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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 28.04.1998
Aktenzeichen: 9 AZN 227/98
Rechtsgebiete: ArbGG


Vorschriften:

ArbGG § 72 a Abs. 1
Leitsatz:

Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte sind nicht divergenzfähig, wenn in ihnen keine fallübergreifenden Rechtssätze aufgestellt, sondern Rechtssätze des Bundesarbeitsgerichts wörtlich übernommen werden.

Aktenzeichen: 9 AZN 227/98 Bundesarbeitsgericht 9. Senat Beschluß vom 28. April 1998 - 9 AZN 227/98 -

I. Arbeitsgericht Frankfurt am Main - 9 Ca 9689/95 - Urteil vom 13. November 1996

II. Hessisches Landesarbeitsgericht - 7 Sa 59/97 - Urteil vom 11. November 1997


---------------------------------------------------------------------- Für die Amtliche Sammlung: Ja Für die Fachpresse : Ja Für das Bundesarchiv : Nein ----------------------------------------------------------------------

Entscheidungsstichworte: Nichtzulassungsbeschwerde wegen Divergenz

Gesetz: ArbGG § 72 a Abs. 1

9 AZN 227/98 7 Sa 59/97 Hessen

Beschluß

In Sachen

gegen

hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts in der Sitzung vom 28. April 1998 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Leinemann, den Richter Düwell und die Richterin Reinecke sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Klosterkemper und Otto beschlossen:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 11. November 1997 - 7 Sa 59/97 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 30.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

I. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger berechtigt ist, von der Beklagten eine Provisionsabrechnung für die Jahre 1993 und 1994 nach den Provisionssätzen des Beteiligungsplans 1988 zu verlangen.

Der Kläger war von 1973 bis 1994 bei der Beklagten als Vertriebsmitarbeiter im Außendienst beschäftigt. Neben einem festen Gehalt erhielt er Provisionen entsprechend den für das jeweilige Kalenderjahr von der Beklagten festgesetzten Beteiligungsplänen. 1989 bestätigte die Beklagten gegenüber dem Kläger, daß die Bedingungen des Beteiligungsplans 1988 solange fortgelten, bis ein geänderter Vertrag durch Einigung beider Parteien zustande kommt. Für die Jahre 1993 und 1994 hat die Beklagte neue Beteiligungspläne aufgestellt und entsprechend abgerechnet. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Kläger eine erneute Abrechnung auf der Grundlage des Beteiligungsplans 1988 verlangt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II. Die auf Divergenz gestützte Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.

1. Nach § 72 a Abs. 1 ArbGG kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde angefochten werden, wenn das Berufungsurteil in seiner tragenden Begründung von einer Entscheidung eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte abweicht (sogenannte Divergenzbeschwerde). In der Begründung der Beschwerde müssen diese Voraussetzungen dargelegt und die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, bezeichnet werden (§ 72 a Abs. 3 Satz 2 ArbGG).

2. Der Kläger hat dargelegt, in dem anzufechtenden Urteil sei ein von dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Juni 1986 - 2 AZR 565/85 - (AP Nr. 16 zu § 2 KSchG 1969 = EzA § 2 KSchG Nr. 7) für die Entscheidung tragender fallübergreifender Rechtssatz aufgestellt worden. Entgegen den Ausführungen der Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht aber weder einen eigenen Rechtssatz aufgestellt, noch weicht dieser von der angezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ab.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts soll die Nichtzulassungsbeschwerde wegen Divergenz der Vereinheitlichung der Rechtsprechung durch das Bundesarbeitsgericht dienen. Deshalb kann die Beschwerde nur dann Erfolg haben, wenn die Rechtseinheit durch die Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte bedroht ist. Das kann nur dann der Fall sein, wenn das Berufungsgericht einen divergierenden Rechtssatz aufgestellt hat (BAG Beschlüsse vom 12. De-zember 1979 - 3 AZN 126/79 -, vom 16. Juli 1980 - 5 AZN 9/80 -, vom 9. Dezember 1980 - 7 AZN 374/80 - AP Nr. 1, 2 und 3 zu § 72 a ArbGG 1979 Divergenz). Aus dem anzufechtenden Berufungsurteil ergibt sich jedoch, daß das Landesarbeitsgericht keinen eigenen Rechtssatz aufgestellt, sondern lediglich wörtlich die vom Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 30. Juli 1985 - 3 AZR 405/83 - (AP Nr. 13 zu § 65 HGB = NZA 1986, 474) aufgestellten Auslegungsregeln - wenn auch unter einer fehlerhaften Bezeichnung der Fundstelle - wiedergegeben hat. Zwar kann sich das Berufungsgericht auch Rechtssätze der Arbeitsgerichte oder anderer Landesarbeitsgerichte zu eigen machen (vgl. BAG Beschluß vom 3. Februar 1981 - 5 AZN 503/80 - AP Nr. 4 zu § 72 a ArbGG 1979 Divergenz) und so durch die Nichtzulassung der Revision die Rechtseinheit gefährden. Dieser Grund für die Zulassung der Revision ist aber dann nicht gegeben, wenn das Landesarbeitsgericht - wie hier - Rechtssätze des Bundesarbeitsgerichts übernimmt. Soweit die Rechtsprechung der Senate des Bundesarbeitsgerichts voneinander abweicht, ist für die Entscheidung über diese Divergenzen ein besonderes Verfahren in § 45 Abs. 2, 3 ArbGG vorgesehen.

b) Die von der Beschwerde als abweichend bezeichneten Rechtssätze erweisen sich inhaltlich nicht als widersprüchlich. Zwar weichen die Formulierungen zu der Rechtsfrage, wann das Schweigen eines Erklärungsempfängers in Verbindung mit den Weisungsumständen als Zustimmung gewertet werden kann, von einander ab. In der Sache führen aber beide Rechtssätze zu demselben Ergebnis. Denn nach der vom Landesarbeitsgericht zitierten Entscheidung vom 30. Juli 1985 - 3 AZR 405/83 - soll entscheidend sein, ob der Arbeitnehmer umgehend feststellen kann, wie die beabsichtigte Vertragsänderung sich auf seine Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis auswirkt. Nach der angezogenen Entscheidung vom 19. Juni 1986 - 2 AZR 565/85 - soll entscheidend sein, ob die geänderten Vertragsbedingungen für den Arbeitnehmer unmittelbar bei der Arbeit praktisch würden. Beide Kriterien stimmen überein.

3. Soweit die Beschwerde eine fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts durch das Landesarbeitsgericht rügt, geschieht dies im Vorgriff auf eine Revisionszulassung. Dieses Vorbringen könnte nur in einem statthaften Revisionsverfahren berücksichtigt werden.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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