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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 17.07.2007
Aktenzeichen: 9 AZR 103/07
Rechtsgebiete: BBiG, BGB


Vorschriften:

BBiG in der bis zum 31. März 2005 geltenden Fassung (aF) § 14
BBiG in der bis zum 31. März 2005 geltenden Fassung (aF) § 16
BGB § 195
BGB § 199
BGB § 249
BGB § 254
BGB § 276
BGB § 278
Maßgebend für den Beginn der dreimonatigen Ausschlussfrist für Schadensersatzansprüche nach § 16 Abs. 2 BBiG aF ist das vertragsgemäße rechtliche Ende des Berufsausbildungsverhältnisses iSv. § 14 Abs. 1 BBiG aF.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

9 AZR 103/07

Verkündet am 17. Juli 2007

In Sachen

hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2007 durch die Richterin am Bundesarbeitsgericht Reinecke als Vorsitzende, den Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gallner sowie die ehrenamtlichen Richter Bruse und Dr. Starke für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 7. September 2006 - 3 Sa 257/06 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz, weil die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Berufausbildungsverhältnis vorzeitig gelöst hat.

Der Kläger war auf Grund eines zwischen den Parteien am 7. August 2001 geschlossenen Berufsausbildungsvertrags bei der Beklagten als Auszubildender mit dem Ausbildungsziel Kommunikationselektroniker beschäftigt. Die Berufsausbildung sollte vereinbarungsgemäß in der Zeit vom 1. September 2001 bis zum 28. Februar 2005 erfolgen. Am 25. November 2003 kündigte die Beklagte das Berufsausbildungsverhältnis fristlos. Seit diesem Zeitpunkt setzte sie die Ausbildung des Klägers nicht mehr fort. Die Parteien vereinbarten am 26. Februar 2004 vergleichsweise die "Rücknahme" dieser Kündigung. Mit Schreiben vom 2. März 2004 erklärte die Beklagte erneut die außerordentliche Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses. Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage. Einen Antrag des Klägers im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Fortsetzung der Berufsausbildung wies das Arbeitsgericht mit Urteil vom 15. März 2004 zurück.

Zur Fortsetzung seiner Berufsausbildung schloss der Kläger einen Vertrag zur praktischen Ausbildung mit dem Weiterbildungsinstitut E gGmbH. Er hatte zuvor durch Rücksprache mit der IHK sichergestellt, dass diese praktische Ausbildung anerkannt werde. Der Kläger wurde sodann in der Zeit vom 13. April 2004 bis 30. Juli 2004 sowie in der Zeit vom 24. August 2004 bis 1. Februar 2005 von der E gGmbH ausgebildet. Hierdurch entstanden ihm Ausbildungskosten in geltend gemachter Höhe. Mit rechtskräftigem Urteil vom 24. November 2004 stellte das Arbeitsgericht die unterbliebene Auflösung des Ausbildungsverhältnisses durch diese Kündigung fest. Im Rahmen eines weiteren einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem Arbeitsgericht schlossen die Parteien am 2. Dezember 2004 einen gerichtlichen Vergleich. Danach einigten sie sich auf die einvernehmliche Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses mit Ablauf des 20. Januar 2005.

Mit seiner am 21. April 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 26. April 2005 zugestellten Klage hat der Kläger Schadensersatz wegen vorzeitiger Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses iHv. 4.946,55 Euro sowie die Erteilung eines korrigierten Zeugnisses geltend gemacht. Das Arbeitsgericht hat der Klage nur iHv. 3.732,56 Euro stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, das Zeugnis abzuändern.

Der Kläger hat hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.946,55 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat insoweit beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in iHv. 4.946,55 Euro verurteilt. Die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

A. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

I. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Schadensersatz in geltend gemachter Höhe gemäß § 16 Abs. 1 BBiG aF (in der bis zum 31. März 2005 geltenden Fassung; ab dem 1. April 2005 wortgleich in § 23 BBiG). Nach dieser Vorschrift können Ausbildende oder Auszubildende Schadensersatz verlangen, wenn das Berufsausbildungsverhältnis nach der Probezeit aus einem Grunde vorzeitig aufgelöst wird, den die andere Person zu vertreten hat.

1. Die Beklagte hat das Berufsausbildungsverhältnis mit dem Kläger nach Ablauf 10 der Probezeit vorzeitig gelöst.

a) Dem steht nicht entgegen, dass das Arbeitsgericht rechtskräftig die unterbliebene Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die mit Schreiben vom 2. März 2004 ausgesprochene fristlose Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses festgestellt hatte. Hierauf kommt es nicht an. Für den Anspruch nach § 16 Abs. 1 BBiG aF genügt es, wenn sich eine Vertragspartei nach Ablauf der Probezeit endgültig vom Berufsausbildungsverhältnis löst, indem sie ihre Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis dauerhaft nicht mehr erfüllt (sog. tatsächliche Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses). Nach Sinn und Zweck der Anspruchsnorm ist es unerheblich, ob das Vertragsverhältnis überhaupt oder in rechtlich zulässiger Weise beendet wurde. Die tatsächliche Beendigung, zB durch Verweigerung der weiteren Ausbildung im ungekündigten Berufsausbildungsverhältnis unter Vertragsbruch, ist ausreichend. Eine wirksame Kündigung ist nicht erforderlich. Gerade die rechtswidrige und damit rechtlich unwirksame Kündigung ist vielfach Ausgangspunkt für den Schadensersatzanspruch. Entscheidend ist, dass sich mindestens ein Vertragsteil von dem Berufsausbildungsverhältnis tatsächlich löst (BAG 17. August 2000 - 8 AZR 578/99 - Rn. 15, AP BBiG § 3 Nr. 7 = EzA BBiG § 16 Nr. 3). Gelöst ist das Berufsausbildungsverhältnis iSd. § 16 Abs. 1 BBiG aF, wenn es tatsächlich oder rechtlich beendet wurde. Auch ein Lösen im gegenseitigen Einvernehmen kann in Betracht kommen, wenn eine entsprechende Ursache vorliegt (Herkert/Töltl BBiG Stand Juni 2007 § 23 Rn. 4). Der Begriff des "Lösens" ist weit zu verstehen und erfasst jeden Fall der tatsächlichen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses vor dem regulären Ende.

b) Die Beklagte hat sich nach Ausspruch der Kündigung vom 2. März 2004 endgültig geweigert, den Kläger weiter auszubilden. Damit hat sie das für die Zeit vom 1. September 2001 bis zum 28. Februar 2005 vereinbarte Berufsausbildungsverhältnis vorzeitig und nach Ablauf der bis zum 30. November 2001 im Berufsausbildungsvertrag vereinbarten Probezeit gelöst.

c) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die im gerichtlichen Vergleich vom 2. Dezember 2004 zwischen den Parteien vereinbarte Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses zum 20. Januar 2005 hieran nichts ändert. Die Beklagte hat hierdurch ihre Weigerung zur Fortsetzung der Berufsausbildung lediglich für die Zeit ab dem im Vergleich vereinbarten Ende des Berufsausbildungsverhältnisses rechtlich bestätigt. Damit wird weder die in der Vergangenheit begangene Vertragsverletzung der Beklagten beseitigt noch wird für die Zukunft ein Schadensersatzanspruch ausgeschlossen. Das einen Schadensersatzanspruch begründende vorzeitige Lösen vom Berufsausbildungsverhältnis iSd. § 16 Abs. 1 BBiG aF kann auch im Abschluss eines Aufhebungsvertrags bestehen (Lakies in Kittner/Zwanziger Arbeitsrecht 4. Aufl. § 134 Rn. 168). Entscheidend ist auch in diesem Falle allein, wer die tatsächliche Beendigung iSd. § 16 Abs. 1 BBiG aF zu vertreten hat.

2. Die Beklagte hat das vorzeitige Lösen vom Berufsausbildungsverhältnis mit dem Kläger zu vertreten. Dieses vorzeitige Lösen muss nach § 16 Abs. 1 BBiG aF von der vertragsuntreuen Partei zu vertreten sein, §§ 276, 278 BGB. Das ist hier unzweifelhaft gegeben. Die Beklagte hat die Ausbildung rechtswidrig und schuldhaft aufgegeben. Ihre außerordentliche Kündigung vom 2. März 2004, die Grundlage der Verweigerung der weiteren Ausbildung des Klägers war, hat das Berufsausbildungsverhältnis nicht aufgelöst. Das hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 24. November 2004 rechtskräftig festgestellt.

3. Der Schadensersatzanspruch des Klägers gemäß § 16 Abs. 1 BBiG aF umfasst die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren der E gGmbH in vom Landesarbeitsgericht zugesprochener Höhe.

a) Rechtsfolge des § 16 Abs. 1 BBiG aF ist der Ersatz des Schadens, der durch das vorzeitige Lösen vom Berufsausbildungsverhältnis entstanden ist, §§ 249, 254 BGB. Der Auszubildende kann Ersatz des gesamten Schadens verlangen, der durch das vorzeitige Lösen vom Berufsausbildungsverhältnis verursacht worden ist. Bei der Schadensermittlung ist das nicht ordnungsgemäß erfüllte Berufsausbildungsverhältnis nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB mit einem ordnungsgemäßen zu vergleichen (BAG 17. Juli 1997 - 8 AZR 257/96 - Rn. 11, AP BBiG § 16 Nr. 2 = EzA BBiG § 16 Nr. 2; 11. August 1987 - 8 AZR 93/85 - Rn. 18, AP BBiG § 16 Nr. 1 = EzA BBiG § 16 Nr. 1). Der Ausbildende hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Die Ersatzpflicht gemäß § 249 Abs. 1 BGB erstreckt sich auf die Aufwendungen des Geschädigten, soweit er sie nach den Umständen des Falles als notwendig ansehen durfte. Die Grenze der Erstattung richtet sich danach, was ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch zur Beseitigung der Störung nicht nur als zweckmäßig, sondern als erforderlich betrachtet hätte. Dabei ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Maßnahme zu treffen war. Der Schadensersatzanspruch umfasst auch Aufwendungen, die notwendig sind, um die Ausbildung in einer anderen Ausbildungsstätte fortzusetzen (BAG 11. August 1987 - 8 AZR 93/85 - Rn. 18, aaO). Der Schadensersatzanspruch ist nicht auf die Mehrkosten beschränkt, die nach der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden sind (BAG 11. August 1987 - 8 AZR 93/85 - Rn. 19, aaO).

b) Nach diesen Grundsätzen ist der Schadensersatzanspruch des Klägers auf Erstattung seiner notwendigen Kosten zur Fortsetzung der Ausbildung bei einer anderen Ausbildungsstätte im vollen Umfang begründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelte es sich nicht lediglich um Nachhilfeunterricht. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte die IHK die Ausbildung bei der E gGmbH für die Zulassung zur Prüfung als praktische Ausbildung anerkannt. Sie diente deshalb seiner Berufsausbildung im Sinne des BBiG und ermöglichte dem Kläger den Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Diese Kosten wären nicht entstanden, wenn die Beklagte die Ausbildung des Klägers bis zum vereinbarten Ende des Berufsausbildungsverhältnisses fortgesetzt hätte. Die Schadenshöhe von 4.946,55 Euro ist zwischen den Parteien unstreitig.

4. Der Kläger hat entgegen der Auffassung der Revision seinen Schadensersatzanspruch auch innerhalb der Ausschlussfrist von drei Monaten gemäß § 16 Abs. 2 BBiG aF geltend gemacht; denn die Frist begann entgegen der Auffassung der Revision erst mit dem vertraglich vereinbarten Ende des Berufsausbildungsverhältnisses zu laufen.

a) Nach § 16 Abs. 2 BBiG aF erlischt der Anspruch auf Schadensersatz, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses geltend gemacht wird. Die Revision meint zu Unrecht, diese Frist knüpfe an den Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses an. Das Landesarbeitsgericht hat demgegenüber die Auffassung vertreten, Fristbeginn sei der Zeitpunkt der im Aufhebungsvertrag vereinbarten rechtlichen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses am 20. Januar 2005. Beiden Auffassungen stimmt der Senat nicht zu. Fristbeginn ist vielmehr der Zeitpunkt der im Berufsausbildungsvertrag vereinbarten Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses.

aa) Der Senat hat diese Rechtsfrage erstmals zu beantworten. Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung ohne nähere Begründung angenommen, dass die dort klagende Partei den Anspruch rechtzeitig innerhalb der Frist des § 16 Abs. 2 BBiG aF nach dem Kündigungstermin geltend gemacht habe (17. August 2000 - 8 AZR 578/99 - Rn. 18, AP BBiG § 3 Nr. 7 = EzA BBiG § 16 Nr. 3). In einer anderen Entscheidung hat es für den Beginn der Ausschlussfrist auf die rechtliche Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses abgestellt (11. August 1987 - 8 AZR 93/85 - Rn. 21, AP BBiG § 16 Nr. 1 = EzA BBiG § 16 Nr. 1).

bb) Maßgebend für den Fristbeginn nach § 16 Abs. 2 BBiG aF ist das vertragsgemäße rechtliche Ende des Berufsausbildungsverhältnisses iSv. § 14 Abs. 1 BBiG aF (§ 21 Abs. 1 BBiG nF).

(1) Das folgt schon aus dem Wortlaut der Vorschrift. Danach erlischt der Anspruch, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach "Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses" geltend gemacht wird. Die Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ist in § 14 BBiG aF geregelt. Dort wird bestimmt, aus welchen Gründen und zu welchem Zeitpunkt das Berufsausbildungsverhältnis rechtlich endet. Es endet gemäß § 14 Abs. 1 BBiG aF regelmäßig mit dem Ablauf der Ausbildungszeit. Beginn und Dauer der Berufsausbildung werden nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BBiG aF im Berufsausbildungsvertrag niedergelegt.

§ 16 Abs. 2 BBiG aF enthält keinen eigenständigen, von § 14 BBiG aF abweichenden Begriff der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses. Ohne weitere Anhaltspunkte, die hier fehlen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber in einem Regelungswerk dem mit gleichem Wortlaut verwendeten Begriff unterschiedlichen Sinn beimessen will. Zudem differenziert § 16 BBiG aF ausdrücklich zwischen dem Lösen vom Berufsausbildungsverhältnis in § 16 Abs. 1 BBiG aF und der Beendigung in § 16 Abs. 2 BBiG aF. Deshalb knüpft die Ausschlussfrist nach ihrem Wortlaut weder an die vorzeitige tatsächliche Beendigung der Ausbildung noch an die vorzeitige rechtliche Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses an.

Dieser Bedeutung des Begriffs Beendigung entspricht auch die Regelung in § 78a BetrVG. Danach muss der Auszubildende innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis verlangen. Diese Frist knüpft ebenfalls an die rechtliche Beendigung nach § 14 BBiG aF an (vgl. BAG 31. Oktober 1985 - 6 AZR 557/84 - Rn. 14, BAGE 50, 79).

(2) Das tatsächliche Ende des Berufsausbildungsverhältnisses ist auch aus Gründen der Rechtssicherheit als Anknüpfungspunkt für den Beginn der Ausschlussfrist des § 16 Abs. 2 BBiG aF ungeeignet. Eine Abgrenzung zwischen tatsächlichem Ende zu lediglich tatsächlicher Unterbrechung der Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis ist erst am Ende der vertraglich vereinbarten Ausbildungszeit oder mit rechtskräftig feststehender vorzeitiger Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses möglich. Bleibt der Auszubildende zB unentschuldigt der Ausbildung fern, weiß der Ausbildende zunächst nicht, ob der Auszubildende endgültig der Ausbildung fernbleibt oder zu einem späteren Zeitpunkt wieder zur Ausbildung erscheint. Erst eine Vergangenheitsbetrachtung bringt die notwendige Klarheit.

(3) Dem steht nicht entgegen, dass die Schadensersatzpflicht des § 16 Abs. 1 BBiG aF auch schon bei tatsächlicher Beendigung der Ausbildungspflichten im fortbestehenden Berufsausbildungsverhältnis gegeben sein kann. Das ist zB der Fall, wenn der Auszubildende seine Pflicht, sich ausbilden zu lassen, nicht erfüllt, ohne eine Kündigung zu erklären. Entgegen der Auffassung der Revision besteht in diesen Fällen nicht die Gefahr, dass die Frist des § 16 Abs. 2 BBiG aF niemals mit ihrem Lauf beginnen könnte und lediglich die Verjährungsfristen der §§ 195, 199 BGB die Geltendmachung zeitlich begrenzten. Die Revision beanstandet zu Recht, dass dies dem Zweck der Ausschlussfrist, noch bestehende Ansprüche aus einem beendeten Berufsausbildungsverhältnis schnell abzuwickeln (vgl. BT-Drucks. V/4260 S. 11 zu § 16), zuwiderlaufen würde. Auch ohne Kündigung endet das Berufsausbildungsverhältnis gemäß § 14 Abs. 1 BBiG aF mit dem Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit. Der Lauf der Ausschlussfrist würde deshalb mit dem Ende der im Ausbildungsvertrag vereinbarten Dauer des Berufsausbildungsverhältnisses beginnen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 14 Abs. 1 BBiG aF). Die notwendige Rechtsklarheit tritt daher nicht erst mit Ablauf der Verjährungsfristen ein.

(4) Die Auffassung der Revision bringt auch keine frühere Rechtsklarheit. Welcher Schaden durch das vorzeitige Lösen vom Berufsausbildungsverhältnis entstanden ist, lässt sich in der Regel erst mit dem vereinbarten Ende des Berufsausbildungsverhältnisses feststellen. Das folgt aus § 249 BGB. Bei der Schadensermittlung ist das nicht ordnungsgemäß erfüllte Berufsausbildungsverhältnis nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB mit einem ordnungsgemäßen zu vergleichen (Senat 8. Mai 2007 - 9 AZR 527/06 - Rn. 18, ZTR 2007, 580; BAG 17. Juli 1997 - 8 AZR 257/96 - Rn. 11, AP BBiG § 16 Nr. 2 = EzA BBiG § 16 Nr. 2). Der endgültige Schaden lässt sich deswegen regelmäßig erst mit Ablauf des vertragsmäßigen Endes des Berufsausbildungsverhältnisses wegen des nach § 249 BGB vorzunehmenden Vermögensvergleichs feststellen. Macht der Auszubildende Vergütungsansprüche für den Zeitraum ab dem tatsächlichen Ende bis zum rechtlichen Ende des Berufsausbildungsverhältnisses geltend, muss er sich darauf den in diesem Zeitraum insgesamt adäquat erworbenen anderweitigen Verdienst anrechnen lassen (sog. Vorteilsausgleich, vgl. BGH 16. Januar 1990 - VI ZR 170/89 - VersR 1990, 495). Der Vermögensvergleich zwischen nicht gezahlter Ausbildungsvergütung und anderweitig erzieltem Verdienst kann deshalb erst am Ende des Vergleichszeitraums und damit zum vertragsgemäßen Ende des Berufsausbildungsverhältnisses gezogen werden. Der von der Revision an das tatsächliche Ende des Berufsausbildungsverhältnisses anknüpfende Fristbeginn würde den Auszubildenden zwingen, frühzeitig einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, ob rechnerisch überhaupt ein Schaden entstehen wird.

(5) Der Revision ist darin zuzustimmen, dass es aus Gründen der Rechtssicherheit vermieden werden muss, im Rahmen eines Rechtsstreits über Schadensersatzansprüche inzident über die Wirksamkeit einer nicht gesondert angegriffenen Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses streiten zu müssen. Das wäre aber nur der Fall, wenn für den Fristbeginn auf die (wirksame) vorzeitige Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses abgestellt würde. Der vertraglich vereinbarte Beendigungszeitpunkt des Berufsausbildungsverhältnisses steht hiervon unabhängig fest.

b) Der Kläger hat die gesetzliche Ausschlussfrist des § 16 Abs. 2 BBiG aF gewahrt. Selbst wenn er, wie die Beklagte meint, die Ansprüche erstmals mit seiner der Beklagten am 26. April 2005 zugestellten Klage geltend gemacht hätte, ist die dreimonatige Ausschlussfrist des § 16 Abs. 2 BBiG aF eingehalten. Die vertraglich vereinbarte Ausbildungszeit endete am 28. Februar 2005.

II. Der geltend gemachte Zinsanspruch in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz rechtfertigt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 2, § 291 BGB.

B. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Ende der Entscheidung

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