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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 11.08.1998
Aktenzeichen: 9 AZR 83/97
Rechtsgebiete: BGB, WEG
Vorschriften:
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 | |
BGB § 818 Abs. 3 | |
WEG § 27 Abs. 2 |
Der Verwalter ist nach § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG nicht ermächtigt, ohne Beschluß der Wohnungseigentümer Klage auf Rückzahlung des Lohnes gegen einen früheren Arbeitnehmer der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erheben.
Aktenzeichen: 9 AZR 83/97 Bundesarbeitsgericht 9. Senat Urteil vom 11. August 1998 - 9 AZR 83/97 -
I. Arbeitsgericht Mannheim - 2 Ca 434/95 - Urteil vom 17. Januar 1996
II. Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Mannheim) - 13 Sa 55/96 - Urteil vom 19. Dezember 1996
---------------------------------------------------------------------- Für die Amtliche Sammlung: Nein Für die Fachpresse : Ja Für das Bundesarchiv : Nein ----------------------------------------------------------------------
Entscheidungsstichworte: Rückforderung von irrtümlich überwiesenem Arbeitsentgelt
Gesetz: BGB § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 3; WEG § 27 Abs. 2
13 Sa 55/96 Baden-Württemberg
Im Namen des Volkes! Urteil
Verkündet am 11. August 1998
Brüne, Reg.-Obersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In Sachen
pp.
hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. August 1998 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Leinemann, den Richter Düwell und die Richterin Reinecke, sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Weiss und die ehrenamtliche Richterin Benz für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 19. Dezember 1996 - 13 Sa 55/96 - teilweise aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 17. Januar 1996 - 2 Ca 434/95 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.900,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28. April 1994 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im übrigen werden Berufung und Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Die Klägerin hat 6/10 und die Beklagte hat 4/10 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, Lohn zurückzuzahlen, der von dem früheren Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugunsten der Beklagten und ihres Sohnes Andreas überwiesen worden ist.
Die Klägerin ist Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft Heidelberger Straße 16 in Walldorf. Die Beklagte war dort für die Wohnungseigentümergemeinschaft mit Putzarbeiten und ihr Sohn Andreas für die Kontrolle sowie Wartung der technischen Einrichtungen beschäftigt. Als monatliches Entgelt war der Beklagten 325,00 DM und ihrem Sohn 450,00 DM zugesagt. Abredegemäß wurde die Vergütung für die Beklagte und ihren Sohn jeweils getrennt auf das Konto des Ehemannes der Beklagten bei der Volksbank W. überwiesen. Der Ehemann hatte der Klägerin Kontovollmacht eingeräumt. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahr 1993 wurde versehentlich der Widerruf der zugunsten der Beklagten und ihres Sohnes eingerichteten Dauerüberweisungsaufträge versäumt. Dem Konto des Ehemannes der Beklagten wurden zwölf Monate lang der Lohn für die Beklagte und deren Sohn in Höhe von insgesamt 9.300,00 DM gutgebracht. Nach vergeblicher Rückforderung im April 1994 beschloß die Wohnungseigentümergemeinschaft:
"Die Eigentümergemeinschaft bevollmächtigt die Verwaltung, in eigenem Namen für die Eigentümergemeinschaft zuviel gezahlten Lohn an Frau Breil, unter Einschaltung eines Rechtsanwaltes, gerichtlich zurückzufordern."
Mit der am 12. April 1995 erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.300,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 28. April 1994 zu zahlen.
Die Beklagte hat sich auf Entreicherung berufen. Die Überzahlung sei von ihr nicht bemerkt worden. Der Ehemann habe das Geld für den Unterhalt der Familie verbraucht.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen worden. Mit der zugelassenen Revision beantragt die Beklagte weiterhin, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Soweit die Klägerin von der Beklagten den zugunsten des Sohnes Andreas der Beklagten überwiesenen Lohn zurückfordert, ist die Revision begründet. Die Klage ist insoweit unzulässig. Im übrigen ist die Revision unbegründet. Die Beklagte schuldet unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB die Zahlung von 3.900,00 DM nebst Verzugszinsen.
1. Die Klage auf Rückzahlung des für den Sohn Andreas der Beklagten überwiesenen Lohnes ist unzulässig. Der Klägerin fehlt insoweit die Prozeßführungsbefugnis für die in eigenem Namen geltend gemachten Rechte der Wohnungseigentümer.
Nach § 27 Abs. 2 Nr. 5 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (WEG) ist der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft nur dann berechtigt Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, sofern er hierzu durch Beschluß der Wohnungseigentümer ermächtigt ist. Die Eigentümergemeinschaft hat den Verwalter nur ermächtigt, "zuviel gezahlten Lohn an Frau Breil" gerichtlich in eigenem Namen für die Eigentümergemeinschaft zurückzufordern. Für die Rückforderung der an den Sohn Andreas der Beklagten überwiesenen 5.900,00 DM fehlt der ermächtigende Beschluß. Gesetzlich ist der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zur Prozeßführung befugt, sofern es die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümer betrifft (§ 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG). Der Verwalter bedarf dazu der besonderen Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer (BGHZ 100, 391, 393; Zöller/Vollkommer, ZPO, 20. Aufl., vor § 50 Rz 49).
Die Prozeßführungsbefugnis ist eine Prozeßvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGHZ 31, 279, 281; BGHZ 100, 217, 219). Ihr Fehlen führt zur Abweisung der Klage als unzulässig (BGHZ 31, 279, 280).
2.a) Soweit mit der Klage die Rückzahlung von 3.900,00 DM, die irrtümlich als Lohn für die Beklagte überwiesen worden sind, geltend gemacht wird, ist die Klägerin zur Prozeßführung als gewillkürte Prozeßstandschafterin aufgrund des Beschlusses der Wohnungseigentümer ermächtigt. Sie ist berechtigt, von der Beklagten das heraus zu verlangen, was die Beklagte von den Wohnungseigentümern ohne rechtlichen Grund erlangt hat (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB).
b) Nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht eine Verpflichtung zur Herausgabe des durch die Leistung eines anderen ohne rechtlichen Grund erlangten "Etwas". Darunter ist jeder Vorteil zu verstehen, der das wirtschaftliche Vermögen des Begünstigten irgendwie gemehrt hat (BGHZ 55, 128, 131; BGH Urteil vom 7. Oktober 1994 - V ZR 4/94 - NJW 1995, 53, 54). Zwar wird das Vermögen des Bankkontoinhabers, hier also des Ehemannes der Beklagten, durch die Gutschrift einer Überweisung auf sein Bankkonto erhöht, weil der Inhaber Anspruch auf Auszahlung des Guthabensaldos aus dem Girovertrag mit seiner Bank (§ 675 BGB) hat. Zugleich ist jedoch auch das Vermögen der Beklagten gemehrt worden. Aufgrund ihrer Kontovollmacht hatte sie die Befugnis, über den Bestand des jeweiligen Guthabens des Kontoinhabers zu verfügen (vgl. zum Umfang einer Kontovollmacht OLG Hamm Urteil vom 12. März 1991 - 7 U 165/90 - NJW 1992, 378). Mit dem größeren Bankguthaben ist auch der Verfügungsrahmen für diejenige Person gewachsen, die aufgrund der Bankvollmacht über das Konto verfügen konnte. Das ist ein Vorteil, der bei einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben ist (vgl. BGH Urteil vom 8. Juli 1982 - III ZR 60/81 - NJW 1982, 2433, 2436, unter 8 der Gründe).
Die Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe von 3.900,00 DM wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Beklagte behauptet, das Guthaben sei von ihrem Ehemann abgehoben und danach insgesamt für den Lebensunterhalt der Familie restlos verbraucht worden. Von dem Fortbestehen einer Bereicherung ist nämlich auch dann auszugehen, wenn anderweitige Aufwendungen erspart worden sind (BAG Urteil vom 18. September 1986 - 6 AZR 517/83 - BAGE 53, 77, 84 = AP Nr. 5 zu § 812 BGB; BAG Urteil vom 18. Januar 1995 - 5 AZR 817/93 - AP Nr. 13 zu § 812 BGB). Das gilt auch für rechtsgrundlos erhaltene Lohnzahlungen (BAG Urteile vom 18. September 1986 und vom 18. Januar 1995, aaO). Daran ist festzuhalten.
Die Beklagte kann sich im übrigen auch nicht für den Wegfall der Bereicherung auf die vom Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Grundsätze des Anscheinsbeweises (BAG Urteil vom 18. Januar 1995, aaO) berufen. Die Voraussetzungen des Anscheinsbeweises sind nicht erfüllt. Zahlungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind nicht mit unbemerkt bleibenden geringen Überzahlungen des laufenden Arbeitsentgelts, die typischerweise sofort für konsumtive Ausgaben verbraucht werden, gleichzusetzen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird der monatliche Lohn nicht mehr für den laufenden Lebensunterhalt eingeplant.
c) Die Beklagte hat die Geldschuld nach § 284 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit Eintritt des Verzuges mit 4 v.H. für das Jahr zu verzinsen.
II. Die Parteien haben nach § 92 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits entsprechend dem Verhältnis ihres Obsiegens und Unterliegens zu tragen.
Ende der Entscheidung
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