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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 12.09.2006
Aktenzeichen: 9 AZR 213/06
Rechtsgebiete: ZPO, TV UmBw, TV ATZ
Vorschriften:
ZPO § 138 Abs. 2 | |
TV UmBw § 1 | |
TV UmBw § 10 | |
TV ATZ § 5 Abs. 2 Satz 1 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 12. September 2006
In Sachen
hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Düwell, die Richter am Bundesarbeitsgericht Böck und Krasshöfer sowie die ehrenamtlichen Richter Preuß und Merkle für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 10. Januar 2006 - 7 Sa 226/05 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Höhe der Altersteilzeitvergütung im Rahmen des zwischen ihnen bestehenden Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.
Der 1943 geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. April 1972 als Triebwerkmechaniker am Standort R in der O-Kaserne beschäftigt. Seine Beschäftigungsdienststelle war das Heeresfliegerregiment 26. Dort wird das Waffensystem Bo 105 gewartet und instand gesetzt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 4. April 1972 vereinbarten die Parteien die Anwendung der für das Arbeitsverhältnis jeweils einschlägigen Tarifverträge.
Am 3. Dezember 2002 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag. Sie vereinbarten, dass ihr Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes sowie des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) fortgeführt werde. Die Arbeitsphase der Altersteilzeit im Blockmodell sollte am 1. Februar 2003 beginnen und am 31. Dezember 2004 enden. Die Freistellungsphase sollte sich vom 1. Januar 2005 bis zum 30. November 2006 erstrecken. Die Beklagte zahlte an den Kläger seit Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses einen Aufstockungsbetrag bis zur Erreichung von 83 vH des Nettobetrags des bisherigen Arbeitsentgelts des Klägers.
Durch Organisationsbefehl 699/2003 wurde das Heeresfliegerregiment 26 aufgelöst. Gleichzeitig wurde das Kampfhubschrauberregiment 26 aufgestellt und die entsprechenden Dienstposten wieder eingerichtet. Hintergrund war die beabsichtigte Ersetzung der alten Hubschrauber Bo 105 durch den Kampfhubschrauber Tiger. Die Beklagte beabsichtigte deshalb eine Versetzung des Klägers befristet bis zum 30. Juni 2007 und hörte hierzu die Gleichstellungsbeauftragte und den bestehenden Personalrat mit Personalmaßnahmebogen vom 2. Februar 2004 an. Mit Schreiben vom 11. März 2004 versetzte sie den Kläger rückwirkend zum 1. Juli 2003 von 2./LfzTAbt 262 zur 1./LfzTAbt 262, R. Die Tätigkeit des Klägers änderte sich nicht. Er arbeitete weiterhin als Triebwerkmechaniker in der O-Kaserne in R am Waffensystem Bo 105.
Mit Schreiben vom 7. August 2003 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Aufstockung seiner Altersteilzeitvergütung um weitere 5 Prozentpunkte auf 88 vH des bisherigen Arbeitsentgelts in Anwendung des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18. Juli 2001 (TV UmBw) geltend.
Im TV UmBw heißt es, soweit maßgeblich:
"Präambel
Die Tarifvertragsparteien bekräftigen ihre Absicht, die mit dem erforderlichen Umstrukturierungsprozess verbundenen personellen Maßnahmen sozial ausgewogen auszugestalten. Sie erkennen das Bemühen des Bundesministeriums der Verteidigung an, im Rahmen seiner Möglichkeiten im Zusammenhang mit der Sozialverträglichkeit auch regionale Gesichtspunkte zu berücksichtigen.
Die Tarifvertragsparteien sehen in den Kooperationsvorhaben zugleich die Möglichkeit der Arbeitsplatzsicherung. Sie weisen darauf hin, dass der Wechsel in andere Bereiche auch zusätzliche Chancen bieten kann.
...
§ 1
Geltungsbereich
(1) Abschnitt I dieses Tarifvertrages gilt für die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend Arbeitnehmer), die unter den
- Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT),
- Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O),
- Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb),
- Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts für Arbeiter an den MTArb (MTArb-O) fallen und deren Arbeitsplätze in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 31. Dezember 2010 durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich damit verbundener Umgliederung oder Verlegung auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr wegfallen.
(2) Abschnitt II dieses Tarifvertrages gilt für die im Geschäftsbereich des BMVg beschäftigten Arbeitnehmer, die unter einen der in Absatz 1 aufgeführten Tarifverträge fallen und deren Aufgaben in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 31. Dezember 2010 in einen Bereich außerhalb des Geschäftsbereiches des BMVg oder einer anderen Bundesbehörde zu einem Dritten verlagert werden.
...
§ 10
Altersteilzeitarbeit
Unter Geltung des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 5. Mai 1998 in der jeweils geltenden Fassung kann ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach folgenden Maßnahmen vereinbart werden:
1. Mit Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des TV ATZ erfüllen, kann ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis vereinbart werden. Der Arbeitgeber kann in diesen Fällen die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.
Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über den Antrag auf Altersteilzeitarbeit zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.
...
3. Die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit ist nur im Blockmodell möglich und wird so verteilt, dass sie in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erbracht (Arbeitsphase) und der Arbeitnehmer anschließend von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge nach Maßgabe der §§ 4 und 5 TV ATZ freigestellt (Freistellungsphase) wird.
4. Abweichend von § 5 Abs. 2 Satz 1 TV ATZ muss der Aufstockungsbetrag so hoch sein, dass der Arbeitnehmer 88 v.H. des Nettobetrages des bisherigen Arbeitsentgelts erhält (Mindestnettobetrag)."
Mit Schreiben vom 12. August 2003 lehnte die Beklagte eine Aufstockung ab.
Mit seiner beim Arbeitsgericht erhobenen Klage macht der Kläger für die Zeit von Februar 2003 bis Juli 2003 basierend auf einer monatlichen Differenz von 90,80 Euro netto einen weiteren Aufstockungsbetrag in Höhe von insgesamt 544,80 Euro netto geltend. Darüber hinaus verlangt er die Feststellung, dass die Beklagte ab dem 1. August 2003 sein bisheriges Nettoarbeitsentgelt nicht nur auf 83 vH, sondern auf 88 vH aufzustocken habe.
Er hat zuletzt beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 1. August 2003 abweichend von § 5 Abs. 2 Satz 1 TV ATZ einen Aufstockungsbetrag in der Höhe zu bezahlen, dass der Kläger 88 % des Nettobetrags seines bisherigen Arbeitsentgelts erhält.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 544,80 Euro netto sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision, mit der er seine Ansprüche weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
I. Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitere Aufstockung seiner Altersteilzeitvergütung von 83 vH auf 88 vH seines bisherigen Nettoentgelts. Der Anspruch ergibt sich nicht aus Abschnitt I § 10 Nr. 4 TV UmBw. Danach muss der Aufstockungsbetrag für den Altersteilzeitarbeitnehmer abweichend von § 5 Abs. 2 Satz 1 TV ATZ so hoch sein, dass der Arbeitnehmer 88 vH des Nettobetrags seines bisherigen Arbeitsentgelts erhält. Der Kläger unterfällt nicht dem Geltungsbereich des TV UmBw.
1. Gemäß § 1 Abs. 1 TV UmBw gilt Abschnitt I TV UmBw für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich damit verbundener Umgliederung oder Verlegung auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr wegfallen. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass sein Arbeitsplatz von diesen organisatorischen Maßnahmen "auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr" betroffen ist.
2. Nur die infolge des Kabinettsbeschlusses vom 14. Juni 2000 beschlossenen Maßnahmen, die ua. zur Auflösung oder Verkleinerung einer Dienststelle führen, werden vom Geltungsbereich des TV UmBw erfasst. Die Tarifvertragsparteien wollten der besonderen Situation Rechnung tragen, die auf Grund dieses Kabinettsbeschlusses entstanden war. Danach sollten im Bereich der territorialen Verwaltung der Bundeswehr nach der Schließung von 49 der 124 Standorte und 11 der 21 Bundeswehrhochschulen insgesamt 25.000 zivile Dienstposten wegfallen. Das betraf etwa 27.000 zivile Beschäftigte. Der damit einhergehende Wegfall von Arbeitsplätzen sollte durch den TV UmBw sozialverträglich gestaltet werden. Für die Erfüllung des Tarifmerkmals "auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr" iSd. § 1 Abs. 1 TV UmBw muss deshalb ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Wegfall des jeweiligen Arbeitsplatzes und einer im Zuge der Kabinettsentscheidung vom 14. Juni 2000 getroffenen Maßnahme bestehen (BAG 24. Juni 2004 - 6 AZR 298/03 -). Durch die Fassung des Geltungsbereichs in § 1 Abs. 1 TV UmBw soll sichergestellt werden, dass die begünstigenden Regelungen dieses Tarifvertrags nur für diejenigen Arbeitnehmer angewendet werden, deren Arbeitsplätze durch die Umstrukturierung auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr betroffen sind (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand Juni 2006 Teil VI - Begleitmaßnahmen Umgestaltung Bundeswehr Erl. 3.2).
3. Zwar genügt ein Arbeitnehmer, der sich auf die Geltung des TV UmBw beruft, zunächst seiner Darlegungslast, wenn er einen Sachverhalt vorträgt, der den Schluss auf das Vorliegen einer Organisationsmaßnahme auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr zulässt. Hierzu reicht es zunächst, dass er die für ihn erkennbaren äußeren Umstände einer Organisationsmaßnahme darlegt, die einen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zu einer auf den Kabinettsbeschluss vom 14. Juni 2000 zurückgehenden Umstrukturierung der Bundeswehr aufweist. Nach § 138 Abs. 2 ZPO ist es dann Sache des Arbeitgebers, hierauf substantiiert zu erwidern und Tatsachen vorzutragen, nach denen der Wegfall des betreffenden Arbeitsplatzes auf organisatorischen Entscheidungen beruht, die unabhängig von der Neuausrichtung der Bundeswehr erfolgt sind. In diesem Zusammenhang obliegt es dem Arbeitgeber aus Gründen der Sachnähe, nachvollziehbare und nachprüfbare Angaben zum Gang der jeweiligen Entscheidung und deren Umsetzung zu machen (BAG 24. Juni 2004 - 6 AZR 298/03 -).
4. Ein solcher Zusammenhang lässt sich dem Sachvortrag des Klägers nicht entnehmen.
Er hat lediglich vorgetragen, das Heeresfliegerregiment 26 sei unter gleichzeitiger Aufstellung des Kampfhubschrauberregiments 26 aufgelöst worden, weil der Kampfhubschrauber Bo 105 durch den Kampfhubschrauber Tiger ersetzt werden sollte. Dass dieses eine Maßnahme im Zuge der Umsetzung des Kabinettsbeschlusses vom 14. Juni 2000 gewesen ist, ist weder dargelegt noch ersichtlich.
II. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Ende der Entscheidung
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