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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 12.05.1999
Aktenzeichen: I B 138/98
Rechtsgebiete: FGO, BGB


Vorschriften:

FGO § 68
FGO § 100 Abs. 1 Satz 4
FGO § 69 Abs. 3
FGO § 126 Abs. 4
FGO § 6 Abs. 1
BGB § 839 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hatte gegen die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, --nach Schätzung der Besteuerungsgrundlagen-- einen Bescheid über Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen 1997 erlassen und die Vorauszahlungen hiernach auf 10 000 DM pro Quartal festgesetzt. Nachdem während des dagegen gerichteten Klageverfahrens die Steuererklärungen für 1994 und 1995 vorgelegt worden waren, setzte das FA die Vorauszahlungen durch Änderungsbescheid vom 6. Februar 1998 auf 0 DM herab. Die Klägerin beantragte daraufhin, den Änderungsbescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Klagegegenstand zu machen und nunmehr die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bescheides gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO festzustellen. Sie hält diese ursprüngliche Festsetzung für grob willkürlich und das FA für unzuständig. Es seien Schadensersatzforderungen gegen das FA geplant, da dieses aufgrund des ursprünglichen Vorauszahlungsbescheides "rüde Vollstreckungsmaßnahmen" ergriffen habe. Nach allem bestehe deswegen ein besonderes Interesse zur Feststellung der Rechtswidrigkeit des zunächst angefochtenen Vorauszahlungsbescheides.

Das Finanzgericht (FG) hat ein solches Interesse verneint und die Klage durch Urteil des zur Entscheidung bestimmten Einzelrichters als unzulässig abgewiesen. Es entschied, die Klägerin sei gehalten gewesen, gegen die Zahlungsaufforderungen und die damit verbundene Vollstreckbarkeit des Bescheides vorzugehen. Um die Vollstreckung zu verhindern, hätte Aussetzung der Vollziehung beantragt werden müssen. Das sei zwar zunächst auch geschehen; die Klägerin habe die Ablehnung durch das FA jedoch hingenommen und keinen entsprechenden Antrag gemäß § 69 Abs. 3 FGO beim FG gestellt. Damit habe die Klägerin es versäumt, ihrer Schadensminderungspflicht gemäß § 839 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nachzukommen. In Anbetracht dessen wären etwaige Zivilrechtsforderungen gegen den Fiskus jedenfalls offensichtlich aussichtslos.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen, wogegen sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde wendet.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Klägerin rügt in erster Linie, das FG habe ein Überraschungsurteil erlassen, indem es seine Entscheidung darauf gestützt habe, sie habe es versäumt, ihrer Schadensminderungspflicht nachzukommen und beim Gericht die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Vorauszahlungsbescheides zu beantragen. Ihr sei keine Gelegenheit gegeben worden, sich zu diesem Einwand zu äußern. Tatsächlich sei er auch falsch, weil ein derartiger Antrag auf Aussetzung der Vollziehung von ihr rechtzeitig beim FA gestellt worden sei. Diesem sei auch entsprochen worden.

Mit diesem Vorwurf des verletzten rechtlichen Gehörs könnte die Klägerin indes auch dann nicht mehr gehört werden, wenn er zuträfe. Auch dann hätte das Urteil des FG nicht anders ausfallen können (vgl. § 126 Abs. 4 FGO); der Verfahrensfehler wäre nicht entscheidungserheblich (vgl. dazu allg. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 119 Rz. 3, Tipke/Kruse, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 119 FGO Tz. 9 f., m.w.N.). Denn die Klägerin hat während des Klageverfahrens von dem ihr gemäß § 68 FGO eingeräumten Antragsrecht Gebrauch gemacht und beantragt, den geänderten Vorauszahlungsbescheid zum Gegenstand des Klageverfahrens zu machen. Der Änderungsbescheid trat damit vollen Umfangs an die Stelle des ursprünglich angefochtenen Bescheides und wurde alleiniger Streitgegenstand des Verfahrens (vgl. im einzelnen Stöcker in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 68 FGO Rz. 29, m.w.N.). Für eine feststellende Entscheidung gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO darüber, daß dieser ursprünglich angefochtene Vorauszahlungsbescheid rechtswidrig gewesen ist, blieb damit kein Raum mehr. Zwar kann einem Kläger nach Ergehen eines Änderungsbescheides in besonderen Fällen noch ein rechtliches Interesse an einer derartigen gerichtlichen Feststellung zustehen, möglicherweise auch dann, wenn aufgrund des ursprünglichen Bescheides Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet worden sind (vgl. Bundesfinanzhof --BFH--, Urteile vom 29. November 1984 V R 146/83, BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370; vom 1. Oktober 1992 V R 81/89, BFHE 169, 117, BStBl II 1993, 120; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 100 FGO Rz. 113). Ein derartiges rechtliches Interesse kann aber immer nur solange bestehen, wie der ursprüngliche Bescheid noch Klagegegenstand ist, woran es fehlt, sobald das Verfahren gemäß § 68 FGO tatsächlich auf den Änderungsbescheid übergeleitet worden ist (vgl. insoweit abgrenzend zur bloßen Möglichkeit des Antrages gemäß § 68 FGO: BFH-Urteile vom 17. März 1994 V R 39/92, BFHE 174, 268, BStBl II 1994, 538; in BFHE 169, 117, BStBl II 1993, 120; Lange, a.a.O.).

Soweit die Klägerin fehlendes rechtliches Gehör bei der Übertragung der Sache auf den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 FGO) rügt, ist im übrigen auf den Senatsbeschluß vom 3. Dezember 1998 I B 124/98 (Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst 1999, 158) zu verweisen.

Im übrigen ergeht dieser Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

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