits verwirkt.

2. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten ist.

Schon nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Inkrafttreten des § 613a Abs. 5 und 6 BGB konnte das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. An dieser Rechtsprechung hat der Senat im Einklang mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum auch nach der neuen Rechtslage festgehalten. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Grundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (Senat 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - mwN, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64).

Angesichts der gesetzlichen Regelung kann hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden. Im Gesetzgebungsverfahren sind nämlich Vorschläge auf Aufnahme einer generellen Höchstfrist von drei (BR-Drucks. 831/1/01 S. 2) bzw. sechs Monaten (BT-Drucks. 14/8128 S. 4) nicht aufgegriffen worden. Abzustellen ist vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalles (Senat 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64). Dabei ist, wie der Senat bereits zur Verwirkung der Geltendmachung eines Betriebsüberganges (27. Januar 2000 - 8 AZR 106/99 -) ausgeführt hat, davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können. Zutreffend ist es weiterhin auch, die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechtes als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (Senat 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - mwN, aaO.).

3. Zwischen der Unterrichtung des Klägers mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 über den bevorstehenden Betriebsteilübergang und seinem Widerspruch mit Schreiben vom 3. Februar 2006 liegt ein Zeitraum von über 15 Monaten. Eine solche Zeitspanne erfüllt das für das Vorliegen einer Verwirkung erforderliche Zeitmoment (so: Senat 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

4. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung nicht angreift (24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347) oder durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem Betriebserwerber über sein Arbeitsverhältnis disponiert (27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - NZA 2009, 552), das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment erfüllt sein kann.

a) Zwar begründete allein die widerspruchslose Weiterarbeit des Klägers bei der Betriebserwerberin noch keine Verwirkung des Widerspruchsrechts des nicht ordnungsgemäß nach § 613a Abs. 5 BGB unterrichteten Klägers (Senat 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354).

b) Aufgrund des Gesamtverhaltens des Klägers durfte die Beklagte jedoch davon ausgehen, dieser werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben (Erfüllung des Umstandsmoments).

Zunächst hatte der Kläger die von der A GmbH am 27. Januar 2005 zum 30. September 2005 ausgesprochene Kündigung widerspruchslos hingenommen. Dann hat er mit Vertrag vom 2. August 2005 sein Arbeitsverhältnis mit der A GmbH aus betriebsbedingten Gründen einvernehmlich zum 1. August 2005 beendet. Zugleich hat er in diesem Vertrag einen befristeten Arbeitsvertrag mit einem Dritten, der C GmbH, vereinbart. Damit durfte die A GmbH spätestens mit Abschluss dieses sog. "Dreiseitigen Vertrages" davon ausgehen, der Kläger werde gegen sie keine weiteren Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis mehr geltend machen, weil er von dessen Beendigung ausgehe. Dies ist durch Ziff. 10 des Vertrages auch ausdrücklich klargestellt. Dort heißt es ua.: "Mit diesem dreiseitigen Vertrag wird die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und A GmbH und das befristete Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und C abschließend geregelt". Damit hat der Kläger durch Abschluss dieses Vertrages über sein Arbeitsverhältnis selbst disponiert. Dies rechtfertigt grundsätzlich das Vertrauen der Beklagten als der früheren Arbeitgeberin in die Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB. Dies gilt umso mehr, als der Kläger nach Abschluss des "Dreiseitigen Vertrages" mehr als ein halbes Jahr bis zur Erklärung seines Widerspruches am 3. Februar 2006 bei der C GmbH gearbeitet hat. In der Zusammenschau von Zeit- und Umstandsmoment hat sich das "Vertrauendürfen" der Beklagten insoweit verdichtet, dass der am 3. Februar 2006 doch noch erfolgte Widerspruch des Klägers als verwirkt anzusehen ist.

c) Auf diese Verwirkung darf sich die Beklagte berufen, unabhängig davon, ob ihr alle vom Kläger verwirklichten Umstandsmomente bekannt geworden sind. Bei der Verwirkung des Widerspruchsrechts im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt es, dass einer der Verpflichteten von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat. Jedenfalls im unmittelbaren Verhältnis zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber sieht das Gesetz grundsätzlich eine gemeinsame Verpflichtung und Berechtigung beider aus dem Arbeitsverhältnis vor. Daraus folgt, dass immer dann, wenn sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber auf Verwirkungsumstände berufen könnte, diese auch der Betriebsveräußerer als früherer Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen kann.

Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB trifft als Gesamtschuldner sowohl den bisherigen Arbeitgeber als auch den neuen Inhaber. Der von einem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer erlangt die Fortdauer seines Widerspruchsrechts sowohl durch Informationsfehler des einen wie des anderen. Wenn das Gesetz in der Frage der Informationspflicht zum Betriebsübergang den alten und neuen Arbeitgeber als Einheit sieht, legt dies nahe, Betriebsveräußerer und Betriebserwerber auch hinsichtlich des Informationsstands zum Arbeitnehmerverhalten einheitlich aufzufassen. Auch Art. 3 Abs. 2 der RL 2001/23/EG fingiert einen gleichen Informationsstand von Veräußerer und Erwerber über die Rechte und Pflichten der übergegangenen Arbeitsverhältnisse. Entscheidend kommt hinzu, dass nach § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB der Arbeitnehmer den Widerspruch sowohl gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber (Betriebsveräußerer) als auch gegenüber dem neuen Inhaber (Betriebserwerber) erklären kann. Der Widerspruch kann aber nicht gegenüber dem neuen Arbeitgeber verwirkt sein, weil dieser die eingetretenen "Umstände" subjektiv kennt, gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber wegen dessen Unkenntnis jedoch nicht. Für das Schuldverhältnis von Betriebsveräußerer und Betriebserwerber als Gesamtschuldner gegenüber dem Arbeitnehmer als Berechtigtem ist in § 613a BGB, insbesondere in dessen Abs. 6 "ein anderes" normiert (§ 425 Abs. 1 BGB). Neuer und alter Arbeitgeber können sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen. Eine nachgewiesene subjektive Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - NZA 2009, 552; so auch Gaul/Niklas DB 2009, 452).

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.



Ende der Entscheidung

Zurück