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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.08.2004
Aktenzeichen: I B 1/04
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 129
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) erlassene Zinsbescheide gemäß § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) berichtigt werden durften. Das Finanzgericht (FG) hat diese Frage im Anschluss an eine Beweisaufnahme bejaht. Es hat eine vom FA eingeholte Auskunft des Rechenzentrums der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (RZF) ausgewertet sowie zwei Bedienstete des FA als Zeugen vernommen und ist auf dieser Basis zu dem Ergebnis gelangt, dass der in den ursprünglichen Zinsbescheiden enthaltene Fehler weder auf einer unrichtigen Sachverhaltswürdigung noch auf einem Rechtsirrtum beruhe und dass jene Bescheide deshalb i.S. des § 129 AO 1977 "offenbar unrichtig" gewesen seien. Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), dass das FG seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nicht genügt habe. Es hätte Bedienstete des RZF als Zeugen vernehmen müssen.

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor.

1. Die unzureichende Sachaufklärung durch das FG ist ein Verfahrensmangel, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Zulassung der Revision führen kann. Sie kann jedoch nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Aufklärungsmangel nicht schon vor dem FG gerügt wurde (BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152, 158; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 103, m.w.N.). Das ist im Streitfall nicht geschehen, da die Klägerin es unterlassen hat, in der mündlichen Verhandlung vor dem FG einen Beweisantrag zu Protokoll zu stellen. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich auch nicht, dass ihr eine entsprechende Antragstellung nicht möglich gewesen war. Insbesondere hatte das FG nach diesem Vortrag schon im Verlauf der Verhandlung zu erkennen gegeben, dass es von sich aus keine weitere Beweiserhebung durchführen werde. Selbst wenn die Klägerin ursprünglich auf Äußerungen des FG vertraut haben sollte, aus denen sie dessen Absicht zur Vernehmung von Bediensteten des RZF zu erkennen glaubte, hätte sie deshalb spätestens am Schluss der mündlichen Verhandlung einen förmlichen Beweisantrag stellen müssen.

2. Wird ein solcher Antrag nicht gestellt, so ist das FG nur dann zu einer Beweiserhebung verpflichtet, wenn sich deren Notwendigkeit aus seiner Sicht aufdrängen muss. Eine solche Gestaltung liegt im Streitfall nicht vor. Das FG hat die ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel ausgewertet und dabei insbesondere die ihm vorliegende Auskunft des RZF gegenüber dem FA berücksichtigt. Nachdem dort die Möglichkeit eines Rechtsirrtums oder einer fehlerhaften Sachverhaltswürdigung ausdrücklich verneint worden war, musste das FG nicht davon ausgehen, dass eine persönliche Vernehmung von Bediensteten des RZF zur weiteren Erhellung des Sachverhalts führen könne. Nur unter dieser Voraussetzung hätte aber eine Verpflichtung zur zusätzlichen Sachaufklärung von Amts wegen entstehen können.

Zu einer abweichenden Würdigung führt nicht der Hinweis der Klägerin darauf, dass das RZF den Programmfehler spätestens am 18. Juli 1997 behoben habe, in der Folgezeit aber erneut fehlerhafte Zinsbescheide ergangen seien. Denn hierzu hat das FG ausgeführt, dass diese Fehler auf Ursachen zurückzuführen seien, die ausschließlich im Bereich des FA lagen. Dessen Bedienstete hätten nämlich zunächst die Erläuterungen zu den einzugebenden Daten missverstanden und später die auf diese Weise erstellten Bescheide nicht hinreichend überprüft. Damit war die Frage, weshalb es nach Aufdeckung des Programmfehlers weiterhin zum Erlass unrichtiger Zinsbescheide gekommen ist, hinreichend aufgeklärt; einer Vernehmung von Bediensteten des RZF bedurfte es mithin auch unter diesem Gesichtspunkt nicht.

Ende der Entscheidung

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