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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 12.12.2000
Aktenzeichen: 9 AZR 706/99
Rechtsgebiete: TV ATZ, BGB
Vorschriften:
Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit (im öffentlichen Dienst) vom 5. Mai 1998 (TV ATZ) | |
BGB § 315 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 12. Dezember 2000
In Sachen
hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Leinemann, den Richter am Bundesarbeitsgericht Düwell, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Reinecke, die ehrenamtlicher Richter Dr. Weiss und Jungermann für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Oktober 1999 - 2 Sa 698/99 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land verpflichtet ist, mit der Klägerin einen Altersteilzeitarbeitsvertrag abzuschließen.
Die im Oktober 1943 geborene Klägerin ist seit 1977 bei dem beklagten Land im Klinikum der R als Fotolaborantin im zentralen Fotolabor beschäftigt. Sie arbeitet in Vollzeit. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind der Bundes-Angestelltentarifvertrag und die ihn ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweiligen Fassung anzuwenden, darunter der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 (TV ATZ).
Am 13. Oktober 1998 beantragte die Klägerin, mit ihr zum 1. November 1998 einen Altersteilzeitarbeitsvertrag zu schließen. Die R lehnte eine Vertragsänderung ab. Sie vereinbart Altersteilzeit mit Beschäftigten, die das 60. Lebensjahr noch nicht beendet haben, nur dann, wenn diese in Bereichen mit Stellenüberhang tätig sind. Anträge von Angestellten aus anderen Bereichen werden wegen fehlender finanzieller Mittel abgelehnt. In dem zentralen Fotolabor besteht kein Stellenüberhang. Eine von der Klägerin bei dem für die R zuständigen Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung beantragte Überprüfung der Entscheidung der Hochschule blieb erfolglos.
Im TV ATZ vom 5. Mai 1998 heißt es ua.:
"§ 2
Voraussetzungen der Altersteilzeit
(1) Der Arbeitgeber kann mit vollbeschäftigten Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr und eine Beschäftigungszeit (z. B. § 19 BAT/BAT-O) von fünf Jahren vollendet haben und in den letzten fünf Jahren an mindestens 1080 Kalendertagen mit der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt waren, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren. Geringfügige Unterschreitungen der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sind unbeachtlich. Als vollbeschäftigt gelten auch Arbeitnehmer, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit durch eine besondere tarifvertragliche Regelung herabgesetzt worden ist.
(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor Beginn der Altersteilzeit über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.
(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.
..."
Mit Wirkung zum 1. Juli 2000 wurde § 2 Abs. 1 TV ATZ geändert. Seitdem genügt, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1.080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem SGB III gestanden hat.
Mit ihrer im Februar 1999 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Entscheidung des beklagten Landes sei rechtsfehlerhaft. Die Vereinbarung von Altersteilzeit könne auch bei Angestellten vor Vollendung des 60. Lebensjahres nur abgelehnt werden, soweit dringende dienstliche oder betriebliche Gründe entgegenstünden.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, mit der Klägerin einen Altersteilzeitvertrag gemäß Tarifvertrag vom 5. Mai 1998 zur Regelung der Altersteilzeit im öffentlichen Dienst abzuschließen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision. Das beklagte Land beantragt deren Zurückweisung.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
A. Die Klage ist zulässig.
I.1. Die Klägerin hat vor dem Landesarbeitsgericht klargestellt, das beklagte Land solle zur Annahme ihres in der Klage enthaltenen Angebots auf Abschluß eines Alters-teilzeitarbeitsvertrags verurteilt werden. Ein solcher Antrag ist zulässig, wenn der Vertrag erst aufgrund gerichtlicher Entscheidung zustande kommen soll. Er ist nicht auf eine unmögliche Leistung gerichtet (vgl. BAG 15. Juli 1982 - 2 AZR 887/79 - BAGE 39, 180, 183 f.; 6. August 1997 - 7 AZR 557/96 - BAGE 86, 194, 195; 23. Februar 2000 - 7 AZR 891/98 - AP MTL II § 62 Nr. 1 = EzA TVG § 4 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 1; 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 6 = EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 5).
2. Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Aus der Formulierung, die Vertragsänderung solle "nach Maßgabe des TV ATZ" erfolgen, wird der Inhalt des von der Klägerin verfolgten Prozeßziels deutlich. Hierfür ist unerheblich, daß sich weder aus dem Klageantrag noch aus der zur Auslegung heranzuziehenden Klagebegründung oder dem sonstigen in Bezug genommenen Akteninhalt ergibt, ob die Altersteilzeit im Block- oder im Teilzeitmodell (§ 3 Abs. 2 lit. a und lit. b TV ATZ) durchgeführt werden soll. Die Klägerin hat damit dem beklagten Land die Auswahl des Arbeitszeitmodells überlassen, nach dem die Altersteilzeit durchgeführt werden soll. Die vom beklagten Land nach Auffassung der Klägerin geschuldete Erklärung gilt danach zwar nicht allein aufgrund des rechtskräftigen Urteils (§ 894 ZPO) als abgegeben, weil durch ein stattgebendes Urteil nur über einen Anspruch der Klägerin auf Änderung des Arbeitsvertrags entschieden wird. Ein solches Urteil, das dem Schuldner die Wahl zwischen zwei möglichen Vertragsmodellen und den hierfür in Betracht kommenden Willenserklärungen überläßt, betrifft eine nicht vertretbare Handlung. Es ist nach § 890 ZPO zu vollstrecken.
B. In der Sache ist die Revision ohne Erfolg. Die Vorinstanzen haben zu Recht einen Anspruch der Klägerin gegen das beklagte Land auf Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsvertrags verneint.
I. Auf § 2 Abs. 2 TV ATZ kann die Klägerin ihren Anspruch nicht stützen. Einen Anspruch auf Vertragsänderung haben danach nur Angestellte ab Vollendung des 60. Lebensjahres. Die Klägerin hat diese Altersgrenze nicht erreicht.
II. Ein Anspruch läßt sich nicht aus § 2 Abs. 1 TV ATZ herleiten.
1. Die Klägerin erfüllt zwar die in der Vorschrift genannten Voraussetzungen. Sie hat das 55. Lebensjahr vollendet und ist während der letzten fünf Jahre an mindestens 1080 Kalendertagen sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die Entscheidung des beklagten Landes, mit der Klägerin keine Altersteilzeitarbeit zu vereinbaren, ist aber nicht zu beanstanden.
a) Nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 1 TV ATZ kann der Arbeitgeber mit Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis vereinbaren. Mit der Formulierung "kann" wird regelmäßig ausgedrückt, daß dem Berechtigten die Entscheidung überlassen wird, ob er tätig wird oder nicht. Für die Auslegung der Tarifvorschrift gilt nichts anderes. Der Arbeitgeber ist danach nicht verpflichtet, dem Antrag eines Arbeitnehmers auf Änderung des Arbeitsvertrags allein deshalb zu entsprechen, weil dieser die in der Vorschrift bestimmten Voraussetzungen erfüllt. Die Tarifvertragsparteien haben die Entscheidung über die vom Arbeitnehmer verlangte Vertragsänderung vielmehr in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt (vgl. BAG 12. Januar 1989 - 8 AZR 251/88 - BAGE 60, 362; 28. Februar 1989 - 3 AZR 468/87 - AP VRG § 2 Nr. 7 = EzA VRG § 2 Bankgewerbe Nr. 1, zum Vorruhestands-Tarifvertrag Bankgewerbe).
Der Arbeitgeber ist allerdings nicht frei in der Ausübung seines Ermessens. Ersichtlich haben die Tarifvertragsparteien mit der "Kann - Bestimmung" nicht allein die Selbstverständlichkeit wiederholt, daß der Arbeitgeber Vertragsfreiheit (§ 305 BGB) genießt und daher mit den Arbeitnehmern auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes Verträge schließen kann. Der Arbeitnehmer hat vielmehr Anspruch darauf, daß der Arbeitgeber bei der Entscheidung über seinen Antrag billiges Ermessen wahrt (§ 315 Abs. 1 BGB entsprechend). Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und die beiderseitigen Interessen angemessen zu wahren.
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist das Ermessen des beklagten Landes nicht an weitere Vorgaben gebunden. Das beklagte Land war berechtigt, den Antrag der Klägerin auch aus anderen als den in § 2 Abs. 3 TV ATZ genannten dringenden betrieblichen oder dienstlichen Gründen abzulehnen. Die Vorschrift bezieht sich allein auf Arbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 2 TV ATZ, also auf Arbeitnehmer ab Vollendung des 60. Lebensjahres. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrags.
aa) Dem Wortlaut von § 2 Abs. 3 TV ATZ und seiner räumlichen Anordnung in der Tarifvorschrift ist diese Einschränkung nicht ohne weiteres zu entnehmen. Sie ergibt sich aber aus dem Inhalt des Tarifvertrags, nämlich aus der unterschiedlichen Ausgestaltung der Rechtsstellung der Arbeitnehmer, mit denen der Arbeitgeber Altersteilzeit vereinbaren kann. So haben die Tarifvertragsparteien die Rechte der Angestellten ab Vollendung des 60. Lebensjahres im Verhältnis zu denen der jüngeren Angestellten stärker ausgestaltet und einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Vertragsänderung normiert. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Übergang in die Altersteilzeit zuzustimmen. Ihm ist kein Ermessen eingeräumt; er "muß" den Antrag des Arbeitnehmers annehmen. Eine Ablehnung kommt nur nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 TV ATZ in Betracht.
Mit dieser unterschiedlichen Rechtsstellung läßt sich eine Anwendung von § 2 Abs. 3 TV ATZ auf Arbeitnehmer der Altersgruppe wie der Klägerin nicht vereinbaren. Sie führt zu einer Änderung des Inhalt des in § 2 Abs. 1 TV ATZ begründeten Anspruchs. Aus dem Anspruch auf Wahrung billigen Ermessens wird im Ergebnis eine Pflicht des Arbeitgebers zum Abschluß des Änderungsvertrags, wenn er ausschließlich dringende dienstliche oder betriebliche Gründe berücksichtigen dürfte. Die von den Tarifvertragsparteien erkennbar gewollte Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern "mit" und "ohne" Anspruch auf Vertragsänderung würde aufgehoben (vgl. LAG Berlin 1. Oktober 1999 - 19 Sa 1271/99 - EzBAT TV Altersteilzeit Nr. 1; LAG Berlin 11. Februar 2000 - 6 Sa 2394/99 - nv.; LAG Köln 16. Februar 2000 - 2 Sa 1228/99 - nv.; LAG Hamburg 26. Juli 2000 - 8 Sa 48/00 - ZTR 2000, 459; ArbG Kassel 28. April 1999 - 9 Ca 81/98 - nv.; ArbG Gießen 12. Oktober 1999 - 4 Ca 214/99 - nv.; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand: Dezember 2000 Bd. 6 Teil VI Altersteilzeit-TV Anm.13.3.; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand: Dezember 2000 Teil VI/8 TV Altersteilzeit § 2 Rn. 9; Thiel ZTR 1998, 337, 339 f.; Obenaus Die Personalvertretung 1999, 298, 300; aA. ArbG Detmold 13. August 1999 - 2 Ca 426/99 - nv.; Rothländer Der Personalrat 2000, 329, 330; Pieper/Rothländer Praxiswissen Altersteilzeit im öffentlichen Dienst S 90-92).
bb) Dieser Widerspruch läßt sich nicht mit der Begründung auflösen, § 2 Abs. 3 TV ATZ habe je nach Altersgruppe einen unterschiedlichen Inhalt; der Ermessensspielraum des Arbeitgebers sei bei einer Entscheidung über den Altersteilzeitantrag nach Vollendung des 55. Lebensjahres bis zum 60. Lebensjahr "größer" (Pieper Der Personalrat 1998, 347, 348; ähnlich auch Langenbrinck AuA 1999, 72). Dem Wortlaut der Tarifvorschrift läßt sich eine solche Differenzierung nicht entnehmen.
Damit wird außerdem übersehen, daß es sich bei den genannten "dringenden dienstlichen/betrieblichen Gründen" um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt (vgl. BAG 8. März 1988 - 3 AZR 302/87 - AP VRG § 2 Nr. 2 = EzA VRG § 2 VRTV-Bauwirtschaft Nr. 1). Ob deren Merkmale vorliegen oder nicht, liegt daher nicht im Ermessen des Arbeitgebers sondern ist eine Rechtsfrage, bei deren Beantwortung dem Arbeitgeber lediglich ein Beurteilungsspielraum zur Verfügung steht. Ob die von ihm vorgetragenen Tatsachen vorliegen, ist Gegenstand der gerichtlichen Tatsachenfeststellung.
Der Senat folgt daher auch nicht der Ansicht des Landesarbeitsgerichts, § 2 Abs. 3 TV ATZ sei keine abschließende Regelung. Für eine vermeintlich nur beispielhafte Aufzählung bietet der Wortlaut der Vorschrift keinen Anhalt. Dagegen sprechen zudem die Anforderungen an die zulässigen Ablehnungsgründe. Diese müssen "dringend" sein. Mit dieser Hervorhebung haben die Tarifvertragsparteien deutlich gemacht, daß sachliche Gründe allein nicht zur Abwehr des Anspruchs auf Altersteilzeit genügen.
cc) Soweit im Schrifttum (Pieper/Rothländer aaO) auf einen Angebotstext der Arbeitgeberseite vom 2. April 1998 verwiesen wird, der für beide Beschäftigtengruppen jeweils getrennt die Beschränkung auf dringende dienstliche oder betriebliche Gründe formuliert, ergibt sich daraus nichts anderes. Die vereinbarte Fassung des Tarifvertrags weicht hiervon ab.
dd) Die beschäftigungspolitischen Ziele, wie sie in der Präambel des TV Altersteilzeit formuliert sind, führen ebenfalls zu keiner anderen Auslegung. Danach wollen die Tarifvertragsparteien "mit Hilfe dieses Tarifvertrages älteren Beschäftigten einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglichen und dadurch vorrangig Auszubildenden und Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen". Angesprochen ist also der gesamte Inhalt des Tarifvertrags und nicht nur die Rechtsstellung der Arbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 1 TV ATZ. Daß der danach mit dem Tarifvertrag verfolgte Zweck nur dann erreicht wird, wenn altersunabhängig allen Arbeitnehmern ab vollendetem 55. Lebensjahr im Ergebnis ein Anspruch auf Vertragsänderung eingeräumt wird, läßt sich dem Tarifvertrag aber nicht entnehmen.
ee) Ebensowenig greift die Argumentation der Klägerin, § 2 Abs. 1 TV ATZ mache keinen Sinn, weil die Vorschrift im wesentlichen nur das wiedergebe, was bereits Gegenstand der gesetzlichen Regelung in § 2 Altersteilzeitgesetz sei. Das trifft nicht zu. Im Altersteilzeitgesetz sind allein die Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit geregelt, die Arbeitgebern zur Förderung der Altersteilzeitarbeit gewährt werden. Es enthält die Mindestbedingungen, denen das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarte Altersteilzeitarbeitsverhältnis entsprechen muß. Es begründet aber keinen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, über einen Antrag auf Altersteilzeitarbeit nur nach billigem Ermessen entsprechend § 315 BGB zu entscheiden.
Anderes ergibt sich auch nicht aus § 42 Abs. 3 SGB VI. Danach kann ein Arbeitnehmer, der wegen der beabsichtigten Inanspruchnahme einer Teilrente seine Arbeitszeit verringern will, vom Arbeitgeber verlangen, daß dieser mit ihm Teilzeitmöglichkeiten erörtert. Der Arbeitgeber muß zum Vorschlag des Arbeitnehmers Stellung nehmen. Weitergehende Ansprüche hat der Arbeitnehmer nicht (vgl. Küttner/Kreitner Personalbuch 2001 Altersteilzeit Rn. 10).
c) Die Ermessensentscheidung des beklagten Landes hält entgegen der Auffassung der Klägerin den gesetzlichen Anforderung stand. Sie ist nicht unbillig.
Ob der Arbeitgeber bei seiner Ermessensentscheidung die wesentlichen Umstände des Falles und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vgl. BAG 11. Februar 1998 - 5 AZR 472/97 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 54 = EzA BGB § 315 Nr. 48; 24. April 1996 - 5 AZR 1031/94 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; 23. Juni 1993 - 5 AZR 337/92 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 42 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 13; 25. Oktober 1989 - 2 AZR 633/88 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 36 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 30). Diese Billigkeitskontrolle obliegt vorrangig den Tatsacheninstanzen, weil es bei ihr darum geht, die besonderen tatsächlichen Gegebenheiten festzustellen und zu würdigen. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts, mit denen es die Entscheidung des beklagten Landes als angemessen beurteilt hat, lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
aa) In dem TV Altersteilzeit werden keine Umstände genannt, die der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung über einen Antrag auf Altersteilzeit nach § 2 Abs. 1 TV ATZ zu berücksichtigen hat. Ausreichend sind daher alle sachlichen Gründe, die vom Arbeitgeber zur Rechtfertigung vorgebracht werden. Finanzielle Erwägungen des Arbeitgebers sind daher nicht ausgeschlossen.
bb) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 561 ZPO) hat die R die grundsätzliche Entscheidung getroffen, Verträge über Altersteilzeit mit Arbeitnehmern zwischen dem 55. und dem 59. Lebensjahr nur dann abzuschließen, wenn ein abzubauender Stellenüberhang besteht. Anträge von Arbeitnehmern aus anderen Abteilungen werden abgelehnt, weil die sonst notwendige Ersatzeinstellung zu erhöhten wirtschaftlichen Belastungen führt. Das ist ein ausreichender Ablehnungsgrund.
Dem steht nicht entgegen, daß bei dieser Handhabung die nach der Präambel des TV ATZ verfolgten Ziele für die Altersgruppe der Klägerin nicht erreicht werden. Altersteilzeit eröffnet Beschäftigungsmöglichkeiten für Auszubildende und Arbeitslose nur, wenn frei werdende Stellen wieder besetzt werden. Denn auch die Beschäftigung eines sog. Wiederbesetzers (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese aaO Anm. 4.2 S 582 b) führt bei der durch die Bundesanstalt für Arbeit geförderten Altersteilzeitregelung zu einer Mehrbelastung des Arbeitgebers, da die nach dem TV ATZ vorgesehenen Leistungen von 83 % Mindestnettovergütung (§ 5 Abs. 2 TV ATZ) und die zusätzlich anfallenden Arbeitgeberanteile im Vergleich zu den Förderungsleistungen von 70 % (Mindestnettovergütung) nach § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 AtG diese übersteigen. Zudem hat der Arbeitgeber neben den von ihm zu tragenden Sozialversicherungsbeiträgen die nach § 5 Abs. 4 TV ATZ dem Arbeitnehmer zustehenden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Diese müssen mindestens so hoch sein, daß der Unterschiedsbetrag 90 % des Entgelts, das die Beschäftigten für eine entsprechende Vollzeitbeschäftigung erhalten würden, zusätzlich versichert wird. Von diesen zusätzlich zu entrichtenden Beiträgen für die Altersteilzeitbezüge trägt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer- und den Arbeitgeberanteil (Pieper/Rothländer Praxiswissen Altersteilzeit im öffentlichen Dienst S 137 f.).
Auch die Klägerin verkennt diese Mehrbelastung nicht. Sie macht nur geltend, die zusätzlichen Kosten würden teilweise wegen der regelmäßig geringeren Vergütung der Neueingestellten ausgeglichen. Daß gleichwohl zusätzliche Kosten bei dem beklagten Land verbleiben, stellt sie hingegen nicht in Abrede. Eigene Interessen, die über den von ihr geäußerten Wunsch nach einem gleitenden Übergang in den Ruhestand hinaus hätten berücksichtigt werden müssen, hat sie nicht vorgetragen.
Die Klägerin macht deshalb auch ohne Erfolg geltend, das beklagte Land habe keine Einzelfallentscheidung getroffen. An dieser Erwägung ist zwar richtig, daß die Ermessensentscheidung des Arbeitgebers regelmäßig eine Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls verlangt. Das schließt aber generelle Vorentscheidungen des Arbeitgebers, wie er eine Tarifnorm in die Praxis umsetzt, nicht aus. Derartige Regelungen dienen zum einen einer einheitlichen Anwendung der Tarifvorschriften. Sie tragen außerdem dem Bedürfnis nach Transparenz Rechnung; der Arbeitnehmer weiß, welche Kriterien für die Entscheidung des Arbeitgebers maßgeblich sind. In eine weitergehende Prüfung der bei seiner Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden Belange des Arbeitnehmers muß der Arbeitgeber danach erst dann eintreten, wenn der Arbeitnehmer über die im Tarifvertrag normierten Anspruchsvoraussetzungen hinaus auf seinen Fall bezogene Umstände darlegt. Daran fehlt es.
C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Ende der Entscheidung
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