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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 23.02.1999
Aktenzeichen: 9 AZR 737/97
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 158 | |
BGB § 1113 | |
ZPO § 767 | |
ZPO § 795 Abs. 1 Nr. 5 |
1. Räumt ein Versicherungsunternehmen Arbeitnehmern für ein Baudarlehen einen Sonderzinssatz ein, so enthält die Bedingung, daß nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses der für Versicherungsnehmer geltende höhere Zinssatz zur Anwendung kommt, keine unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmer.
2. Eine tarifliche Ausschlußklausel, nach der vertragliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb bestimmter Fristen schriftlich geltend zu machen sind, erfaßt nicht Zinsforderungen aus Arbeitgeberdarlehn.
Aktenzeichen: 9 AZR 737/97 Bundesarbeitsgericht 9. Senat Urteil vom 23. Februar 1999 - 9 AZR 737/97 -
I. Arbeitsgericht Augsburg - 3 Ca 2285/95 - Urteil vom 03. April 1996
II. Landesarbeitsgericht München - 10 Sa 610/96 - Urteil vom 26. Juni 1997
---------------------------------------------------------------------- Für die Amtliche Sammlung: Nein Für die Fachpresse : Ja Für das Bundesarchiv : Nein ----------------------------------------------------------------------
Entscheidungsstichworte: Verzinsung eines Arbeitgeberdarlehens
Gesetz: BGB §§ 158, 1113; ZPO §§ 767, 795 Abs. 1 Nr. 5
9 AZR 737/97 10 Sa 610/96 München
Im Namen des Volkes! Urteil
Verkündet am 23. Februar 1999
Brüne, Reg.-Obersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In Sachen
pp.
hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Leinemann, den Richter Düwell und die Richterin Reinecke sowie die ehrenamtlichen Richter Schwarz und Trümner für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 26. Juni 1997 - 10 Sa 610/96 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde, in der sich der Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat.
Der Kläger war von Oktober 1988 bis Ende 1993 bei der Beklagten als Sachbearbeiter in deren Augsburger Schadensbüro beschäftigt. Bei der Anstellung ist die Anwendung des Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe in der Bundesrepublik Deutschland und im Land Berlin vom 31. Oktober 1980 in der Fassung vom 25. Oktober 1990 vereinbart worden (kurz: MTV). Dort ist unter anderem geregelt:
§ 24
Verfall von Ansprüchen
Vertragliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, soweit sie nicht spätestens innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich geltend gemacht werden.
Hierunter fallen nicht Ansprüche des Arbeitgebers aus der Einkommensregelung mit Arbeitnehmern des Außendienstes, insbesondere aus einer Provisionsvereinbarung. Entsprechende Ansprüche der Arbeitnehmer im Außendienst müssen jedoch innerhalb einer Frist von 12 Monaten wenigstens dem Grunde nach schriftlich geltend gemacht werden.
1990 erklärte sich die Beklagte auf Bitten des Klägers bereit, ihm ein Hypothekendarlehen für den Kauf einer Eigentumswohnung zu folgenden Bedingungen zu gewähren:
"Ihnen als Mitarbeiter räumen wir Vergünstigungen in den Bedingungen in der Weise ein, daß wir den Auszahlungskurs von 90,50% auf 91,50% erhöhen und statt der im Grundbuch einzutragenden 7,25% jährlichen Zinsen bis auf weiteres nur 6,5% berechnen ...
Die Vergünstigungen entfallen, ohne daß es einer besonderen Kündigung dieser Zusatzvereinbarung bedarf, wenn das bestehende Arbeitsverhältnis beendet wird ..."
Dem stimmte der Kläger zu. In die darüber errichtete notarielle Urkunde ist aufgenommen worden, daß der Zinssatz 7,25 vom Hundert bezogen auf das Jahr betrage und die Zinsen vierteljährlich nachträglich fällig werden. Die Beklagte zahlte dem Kläger das Darlehen im Dezember 1990 aus. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1993. Aufgrund einer vom Kläger erteilten Einzugsermächtigung zog die Beklagte die Zinsraten jeweils ein. Dabei berechnete sie die Darlehenszinsen für das vierte Quartal 1993 und das erste bis dritte Quartal 1994 noch nach dem für Mitarbeiter geltenden Sonderzinssatz von 6,5 %. Erst am 7. Oktober 1994 wies sie darauf hin, daß entsprechend der getroffenen Abrede die Zinsvergünstigung entfallen sei. Am 9. Dezember 1994 forderte die Beklagte den Kläger unter Androhung der Zwangsvollstreckung auf, beginnend mit dem 1. Januar 1994 die höheren Darlehenszinsen zu zahlen.
Zur Abwehr der Zwangsvollstreckung hat der Kläger am 6. Juli 1995 Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, das Recht der Beklagten zur Zinsanpassung sei nach § 24 MTV verfallen. Im übrigen sei es verwirkt, weil nach der Beilegung anderer Streitigkeiten bezüglich Weihnachtsgeld und Zeugnis sowie der Anpassung von Sachversicherungen er nicht mehr damit habe rechnen müssen, daß der Zinssatz für die Darlehensschuld erhöht werde.
Der Kläger hat beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars Dr. B , T straße , A , vom 28. September 1990, Urkunden-Rolle-Nr. 0958/1990 I V/W, wird für unzulässig erklärt, soweit die Beklagte einen höheren Zinssatz als 6,5 % jährlich verlangt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Zwangsvollstreckung im Umfang von 450,00 DM für unzulässig erklärt, weil die Beklagte für die im Januar 1994 fällig gewordene Zinsrate des vierten Quartals 1993 noch nicht zur Zinsanpassung befugt gewesen sei und für die Rate des ersten Quartals 1994 den höheren Zinssatz nicht innerhalb der Ausschlußfrist durch § 24 MTV verlangt habe. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger das Ziel, die Zwangsvollstreckung aus dem in der Hypothek bestimmten höheren Zinssatz insgesamt für unzulässig zu erklären.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Kläger ist unbegründet.
Die nach § 795 Satz 1, § 794 Abs. 1 Nr. 5, § 767 ZPO erhobene Vollstreckungsabwehrklage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Zugunsten der Beklagten ist eine nach § 797 Abs. 1 Nr. 5 ZPO vollstreckbare Urkunde errichtet worden. Die Beklagte kann nach § 1147 BGB aus der zu ihren Gunsten bestellten Hypothek die Zwangsvollstreckung in das dem Kläger gehörende Grundstück betreiben. Von daher ist für die vom Kläger erhobene Vollstreckungsabwehrklage ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben.
2. Der Kläger hat jedoch keine Einwendungen erhoben, die der Vollstreckbarkeit der in der Urkunde eingetragenen Höhe der Verzinsung des Darlehens entgegenstehen.
a) Nach der rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung für die Zinsforderung aus dem vierten Quartal 1993 und dem ersten Quartal 1994 ist in der Revisionsinstanz nur noch über die Einwendungen gegen die Zinsansprüche der Beklagten beginnend mit dem zweiten Quartal 1994 zu entscheiden.
b) Die Beklagte ist berechtigt, von ihrem Verwertungsrecht aus der zu ihren Gunsten errichteten Hypothek (§ 1113 Abs. 1 BGB) Gebrauch zu machen. Denn die Hypothek sichert die Forderung der Beklagten, von dem Kläger die Verzinsung der Darlehensschuld in Höhe des Zinssatzes von 7,25 vom Hundert zu verlangen. Zwar war in der ursprünglichen Vereinbarung von 1990 ein Zinssatz von 6,5 vom Hundert jährlich vereinbart. Diese Vergünstigung soll aber nach der getroffenen Vereinbarung entfallen, ohne daß es einer besonderen Kündigung bedarf, wenn das bestehende Arbeitsverhältnis beendet wird. Nach § 158 BGB ist mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf des 31. Dezember 1993 der Rechtszustand eingetreten, daß der Kläger von da an die Verzinsung der Darlehensschuld mit dem Zinssatz von 7,25 vom Hundert jährlich schuldet.
Gegen die von den Parteien vereinbarte automatische Zinsanpassung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Sie führt nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers als Darlehensnehmer. Zwar hat das Landesarbeitsgericht Saarland (Urteil vom 29. April 1987 - 1 Sa 91/86 - NJW-RR 1988, 1008) erkannt, eine Zinsanpassungsklausel benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen, wenn sie den Darlehensgeber berechtigte, bei Ausscheiden eines Mitarbeiters dessen Darlehenszinssatz der dann geltenden Effektivverzinsung anzupassen (zustimmend Kohte, AR-Blattei (D) Darlehen, Gemeinsame Anmerkung zu Entscheidungen 1 und 2; Preis, Grundfragen der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 1993, S. 559). Hier liegt jedoch kein vergleichbarer Fall vor. Denn die vereinbarte Klausel berechtigte die Beklagte nicht, den Zinssatz bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses an den für den Tag des Ausscheidens noch zu ermittelnden marktüblichen Zinssatz anzupassen. Für den Fall des Ausscheidens war der anzuwendende Zinssatz bereits bei Abschluß des Darlehensvertrages konkret vertraglich festgesetzt worden. Dem Kläger ist daher nicht wie in dem vom Landesarbeitsgericht Saarland (aaO) entschiedenen Fall das Zinsveränderungsrisiko aufgebürdet worden. Er steht nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht schlechter als ein Kunde der Beklagten, dem 1990 ein Hypothekendarlehen gewährt worden ist.
Kommt hier keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers in Betracht, bedarf es keiner Stellungnahme des Senats zu der Rechtsfrage, ob Darlehensverträge zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer überhaupt der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG unterliegen (dazu neigend: BAG Urteil vom 23. September 1992 - 5 AZR 569/91 - AP Nr. 1 zu § 611 BGB Arbeitnehmerdarlehen).
d) Die Zinsforderung, zu deren Sicherung die Hypothek bestellt ist, besteht auch fort. Sie ist entgegen der Ansicht der Revision nicht erloschen.
aa) Das Recht der Beklagten, vom Kläger für die seit dem 1. April 1994 zu verzinsende Geldschuld 7,25 vom Hundert Zinsen zu verlangen, ist nicht nach § 24 MTV verfallen.
Das Recht, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Zinsen entsprechend dem Zinssatz von 7,25 vom Hundert zu verlangen, mußte nicht innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich geltend gemacht werden. Der Kläger verkennt, daß der Zinssatz automatisch durch den Eintritt einer vertraglich vereinbarten Bedingung erhöht worden ist. Daher mußte die Beklagte auch nicht innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Recht zur Anpassung schriftlich geltend machen.
bb) Die nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis fällig gewordenen Zinsraten sind nicht von dem sachlichen Gegenstandsbereich der tariflichen Ausschlußfrist nach § 24 Satz 1 MTV erfaßt worden.
Nach der tariflichen Regelung sollen nur vertragliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, soweit sie nicht rechtzeitig nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich geltend gemacht werden. Damit haben die Tarifvertragsparteien Ansprüche befristet, die sich aus dem vertraglichen Austauschverhältnis ergeben (vgl. Weyand, Die tariflichen Ausschlußfristen in Arbeitsrechtsstreitigkeiten, 2. Aufl., S. 71). Nicht erfaßt werden Ansprüche aus selbständig neben dem Arbeitsvertrag abgeschlossenen anderen bürgerlich-rechtlichen Verträgen, wie z.B. Mietzinsforderungen aus Werkmietverträgen (BAG Urteile vom 20. Januar 1982 - 5 AZR 755/79 - BAGE 37, 344, 346 = AP Nr. 72 zu § 4 TVG Ausschlußfristen; vom 27. November 1984 - 3 AZR 596/82 - AP Nr. 89 zu § 4 TVG Ausschlußfristen). Darlehensverträge zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden zwar meist mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis zu Sonderkonditionen abgeschlossen. Darlehensvertrag und Arbeitsvertrag bleiben jedoch rechtlich selbständig (vgl. BAG Urteil vom 23. September 1992 - 5 AZR 569/91 - AP Nr. 1 zu § 611 BGB Arbeitnehmerdarlehen). Sie stehen nur in einem wirtschaftlichen Zusammenhang, aus dem sich die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 a ArbGG ergibt (vgl. Urteilsanmerkung Kohte, aaO). So ist es auch im Streitfall. Die Parteien haben über das Baudarlehen unabhängig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses den Vertrag geschlossen. Sie haben ausdrücklich vereinbart, daß der Darlehensvertrag über den Bestand des Arbeitsverhältnisses hinaus weiter gelten und lediglich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sich die Höhe des Zinssatzes ändern sollte.
e) Die Beklagte hat auch nicht das Recht auf Verzinsung ihrer Darlehensforderung nach dem höheren Zinssatz verwirkt.
Die Beklagte hat den höheren Zinssatz bereits am 7. Oktober 1994 geltend gemacht. Für die am 30. Juni 1994 fällig gewordene zweite Zinsrate ist somit eine Verzögerung von nicht mehr als drei Monaten und einer Woche eingetreten. Es fehlt somit schon an dem für eine Verwirkung vorauszusetzenden Zeitmoment (vgl. BAG Urteil vom 18. Dezember 1967 - 3 AZR 232/66 - AP Nr. 123 zu § 242 BGB Ruhegehalt).
Das von der Revision zur Begründung der Verwirkung angezogene Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 31. Januar 1989 (- 7 U 152/87 - NJW-RR 1989, 558) ist nicht einschlägig. Dort ging es um eine mit fast vierjähriger Verspätung geforderte Zinsnachzahlung. Hier ist es Ziel der Revision, den ermäßigten Zinssatz auch für künftig fällige Ratenzahlungen beizubehalten.
II. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Ende der Entscheidung
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