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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 05.01.2009
Aktenzeichen: I B 105/08
Rechtsgebiete: FGO, ZPO, GG


Vorschriften:

FGO § 6 Abs. 3
FGO § 6 Abs. 4 Satz 1
FGO § 96 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 119 Nr. 1
FGO § 155
ZPO § 227
GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

1.

Die Rückübertragung der Sache vom Einzelrichter auf den Senat lässt einen Verfahrensfehler nicht erkennen (§ 119 Nr. 1 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Unter den dort genannten Voraussetzungen ist eine Rückübertragung durch den Einzelrichter in § 6 Abs. 3 FGO ausdrücklich vorgesehen. Gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 FGO ist der Rückübertragungsbeschluss unanfechtbar. Auf eine Rückübertragung kann eine Revision nicht gestützt werden (vgl. § 124 Abs. 2 FGO). Das Gesetz nimmt insoweit in Kauf, dass durch die im Anschluss an eine Rückübertragung anzuberaumende mündliche Verhandlung weitere Richter in das Verfahren einbezogen werden, die den Finanzrechtsstreit in demjenigen Stadium übernehmen, in dem er sich zum Zeitpunkt der Rückübertragung befunden hat.

Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sich die Rückübertragung als "greifbar gesetzwidrig" erweist (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Januar 1994 II R 69/93, BFH/NV 1994, 725; BFH-Beschluss vom 2. März 2005 VII B 142/04, BFH/NV 2005, 1576).

Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor. Der Umstand, dass die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 FGO nicht für gegeben erachtet, macht den Beschluss nicht greifbar gesetzwidrig.

2.

Der von der Klägerin geltend gemachte weitere Verfahrensmangel der Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) ist ebenfalls nicht gegeben.

a)

Das Finanzgericht (FG) hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin keine erheblichen Gründe (§ 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung) für eine Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung vorgebracht hat.

Die Klägerin hatte den Antrag damit begründet, der Geschäftsführer der Klägerin wolle persönlich am Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. April 2008 teilnehmen; er sei jedoch bis 31. März 2008 auf einer Auslandsreise, so dass eine Besprechung in der Sache nicht möglich sei. Der Vorsitzende hat daraufhin den Verlegungsantrag abgelehnt, da nicht erkennbar sei, weshalb der Geschäftsführer nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen könne oder weshalb für eine Besprechung angesichts der Dauer des Prozesses nicht der 1. April 2008 ausreiche.

Diese Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin trägt nicht vor, weshalb im Streitfall der verbleibende volle Tag vor der mündlichen Verhandlung für eine Besprechung mit dem Geschäftsführer der Klägerin nicht ausgereicht haben sollte. Soweit die Klägerin nunmehr vorbringt, der Geschäftsführer der Klägerin habe nach seiner Rückkehr unter hohem Blutdruck gelitten, so dass eine Besprechung am 1. April 2008 nicht habe stattfinden können, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die Klägerin hat ihren Verlegungsantrag allein auf die späte Rückkehr des Geschäftsführers von einer Auslandsreise am 31. März 2008 gestützt, nicht dagegen darauf, dass eine Besprechung mit dem Geschäftsführer der Klägerin wegen dessen schlechten Gesundheitszustandes nicht möglich sei.

b)

Das FG hat auch keine Überraschungsentscheidung erlassen.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegt eine Überraschungsentscheidung und damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen mussten (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. Mai 2005 X B 107/04, BFH/NV 2005, 1617). Auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, muss ein Verfahrensbeteiligter grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt erst dann vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter --selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen-- nicht zu rechnen brauchte, so dass dies im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags gleichkommt.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat die von der Klägerin getragenen Aufwendungen für die Herstellung und den Vertrieb des X-Journals als verdeckte Gewinnausschüttung --vGA-- (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes) beurteilt und die Steuerbescheide der Streitjahre entsprechend geändert. An dieser Rechtsauffassung hat das FA im Klageverfahren festgehalten. Angesichts dessen kann es die Klägerin nicht überrascht haben, dass sich das FG dieser Würdigung angeschlossen hat, und zwar unabhängig davon, ob im Erörterungstermin auch die Annahme einer Liebhaberei im Raum gestanden haben sollte. Im Übrigen war ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung die Höhe des Gewinnaufschlages für die Bemessung der vGA Gegenstand der Erörterung. Es war daher erkennbar, dass das FG die Annahme von vGA zumindest in Erwägung gezogen hat. Die ordnungsgemäß geladene Klägerin hat zwar nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen. Soweit sie dadurch Hinweise des Gerichtes nicht zur Kenntnis nehmen konnte, hat sie sich dies jedoch selbst zuzuschreiben. Denn auf eine Verletzung rechtlichen Gehörs kann sich derjenige nicht berufen, der es versäumt, sich rechtliches Gehör zu verschaffen.

3.

Die Rüge der Klägerin, das FG sei von den Senatsurteilen vom 24. März 1999 I R 20/98 (BFHE 189, 45, BStBl II 2001, 612) und vom 17. Mai 2000 I R 21/99 (BFH/NV 2001, 343) abgewichen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO), ist nicht schlüssig erhoben. Die Klägerin macht geltend, zwar bedürfe es für die Annahme einer vGA an einen beherrschenden Gesellschafter einer klaren und eindeutigen Vereinbarung, die überdies zivilrechtlich wirksam getroffen werden müsse. Die Vereinbarung müsse jedoch grundsätzlich nicht schriftlich geschlossen werden. Die Nachweise könnten insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen auch durch tatsächliche Übung oder eine langjährige Praxis innerhalb einer Geschäftsbeziehung erbracht werden.

Die Klägerin trägt nicht vor, welche tatsächliche Übung zu ihrer Schwestergesellschaft bestanden hat, die die Annahme von vGA hätte hindern können. Das FG konnte nicht feststellen, dass der Klägerin für die Herstellung und den Vertrieb des X-Journals von ihrer Schwestergesellschaft ein Entgelt gezahlt wurde.

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