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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 18.08.2005
Aktenzeichen: 8 AZR 65/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 307 Abs. 1
BGB § 309 Nr. 6
BGB § 310 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

8 AZR 65/05

Verkündet am 18. August 2005

In Sachen

hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. August 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Hauck, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Wittek, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Laux sowie den ehrenamtlichen Richter Bähringer und die ehrenamtliche Richterin Iskra für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 5. Januar 2005 - 2 Sa 86/04 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Vertragsstrafe.

Der Beklagte war bei der Klägerin, einem im Bereich der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung tätigen Unternehmen, als Assistent im steuerlichen Beratungsdienst seit 1. September 1995 beschäftigt. In einem schriftlichen, von der Klägerin vorformulierten und für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen bei der Klägerin verwandten Anstellungsvertrag vom 29. November 1996 haben die Parteien ua. vereinbart:

"§ 1 Tätigkeit und Aufgabengebiet

(1) Der Mitarbeiter ist bei der R als Assistent im steuerlichen Beratungsdienst angestellt. Er hat alle Aufgaben wahrzunehmen, die mit dieser Position verbunden sind.

(2) Der Mitarbeiter ist fachlich sowie disziplinarisch der Geschäftsleitung sowie seinem Referatsleiter unterstellt. Er hat den allgemeinen und besonderen Anweisungen der Geschäftsleitung und seines Referatsleiters Folge zu leisten und auch innerhalb des ihm übertragenen Aufgabenbereiches in allen Fragen, die für die R nicht unwesentlich sind, im Zweifel die Geschäftsleitung bzw. seinen Referatsleiter zu konsultieren und deren vorherige Zustimmung einzuholen.

(3) Der Mitarbeiter kann auch zu Arbeiten anderer Art, die im Rahmen einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft - auch bei den Tochtergesellschaften der R - anfallen, herangezogen werden. In bezug auf die Einteilung und Ausführung der vom Mitarbeiter zu übernehmenden Aufgaben ist der Mitarbeiter an die Weisungen der Geschäftsführung der Gesellschaft bzw. des für ihn zuständigen Referatsleiters gebunden.

§ 2 Pflichten des Mitarbeiters

(1) Der Mitarbeiter ist generell gehalten, seine Tätigkeit so auszuüben, daß der R kein Schaden entsteht.

(2) Der Mitarbeiter ist verpflichtet, seine Arbeitskraft ausschließlich der R zu widmen. Er darf daneben keine andere entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit aufnehmen oder ausüben. Er darf sich auch weder direkt noch indirekt an einem anderen Unternehmen der Branche beteiligen noch einem solchen Unternehmen Darlehen gewähren. Ausnahmen bedürfen der vorherigen schriftlichen Einwilligung der R. Der Mitarbeiter ist auch nicht berechtigt, auf eigene Rechnung Buchhaltungs- und Bilanzarbeiten zu verrichten oder Beratung in wirtschaftlichen, rechtlichen, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Angelegenheiten vorzunehmen, Prüfungsaufträge durchzuführen oder Sonderhonorare für solche Tätigkeiten anzunehmen. Auch insoweit bedürfen Ausnahmen der vorherigen, schriftlichen Genehmigung durch die Geschäftsführung der R.

(3) Die Arbeitszeit orientiert sich an dem jeweiligen Bedarf; sie beträgt jedoch mindestens wöchentlich 39 Stunden. Ergänzend gilt insoweit die bei der R jeweils gültige Betriebsvereinbarung.

(4) Der Mitarbeiter ist verpflichtet, über die Verhältnisse der R sowie die ihm durch seine Tätigkeit bekanntwerdenden Verhältnisse der Geschäftspartner der R gegenüber Außenstehenden strengstes Stillschweigen zu bewahren. Insbesondere geht es hierbei um alle für den Geschäftsablauf und die Marktstellung der R wichtigen Informationen und Daten. Der Mitarbeiter ist auch verpflichtet, über seine eigenen vertraglichen Modalitäten und seine Bezüge gegenüber Mitarbeitern und sonstigen Dritten Stillschweigen zu bewahren. Die Verschwiegenheitspflicht gilt auch nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters und das unbegrenzt. Ausgenommen ist das Recht, bei Besprechungen mit zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Personen (z.B. Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Notar usw.) die im Interesse der R notwendigen Informationen zu geben.

...

§ 3

Vergütung

(1) Für seine Vergütung erhält der Mitarbeiter ein jeweils nachträglich zahlbares Monatsgehalt von brutto DM 5.500,00 (in Worten: Deutsche Mark fünftausendfünfhundert). ...

§ 8

Vertragstrafe, Ausschlußfrist

(1) Der Mitarbeiter hat im Falle eines gravierenden Vertragsverstoßes (etwa gegen das Wettbewerbsverbot, die Geheimhaltungspflicht oder bei einem Überschreiten der Befugnisse aus seinen Vollmachten) für jeden Einzelfall eine Vertragsstrafe in Höhe des ein- bis dreifachen Betrages des jeweiligen Monatsgehaltes bzw. nach seinem Ausscheiden des letzten Monatsgehaltes an die R zu bezahlen. Die genaue Höhe wird von der R festgesetzt und richtet sich nach der Schwere des Verstoßes. Die Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Schadens bleibt davon unberührt.

(2) Ansprüche aus diesem Vertrag und dessen Beendigung hat der Mitarbeiter spätestens drei Monate nach deren Fälligkeit schriftlich gegenüber der R geltend zu machen, widrigenfalls sie zu diesem Zeitpunkt verfallen.

..."

Mit Schreiben vom 1. Dezember 2003 kündigte der Beklagte das Anstellungsverhältnis zum 31. Dezember 2003. Die Klägerin stellte den Beklagten von der Arbeit frei und wies ihn darauf hin, dass er sich während des Arbeitsverhältnisses jeglichen Wettbewerbs enthalten müsse; sie untersagte ihm außerdem jegliche Kontaktaufnahme zu ihren Mandanten. Ab 10. Dezember 2003 gingen bei der Klägerin Kündigungen von Mandanten ein, die bis dahin von ihr betreut wurden. Insgesamt 13 Mandanten wechselten zur P Steuerberatungsgesellschaft mbH, bei der der Beklagte ab 1. Januar 2004 als Steuerfachgehilfe tätig war. Die Klägerin verlangt die in § 8 des Anstellungsvertrages vereinbarte Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.588,00 Euro für jeden der 13 Einzelfälle. Sie hält die Vertragsstrafenregelung für wirksam und trägt vor, der Beklagte habe in 13 Fällen die Mandanten im Dezember 2003 zu einem Mandatswechsel zur P aufgefordert.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 46.644,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit 1. Januar 2004 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er meint, die Vertragsstrafenvereinbarung sei schon wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam. Der Vertragsverstoß in § 8 Abs. 1 Anstellungsvertrag beziehe sich lediglich auf die Vertragspflichten in § 2 Abs. 2 Anstellungsvertrag. Diese habe er nicht verletzt. Auch sei nicht erkennbar, bei welchen gravierenden Pflichtverletzungen mit einer Vertragsstrafe zu rechnen sei, da der Klammerzusatz nur nicht abschließend aufgezählte Beispiele regele. Unbestimmt und unklar sei die Vertragsstrafenabrede auch deshalb, weil nicht erkennbar sei, ob die Beispiele in der Klammer nur (einfache) Vertragsverstöße oder bereits "gravierende Vertragsverstöße" definieren. Die Vertragsstrafenabrede sei auch deshalb unbestimmt und unwirksam, weil die Höhe der Vertragsstrafe allein von der Bewertung des Arbeitgebers abhänge.

Im Übrigen habe er während des bestehenden Arbeitsverhältnisses keine Mandanten abgeworben. Die Mandanten hätten das Vertragsverhältnis mit der Klägerin unbeeinflusst von ihm gekündigt, weil sie sich auch künftig von ihm hätten betreuen lassen wollen, auf Grund der langjährig vertrauensvollen Zusammenarbeit, die eng verknüpft mit seinem persönlichen Einsatz gewesen sei. Dass er während des bestehenden Arbeitsverhältnisses den Mandanten ausschließlich mitgeteilt habe, dass er bei der Klägerin ausscheide, ohne jedoch seinen neuen Arbeitgeber zu nennen oder die Kunden zu einem Mandatswechsel aufzufordern, ergebe sich aus deren schriftlichen Erklärungen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, wobei sie sich nunmehr auf fünf Wettbewerbsverstöße beschränkt und daher die Klageforderung auf 3.588,00 Euro x 5 = 17.440,00 Euro reduziert.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin kann die Zahlung einer Vertragsstrafe von dem Beklagten nicht verlangen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat die in dem von der Klägerin formularmäßig verwendeten Anstellungsvertrag enthaltene Vertragsstrafenabrede im Hinblick auf § 307 Abs. 1 BGB für unwirksam gehalten und dabei im Wesentlichen ausgeführt:

Entgegen der Ansicht des Beklagten sei ein Vertragsverstoß iSd. § 8 Abs. 1 Satz 1 Anstellungsvertrag nicht nur dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer den Pflichten in § 2 Abs. 2 Anstellungsvertrag zuwiderhandle, sondern auch, wenn der Arbeitnehmer gegen die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstoße, die auch in Gesetzen geregelt seien, wie zB vorliegend die Unterlassung von Wettbewerb während des Arbeitsverhältnisses (§ 60 Abs. 1 HGB). Allerdings sei bei einer Auslegung der Vertragsstrafenklausel nicht hinreichend klar, ob jeder Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot einen gravierenden Vertragsverstoß darstelle, der zur Verwirkung der Vertragsstrafe führe oder ob ein Verstoß gegen das beispielhaft aufgeführte Wettbewerbsverbot (nur) ein Vertragsverstoß darstelle. In diesem Falle müsste dann für die Verwirkung der Vertragsstrafe hinzukommen, dass der Vertragsverstoß auch (tatsächlich) gravierend sei. Folge man der Rechtsansicht der Klägerin, so sei jeder Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot ein gravierender Vertragsverstoß, der zur Folge habe, dass der Arbeitnehmer für jeden Einzelfall eine Vertragsstrafe in Höhe des ein- bis dreifachen Bruttomonatsgehalts zu zahlen habe. Dies sei eine unangemessene Regelung, zumal eine - unterstellte - Abwerbung kurz vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne nachvertragliches Wettbewerbsverbot als minder gewichtiger Verstoß angesehen werden könne.

II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Vertragsstrafenklausel in § 8 des Anstellungsvertrags vom 29. November 1996 stellt eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten dar und ist demgemäß nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

1. Die vorliegende Vertragsstrafenabrede ist als Allgemeine Geschäftsbedingung in den Anstellungsvertrag der Parteien einbezogen worden. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Anstellungsvertrag vom 29. November 1996 auf der Basis eines von der Klägerin vorformulierten Vertragsmusters, das in einer Vielzahl von Fällen verwendet wurde, erstellt worden ist. Für die behauptete Verwirkung einer Vertragsstrafe im Jahre 2003 gelten die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001; hierzu gehört auch die in den §§ 305 bis 310 BGB nF geregelte Gestaltung des Schuldverhältnisses durch Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Neuregelung gilt auch für Verträge, die vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurden, allerdings tritt sie für diese erst ab 1. Januar 2003 in Kraft (Art. 229 § 5 EGBGB).

2. Die Vertragsstrafenklausel in § 8 des Anstellungsvertrags ist nicht bereits nach § 309 Nr. 6 BGB unwirksam.

Der Senat hat mit Urteil vom 4. März 2004 (- 8 AZR 196/03 - AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) entschieden, dass zwar Vertragsstrafenabreden in Formularverträgen nach § 309 Nr. 6 BGB generell unzulässig seien, in formularmäßigen Arbeitsverträgen folge aus der angemessenen Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB jedoch die grundsätzliche Zulässigkeit von Vertragsstrafenabreden. Der Ausschluss der Vollstreckbarkeit der Arbeitsleistung nach § 888 Abs. 3 ZPO sei eine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit in diesem Sinne. Vertragsstrafenvereinbarungen in Formulararbeitsverträgen seien daher nicht auf Grund des Klauselverbots nach § 309 Nr. 6 BGB generell unzulässig, die Unwirksamkeit solcher Abreden könne sich jedoch aus § 307 BGB ergeben (4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - aaO).

Die streitgegenständliche Vertragsstrafenregelung in § 8 des Anstellungsvertrags unterfällt bereits inhaltlich nicht dem Vertragsstrafenverbot des § 309 Nr. 6 BGB. Nach dieser Bestimmung besteht ein Klauselverbot in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn "dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird". Im Streitfall geht es jedoch um eine Vertragsstrafe wegen eines "gravierenden Vertragsverstoßes". Nach dem ausdrücklichen Wortlaut gilt das Verbot des § 309 Nr. 6 BGB für eine solche Vertragsstrafenabrede nicht. Soweit in der Literatur vereinzelt die Auffassung vertreten wird, über den Wortlaut der Norm ("für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst") hinaus seien im Arbeitsrecht sämtliche Vertragsstrafenabreden unwirksam, weil das gesetzliche Unbilligkeitsurteil nicht nur die für den Fall des Vertragsbruchs verwirkten erfasse (Kittner/Zwanziger-Lakies Arbeitsrecht Handbuch für die Praxis 3. Aufl. § 79 Rn. 20c; v. Koppenfels NZA 2002, 598, 602), kann dem nicht gefolgt werden (vgl. Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 2 a aa (1) der Gründe). Vertragsstrafenabreden in formularmäßigen Arbeitsverträgen wegen sonstiger Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers sind zwar gem. § 309 Nr. 6 BGB nicht verboten, ihre Unwirksamkeit kann sich jedoch aus § 307 BGB ergeben. Dabei ist zum Schutz des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen (Senat 21. April 2005 - 8 AZR 425/04 - NZA 2005, 1053).

3. Die Vertragsstrafenklausel in § 8 des vorformulierten Anstellungsvertrags benachteiligt den Beklagten entgegen Treu und Glauben und ist daher nach § 307 BGB unwirksam.

a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird (BAG 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B III 2 der Gründe unter Hinweis auf BGH 14. Januar 1987 - IVa ZR 130/85 - NJW 1987, 2431; 3. November 1999 - VIII ZR 269/98 - BGHZ 143, 104 = NJW 2000, 1110; 4. Juli 1997 - V ZR 405/96 - NJW 1997, 3022). Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten (BAG 24. Oktober 2002 - 6 AZR 632/00 - BAGE 103, 180 = AP HGB § 89 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 3 mwN). Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiden Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben (BGH 28. Januar 2003 - XI ZR 156/02 - BGHZ 153, 344; Preis/Stoffels Der Arbeitsvertrag 2. Aufl. II V 30 Rn. 28 ff.). Dabei kann auch die Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers führen (BAG 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - aaO, zu B III 2 b der Gründe). Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Vertragsstrafenabrede muss also nicht nur klar und verständlich sein; sie darf auch als solche nicht unangemessen benachteiligen. Die Vereinbarung der konkreten Vertragsstrafe muss zumutbar sein. Das bedeutet: Die Bestimmung muss die Angemessenheit und Zumutbarkeit erkennen lassen (BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - AP BGB § 308 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

b) Diesen Grundsätzen entspricht die umstrittene Vertragsstrafenklausel in § 8 Anstellungsvertrag nicht.

aa) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass der Vertragsverstoß iSd. § 8 Anstellungsvertrag nicht nur als ein Verstoß des Arbeitnehmers gegen die in § 2 Abs. 2 Anstellungsvertrag festgelegten Pflichten zu verstehen ist. Die entgegenstehende Auffassung des Beklagten steht bereits im Widerspruch zu der Beispielaufzählung in § 8 Anstellungsvertrag.

bb) Bedenken im Hinblick auf das Transparenzgebot bestehen jedoch, soweit die Vertragsstrafe "im Falle eines gravierenden Vertragsverstoßes" verwirkt ist. Die vereinbarte Vertragsstrafe muss nämlich nicht nur die zu leistende Strafe, sondern auch die sie auslösende Pflichtverletzung so klar bezeichnen, dass sich der Versprechende in seinem Verhalten darauf einstellen kann. Globale Strafversprechen, die auf die Absicherung aller arbeitsvertraglichen Pflichten zielen, sind wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam (ErfK/Müller-Glöge 5. Aufl. §§ 339 - 345 BGB Rn. 15 unter Hinweis auf BAG 14. Dezember 1988 - 5 AZR 10/88 -). Die Regelung muss erkennen lassen, welche konkreten Pflichten durch sie tatsächlich gesichert werden sollen. Nur so kann der Arbeitnehmer erkennen, was ggf. "auf ihn zukommt" (vgl. BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - AP BGB § 308 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B I 5 b der Gründe). Daher hat der Senat eine Vertragsstrafenvereinbarung bei "schuldhaft vertragswidrigem Verhalten" ohne nähere Konkretisierung mangels ausreichender Warnfunktion für unwirksam gehalten (21. April 2005 - 8 AZR 425/04 - NZA 2005, 1053).

Im Streitfall wird der "gravierende Vertragsverstoß" allerdings durch die in Klammer genannte Beispielaufzählung konkretisiert, so dass klargestellt ist, dass von den Vertragsparteien ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot als gravierender Vertragsverstoß angesehen wird.

cc) Eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten liegt aber darin, dass § 8 des Anstellungsvertrags für jeden Einzelfall eines Wettbewerbsverstoßes eine Vertragsstrafe in Höhe des ein- bis dreifachen Monatsgehalts vorsieht, wobei die genaue Höhe vom Arbeitgeber nach der Schwere des Verstoßes festgelegt wird.

Der Bundesgerichtshof hat zwar eine Vertragsstrafenvereinbarung grundsätzlich gebilligt, wonach es dem Gläubiger obliegt, die Vertragsstrafenhöhe für den Zuwiderhandlungsfall bis zu einem festgelegten Höchstbetrag nach §§ 315, 317 BGB zu bestimmen (12. Juli 1984 - I ZR 123/82 - NJW 1985, 191). Soweit die konkret festgelegte Vertragsstrafe sich innerhalb eines angemessenen Rahmens bewege, liege hierin keine Schlechterstellung des Schuldners gegenüber einer von vornherein festgelegten Vertragsstrafe (12. Juli 1984 - I ZR 123/82 - aaO).

Im Streitfall ist das Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin innerhalb des gesetzten Rahmens aber unbillig und damit nicht gerechtfertigt. Es fehlt bereits an einem angemessenen Rahmen, weil eine Vertragsstrafe für jeden Einzelfall eines Wettbewerbsverstoßes in Höhe von ein bis drei Monatsgehältern nicht mehr als angemessen angesehen werden kann, sondern eine unangemessene "Übersicherung" enthält (vgl. ErfK/Müller-Glöge §§ 339 - 345 BGB Rn. 15 ff.). Dient die Vertragsstrafe aber in erster Linie zur bloßen Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Verwenders losgelöster Geldforderungen, so fehlt es am berechtigten Interesse des Arbeitgebers (Preis/Stoffels aaO im Anschluss an BGH 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01 - BGHZ 153, 311, 324 = NJW 2003, 1805; 18. November 1982 - VII ZR 305/81 - BGHZ 85, 305, 313 f. = NJW 1983, 385). So verhält es sich im Streitfall, in dem die Klägerin für gleichartige Wettbewerbsverstöße (Abwerbungen) im letzten Monat des Anstellungsverhältnisses zunächst 13 x 3.588,00 Euro = 46.644,00 Euro und zuletzt immerhin noch 5 x 3.588,00 Euro = 17.440,00 Euro Vertragsstrafe verlangt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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