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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 08.09.1998
Aktenzeichen: 9 AZR 223/97
Rechtsgebiete: BGB, HGB
Vorschriften:
BGB § 611 | |
BGB § 622 Abs. 6 | |
HGB § 87 a |
1. Eine zusätzlich zum Gehalt gewährte prozentuale Beteiligung an dem vom Angestellten erzielten Umsatz ist keine widerrufbare Sonderleistung, sondern Teil des Entgelts für die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung.
2. Die Vereinbarung, daß diese Umsatzbeteiligung im Folgejahr in monatlichen gleichen Raten ausgezahlt werden soll, regelt nur die Leistungszeit. Sie bewirkt nicht, daß der Anspruch untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis im folgenden Jahr nicht mehr besteht.
Aktenzeichen: 9 AZR 223/97 Bundesarbeitsgericht 9. Senat Urteil vom 08. September 1998 - 9 AZR 223/97 -
I. Arbeitsgericht Stuttgart - 2 Ca 2229/95 - Urteil vom 11. Oktober 1995
II. Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 5 Sa 147/95 - Urteil vom 31. Januar 1997
---------------------------------------------------------------------- Für die Amtliche Sammlung: Nein Für die Fachpresse : Ja Für das Bundesarchiv : Nein ----------------------------------------------------------------------
Entscheidungsstichworte: Umsatzbeteiligung nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Gesetz: BGB §§ 611, 622 Abs. 6; HGB § 87 a
9 AZR 223/97 ------------ 5 Sa 147/95 Baden-Württemberg
Im Namen des Volkes! Urteil
Verkündet am 8. September 1998
Brüne, als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In Sachen
pp.
hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts gemäß § 128 Abs. 2 ZPO in der Sitzung vom 8. September 1998 durch den Richter Düwell als Vorsitzenden, die Richterinnen Reinecke und Schmidt sowie die ehrenamtlichen Richter Furche und Busch für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 31. Januar 1997 - 5 Sa 147/95 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet ist, der Klägerin für die im Vorjahr erzielten Umsätze eine Beteiligung zu gewähren.
Die Klägerin war seit dem 1. April 1993 im L Filialbetrieb der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete nach ordentlicher Kündigung der Klägerin zum 31. Dezember 1994. Zu den Aufgaben der Klägerin gehörte es, Hochzeitspaare zu beraten und ihnen eine passende Ausstattung zu vermieten oder zu verkaufen. Neben der Zahlung eines zunächst auf 2.400,00 DM festgelegten und später auf 2.600,00 DM gesteigerten Gehalts ist vereinbart worden, daß der Klägerin von dem von ihr erzielten Umsatz des Vorjahres jeweils im Folgejahr 5 % in monatlichen Teilbeträgen ausgeschüttet werden sollte. So ist auch im Jahr 1994 für den Umsatz des Jahres 1993 verfahren worden, wobei in der Gehaltsabrechnung die zusätzliche Leistung jeweils als "Provision" bezeichnet worden ist. Nach Ablauf der Kündigungsfrist erklärte die Beklagte, daß mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch der Anspruch auf Umsatzbeteiligung entfallen sei. Unstreitig betrug der von der Klägerin erzielte, bereinigte Umsatz im Jahr 1994 251.689,40 DM.
Mit der am 21. März 1995 erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.438,35 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich jeweils aus 1.048,70 DM brutto ergebenden Nettobetrag ab dem jeweiligen Monatsletzten, erstmals 31. Januar 1995, letztmals 30. September 1995 sowie am 31. Oktober 1995, am 30. November 1995 und am 31. Dezember 1995 jeweils 1.048,70 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich jeweils ergebenden Nettobetrag ab dem jeweiligen Monatsletzten zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgebracht, die Bezeichnung Provision sei irrtümlich durch den Steuerberater erfolgt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgeben. Die Berufung der Beklagten ist zurückgewiesen worden. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung.
Entscheidungsgründe:
I. Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der Umsatzbeteiligung für das Jahr 1994, der entsprechend der vertraglichen Abrede mit Ende des Jahres 1995 insgesamt fällig geworden ist.
1. Wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat, ist es ohne rechtliche Bedeutung, ob die als zusätzliche Vergütung vereinbarte Beteiligung am Umsatz bei den Vertragsverhandlungen Provision oder Zulage genannt worden ist. In beiden Fällen handelt es sich um eine leistungsbezogene und erfolgsbedingte Entlohnungsform. Die zugesagte Beteiligung war Teil des der Klägerin für deren arbeitsvertragliche Leistung geschuldeten Entgelts (§ 611 BGB). Die Höhe ihres Gesamtentgelts sollte davon abhängen, in welchem Maße sie sich in der Filiale L für das Zustandekommen von Miet- und Kaufverträgen einsetzte.
Unerheblich ist, daß die Beteiligung nach der Abrede der Parteien erst im Folgejahr in monatlichen Raten ausgezahlt werden soll. Diese Vereinbarung regelt nur den Zeitpunkt der Auszahlung. Sie bewirkt nicht das Erlöschen des Anspruchs auf eine "verdiente" Beteiligung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
2. Der Revision kann auch nicht zugestimmt werden, daß aus der zusätzlichen Gewährung einer Beteiligung auf eine freiwillige jederzeit widerrufbare Sonderleistung geschlossen werden könne. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gibt eine Aufteilung des Entgelts in Grundgehalt und Erfolgsbeteiligung dafür keinen Anhalt (vgl. BAG Urteil vom 12. Januar 1973 - 3 AZR 211/72 - AP Nr. 4 zu § 87 a HGB). So ist das auch hier. Mit der zusätzlichen Beteiligung am Umsatz sollte die Arbeitsleistung der Klägerin gesteigert und belohnt werden. Das zeigt das Abstellen auf den persönlich erzielten Umsatz und die Befugnis des Arbeitgebers, das Umsatzergebnis wegen nicht ordnungsgemäß durchgeführter Geschäfte durch Abzüge zu "bereinigen".
3. Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Recht darauf hingewiesen, daß eine nach § 622 Abs. 6 BGB unzulässige Kündigungserschwerung vorläge, wenn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als Bedingung für die Zahlung der Umsatzbeteiligung vereinbart worden wäre. Die Rechtsprechung hat bereits als Kündigungserschwerung i.S.d. § 622 Abs. 6 BGB den Fall angesehen, daß der Arbeitnehmer bei unterjähriger Beschäftigung eine Verdiensteinbuße hinnehmen muß, weil die Provision jahresbezogen zu berechnen ist (vgl. BAG Urteil vom 6. September 1989 - 5 AZR 586/88 - AP Nr. 27 zu § 622 BGB; Senatsurteil vom 20. August 1996 - 9 AZR 471/95 - BAGE 84, 17 = AP Nr. 9 zu § 87 HGB). Noch stärker wird der Arbeitnehmer belastet, wenn er bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses die Umsatzbeteiligung nicht nur teilweise, sondern vollständig verlieren soll.
II. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Ende der Entscheidung
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