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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 19.03.2009
Aktenzeichen: 8 AZR 722/07
Rechtsgebiete: BGB, DRK-TV-Ost
Vorschriften:
BGB § 134 | |
BGB § 307 | |
BGB § 613a Abs. 1 S. 1 | |
DRK-TV-Ost § 65 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Hinweise des Senats: Parallelsache zu - 8 AZR 723/07 - und - 8 AZR 724/07 -, Urteile vom 19. März 2009 (ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe)
Verkündet am 19. März 2009
In Sachen
hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Hauck, die Richter am Bundesarbeitsgericht Böck und Breinlinger, den ehrenamtlichen Richter Dr. Umfug sowie die ehrenamtliche Richterin Wankel für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgericht vom 27. März 2007 - 7 Sa 308/06 - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, an die Klägerin eine Rest-Zuwendung ("Weihnachtsgeld") für das Jahr 2003 sowie die Zuwendung und das Urlaubsgeld für das Jahr 2004 zu zahlen.
Der Beklagte betrieb ua. Kindertagesstätten und ein Kinderheim in M. Die nicht tarifgebundene Klägerin wurde von ihm ab dem 20. Juli 1998 als Erzieherin im Kinderheim J beschäftigt. Sie verdiente zuletzt 2.008,72 Euro brutto. Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 17. Juli 1998 sollte der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden (DRK-TV-Ost). Nach der Anlage 8 zu diesem Tarifvertrag haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld; die Anlage 9 enthält Sonderregelungen für die Zahlung einer jährlichen Zuwendung. Nach § 65 Abs. 2 Satz 1 DRK-TV-Ost müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, sollen sie nicht verfallen.
Am 6. November 2002 schloss der Beklagte mit dem bei ihm gebildeten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung, nach deren Punkt 1.2. die Auszahlung der Zuwendung für die Jahre 2002 und 2003 im November 2002 beginnen und im Dezember 2003 enden sollte. Der Beklagte zahlte jedoch nur bis einschließlich August 2003 an die Klägerin einen monatlichen Zuwendungsbetrag. Nach einer weiteren Betriebsvereinbarung vom 18. November 2003 sollte über die Auszahlung der restlichen Zuwendung für 2003 im April 2004 unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Beklagten entschieden werden.
Der am 30. Juli 2004 erstellte Jahresabschluss 2003 für den Beklagten weist einen Fehlbetrag von 389.000,00 Euro aus. Der mit dem Abschluss befasste Wirtschaftsprüfer wies darauf hin, dass der Fortbestand des Kreisverbandes durch Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gefährdet sei, sofern die wirtschaftliche Lage nicht umgehend verbessert werde. Im Jahre 2004 zahlte der Beklagte weder Urlaubsgeld noch Zuwendung. Am 30. September 2004 machte die Klägerin das restliche Weihnachtsgeld 2003 sowie das Urlaubsgeld 2004 unter Einschaltung des Betriebsrats schriftlich gegenüber dem Beklagten geltend.
Mit Schreiben vom 14. März 2005 unterrichtete der Beklagte die Klägerin über seine Absicht, den Bereich Kinder- und Jugendhilfe auf die Deutsches Rotes Kreuz Senioren- und Sozialdienst gGmbH D zu übertragen. Aufgrund dieses Betriebsteilübergangs werde das Arbeitsverhältnis nach § 613a BGB zum 1. April 2005 auf die DRK Senioren- und Sozialdienst gGmbH übergehen. Diese werde in das Arbeitsverhältnis, das unverändert fortgeführt werde, mit allen Rechten und Pflichten eintreten. Jedoch wandte sich die Kreisgeschäftsführerin des Beklagten, Frau R, mit einem weiteren Schreiben vom 24. März 2005 an die Mitarbeiter, darunter auch die Klägerin, das auszugsweise lautet:
"... wie Sie wissen, sind die Verhandlungen mit der gGmbH ... abgeschlossen.
Um einen klaren Schnitt zu ermöglichen, ist es erforderlich, dass hinsichtlich Ihrer eventuellen Ansprüche auf Weihnachts- und Urlaubsgeld aus der Vergangenheit eine Klärung herbeigeführt wird.
Entsprechend der von Ihnen bereits mündlich erklärten Bereitschaft bitte ich Sie daher, die anliegende Erklärung zu unterschreiben und bis Dienstag, 29.03.2005 an die Kreisgeschäftsstelle weiterzuleiten.
Ohne die Erklärungen kann der Überleitungstarifvertrag an D nicht unterzeichnet werden.
Für Ihr Verständnis und Ihre Bemühungen um den Erhalt Ihrer Arbeitsplätze bedanke ich mich und wünsche Ihnen und Ihren Angehörigen ein schönes und erholsames Osterfest."
Am 26. März 2005 unterschrieb die Klägerin die beigefügte "Vereinbarung als Nachtrag zum Arbeitsvertrag", die wie folgt lautet:
"1.
Der Arbeitnehmer verzichtet gegenüber dem Arbeitgeber auf rückständiges Weihnachts- und Urlaubsgeld; der Arbeitgeber nimmt diesen Verzicht an. Mit dem Verzicht ist eine Geltendmachung auch gegenüber Dritten ausgeschlossen.
2.
Der Verzicht wird unwirksam, wenn der Bereich Kindertagesstätten/Kinderheim des Arbeitgebers nicht bis zum 31.12.2005 auf die Deutsches Rotes Kreuz Senioren und Sozialdienst gGmbH übergeht."
Die DRK Senioren- und Sozialdienst gGmbH übernahm am 1. April 2005 die Kindertagesstätten und das Kinderheim. Seitdem ist die Klägerin für diese Gesellschaft tätig. Sie machte mit Schreiben vom 30. Mai 2005 gegenüber dem Beklagten die Zuwendung 2004 geltend.
Mit der Klage vom 15. November 2005, wiederholt am 14. Februar 2006, focht die Klägerin ihre Zustimmung zu der Verzichtsvereinbarung wegen Drohung und Täuschung an. Sie hat behauptet, von der Zuwendung 2003 stünden noch 2/12 oder 215,44 Euro brutto aus. Die Verzichtsvereinbarung verstoße gegen § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB, da sie die Betriebserwerberin allein davor bewahren sollte, für rückständigen Lohn zu haften. Für einen Lohnverzicht habe kein sachlicher Grund bestanden. Auch einer Inhaltskontrolle nach den Bestimmungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen halte die Verzichtsvereinbarung nicht stand. Ihre Zustimmung dazu sei durch die widerrechtliche Drohung bewirkt worden, andernfalls werde sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Arglistig sei ihr auch vorgetäuscht worden, eine Insolvenz bringe den Verlust der Arbeitsplätze mit sich. Dagegen sei nach sächsischem Landesrecht in einem solchen Fall die Stadt M zum Eintritt verpflichtet.
Die Klägerin hat beantragt,
b 1. der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 215,44 Euro brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 1. Dezember 2003 zu zahlen;
2. der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 255,65 Euro brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 1. August 2004 zu zahlen;
3. der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.292,61 Euro brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 1. Dezember 2004 zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und behauptet, die Zuwendung 2003 in voller Höhe an die Klägerin gezahlt zu haben. Die angespannte wirtschaftliche Situation habe ein Sanierungskonzept erfordert, um die drohende Insolvenz zu verhindern und die Arbeitsplätze zu erhalten. Teile dieses Konzeptes seien der Verzicht auf rückständiges Weihnachts- und Urlaubsgeld und die Übertragung des Bereichs Kindertagesstätten/Kinderheim auf die DRK Senioren- und Sozialdienst gGmbH gewesen. Diese sei ohne den Verzicht der Arbeitnehmer auf rückständige Entgeltzahlungen nicht bereit gewesen, den Betrieb zu übernehmen. Durch § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB würden die Arbeitnehmer nicht in ihrer arbeitsvertraglichen Dispositionsfreiheit beschränkt. Jedenfalls liege - wenn es dessen überhaupt bedürfe - ein sachlicher Grund für den Verzicht vor. Dieser sei Voraussetzung für den Betriebsübergang auf die DRK Senioren- und Sozialdienst gGmbH gewesen, andernfalls habe akut Zahlungsunfähigkeit gedroht und die Arbeitsplätze seien gefährdet gewesen.
Das Arbeitsgericht hat den Beklagten verurteilt, das Weihnachts- und Urlaubsgeld 2004 zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg, auf die Anschlussberufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht ihn darüber hinaus verurteilt, auch die restliche Zuwendung 2003 zu zahlen. Mit der durch Beschluss des Senats vom 27. September 2007 zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte das Ziel einer Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin kann für 2003 die Zahlung der restlichen Zuwendung und für 2004 die Zahlung der Zuwendung und des Urlaubsgeldes beanspruchen. Auf diese arbeitsvertraglichen Ansprüche hat sie nicht wirksam verzichtet. Der geschlossene Erlassvertrag ist wegen Umgehung der Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB iVm. § 134 BGB unwirksam.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung der Zuwendungen 2003 und 2004 und des Urlaubsgeldes 2004 nach den Anlagen 9 und 8 des DRK-TV-Ost, dessen Geltung für das Arbeitsverhältnis individuell vereinbart worden sei, lägen vor. Die zwischen den Parteien geschlossene Verzichtsvereinbarung vom 26. März 2005 sei nach den §§ 305 Abs. 1, 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Der Vertrag sei von dem Beklagten für eine Vielzahl von Arbeitnehmern vorformuliert worden. Der unentgeltliche Verzicht ohne kompensatorische Gegenleistung des Arbeitgebers stelle eine unangemessene Benachteiligung dar. Mit dem Verzicht habe der Schutzzweck des § 613a Abs. 1 BGB umgangen werden sollen, weil der Verzicht nur dann wirksam sein sollte, wenn es zu dem Betriebsübergang komme. Die Ermöglichung eines Betriebsübergangs unter teilweiser Umgehung zwingenden Gesetzesrechts stelle keinen Vorteil dar. Nachvollziehbare Tatsachen dafür, dass der Arbeitsplatz der Klägerin gefährdet gewesen sei, habe der Beklagte nicht vorgetragen. Auch die nicht zum Verzicht bereiten Arbeitnehmer seien weiterhin beim Erwerber des Betriebsteils beschäftigt. Der Anspruch auf Zahlung der restlichen Zuwendung für 2003 sei nicht gem. § 65 DRK-TV-Ost verfallen. Die Fälligkeit der Restzahlung sei durch Betriebsvereinbarung bis April 2004 hinausgeschoben worden. Mit der Geltendmachung am 30. September 2004 habe die Klägerin die tarifliche Ausschlussfrist eingehalten.
B. Dem ist im Ergebnis zu folgen.
I. Die Klage ist begründet. Nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien hat die Klägerin gegen den Beklagten Ansprüche auf Zahlung der restlichen Zuwendung 2003 iHv. 215,44 Euro brutto, der Zuwendung 2004 iHv. 1.292,61 Euro brutto und des Urlaubsgeldes 2004 iHv. 255,65 Euro brutto, jeweils nebst Zinsen. In § 2 des Arbeitsvertrages haben die Parteien die Geltung des Tarifvertrages über die Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes in der jeweils geltenden Fassung vereinbart. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach den in Bezug genommenen Tarifnormen im Falle der Klägerin vorliegen, wobei die Ansprüche der Höhe nach unstrittig sind. Soweit der Beklagte erstinstanzlich eingewandt hat, den Anspruch der Klägerin auf die restliche Zuwendung 2003 habe er erfüllt, weil er schon mehr gezahlt habe, als der Klägerin zugestanden habe, hat der Beklagte eine Erfüllung des Anspruchs nach § 362 BGB nicht schlüssig dargelegt und an dem Erfüllungseinwand in der Revisionsbegründung auch nicht mehr festgehalten.
II. Entgegen der mit der Revision vertretenen Auffassung kann der Beklagte sich nicht auf die zwischen den Parteien geschlossene Verzichtsvereinbarung vom 26./30. März 2005 berufen. Diese ist unwirksam.
1. Nach § 307 Abs. 3 BGB sind nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen kontrollfähig, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzende Regelungen enthalten. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ist weder ersichtlich noch geltend gemacht. Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung unterliegen aber aus Gründen der Vertragsfreiheit regelmäßig keiner Inhaltskontrolle (BAG 27. November 2003 - 2 AZR 135/03 - Rn. 61 mwN, BAGE 109, 22 = AP BGB § 312 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 312 Nr. 1). Der zwischen den Parteien vereinbarte Verzicht stellt einen Erlassvertrag iSd. § 397 Abs. 1 BGB dar. Dieser betrifft Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis und den unmittelbaren Gegenstand selbständiger Hauptleistungspflichten (BAG 27. November 2003 - 2 AZR 135/03 - Rn. 61, aaO.). Anders als bei vorformulierten Ausschlussfristen handelt es sich nicht um eine Klausel, die die Hauptleistungspflicht einschränkt, ausgestaltet oder modifiziert, sondern um die vereinbarte Hauptleistung selbst.
2. Der Erlassvertrag ist nach §§ 613a Abs. 1 Satz 1, 134 BGB unwirksam.
a) Die Voraussetzungen für einen Betriebsteilübergang nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB lagen vor. Dies ergibt sich zwar nicht aus ausdrücklichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, folgt aber aus dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien.
Ein nach § 613a BGB selbständig übertragungsfähiger Betriebsteil setzt voraus, dass innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird. Dies führt nur dann zu einer selbständigen übergangsfähigen Einheit, wenn eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen vorliegt (Senat 27. September 2007 - 8 AZR 941/06 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 613a Nr. 332 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 86). Der Bereich der Kindertagesstätten/Kinderheim stellte einen übertragungsfähigen Betriebsteil dar, da der Beklagte dort einen betrieblichen Teilzweck, die Kinderbetreuung, verfolgte und zu diesem Zweck bestimmte Arbeitnehmer und Betriebsmittel einsetzte. Unstreitig hat die DRK Senioren- und Sozialdienst gGmbH aufgrund eines Betriebsteilübernahmevertrags den Bereich mit Wirkung zum 1. April 2005 übernommen und beschäftigt jetzt die Arbeitnehmer an ihren bisherigen Arbeitsplätzen zum Zweck der Kinderbetreuung weiter.
b) § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stellt zwingendes Recht dar. Eine Vereinbarung, die dagegen verstößt, ist nach § 134 BGB unwirksam (BAG st. Rspr., 29. Oktober 1975 - 5 AZR 444/74 - BAGE 27, 291 = AP BGB § 613a Nr. 2 = EzA BGB § 613a Nr. 4; 12. Mai 1992 - 3 AZR 247/91 - BAGE 70, 209 = AP BetrAVG § 1 Betriebsveräußerung Nr. 14 = EzA BGB § 613a Nr. 104; ErfK/Preis 9. Aufl. § 613a BGB Rn. 82; APS/Steffan 3. Aufl. § 613a BGB Rn. 107; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 3. Aufl. § 613a BGB Rn. 245).
c) Seinem Wortlaut nach scheint der zwischen den Parteien vereinbarte Erlassvertrag vom 26./30. März 2005 nicht gegen § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB zu verstoßen. Ein vor dem Betriebsübergang geschlossener Erlassvertrag bewirkt grundsätzlich das Erlöschen des Anspruchs. Der so erloschene Anspruch gehört nicht mehr zu den im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Rechten. Die Parteien hatten auch weder vereinbart, dass der Erwerber des Betriebsteils nicht Arbeitgeberin der Klägerin werde, noch, dass der Erwerber nicht in die Rechte und Pflichten des im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses eintrete. Auch die Haftungsregelungen des § 613a Abs. 2 BGB sind vom Wortlaut der Verzichtsvereinbarung nicht direkt betroffen. Für einen bereits vor dem Betriebsübergang untergegangenen Anspruch kommt schon begrifflich eine Haftung des Betriebsveräußerers oder des Betriebserwerbers nicht mehr in Betracht.
d) Gleichwohl ist der Erlassvertrag nach § 134 BGB nichtig, weil er abgeschlossen wurde, um die zwingenden gesetzlichen Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 BGB zu umgehen.
aa) Ein Rechtsgeschäft darf und kann die mit ihm beabsichtigte Wirkung nicht entfalten, wenn es sich als objektive Umgehung zwingender Rechtsnormen darstellt. Das ist der Fall, wenn der Zweck einer zwingenden Rechtsnorm dadurch vereitelt wird, dass andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten missbräuchlich verwendet werden.
Die gewählte rechtliche Gestaltung muss im Gefüge der einschlägigen, zwingenden Rechtsnorm sachlich zu rechtfertigen sein. Anderenfalls wird ein von dem zwingenden Gesetzesrecht verbotenes Ziel angestrebt. Es kommt weder auf eine Umgehungsabsicht noch auf eine bewusste Missachtung der zwingenden Rechtsnormen an; entscheidend ist die objektive Funktionswidrigkeit des Rechtsgeschäfts (BAG 27. November 2008 - 6 AZR 632/08 - Rn. 28, ZTR 2009, 192; 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Rn. 13, AP BGB § 613a Nr. 329 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 79; 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - Rn. 24, AP BGB § 613a Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 61). Für die Prüfung, ob ein Rechtsgeschäft, welches nicht vom direkten Wortlaut des Verbotsgesetzes erfasst wird, einen unzulässigen Umgehungstatbestand des § 613a BGB darstellt, kommt es demnach maßgeblich auf die Reichweite des Schutzzwecks dieser Vorschrift an.
bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gewährt § 613a BGB Schutz vor einer Veränderung des Arbeitsvertragsinhaltes im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang ohne sachlichen Grund (BAG 21. Mai 2008 - 8 AZR 481/07 - Rn. 41, AP BGB § 613a Nr. 354 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 96; 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - Rn. 23 mwN, AP BGB § 613a Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 61). Durch § 613a Abs. 1 BGB soll insbesondere verhindert werden, dass eine Betriebsveräußerung zum Anlass genommen wird, die erworbenen Besitzstände der Arbeitnehmer abzubauen (BAG 19. Mai 2005 - 3 AZR 649/03 - Rn. 35, BAGE 114, 349 = AP BGB § 613a Nr. 283 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 33; 21. Februar 2006 - 3 AZR 216/05 - Rn. 27, BAGE 117, 112 = AP BetrAVG § 16 Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 54). Dagegen bezweckt § 613a BGB nicht, Sanierungen im Falle von Betriebsübernahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern (BAG 27. April 1988 - 5 AZR 358/87 -, BAGE 58, 176 = AP BGB § 613a Nr. 71 = EzA BGB § 613a Nr. 70). Schutzzweck des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ist also nicht ausschließlich der Erhalt des Arbeitsplatzes bei einem Betriebsübergang und die Sicherung der Fortdauer des Arbeitsverhältnisses. Das Gesetz bestimmt nicht nur, dass der Betriebserwerber der neue Arbeitgeber wird, sondern legt zugleich fest, dass er in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt. Damit gewährt § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auch einen Schutz des Inhalts der Arbeitsverhältnisse. Allein der Betriebsübergang soll sich weder auf den Bestand noch auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses nachteilig auswirken. Alle bestehenden Rechte und Pflichten sollen vom Betriebserwerber übernommen werden. Dem Kündigungsverbot in § 613a Abs. 4 BGB kommt insoweit eine Komplementärfunktion zu (vgl. Senat 18. Juli 1996 - 8 AZR 127/94 - BAGE 83, 302 = AP BGB § 613a Nr. 147 = EzA BGB § 613a Nr. 142; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni 3. Aufl. § 613a BGB Rn. 300).
cc) Demnach stellt eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebsveräußerer oder dem in Aussicht genommenen Betriebserwerber eine zur Unwirksamkeit nach § 134 BGB führende Umgehung des § 613a Abs. 1 BGB dar, wenn es Grund und Ziel der Vereinbarung ist zu verhindern, dass der künftige Betriebserwerber in sämtliche bestehende Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eintritt. Auch wenn der Arbeitnehmer mit dem Hinweis auf eine geplante Betriebsveräußerung und bestehende Arbeitsplatzangebote des Betriebserwerbers veranlasst wird, sein Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsveräußerer selbst zu kündigen oder mit diesem einen Auflösungsvertrag zu schließen, um mit dem Betriebserwerber neue Arbeitsverträge abschließen zu können, liegt eine Umgehung des § 613a BGB vor (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 917/06 - Rn. 43, AP BGB § 613a Nr. 333 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 82; 18. August 2005 - 8 AZR 523/04 - Rn. 27, BAGE 115, 340 = AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 31 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 40).
dd) Nichts anderes wird durch die Richtlinie 2001/23/EG gefordert, die sicherstellen soll, dass den durch den Übergang des Unternehmens betroffenen Arbeitnehmern ihre Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag oder dem Arbeitsverhältnis erhalten bleiben. Dieser Schutz ist als zwingendes Recht einer Verfügung der Parteien des Arbeitsvertrags entzogen. Der von einem Unternehmensübergang betroffene Arbeitnehmer soll in seinen Rechtsbeziehungen zum Erwerber in gleicher Weise geschützt sein wie er es nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaats in seinen Beziehungen zum Veräußerer war. Zulässig sind zwar für den Arbeitnehmer nachteilige Änderungen bei dem neuen Unternehmensinhaber, soweit diese nach dem nationalen Recht unabhängig vom Fall des Unternehmensübergangs zulässig sind; der Unternehmensübergang als solcher stellt jedoch weder Grund noch Anlass für eine solche Änderung dar (EuGH 10. Februar 1988 - C-324/86 - Slg. 1988, 739; 12. November 1992 - C-209/91 - Slg. 1992, I-5755; 14. September 2000 - C-343/98 - Slg. 2000, I-6659; 6. November 2003 - C-4/01 - Slg. 2003, I12859).
ee) Es kann vorliegend dahinstehen, ob eine nach einem Betriebsübergang zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber einzelvertraglich vereinbarte Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, zB eine Absenkung der Vergütung, eine Umgehung des Schutzzwecks des § 613a Abs. 1 BGB darstellen kann (BAG 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - AP BGB § 613a Nr. 329 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 79). Der Erlassvertrag wurde nicht mit der Betriebserwerberin nach dem Übergang des Arbeitsverhältnisses, sondern mit der Beklagten vor dem Betriebsübergang geschlossen. Ebenso kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Vertragsänderung, die aus einem anderen Grund als der Verhinderung des Eintritts des künftigen Betriebserwerbers in sämtliche Rechte und Pflichten abgeschlossen wird, wirksam ist. Der Senat hat die Berücksichtigung sonstiger, anderer Gründe als "Sachgründe" für eine Vertragsänderung nicht ausgeschlossen (18. August 2005 - 8 AZR 523/04 - Rn. 29, BAGE 115, 340 = AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 31 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 40; 12. Mai 1992 - 3 AZR 247/91 - zu II 2 der Gründe, BAGE 70, 209 = AP BetrAVG § 1 Betriebsveräußerung Nr. 14 = EzA BGB § 613a Nr. 104; KR-Pfeiffer 9. Aufl. § 613a BGB Rn. 102 mwN). Jedenfalls war es vorliegend Grund und Ziel des Erlassvertrages, gerade zu verhindern, dass die künftige Betriebserwerberin, die DRK Senioren- und Sozialdienst gGmbH, vollständig in die bestehenden Rechte der Klägerin eintreten musste. Der geplante Betriebsteilübergang war der entscheidende Grund für den Erlassvertrag. Die in Aussicht stehende Betriebserwerberin machte ihn nach dem Anschreiben des Beklagten vom 24. März 2005 an seine Mitarbeiter zur Bedingung für das Zustandekommen des Betriebsteilsübernahmevertrages. Ohne die Verzichtsvereinbarung gehörten die schon entstandenen und noch nicht erfüllten Ansprüche der Klägerin auf Zahlung des Urlaubsgeldes und der Sonderzuwendung für die Jahre 2003 und 2004 zu den Ansprüchen, die zu erfüllen nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Pflicht der Betriebserwerberin geworden wäre. Dass allein aus Gründen des Betriebsübergangs ein Rechtsverzicht erfolgen sollte, ergibt sich aus Ziff. 2 der Vereinbarung, derzufolge der Verzicht unwirksam werden sollte, falls es bis zum 31. Dezember 2005 nicht zu einem Betriebsübergang auf die in Aussicht genommene Betriebserwerberin gekommen sein sollte. Auch diese auflösende Bedingung, § 158 Abs. 2 BGB, unterstreicht, dass der Erlassvertrag ausschließlich darauf gerichtet war, die Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB teilweise zu verhindern. Die gegen den Schutzzweck des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB verstoßende Vereinbarung ist nichtig, § 134 BGB.
Im Übrigen bedarf es keiner weiteren Erörterung, dass es keinen sachlichen Grund darstellt, wenn der potentielle Betriebserwerber zum Ausdruck bringt, ohne vorherige Vertragsänderungen oder Erlassverträge werde er den Betrieb nicht übernehmen. Die zwingenden gesetzlichen Schutzbestimmungen des § 613a BGB können nicht mit der Begründung, anderenfalls komme es nicht zum Betriebsübergang, als dispositives Gesetzesrecht verstanden werden.
III. Die Ansprüche der Klägerin sind nicht nach § 65 DRK-TV-Ost verfallen.
1. Nach § 4 der Anlage 8 zum DRK-TV-Ost ist das Urlaubsgeld 2004 mit den Bezügen für den Monat Juli auszuzahlen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die von der Revision nicht angegriffen werden, hat die Klägerin das Urlaubsgeld schriftlich am 30. September 2004 geltend gemacht. Die Zuwendung 2004 sollte nach § 3 Abs. 7 der Anlage 9 zum DRK-TV-Ost spätestens am 1. Dezember 2004 gezahlt werden. Wiederum schriftlich hat die Klägerin diese Forderung mit Schreiben vom 30. Mai 2005 geltend gemacht. Damit erfolgte die schriftliche Geltendmachung innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist.
2. Hinsichtlich der Restzuwendung für das Jahr 2003 kann sich der Beklagte nicht auf § 65 DRK-TV-Ost berufen, ohne dass sich dies als Verstoß gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, darstellt.
Die Zuwendung 2003 war nach dem DRK-TV-Ost am 1. Dezember 2003 fällig und zu zahlen. Dies ist Inhalt der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien. Die insoweit günstigere arbeitsvertragliche Regelung konnten Betriebsvereinbarungen vom 6. November 2002 und vom 18. November 2003 nicht zum Nachteil der Klägerin verdrängen und die Fälligkeit auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Die Klägerin hat erst am 30. September 2004 den Anspruch auf Zahlung der Restzuwendung 2003 gegenüber dem Beklagten geltend gemacht und damit später als sechs Monate nach Fälligkeit. Es stellt aber eine unzulässige Rechtsausübung iSv. § 242 BGB dar, wenn sich der Beklagte nunmehr auf den Ablauf der Ausschlussfrist beruft. Denn die zum Verfall von Ansprüchen führende Untätigkeit der Klägerin ist durch das Verhalten des Beklagten als Arbeitgeber veranlasst worden (BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 249/02 - EzA TVG § 4 Ausschlussfrist Nr. 167; 5. August 1999 - 6 AZR 752/97 - zu 2 a der Gründe, ZTR 2000, 36; 22. Januar 1997 - 10 AZR 459/96 - AP BAT § 70 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 125). Durch den Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 18. November 2003 hat der Beklagte gegenüber den Mitarbeitern, also auch der Klägerin, zum Ausdruck gebracht, sie könnten die Zahlung der restlichen Zuwendung für 2003 nicht vor April 2004 verlangen. Dies mussten die Arbeitnehmer dahin verstehen, dass die Restzahlung frühestens im April 2004 fällig werde und erst ab diesem Zeitpunkt die Ausschlussfrist zu laufen begönne. Damit hat der Beklagte die Arbeitnehmer und die Klägerin von der Einhaltung der Ausschlussfrist abgehalten. Wer jedoch die Untätigkeit der Arbeitnehmer veranlasst, kann sich nicht später auf den Verfall von Ansprüchen berufen.
IV. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 1 und 2, 288 Abs. 1 BGB. Der Beklagte hat nach § 97 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
Ende der Entscheidung
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