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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 18.08.2009
Aktenzeichen: 9 AZR 517/08
Rechtsgebiete: Richtlinie 97/81/EG i.d.F. der Richtlinie 98/23/EG, ArbZG, BetrVG, BGB, GewO, TzBfG, ZPO


Vorschriften:

Richtlinie 97/81/EG i.d.F. der Richtlinie 98/23/EG zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit Paragraph 1 der Rahmenvereinbarung
ArbZG § 3
BetrVG § 77
BetrVG § 87
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 242
BGB § 311a
GewO § 106
TzBfG § 1
TzBfG § 6
TzBfG § 8
ZPO § 253
ZPO § 559
ZPO § 894
Betriebsvereinbarung Arbeitszeit am Standort München der The MathWorks GmbH vom 18. Januar 2007
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

9 AZR 517/08

Verkündet am 18. August 2009

In Sachen

hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. August 2009 durch den Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer als Vorsitzenden, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gallner, den Richter am Bundesarbeitsgericht Reinfelder sowie den ehrenamtlichen Richter Lang und die ehrenamtliche Richterin Neumann für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 8. Mai 2008 - 2 Sa 1140/07 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit des Klägers.

Die Beklagte erstellt und vertreibt Software für technisch-naturwissenschaftliche Berechnungen. Sie beschäftigt in ihrem Betrieb in München etwa 70 Arbeitnehmer. Der Kläger arbeitet seit 1992 als kaufmännischer Angestellter in der Auftragssachbearbeitung der Beklagten. Seine vertragliche Arbeitszeit beläuft sich auf 40 Stunden wöchentlich. Sie verteilt sich auf fünf Tage in der Woche. Zwei Teilzeitkräfte aus dem Team des Klägers möchten ihre Arbeitszeit verlängern. Eine von ihnen arbeitet nicht an fünf Tagen in der Woche.

Die in München beschäftigten Vollzeitkräfte arbeiten nicht genau acht Stunden an jedem Arbeitstag. Einzelne Tage mit kürzeren Arbeitszeiten können durch längere Arbeitszeiten an anderen Tagen ausgeglichen werden und umgekehrt. Es gibt keine Zeiterfassung, sondern es gilt eine sog. Vertrauensarbeitszeit. Montags bis freitags zwischen 7:15 Uhr und 19:15 Uhr befinden sich regelmäßig Arbeitnehmer in den Betriebsräumen.

Die Beklagte und der in ihrem Betrieb in München gebildete Betriebsrat trafen am 18. Januar 2007 eine Arbeitszeitvereinbarung. Sie lautet auszugsweise:

"Regelung bzgl. Arbeitszeiten am Standort München

...

wie besprochen gilt folgende Regelung bzgl. Arbeitszeiten am Standort München:

Es gilt in der Geschäftsstelle München weiterhin Vertrauensarbeitszeit für alle Mitarbeiter. Anfangs- und Endzeiten bewegen sich im üblichen Rahmen vergleichbarer Firmen.

Bei Missbrauch der Regelung über die Vertrauensarbeitszeit kann die Geschäftsleitung in Einzelfällen abweichende Anordnungen treffen, um die Einhaltung der vertraglichen Arbeitszeit sicherzustellen (inkl. Anordnungen zur Lage der Arbeitszeit).

Die momentan gängige Praxis der Vertrauensarbeitszeit wird solange nicht geändert, bis die Geschäftsleitung unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats Änderungen anstrebt."

Der Kläger beantragte unter dem 25. Januar 2007, seine wöchentliche Arbeitszeit ab 1. Mai 2007 um vier Stunden zu verringern und auf Montag bis Donnerstag zu verteilen. In seinem Schreiben heißt es ua.:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantrage ich gemäß TzBfG die Verringerung meiner wöchentlichen Arbeitszeit um 4 Stunden ab dem 01. Mai 2007.

Meine dann verbleibende Arbeitszeit von 36 Std. pro Woche möchte ich auf 4 x 9 Std. von Montag bis Donnerstag verteilen, d. h. der Freitag ist als regelmäßig freier Tag vorgesehen.

Die Gründe für meinen Wunsch einer Verringerung meiner Arbeitszeit um 10 % liegen ausschließlich im privaten Bereich und haben nichts mit meiner beruflichen Situation zu tun!"

Die Beklagte stimmte dem Verringerungswunsch des Klägers unter dem 28. März 2007 zu, lehnte die beantragte Neuverteilung der Arbeitszeit jedoch ab. Sie teilte dem Kläger mit, seine wöchentliche Arbeitszeit verteile sich auf montags bis donnerstags je acht Stunden und freitags vier Stunden. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 29. März 2007. Er kündigte an, seine Rechte klageweise geltend zu machen. Bis zu einem Urteil werde er weiter in der 40-Stunden-Woche arbeiten.

Der Kläger meint, § 8 TzBfG ermögliche es, die nach einem Verringerungsantrag verbleibende Arbeitszeit gelöst vom vertraglichen Arbeitszeitmodell auf bestimmte Wochentage umzuverteilen. Dieser Anspruch werde nur durch entgegenstehende betriebliche Gründe beschränkt. Solche Gründe habe die Beklagte nicht dargelegt. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats stehe dem Verringerungs- und Neuverteilungsbegehren nicht entgegen. Der Betriebsrat habe mit der Einführung der Vertrauensarbeitszeit abschließend von seinem Mitbestimmungsrecht hinsichtlich des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit Gebrauch gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung und Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit wie folgt zuzustimmen:

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 36 Stunden die Woche von Montag bis Donnerstag von neun Stunden je Arbeitstag.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit könne keinen Erfolg haben, weil sie der Reduzierung zugestimmt habe. Verringerungs- und Neuverteilungsantrag hingen nicht voneinander ab. Wortlaut, Zusammenhang und Zweck des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG deckten ein Begehren auf völlige Umverteilung der Arbeitszeit nicht. Die Neuverteilung der Arbeitszeit des Klägers wirke sich wegen der nötigen Arbeitsverdichtung und der erforderlichen Einführung eines Zeiterfassungssystems auf die Arbeitszeit anderer Arbeitnehmer aus. Die Neuverteilung sei damit ein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Die Beklagte hat behauptet, der Betriebsrat lehne eine Abweichung von dem vereinbarten Organisationskonzept - dh. der Begrenzung auf einen achtstündigen Arbeitstag und dem darauf beruhenden System der Vertrauensarbeitszeit - ab.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie hat in der Revisionsverhandlung erklärt, sie stütze sich nicht mehr auf betriebliche Gründe, die dem Verringerungs- und Neuverteilungswunsch entgegenstünden. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

A. Die Revision ist unbegründet. Die Klage hat Erfolg.

I. Die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtete Klage ist zulässig. Sie ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger musste kein Datum angeben, zu dem die Vertragsänderung wirksam werden sollte.

1. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Zustimmung der Beklagten nach § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO als erteilt (vgl. nur Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 20, AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23).

2. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht.

a) Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, mit der ein Vertragsangebot rückwirkend angenommen werden soll (für die st. Rspr. Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 21 f., AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23).

b) Der Kläger verlangt jedoch keine rückwirkende Vertragsänderung, sondern beschränkt sich auf den künftigen Zeitraum ab rechtskräftiger Verurteilung der Beklagten.

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die gewünschte Verringerung und Festlegung seiner Arbeitszeit.

1. Der geltend gemachte Verringerungsanspruch ist entgegen der Ansicht der Revision nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die Parteien sich noch nicht auf eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 36 Wochenstunden geeinigt haben.

a) Der Arbeitnehmer kann sein auf § 8 TzBfG gestütztes Verlangen nach Verringerung der Arbeitszeit in der Weise mit einem konkreten Verteilungswunsch verbinden, dass er sein Änderungsangebot von der gewünschten Arbeitszeitverteilung abhängig macht (vgl. nur Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 26 mwN, AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23). Geschieht das, kann der Arbeitgeber das Änderungsangebot wegen § 150 Abs. 2 BGB nur einheitlich annehmen oder ablehnen (Senat 18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 105, 107; 18. Februar 2003 - 9 AZR 356/02 - zu I 4 der Gründe, BAGE 105, 133).

b) Das Schreiben des Klägers vom 25. Januar 2007, mit dem er die Vertragsänderung anbot, ist eine sog. atypische Willenserklärung.

aa) Die Auslegung solcher Erklärungen ist revisionsrechtlich nur darauf zu überprüfen, ob die Auslegungsvorschriften der §§ 133, 157 BGB verletzt worden sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden ist oder Umstände, die für die Auslegung von Bedeutung sein können, außer Acht gelassen worden sind (für die st. Rspr. Senat 18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 105, 107).

bb) Dieser eingeschränkten Kontrolle hält die Auslegung des Berufungsgerichts stand. Der Kläger machte sein Verringerungsverlangen zwar nicht ausdrücklich von der Festlegung der gewünschten Arbeitszeitverteilung abhängig. Das Landesarbeitsgericht hat aber zu Recht gewürdigt, dass er den Wunsch nach einer bestimmten Arbeitszeitverteilung - jeweils neun Stunden Arbeit von Montag bis Donnerstag - unzweifelhaft zum Ausdruck brachte. Damit hat das Berufungsgericht die wesentlichen Auslegungstatsachen berücksichtigt. Verringerungs- und Neuverteilungswunsch hängen regelmäßig voneinander ab. Der Teilzeitantrag eines Arbeitnehmers ist üblicherweise Ergebnis einer Planung, für die auch die Verteilung der Arbeitszeit von Bedeutung ist. Eine gegenteilige Auslegung setzt besondere Anhaltspunkte voraus (Senat 18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 105, 107). Die nötigen besonderen Umstände fehlen hier. Der Kläger machte mit seinem Hinweis auf private Gründe deutlich, dass er gerade an einer bestimmten Arbeitszeitverteilung interessiert war.

2. Die allgemeinen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zustimmung zu der Vertragsänderung nach § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 TzBfG waren im Zeitpunkt des Änderungsverlangens des Klägers vom 25. Januar 2007 erfüllt.

a) Das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten besteht seit 1992, also länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG). Die Beklagte beschäftigt allein in ihrem Betrieb in München circa 70 und damit mehr als 15 Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 7 TzBfG).

b) Der Kläger hielt mit seinem Schreiben vom 25. Januar 2007 die dreimonatige Mindestankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ein. Die Änderung sollte ab 1. Mai 2007 wirksam werden. Die Beklagte hat keine Anhaltspunkte vorgebracht, die auf einen Zugang des Antragsschreibens erst nach dem gewöhnlichen Postlauf hindeuten. Sie ließ sich zudem unter dem 28. März 2007 vorbehaltlos auf den Teilzeitantrag ein. Dagegen spricht nicht, dass die Beklagte die gewünschte Arbeitszeitverteilung ablehnte. Sie rügte auch im Hinblick auf die Arbeitszeitverteilung keinen Verfahrensfehler durch einen Fristverstoß, sondern wies das Verlangen aus Sachgründen zurück.

3. Die Beklagte lehnte den Verteilungsantrag mit Schreiben vom 28. März 2007 ab. Unter Berücksichtigung des gewöhnlichen Postlaufs ging dieses Schreiben dem Kläger länger als einen Monat vor dem angestrebten Beginn der Neuverteilung am 1. Mai 2007 zu. Das zeigt sich insbesondere daran, dass der Kläger das Schreiben bereits unter dem 29. März 2007 beantwortete. Die Arbeitszeitverteilung änderte sich daher nicht bereits kraft Gesetzes nach § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG.

4. Die Beklagte kann dem Neuverteilungswunsch nicht erfolgreich entgegenhalten, dass die Parteien bisher ein bestimmtes Modell der Arbeitszeitverteilung - die Fünftagewoche - vereinbart haben. Der Arbeitnehmer ist nicht auf das vertraglich vereinbarte Modell der Arbeitszeitverteilung beschränkt. § 8 TzBfG begründet nicht nur für die Verringerung der Arbeitszeit, sondern auch für ihre Verteilung bis zu den Grenzen des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) einen Anspruch auf Vertragsänderung (vgl. Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 29 mwN zu der in Rspr. und Schrifttum geführten Kontroverse, AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23). Der Kläger kann deshalb nicht nur eine proportionale Verkürzung der Arbeitszeit an fünf Tagen von Montag bis Freitag verlangen. Er hat Anspruch darauf, in der Viertagewoche von Montag bis Donnerstag zu arbeiten.

a) Die in § 8 Abs. 2 bis 5 TzBfG vorgesehene Verknüpfung der Verringerung der Arbeitszeit mit ihrer Neuverteilung berücksichtigt den Umstand, dass die wirtschaftlich nachteilige Arbeitszeitverkürzung für den Arbeitnehmer häufig nur sinnvoll ist, wenn sie ihm auch hinsichtlich der Arbeitszeitverteilung die nötigen Freiräume eröffnet. Der Arbeitnehmer soll eine größere Zeitsouveränität erlangen (Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 30 ff. mwN, AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23).

aa) Das TzBfG will den Wechsel von einem Vollzeit- in ein Teilzeitarbeitsverhältnis oder umgekehrt erleichtern (BT-Drucks. 14/4374 S. 11 und 18; vgl. auch Senat 16. September 2008 - 9 AZR 781/07 - Rn. 28, AP TzBfG § 9 Nr. 6 = EzA TzBfG § 9 Nr. 4). § 1 TzBfG sieht als Ziel des Gesetzes ua. vor, Teilzeitarbeit zu fördern. Arbeitgeber haben Arbeitnehmern, auch in leitenden Positionen, Teilzeitarbeit nach Maßgabe des TzBfG zu ermöglichen (§ 6 TzBfG). Sie sollen dafür sorgen, dass Teilzeitarbeit als Arbeitsform attraktiver wird (vgl. BT-Drucks. 14/4374 S. 16).

bb) Mit dem TzBfG sollte zugleich die Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl. EG Nr. L 14 vom 20. Januar 1998 S. 9, ber. ABl. EG Nr. L 128 vom 30. April 1998 S. 71) idF der Richtlinie 98/23/EG vom 7. April 1998 (ABl. EG Nr. L 131 vom 5. Mai 1998 S. 10, Teilzeitrichtlinie) umgesetzt werden (BT-Drucks. 14/4374 S. 1 und 11). Ziel der Rahmenvereinbarung ist es nach ihrem Paragraphen 1 Buchst. b, die Entwicklung der Teilzeitarbeit auf freiwilliger Basis zu fördern und zu einer flexiblen Organisation der Arbeitszeit beizutragen, die den Bedürfnissen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Rechnung trägt.

b) Wortlaut und Zusammenhang des § 8 Abs. 1 TzBfG, der einen Anspruch auf Verringerung "der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit" begründet, geben entgegen der Auffassung der Revision keine Beschränkung auf das arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeitverteilungsmodell vor.

aa) Der in §§ 1 und 6 TzBfG ausgedrückte Gesetzeszweck der Förderung der Teilzeitarbeit verlangt eine möglichst weitgehende Flexibilisierung nicht nur der Dauer, sondern auch der Verteilung der Arbeitszeit. Wortlaut und Zusammenhang des § 8 Abs. 2 bis 5 TzBfG bringen diese gesetzgeberische Zielvorstellung ebenfalls zum Ausdruck. Die dort getroffenen Regelungen trennen die Entscheidungen des Arbeitgebers über die Anträge auf Arbeitszeitverringerung und Arbeitszeitneuverteilung unter der Voraussetzung, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Reduzierung und Neuverteilung besteht. Der Arbeitgeber kann die Verkürzung wirksam akzeptieren, die Umverteilung dagegen ablehnen, wenn der Arbeitnehmer seinen Reduzierungswunsch - im Unterschied zum Streitfall - nicht vom Erfolg seines Neuverteilungsverlangens abhängig gemacht hat. Die grundsätzliche Trennung von Arbeitszeitverringerung und -verteilung zeigt sich daran, dass der Verteilungswunsch in § 8 Abs. 2 bis 5 TzBfG nicht an das vertraglich vereinbarte Modell gebunden und die Arbeitszeit idR durch Weisung des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO verteilt wird. Das Korrekturrecht des Arbeitgebers aus § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG, das auf die Neuverteilung der Arbeitszeit beschränkt ist, hält die Unterscheidung konsequent durch. Die Begründung der Beschlüsse des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung in BT-Drucks. 14/4625 S. 20 hält deshalb fest, die - später in das Gesetz eingegangenen - Änderungsempfehlungen zum Regierungsentwurf des § 8 Abs. 3 und 5 TzBfG stellten klar, dass zwischen der zu vereinbarenden Verringerung der Arbeitszeit und der Festlegung ihrer Verteilung zu differenzieren sei.

bb) Das von Paragraph 1 Buchst. b der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit verlangte Gleichgewicht der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerinteressen wird hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit nicht nur durch das Korrekturrecht des § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG gewährleistet. Der Arbeitgeber kann sich auch auf betriebliche Gründe iSv. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG berufen, die der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit entgegenstehen.

5. Der erhobene Verringerungs- und Neuverteilungsanspruch besteht, obwohl der Kläger eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit um nur vier Stunden verlangt.

a) § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 TzBfG bindet den Änderungsanspruch im Unterschied zu der für die Elternzeit geltenden Sondernorm des § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BEEG nicht an einen bestimmten Umfang der Verringerung der Arbeitszeit.

b) Dem Verringerungs- und Umverteilungsanspruch des Klägers steht auch nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegen.

aa) Die Frage des Rechtsmissbrauchs ist nur anhand der Umstände des Einzelfalls zu beantworten. Der Arbeitgeber, der den Ausnahmefall des Rechtsmissbrauchs einwendet, ist für die zugrunde liegenden Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet. Will der Arbeitnehmer seine bisherige Wochenarbeitszeit von 40 Stunden um ein Zehntel - hier vier Stunden - verringern, müssen bei dieser erheblichen Zeitspanne besondere Umstände hinzutreten, die darauf schließen lassen, dass der Verringerungswunsch nur dazu dient, eine andere Arbeitszeitverteilung durchzusetzen. Sonst würde die gesetzgeberische Zielvorstellung unterlaufen, die Ansprüche aus § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 TzBfG nicht von einem bestimmten verbleibenden Arbeitszeitvolumen abhängig macht.

bb) Solche besonderen Umstände sind im Streitfall zu verneinen. Die Beklagte hat über den Umfang der Reduzierung von vier Stunden hinaus keine Anhaltspunkte dafür vorgebracht, dass der Kläger sein Recht auf Verringerung der Arbeitszeit missbräuchlich iSv. § 242 BGB ausübt, um lediglich den Übergang von der Fünftagewoche auf die Viertagewoche durchzusetzen.

6. Die Beklagte ist rechtlich nicht gehindert, eine Annahmeerklärung abzugeben. Der Umverteilungsanspruch scheitert weder an § 3 Satz 1 ArbZG noch an kollektivem Recht.

a) Der Kläger kann verlangen, neun Stunden täglich zu arbeiten. Das Arbeitszeitrecht hindert eine Arbeitszeit von neun Stunden an vier Tagen der Woche nicht. Der Achtstundentag des § 3 Satz 1 ArbZG darf überschritten werden. Der Ausgleich in einem der beiden Zeiträume - von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen - des § 3 Satz 2 ArbZG wird hier durch die beiden freien Tage am Freitag und Samstag gewährleistet (vgl. Baeck/Deutsch ArbZG 2. Aufl. § 3 Rn. 18 und 23 ff.).

b) Der verlangten Festlegung der Arbeitszeit steht kein kollektives Recht entgegen.

aa) Der Festlegung der Verteilung der Arbeitszeit entsprechend dem Änderungsangebot des Arbeitnehmers können Betriebsvereinbarungen oder Regelungsabreden entgegenstehen, wenn die Festlegung einen kollektiven Bezug hat. Die Mitbestimmungsrechte des § 87 Abs. 1 BetrVG sind kollektive Schutzrechte zugunsten der Arbeitnehmer des Betriebs. Ihre Rechtsstellung darf in kollektiver Hinsicht nicht verschlechtert werden (Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 43, AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23). Hat die Arbeitszeitverteilung dagegen keinen kollektiven Bezug, ist der Arbeitgeber im Anwendungsbereich des § 8 TzBfG verpflichtet, die gewünschte Arbeitszeit festzulegen (st. Rspr., vgl. für eine Regelungsabrede Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 43 ff., aaO; für Betriebsvereinbarungen Senat 24. Juni 2008 - 9 AZR 313/07 - Rn. 37, AP BetrVG 1972 § 117 Nr. 8 = EzA TzBfG § 8 Nr. 21; 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu B II 5 c cc der Gründe, BAGE 110, 45; 18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02 - zu B IV 2 a der Gründe, BAGE 105, 107).

bb) Es kann unterstellt werden, dass die Festlegung der Arbeitszeit des Klägers aufgrund seines Neuverteilungswunschs den für § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nötigen kollektiven Bezug hat, weil die beabsichtigte Arbeitszeitverteilung Auswirkungen auf den ganzen Betrieb, eine Gruppe von Arbeitnehmern oder einen Arbeitsplatz hat (vgl. näher Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 44, AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23; 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu B II 5 c bb der Gründe mit Nachweisen aus der Rspr. des Ersten Senats, BAGE 110, 45).

(1) § 8 TzBfG begründet keinen Gesetzesvorbehalt iSd. Eingangssatzes von § 87 Abs. 1 BetrVG, der das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausschlösse. Der Teilzeitanspruch aus § 8 TzBfG lässt dem Arbeitgeber einen mitbestimmten Regelungsspielraum hinsichtlich der Beschäftigung im betrieblichen System der Arbeitszeitverteilung (Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 46 f., AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23; ausführlich 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu B II 5 b der Gründe, BAGE 110, 45; 18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02 - zu B IV 2 a der Gründe, BAGE 105, 107).

(2) Der Änderungsvertrag selbst stellt keine Änderung der betriebsüblichen Arbeitszeit iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG dar. Erst durch die tatsächliche Beschäftigung mit der geänderten Arbeitszeitverteilung wird die betriebsübliche Arbeitszeit verändert. Die Abgabe der Annahmeerklärung des Arbeitgebers zu einem Neuverteilungsantrag nach § 8 TzBfG unterliegt deswegen nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats (Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 52 mwN, AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23).

(3) Hat der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht durch Betriebsvereinbarung oder Regelungsabrede ausgeübt, ist er dennoch vor Abgabe der Annahmeerklärung zu beteiligen. Die wirksame Durchsetzung des Mitbestimmungsrechts erfordert, dass der Betriebsrat zu einer Zeit mitbestimmt, zu der noch keine endgültige, nur schwerlich zu revidierende Entscheidung getroffen ist. Der Abschluss des Änderungsvertrags ist idR eine solche endgültige Entscheidung, die nicht mehr ohne Weiteres rückgängig gemacht werden kann, wenn der Vertrag nicht unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Zustimmung des Betriebsrats steht (vgl. Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 53 mwN, AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23).

cc) Der verlangten Festlegung der Arbeitszeit steht keine Betriebsvereinbarung entgegen.

(1) Der Arbeitgeber führt Betriebsvereinbarungen nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG durch. Der Betriebsrat hat Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber Maßnahmen unterlässt, die den Regelungen der Betriebsvereinbarung widersprechen (Senat 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu B II 5 b der Gründe mwN, BAGE 110, 45). Eine auf der Grundlage von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG geschlossene Betriebsvereinbarung kann den Arbeitgeber deshalb dazu verpflichten, den Verteilungswunsch eines Arbeitnehmers abzulehnen (siehe zuletzt Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 55 mwN, AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23).

(2) Die Vereinbarung der Beklagten und des Betriebsrats vom 18. Januar 2007 hindert die vom Kläger gewünschte Festlegung der Arbeitszeit nicht. Die Vereinbarung behandelt im Wesentlichen die sog. Vertrauensarbeitszeit. Sie gibt in diesem Zusammenhang den "üblichen Rahmen vergleichbarer Firmen" für die Anfangs- und Endzeiten vor. Der Kläger kann auf einen Teil der weitergehenden Zeitsouveränität, die ihm dieser Rahmen lässt, verzichten, indem er eine Festlegung der Arbeitszeit auf vier Arbeitstage von Montag bis Donnerstag wünscht.

dd) Der Anspruch auf Zustimmung zur verlangten Festlegung der Arbeitszeit aus § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 TzBfG scheitert auch nicht an einer Regelungsabrede der Beklagten mit dem Betriebsrat des Betriebs in München.

(1) Die Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten aus § 87 Abs. 1 BetrVG können durch formlose Regelungsabrede ausgeübt werden (für die st. Rspr. Senat 16. Dezember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 63 mwN, AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23).

(2) Die Beklagte hat eine Regelungsabrede in den Tatsacheninstanzen nicht schlüssig behauptet.

(a) Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung sinngemäß vorgetragen, der Betriebsrat lehne eine Abweichung von dem vereinbarten Organisationskonzept ab, weil das System der Vertrauensarbeitszeit die Begrenzung auf einen Achtstundenarbeitstag voraussetze.

(b) Damit hat die Beklagte keine Tatsachen vorgebracht, die den Schluss auf eine der gewünschten Festlegung der Arbeitszeit entgegenstehende Regelungsabrede zulassen. Zwischen den Parteien ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unstreitig, dass es zumindest bei zwei Teilzeitkräften Abweichungen vom Achtstundentag gibt. Eine Teilzeitkraft arbeitet nicht an fünf Tagen in der Woche. Einen Zusammenhang zwischen der fehlenden Zeiterfassung aufgrund der Vertrauensarbeitszeit und dem Neuverteilungsantrag des Klägers hat die Beklagte nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts nicht nachvollziehbar dargelegt.

(c) Die Beklagte hat in der Revisionsbegründung vorgebracht, der Betriebsrat habe bereits erklärt, er werde einer Regelung, die die Verteilung der Arbeitszeit dahin ändere, dass Arbeitnehmer anstelle der betrieblich geregelten acht Stunden auch neun Stunden täglich arbeiten könnten, nicht zustimmen. Der Senat kann offenlassen, ob die Beklagte damit nur ihren Vortrag aus der Berufungsbegründung wiederholt. Sollte sie darüber hinaus weitere Tatsachen darlegen, darf der Senat dieses neue Vorbringen nicht berücksichtigen (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

7. Die hierfür behauptungsbelastete Beklagte (Senat 8. Mai 2007 - 9 AZR 1112/06 - Rn. 36, AP TzBfG § 8 Nr. 21 = EzA TzBfG § 8 Nr. 18) hat in der Revisionsverhandlung klargestellt, sie berufe sich nicht länger auf betriebliche Gründe, die der gewünschten Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit nach § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG entgegenstünden. Sie hat ihren in den Tatsacheninstanzen gehaltenen bestrittenen Vortrag damit fallengelassen. Der Senat hat daher davon auszugehen, dass der gewünschten Vertragsänderung keine betrieblichen Gründe entgegenstehen.

B. Die Kosten der erfolglosen Revision fallen nach § 97 Abs. 1 ZPO der Beklagten zur Last.

Ende der Entscheidung

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