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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.05.2007
Aktenzeichen: I B 119/06
Rechtsgebiete: AO, UmwStG, KStG, FGO


Vorschriften:

AO § 222 Satz 1
AO § 361 Abs. 2 Satz 4
UmwStG § 12 Abs. 3
KStG § 8 Abs. 4
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Streitpunkt ist die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) beantragte Stundung von Körperschaftsteuerzinsen gemäß § 222 Satz 1 der Abgabenordnung (AO).

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat gegenüber der Klägerin --einer GmbH-- als Rechtsnachfolgerin einer weiteren GmbH für das Jahr 1992 Körperschaftsteuern, Körperschaftsteuerzinsen und Solidaritätszuschlag festgesetzt. Darüber ist ein Rechtsstreit anhängig. Nachdem die Klägerin auf einen Teilbetrag der Steuerforderung Zahlung geleistet und das FA einen weiteren Teilbetrag gestundet hat, sind aus dieser Steuerfestsetzung noch Körperschaftsteuerzinsen von 123 699,79 € zur Zahlung fällig. Eine Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA im Hinblick auf diese Teilforderung unter Hinweis auf § 361 Abs. 2 Satz 4 AO ab.

Die Klägerin beantragte daraufhin die Stundung der Forderung bis zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der vom Finanzamt Genthin (FA G) vorgenommenen --und von der Klägerin angefochtenen-- Festsetzung ihrer Körperschaftsteuern für die Jahre 1999 und 2000. Sie erwartet im Hinblick auf diese Festsetzungszeiträume eine zur Verrechnung geeignete Steuererstattung wegen eines geltend gemachten Verlustabzugs von mindestens 9,9 Mio. DM, den das FA G nach § 12 Abs. 3 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) bzw. § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), jeweils i.d.F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928), nicht anerkannt hat. Die Klägerin hält diese Bestimmungen in Anlehnung an die Vorlagebeschlüsse des beschließenden Senats an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 18. Juli 2001 I R 38/99 (BFHE 196, 232, BStBl II 2002, 27) und vom 22. August 2006 I R 25/06 (BFH/NV 2006, 2376) für verfassungswidrig. Die nach Ablehnung der Stundung erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) Düsseldorf mit Urteil vom 25. August 2006 12 K 1622/03 AO abgewiesen.

Die Klägerin begehrt mit der Beschwerde die Zulassung der Revision gegen das Urteil.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) das Vorliegen eines Revisionszulassungsgrundes gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht innerhalb der Begründungsfrist des § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO hinreichend dargelegt hat.

1. Das FG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen für die beantragte Stundung gemäß § 222 Satz 1 AO lägen im Streitfall nicht vor, weil die Einziehung der Zinsen für die Klägerin keine erhebliche Härte bedeute; es fehle daran, dass ein Gegenanspruch der Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestehe und alsbald fällig werde. Dies hat das FG zunächst damit begründet, dass wegen § 361 Abs. 2 Satz 4 AO selbst für den Fall, dass das BVerfG im anhängigen Vorlageverfahren 2 BvL 12/01 die Bestimmungen des § 12 Abs. 3 UmwStG bzw. § 8 Abs. 4 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform vom 29. Oktober 1997 für verfassungswidrig erklären sollte, ein Erstattungsanspruch der Klägerin nicht gegeben wäre (erster Begründungsansatz). Im Übrigen stehe --so das FG weiter-- nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass das BVerfG die zur Prüfung vorgelegten Gesetzesbestimmungen für verfassungswidrig erklären werde (zweiter Begründungsansatz).

2. In ihrer fristgerecht eingereichten Begründungsschrift vom 13. September 2006 hat die Klägerin die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) lediglich im Hinblick auf die Anwendbarkeit der vom FG als grundsätzlichen Hinderungsgrund für eine Stundung angesehenen Bestimmung des § 361 Abs. 2 Satz 4 AO geltend gemacht und begründet.

Zum zweiten Begründungsansatz des angefochtenen Urteils, wonach die Voraussetzungen des § 222 Satz 1 AO auch deshalb nicht vorlägen, weil nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehe, dass das BVerfG die zur verfassungsrechtlichen Prüfung stehenden Bestimmungen des UmwStG und des KStG für verfassungswidrig erklären werde, hat die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung einen konkreten Revisionszulassungsgrund nicht dargelegt. Auch soweit sie dort unter Ziffer 6 eine Abweichung des angefochtenen Urteils von Grundsätzen des BFH-Urteils vom 12. Dezember 1963 V 239/60 S (BFHE 78, 136, BStBl III 1964, 54) geltend gemacht hat, ist diesem Vorbringen nicht zu entnehmen, dass die Klägerin damit einen vom FG in Zusammenhang mit dem zweiten Begründungsansatz aufgestellten Rechtssatz des FG als Gegenstand einer Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 FGO hat geltend machen wollen.

3. Die Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes auch in Bezug auf den zweiten Begründungsansatz des FG war zur Darlegung der Klärungsfähigkeit der in Zusammenhang mit dem ersten Begründungsansatz von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen unerlässlich. Denn es handelt sich um eine selbständig tragende Begründung, die nach der den Entscheidungsgründen zu entnehmenden Sicht des FG auch dann zur Klageabweisung hätte führen müssen, wenn der zuerst behandelte Begründungsansatz entfiele. In einem solchen Fall eines auf kumulative Begründungen gestützten FG-Urteils ist die Nichtzulassungsbeschwerde nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer hinsichtlich jeder der Begründungen einen Zulassungsgrund geltend macht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. Mai 1974 IV B 3/74, BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524; vom 23. Dezember 2004 III B 14/04, BFH/NV 2005, 667; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 28, m.w.N.).

4. Soweit sich die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 14. November 2006 darauf beruft, das FG-Urteil stehe auch im Hinblick auf den zweiten Begründungsansatz in Widerspruch zu den im Begründungsschriftsatz zitierten BFH-Urteilen, ist dies bereits deshalb nicht zur Darlegung eines Zulassungsgrundes geeignet, weil die Begründungsfrist des § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO zum Zeitpunkt des Eingangs dieses Schriftsatzes bereits abgelaufen war, nach Ablauf dieser Frist aber keine neuen Zulassungsgründe mehr geltend gemacht werden dürfen (BFH-Beschlüsse vom 21. Juni 1968 III B 58/67, BFHE 93, 503, BStBl II 1969, 36; vom 27. März 1992 III B 547/90, BFHE 168, 17, BStBl II 1992, 842; vom 23. Juni 2004 V B 230/03, BFH/NV 2005, 80; Gräber/ Ruban, a.a.O., § 116 Rz 22, m.w.N.).

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