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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.08.2002
Aktenzeichen: I B 151/01
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Streitig ist, ob eine nach dem Steuerbilanzgewinn zu bemessende Gewinntantieme an den in einer berichtigten Bilanz ausgewiesenen Gewinn anzupassen ist.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH. Ihr alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer war im Jahr 1993 (Streitjahr) V. Mit Vertrag vom 28. März 1994 übertrug er seine Anteile auf seinen Sohn S, der gleichzeitig auch zum Geschäftsführer bestellt wurde. Bereits zuvor war S als leitender Angestellter für die Klägerin tätig gewesen. Nach seinem Anstellungsvertrag hatte S im Streitjahr einen Anspruch auf eine Gewinntantieme in Höhe von 30 %. Bemessungsgrundlage der Tantieme war "der Jahresgewinn lt. Steuerbilanz unter Einbeziehung steuerfreier Erträge und vor Abzug der Steuern vom Einkommen und Ertrag und vor Verrechnung mit Verlustvorträgen".

In ihrer handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung (GuV-Rechnung) wies die Klägerin für das Streitjahr einen Jahresüberschuss von ca. 113 000 DM aus. Auf dieser Basis errechnete sie die Gewinntantieme des S mit 79 000 DM und berücksichtigte sie als Aufwand (davon nach Abzug einer im Streitjahr geleisteten aŽconto Zahlung von 15 600 DM als Rückstellung 63 400 DM). Bei einer Überprüfung der Bilanz des Streitjahres gelangte die Klägerin zu der Auffassung, in der Bilanz seien schwebende Geschäfte fehlerhaft ausgewiesen und Anzahlungen als Erträge gebucht worden, die Bilanz sei daher nichtig. Die Klägerin erstellte einen "berichtigten Jahresabschluss", nach dem sich ein Jahresfehlbetrag in Höhe von ca. 41 000 DM ergab. Sie reichte beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) eine berichtigte Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr ein, in der sie jedoch die Gewinntantieme von 79 000 DM unverändert gewinnmindernd berücksichtigte. Das FA folgte der Erklärung, sah aber für die Ermittlung der Tantieme die berichtigte Bilanz als maßgeblich an und berücksichtigte deshalb die Tantieme nicht gewinnmindernd.

Einspruch und Klage waren erfolglos. Die Revision ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu. Mit ihrer Beschwerde beantragt die Klägerin sinngemäß, die Revision gegen das Urteil des FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und eines Verfahrensmangels zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde war zu verwerfen. Sie ist unzulässig. Die Klägerin hat die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO hinreichend dargelegt.

1. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO muss der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage formulieren und deren Entscheidungserheblichkeit und Bedeutung für die Allgemeinheit darlegen (vgl. zur ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 32). Hieran fehlt es im Streitfall schon deshalb, weil die Klägerin zwar eine abstrakte Rechtsfrage formuliert, jedoch zu deren Bedeutung für die Allgemeinheit keine Stellung genommen hat.

Die Klägerin möchte in einem Revisionsverfahren geklärt haben, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegt, wenn eine Tantieme für einen leitenden Mitarbeiter, der zugleich der Sohn des Gesellschafter-Geschäftsführers ist, entsprechend dem Jahresüberschuss der Steuerbilanz berechnet wird, diese aber nichtig ist, weil der Jahresabschluss zutreffenderweise einen Fehlbetrag ausweisen müsste. Die Beteiligten streiten jedoch ausschließlich darüber, wie der zwischen der Klägerin und S abgeschlossene Vertrag über die Zahlung einer Gewinntantieme auszulegen ist. Gerade weil die Beteiligten nur über die Auslegung eines individuell abgeschlossenen Vertrages streiten, hätte die Klägerin darlegen müssen, weshalb die Auslegungsfrage Bedeutung für die Allgemeinheit hat. Dazu sind Darlegungen erforderlich, weshalb die angestrebte Entscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Daran fehlt es, wenn die Klägerin sich auf den Hinweis beschränkt, es handele sich nicht um ein "singuläres Problem", wenn der Bundesgerichtshof die Nichtigkeit einer "überbewerteten Bilanz" angenommen habe. Denn damit ist nichts darüber ausgesagt, wie der im Streitfall abgeschlossene Vertrag auszulegen ist und ob eine unterstellte Nichtigkeit der Erstbilanz auch Auswirkung auf den Tantiemenanspruch hat. Erst recht ist nichts darüber gesagt, weshalb die Auslegungsfrage von allgemeinem Interesse ist.

2. Den geltend gemachten Verfahrensmangel der Verletzung rechtlichen Gehörs hinsichtlich der Ausführungen des FG zur vGA hat die Klägerin schon deshalb nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt, weil sie nicht vorgetragen hat, den Verfahrensfehler in der Vorinstanz ordnungsgemäß gerügt zu haben.

Soweit auf die Beachtung verfahrensrechtlicher Vorschriften wirksam verzichtet werden kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), gehört nach ständiger Rechtsprechung zur ordnungsgemäßen Rüge des Verfahrensmangels auch der Vortrag, dass die Verletzung der Verfahrensvorschrift in der Vorinstanz ordnungsgemäß gerügt wurde. Dieses Vortrags bedarf es ausnahmsweise nur dann nicht, wenn sich die Rüge schon aus dem angegriffenen Urteil oder den in Bezug genommenen Unterlagen (wie der Sitzungsniederschrift) ergibt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, sowie BFH-Beschlüsse vom 17. November 1997 VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608; vom 10. Februar 2000 VIII B 14/99, BFH/NV 2000, 971; vom 17. März 2000 VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125; auch Ruban, a.a.O., § 116 FGO Rz. 49). Um eine Präklusion im Revisionsverfahren zu vermeiden, ist demnach bereits in der Vorinstanz auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu rügen (vgl. z.B. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 94). Ausweislich der FG-Akten hat die Klägerin dies versäumt, obwohl das FG in der mündlichen Verhandlung die Beteiligten ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Streitfall auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen vGA zu würdigen sei (s. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem FG am 26. September 2001).

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

Ende der Entscheidung

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