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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.02.2002
Aktenzeichen: I B 112/00
Rechtsgebiete: ZPO, FGO


Vorschriften:

ZPO § 42 Abs. 2
FGO § 128 Abs. 2 n.F.
FGO § 51 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH i.L., hat vor dem Finanzgericht (FG) Klage gegen die Ablehnung ihrer Anträge auf Änderung der Körperschaftsteuerbescheide 1995 und 1996 erhoben. Die Klage wurde durch Urteil des vom Senat des FG bestimmten Einzelrichters E abgewiesen.

Im Klageverfahren hat die Klägerin beantragt, den Einzelrichter E wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Zur Begründung dieses Ablehnungsgesuchs machte sie geltend, das Verfahren des E sei von dessen persönlicher Einstellung zur Sache und gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten geprägt. Der zuständige Senat des FG habe die Sache durch Beschluss vom 20. Dezember 1999 auf E übertragen. Dieser habe unmittelbar Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 13. Januar 2000 anberaumt. Der Beschluss und die Ladung seien dem Prozessbevollmächtigten am 27. Dezember 1999 zugestellt worden. Dessen Praxis sei jedoch wegen Umzuges und Urlaubs bis einschließlich 9. Januar 2000 geschlossen gewesen. Der Prozessbevollmächtigte habe deshalb Beschluss und Ladung tatsächlich erst am 10. Januar 2000 erhalten. Die verbleibenden drei Arbeitstage seien zu kurz gewesen, um sich auf den Termin vom 13. Januar 2000 vorzubereiten.

Die Terminsladung sei zur Zeit des sog. Weihnachtsfriedens verfügt worden. Dieser Weihnachtsfrieden sei zwar nicht normiert, werde aber im Tätigkeitsgebiet des Prozessbevollmächtigten der Klägerin allgemein beachtet. Er sei in eklatanter Weise verletzt worden. Der Aktionismus, den der abgelehnte Richter E an den Tag gelegt habe, sei geeignet, Verfahrensunfrieden zu stiften. Die Klägerin verweist auf weitere Verfahren, um deren Aktenbeiziehung sie bat. Aus den Verfahren ergebe sich insgesamt ein spannungsgeladenes Verhältnis.

Richter E hat sich zu dem Ablehnungsgesuch dienstlich geäußert. Er meint, die erhobenen Vorwürfe entbehrten der Grundlage; das Ablehnungsgesuch sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Der zuständige Senat des FG hat das Ablehnungsgesuch abgelehnt.

Dagegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung führt sie aus, die mehreren von Richter E ihr gegenüber erlassenen Entscheidungen müssten im Zusammenhang gesehen werden. Sie zeigten die Voreingenommenheit und Willkür der Entscheidungen des abgelehnten Richters.

Im Streitfall habe E lediglich auf eine frühere Entscheidung verwiesen und unterstellt, das der "Ungehorsam" der Klägerin, den er dort festzustellen glaubte, weiterhin bestehe. Dies sei, wie sich auch in Verfahren vor einem anderen Senat des FG erweise, falsch. Die Besorgnis der Befangenheit sei begründet, wenn "der Richter sich stur zeige". Dies sei der Fall, wenn er sich in eine Kette von Ungeschicklichkeiten verrannt habe oder man befürchten müsse, der Richter werde Gegengründen gegenüber nicht mehr aufgeschlossen sein. Dies sei vorliegend der Fall.

II.

1. Die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die vor dem 1. Januar 2001 zugestellte Vorentscheidung ist gegeben. Sie beurteilt sich nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmungen der Finanzgerichtsordnung --FGO-- (Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze --2.FGOÄndG-- vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567). Danach findet § 128 Abs. 2 FGO n.F., wonach u.a. Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht mit der Beschwerde angefochten werden können, im Streitfall noch keine Anwendung.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, sie war deshalb zurückzuweisen. Das FG hat das Befangenheitsgesuch zu Recht abgelehnt.

Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu begründen. Das ist der Fall, wenn ein Verfahrensbeteiligter bei Würdigung aller Umstände einen vernünftigen und bei objektiver Betrachtung anzuerkennenden Grund zu der Annahme hat, der Richter werde aus einem in seiner Person liegenden Grund nicht unvoreingenommen entscheiden (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. September 1999 VI B 397/98, BFH/NV 2000, 337; vom 14. Oktober 1999 IV B 72/99, BFH/NV 2000, 459; vom 10. März 2000 I B 52/99, BFH/NV 2000, 1114, m.w.N.). Der Beteiligte, der einen Richter als befangen ablehnt, muss die die Ablehnung tragenden Gründe substantiiert darlegen und erforderlichenfalls glaubhaft machen (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 51 Rz. 67, m.w.N.).

Im Falle eines Ablehnungsgesuchs können im Beschwerdeverfahren keine neuen Ablehnungsgründe vorgebracht werden (BFH-Beschlüsse vom 22. Mai 1991 IV B 48/90, BFH/NV 1992, 395; vom 20. Juli 1994 I B 140/93, BFH/NV 1995, 400). Im Streitfall kann die Begründetheit der Beschwerde daher nur auf der Grundlage der von der Klägerin bis zur Vorentscheidung des FG geltend gemachten Ablehnungsgründe beurteilt werden.

Mit ihrem beim FG gestellten Ablehnungsgesuch hat die Klägerin keine Ablehnungsgründe schlüssig dargetan. Sie hat lediglich geltend gemacht, dass der zuständige Senat des FG die Sache auf den Einzelrichter E übertragen habe. Dieser habe bereits am selben Tage kurzfristig Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Daneben enthält das Ablehnungsgesuch Unterstellungen, die nicht schlüssig belegt sind. Sie sind mangels Angabe von Tatsachen nicht nachprüfbar. Das Beschwerdegericht ist weder verpflichtet noch in der Lage, seinerseits die Akten anderer Verfahren daraufhin zu überprüfen, ob sich aus ihnen Anhaltspunkte für die Richtigkeit des Vorgetragenen ergeben. Vielmehr ist es Sache des Beschwerdeführers, in Erfüllung der ihm obliegenden Darlegungspflicht Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die Besorgnis der Befangenheit ergibt. Lediglich zur Glaubhaftmachung kann auf bestimmte Erklärungen innerhalb einer Akte Bezug genommen werden, deren Fundstelle dann allerdings genau zu bezeichnen ist. Daran fehlt es im Streitfall.

Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler ist im Übrigen nicht gegeben. Das FG hat die Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen (§ 91 Abs. 1 Satz 1 FGO) eingehalten. Ein dem Gesetz entsprechendes Verhalten kann nicht die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit begründen.



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