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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 11.03.2008
Aktenzeichen: I B 146/07
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 71
AO § 191
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), im streitgegenständlichen Haftungszeitraum (Mit-)Gesellschafterin und Geschäftsführerin einer GmbH, ist vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) durch einen Haftungsbescheid vom 29. September 2000 gemäß § 191 i.V.m. § 71 der Abgabenordnung in Anspruch genommen worden. Im Einspruchsverfahren gegen den Haftungsbescheid kam es am 25. April 2001 zu einer Besprechung bei der Steuerfahndung A zum "Gesamtkomplex" der offenen Steuer- und Haftungsschulden (Steuerschulden von drei Unternehmen; Steuerschulden der Klägerin und einem Mitgesellschafter, ihrem Sohn; Haftungsschuld der Klägerin). Einzelheiten zu diesem Gespräch sind unter den Beteiligten streitig, insbesondere die Frage, ob in diesem Termin ein Vollstreckungsaufschub ausgesprochen wurde. Nach dem Ergehen der Einspruchsentscheidung, mit der der Haftungsbetrag auf ... € herabgesetzt wurde, ist die Klägerin aufgefordert worden, die Haftungsschuld sofort zu entrichten (Aufforderung vom 5. Juli 2006). Die Klage, mit der insbesondere geltend gemacht wurde, es sei Zahlungsverjährung eingetreten, blieb erfolglos (Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts --FG-- vom 12. Juli 2007 11 K 190/06).

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin Verfahrensfehler geltend. Sie beantragt, die Revision gegen das FG-Urteil zuzulassen.

Das FA hat sich zum Verfahren nicht geäußert.

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet, weil die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht vorliegen.

1. Die Klägerin rügt, dass das FG zwar festgestellt habe, dass ein Vollstreckungsaufschub zugesagt worden sei; es habe aber nicht ermittelt, welcher Vertreter welcher Finanzbehörde in Bezug auf welchen Steuerbescheid wem gegenüber eine Zusage gemacht habe. Darüber hinaus sei unterstellt worden, dass der Zeuge F von der Klägerin bevollmächtigt gewesen sei. Damit habe das FG den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht ausreichend erforscht (Verstoß gegen § 76 Abs. 1 FGO). Bei einer diese Aspekte berücksichtigenden Sachaufklärung würde eine erneute Beweisaufnahme ergeben, dass ein Vollstreckungsaufschub tatsächlich nicht zugesagt worden sei.

Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin einen Mangel der Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts nicht aufgezeigt. Das FG ist ersichtlich davon ausgegangen, dass Gegenstand der Besprechung der "Gesamtkomplex" (so auch die Formulierung der Klägerin) der steuerauslösenden Feststellungen der Steuerfahndung sein sollte. Damit waren sowohl unterschiedliche Unternehmungen als auch unterschiedliche Personen (die Klägerin und ihr Sohn) angesprochen, auch betriebliche und private Steuerfestsetzungen, auch die Haftungsschuld der Klägerin. Damit ergibt sich aber, dass die an der Besprechung teilnehmenden Personen von den Steuer- und Haftungsschuldnern ermächtigt waren, jedenfalls für sie günstige Erklärungen der Gegenseite entgegenzunehmen - und dass dies unabhängig von früher erteilten Prozess- oder Vertretungsvollmachten möglich ist. Umgekehrt ergibt sich, dass eine Erklärung (z.B. über ein "Stillhalten" im Sinne eines Vollstreckungsaufschubs) Wirkung für alle an dem Gesamtkomplex beteiligten Behörden hat, wenn nicht die jeweilige Behörde (hier: das FA als für die Haftungsschuld zuständige Behörde) ausdrücklich widerspricht. Einer ausdrücklichen Feststellung des FG über die Teilnehmer an der Besprechung, über den die Zusage erteilenden Behördenvertreter oder die konkrete Steuer- oder Haftungsschuld bedurfte es daher nicht.

2. Soweit die Klägerin die Würdigung der erhobenen Beweise durch das FG rügt (insbesondere die Einschätzung der Zeugin als glaubwürdig), macht sie in der Sache keinen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern einen materiell-rechtlichen Fehler des FG geltend. Mit einem solchen gegen die inhaltliche Richtigkeit des FG-Urteils gerichteten Vorbringen, ohne dass eine willkürliche oder greifbar gesetzwidrige Beurteilung ersichtlich wäre, kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Januar 2006 IX B 79/05, BFH/NV 2006, 802).

3. Soweit die Klägerin rügt, das FG habe einen im Laufe des Verfahrens gestellten Beweisantrag zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, ist schon aus dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2007 gestellten Sachantrag nicht ersichtlich, dass der Beweisantrag noch aufrechterhalten wurde (s. insoweit § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; BFH-Beschluss vom 15. März 2007 IX B 234/06, BFH/NV 2007, 1179). Im Übrigen kann dem FG auch nicht vorgehalten werden, es habe unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ("überraschend") entschieden, weil sich die Klägerin --z.B. durch die Benennung weiterer Zeugen-- nicht vor der Sitzung darauf habe einstellen können, dass das FA auch eine (im Schriftverkehr bisher nicht benannte) Zeugin präsentiere. Der Klägerin hätte es ohne weiteres zugestanden, im Rahmen der Beweiserhebung im Termin zur mündlichen Verhandlung weitere Beweisanträge zu stellen.

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