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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.07.1998
Aktenzeichen: I B 12/98
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO
Vorschriften:
AO 1977 § 10 | |
AO 1977 § 11 | |
AO 1977 § 18 ff. | |
AO 1977 § 20 Abs. 1 | |
AO 1977 § 195 Abs. 1 Satz 1 | |
AO 1977 § 197 Abs. 1 Satz 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 |
Gründe
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Das Finanzgericht (FG) ist in seinem Urteil weder i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtssordnung (FGO) von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen, noch haben die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung. Die Ausführungen der Klägerin befassen sich ganz überwiegend mit der von ihr behaupteten Rechtswidrigkeit der Vorentscheidung. Selbst wenn diese Annahme zutreffen sollte, dürfte dies nicht zu einer Revisionszulassung führen (abschließende Aufzählung der Zulassungsgründe in § 115 Abs. 2 FGO).
1. Prüferauswahl
a) Das FG ist in seinem Urteil nicht von der Entscheidung des BFH vom 20. Oktober 1988 IV R 104/86 (BFHE 155, 4, BStBl II 1989, 180) abgewichen. Eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO setzt voraus, daß das FG seiner Entscheidung einen (abstrakten) Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den ebenfalls tragenden rechtlichen Erwägungen (Rechtssatz) einer Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rdnr. 17, m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. In BFHE 155, 4, BStBl II 1989, 180 hat der BFH für den dort zu entscheidenden Streitfall entschieden, daß die Wiederholungsprüfung nicht zu "lächerlichen Scheinprüfungshandlungen", wie das FG meinte, geführt habe. Das FA habe, "wie regelmäßig geboten", einen anderen Bediensteten zur Durchführung der wiederholten Prüfung beauftragt. Das FG hat sich im Streitfall mit diesen Ausführungen des BFH befaßt und sich insbesondere mit dem Merkmal "regelmäßig" auseinandergesetzt und anschließend für den Streitfall eine Ausnahmesituation angenommen. Da der BFH Ausnahmen für möglich gehalten hat, kann die Bejahung eines solchen Ausnahmefalles nicht zur Divergenz führen.
b) Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, wann und unter welchen Voraussetzungen ein Ausnahmefall von der Regel vorliege, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Grundsätzliche Bedeutung kann einer Rechtsfrage nur zukommen, wenn sie klärungsbedürftig und klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 8 ff., m.w.N.). Die Klärung muß im Allgemeininteresse liegen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 7). Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Frage, unter welchen Umständen bei einer Wiederholungsprüfung der ursprünglich beauftragte Prüfer wieder eingesetzt werden kann, von Allgemeininteresse ist. Der BFH hat in BFHE 155, 4, BStBl II 1989, 180 für den Regelfall eine Auswechslung des Prüfers bejaht. Wird ein Regelsatz aufgestellt, so ist geklärt, daß Ausnahmemöglichkeiten bestehen. Ob eine Ausnahme zu bejahen ist, ist dann eine Entscheidung für den Einzelfall. Dies hat auch die Klägerin so gesehen, wenn sie anfragt, "wie hoch oder wie niedrig im Einzelfall die Schwellen sein müssen ...".
Auch bedarf die Frage, ob die Ausnahme zum Regelfall werden dürfe, keiner Klärung. Sie ist zu verneinen. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang auch keine Hinweise darauf gegeben, daß diese Rechtsfrage in der Literatur streitig diskutiert wird.
2. Örtliche Zuständigkeit des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--)
a) Das die Zuständigkeit des beklagten FA bejahende FG-Urteil weicht nicht von der Entscheidung des BFH vom 25. Januar 1989 X R 158/87 (BFHE 156, 18, BStBl II 1989, 483) bzw. vom BFH-Urteil vom 22. Januar 1993 III R 92/89 (BFH/NV 1993, 455) ab. Der X. Senat hat in der bezeichneten Entscheidung ausgesprochen, daß sich die örtliche Zuständigkeit bei Anordnung einer Außenprüfung grundsätzlich nach den §§ 18 ff. der Abgabenordnung (AO 1977) richte. Das FG hat keinen hiervon abweichenden Grundsatz aufgestellt. Ausweislich der Urteilsgründe hat es vielmehr "gemäß § 20 Abs. 1 AO i.V.m. § 195 Abs. 1 Satz 1 AO ... auf den Ort der Geschäftsleitung" der H-GmbH abgestellt. Damit hat es die Grundsätze der Entscheidung des X. Senats im Prinzip beachtet. Wenn es im übrigen auf den Ort der Geschäftsleitung der H-GmbH, nicht auf den Sitz der Klägerin, abgestellt hat, so kann eine Divergenz nicht vorliegen, weil diesbezüglich die Entscheidung des X. Senats keine abstrakten Rechtsgrundsätze enthält.
Eine Divergenz zur BFH-Entscheidung in BFH/NV 1993, 455 scheidet schon mangels vergleichbaren Sachverhalts und Rechtsgrundsätzen zur örtlichen Zuständigkeit in Umwandlungsfällen aus.
Im übrigen würde das Urteil des FG auch nicht auf der behaupteten Divergenz beruhen. Die Klägerin hat im Klage- wie auch im Revisionsverfahren behauptet, ihren "Sitz" verlegt zu haben. Der Sitz einer Körperschaft ist nach § 20 AO 1977 jedoch nur von sekundärer Bedeutung. Maßgeblich ist der Ort der Geschäftsleitung (§ 20 Abs. 1 AO 1977), der sich vom Ort des Sitzes unterscheidet (vgl. §§ 10, 11 AO 1977).
b) Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO aufgeworfen. Wie die Klägerin selbst vorträgt, richtet sich nach der bezeichneten Entscheidung des X. Senats in BFHE 156, 18, BStBl II 1989, 483 die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich nach den §§ 18 ff. AO 1977. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit in diesem Zusammenhang Klärungsbedarf besteht. Im übrigen könnte eine in diesem Zusammenhang aufgeworfene Rechtsfrage im Streitfall nicht geklärt werden, weil die von der Klägerin behauptete Sitzverlegung auf die örtliche Zuständigkeit nach § 20 Abs. 1 AO 1977 grundsätzlich keinen Einfluß hat.
3. Bekanntgabefrist
a) Der Klägerin ist es nicht gelungen, eine Divergenz der Vorentscheidung zum BFH-Beschluß vom 4. Februar 1988 V R 57/83 (BFHE 152, 217, BStBl II 1988, 413) schlüssig darzutun. In dem bezeichneten Beschluß hat der BFH den Rechtssatz aufgestellt, daß in besonderen Fällen die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung mit dem Beginn der Prüfung zusammenfallen könne. Hiervon ist das FG ausgegangen. Die Frage, ob der BFH in dem bezeichneten Beschluß auch Fälle der vorliegenden Art (Wiederholungsprüfung) im Auge hatte, ist keine Frage der Divergenz, sondern der Rechtmäßigkeit der Vorentscheidung.
b) Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob es im Fall der Anordnung einer Wiederholungsprüfung zulässig sei, die Bekanntgabefrist in Abweichung von der Grundregel des § 197 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 auf Null zu reduzieren, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Nachdem der BFH "in besonderen Fällen" ein Zusammenfallen von Prüfungsanordnung und Prüfungsbeginn für möglich gehalten hat, ist die von der Klägerin aufgeworfene Frage bereits einer grundsätzlichen Klärung zugeführt worden. Ob im Streitfall eine Ausnahme zu bejahen ist, ist Einzelfallentscheidung. Ebensowenig kommt es darauf an, wie zu entscheiden wäre, wenn ein anderer Prüfer mit der Wiederholungsprüfung beauftragt worden wäre. Ein solcher Sachverhalt steht im Streitfall nicht zur Diskussion.
Im übrigen ergeht dieser Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i.d.F. des Gesetzes vom 26. November 1996 (BGBl I 1996, 1810, BStBl I 1996, 1522) ohne Begründung.
Ende der Entscheidung
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