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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 16.05.2000
Aktenzeichen: 9 AZR 277/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 613 Satz 1
BGB § 1922 Abs. 1
Leitsätze:

Ist in einem Aufhebungsvertrag vereinbart, dem Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme des vorgezogenen Altersruhegeldes zur Milderung der Einkommenseinbuße eine Abfindung zu zahlen, so entsteht dieser Anspruch regelmäßig nur, wenn der Arbeitnehmer das vertraglich vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses erlebt.

Hinweise des Senats:

Bestätigung der Senatsrechtsprechung im Urteil vom 26. August 1997 (- 9 AZR 227/96 - AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr.8 = EzA BGB § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 29).

Aktenzeichen: 9 AZR 277/99 Bundesarbeitsgericht 9. Senat Urteil vom 16. Mai 2000 - 9 AZR 277/99 -

I. Arbeitsgericht Urteil vom 6. August 1998 München - 23 Ca 11269/97 -

II. Landesarbeitsgericht Urteil vom 8. Dezember 1998 München - 6 Sa 920/98 -


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

9 AZR 277/99 6 Sa 920/98

Verkündet am 16. Mai 2000

Klapp, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In Sachen

Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin,

pp.

Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte,

hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Leinemann, den Richter am Bundesarbeitsgericht Düwell, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Reinecke und die ehrenamtlichen Richter Otto und Benrath für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 8. Dezember 1998 - 6 Sa 920/98 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen !

Tatbestand

Die Klägerin verlangt als Alleinerbin die Zahlung einer vertraglich vereinbarten Abfindung.

Die am 28. April 1997 verstorbene Erblasserin war langjährig bei der Beklagten beschäftigt. Sie schloß am 15. Dezember 1995 mit der Beklagten einen Vertrag, in dem ua. vereinbart ist:

"§ 1

Das bestehende Arbeitsverhältnis endet einvernehmlich zum 30.04.1997.

Die Arbeitnehmerin wird nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses übergangslos die Leistungen des vorgezogenen Altersruhegeldes in Anspruch nehmen.

§ 2

Die Arbeitnehmerin erhält für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9/10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 45.000,00 DM brutto = netto.

Die Abfindung wird mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nach Vorlage eines Rentenbescheides (entsprechend der Regelung des § 1) in der Summe ausgezahlt."

Die Beklagte überwies mit Wertstellung zum 28. April 1997 zusammen mit der Schlußabrechnung die Abfindung. Nachdem sie vom Tod der Arbeitnehmerin erfuhr, wurde die Überweisung storniert. Die Klägerin hat als Alleinerbin der verstorbenen Arbeitnehmerin den Anspruch geltend gemacht.

Auf ihre Klage hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung der Abfindung nebst Verzugszinsen verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.

Mit der zugelassenen Revision verlangt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

I. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zwar ist nach § 1922 Abs. 1 BGB mit dem Tod der verstorbenen Arbeitnehmerin deren Vermögen als ganzes auf die Klägerin übergegangen. Dazu gehört jedoch nicht der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch.

1. Das Landesarbeitsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes sollte nur dann entstehen, wenn die Erblasserin ab Mai 1997 das vorgezogene Altersruhegeld in Anspruch nähme. Wegen des vorzeitigen Tods der Erblasserin fehle die im Aufhebungsvertrag vereinbarte Voraussetzung.

2. Die Rügen der Revision greifen nicht durch.

a) Das Revisionsgericht kann die Auslegung des Landesarbeitsgerichts allein darauf prüfen, ob es bei der Auslegung dieses Einzelvertrages die Auslegungsvorschriften der §§ 133, 157 BGB richtig angewendet, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder den Tatsachenstoff nur unvollständig verwertet hat (BAG 26. Mai 1992 - 9 AZR 27/91 - AP HGB § 74 Nr. 63 = EzA HGB § 74 Nr. 54). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Urteil des Landesarbeitsgerichts stand.

b) Das Landesarbeitsgericht ist von der Rechtsprechung des Senats (BAG 26. August 1997 - 9 AZR 227/96 - AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 8 = EzA BGB § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 29) ausgegangen. Danach sind die Arbeitsvertragsparteien frei, zu vereinbaren, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer für die einvernehmliche Aufgabe des Arbeitsplatzes eine Abfindung erhalten soll. Welche Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sein müssen, um einen vertraglichen Abfindungsanspruch entstehen zu lassen, richtet sich nach dem zum Ausdruck gekommenen Parteiwillen. Dem hat die Praxis zugestimmt (vgl. Urteilsanmerkung Meyer BB 1998, 1479, 1480). Die Revision hat keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt. Die von ihr herangezogenen Entscheidungen anderer Senate sind nicht einschlägig.

c) In § 2 Satz 2 der Vereinbarung vom 15. Dezember 1995 sind zwei Voraussetzungen für die Auszahlung der Abfindung festgelegt:

1. Beendigung des Arbeitsverhältnisses

2. Vorlage eines Rentenbescheides über die Inanspruchnahme des vorgezogenen Altersruhegeldes.

Damit haben die Vertragsparteien ihren Willen zum Ausdruck gebracht, daß die Abfindung nicht nur Gegenleistung für die Einwilligung des Arbeitnehmers zur Vertragsauflösung ist, sondern von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig sein soll. Die Abfindung soll nach § 2 Abs. 2 der Vereinbarung die Arbeitnehmerin, wenn sie zum 30. April 1997 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, so stellen, daß ihre durch die Inanspruchnahme des vorgezogenen Altersruhegelds eintretenden Einkommensminderungen ausgeglichen werden. Insoweit ist dieses Verfahren auch mit dem dem Senatsurteil vom 26. August 1997 zugrunde liegenden Sachverhalt vergleichbar. Auch dort sollten die wirtschaftlichen Nachteile einer Frühpensionierung abgemildert werden. Hier wie dort kann dem Aufhebungsvertrag kein Inhalt entnommen werden, der den Erben begünstigt.

d) Mit dem Tod der Erblasserin am 28. April 1997 ist das Arbeitsverhältnis nach § 613 Satz 1 BGB beendet worden (vgl. Palandt/Putzo BGB 59. Aufl. § 613 Rn. 2). Zu diesem Zeitpunkt war der Abfindungsanspruch noch nicht entstanden, weil die in § 2 Satz 2 des Aufhebungsvertrages vereinbarten Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Nach dem Tod der Erblasserin konnten die im Aufhebungsvertrag festgelegten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden.

II. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 25 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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