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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.03.2006
Aktenzeichen: I B 198/04
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 | |
AO 1977 § 90 Abs. 2 S. 2 |
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die steuerlichen Folgen von Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) und einem liechtensteinischen Unternehmen.
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Geschäftsanteile in den Streitjahren (1994 bis 1996) sämtlich von S gehalten wurden. Ihr Geschäftsgegenstand ist der Handel mit Natursteinen, die sie in den Streitjahren u.a. aus Vietnam importierte. S war zugleich Geschäftsführer der Klägerin.
Die Klägerin bezog die importierten Steine von der X-AG mit Sitz in Liechtenstein. Diese war im August 1991 als "Sitzgesellschaft" liechtensteinischen Rechts gegründet worden; seit 1995 wurde sie in Liechtenstein rückwirkend nicht mehr als Sitzgesellschaft, sondern nach den allgemeinen Regeln besteuert. Ihr Verwaltungsrat war Y. Die Aktien der X-AG wurden nach einer Bescheinigung der liechtensteinischen Steuerbehörden von einer "in Liechtenstein wohnhaften natürlichen Person" gehalten; nach dem Vortrag der Klägerin handelt es sich um den mit S befreundeten Vater des Y, B, der an mehreren Unternehmen aus der Baubranche beteiligt war. Dazu gehörte u.a. die A-AG, die unter derselben Anschrift wie die X-AG registriert war und ebenfalls mit Natursteinen handelte.
Die Klägerin hatte im Zusammenhang mit ihren Geschäften in Vietnam zunächst einen Kooperationsvertrag mit der V-GmbH geschlossen. Im November 1991 trat sie alle Rechte aus diesem Vertrag an die X-AG ab. Der Kooperationsvertrag wurde im März 1992 aufgelöst; zeitgleich wurde ein vietnamesischer Bekannter des S, der bis dahin für die V-GmbH gearbeitet hatte, von der X-AG angestellt. Über die Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und der X-AG bestanden in den Streitjahren keine schriftlichen Absprachen; im Jahr 1996 wurde ein "Rahmenvertrag" geschlossen, in dem nach dem Vortrag der Klägerin die bis dahin geltende Übung festgeschrieben wurde.
Die Bilanzen der Klägerin für 1992 bis 2002 weisen erhebliche Verbindlichkeiten gegenüber der X-AG aus, die im Jahr 1994 durch einen Forderungsverzicht in Höhe von 841 123 DM gemindert wurden, sich zum 31. Dezember 1994 aber dennoch auf ca. 3,52 Mio. DM beliefen und in den Folgejahren in einer Größenordnung von ca. 3,05 Mio. DM bis 3,45 Mio. DM bestanden. Die Klägerin selbst erzielte in den Jahren 1990 bis 1993 Verluste in Höhe von insgesamt ca. 740 000 DM, in 1994 einen Gewinn in Höhe von 292 029 DM, in 1995 einen Verlust in Höhe von 291 981 DM und in den Folgejahren zumeist Gewinne in einer Größenordnung von ca. 10 000 DM bis 70 000 DM.
Im März 1995 wurden die Geschäftsräume der Klägerin und einer Schwestergesellschaft (M-GmbH) sowie die Wohnung des S durchsucht. Der Durchsuchung lag ein Beschluss des Amtsgerichts G zu Grunde, der auf den Verdacht der Verwirklichung von Konkursdelikten bei der M-GmbH gestützt war und in der Folge rechtskräftig wurde. An ihr nahm u.a. ein Bediensteter der Steuerfahndungsstelle teil. Im Rahmen der Durchsuchung wurden u.a. folgende Unterlagen aufgefunden:
I. Visitenkarten, die S als "Partner" bzw. als "General Manager" der X-AG auswiesen,
II. Fotokopien von Teilen der Jahresabschlüsse der X-AG,
III. Kopien von Kalkulationen für die V-GmbH, die X-AG und die Klägerin,
IV. ein "Kreditvertrag" vom 10. Juni 1992 zwischen dem Schwager des B (Z) als Kreditgeber und der X-AG als Kreditnehmerin über einen Kredit in Höhe von 420 000 DM, der für Z von B unterzeichnet war,
V. Kopie einer Rechnung der X-AG gegenüber einem vietnamesischen Unternehmen.
Die vorgefundenen Abschlussunterlagen der X-AG zeigten, dass die Klägerin der bei weitem größte Abnehmer der X-AG war, auf ihre Verbindlichkeiten aber nur geringfügige Zahlungen geleistet hatte. Die Rohgewinnaufschlagsätze der X-AG beliefen sich nach den Unterlagen für 1992 auf 76 v.H. und für 1993 auf 43 v.H.; unter Berücksichtigung des Forderungsverzichts minderten sie sich auf 26 v.H. (1992) und 14 v.H. (1993). Das Bundesamt für Finanzen (BfF) teilte im Jahr 1995 mit, dass es sich bei der X-AG um eine Briefkastengesellschaft handele; im Jahr 1999 korrigierte es diese Auskunft dahin, dass die X-AG möglicherweise eine Sitzgesellschaft sei, die ihre Tätigkeit im Ausland ausübe.
Aufgrund dieser Feststellungen nahm das seinerzeit zuständige Finanzamt FA I an, dass in den Bilanzen der Klägerin der Warenbestand überhöht ausgewiesen sei. Es kürzte deshalb die betreffenden Werte um die Rohgewinnaufschlagsätze der X-AG, soweit diese die im Streckengeschäft üblichen Beträge überstiegen. Auf dieser Basis ergingen für die Streitjahre Körperschaftsteuerbescheide. Der Einspruch der Klägerin gegen diese Bescheide hatte nur teilweise Erfolg.
Die daraufhin erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) des Saarlandes mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 948 abgedruckten Urteil vom 5. Juni 2002 1 K 291/98 ab. Das Urteil wurde jedoch vom Senat wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben (Senatsbeschluss vom 30. April 2003 I B 120/02, BFH/NV 2003, 1587). Im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage erneut ab; die Revision gegen sein Urteil ließ es nicht zu.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.
Während des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde ist das ursprünglich beklagte FA I in den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) integriert worden (Verordnung vom 16. September 2005, Amtsblatt des Saarlandes 2005, 1538). Dieser ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
II. Durch die Auflösung des FA I und dessen Integration in das FA ist dieses im Wege eines gesetzlichen Beteiligtenwechsels an Stelle des FA I in das laufende Verfahren eingetreten (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Oktober 2002 I R 17/01, BFHE 200, 521, BStBl II 2003, 631, m.w.N.). Die Nichtzulassungsbeschwerde ist deshalb nunmehr gegen das FA gerichtet. Die von der Klägerin angesprochene Frage nach der ordnungsgemäßen Vertretung des FA ist für die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde unerheblich; weitere Ausführungen hierzu sind gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO entbehrlich.
III. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision gegen das angefochtene Urteil liegen nicht vor.
1. Das angefochtene Urteil leidet nicht unter den von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmängeln.
a) Einen solchen Mangel sieht die Klägerin zunächst darin, dass das FG sie --die Klägerin-- aufgefordert habe, ihre gesamten Geschäftsunterlagen der Jahre 1991 bis 1996 vorzulegen. Darin liege ein Übermaß an Beweisanforderungen, da die Vorlage jener Unterlagen unzumutbar sei. Das angefochtene Urteil beruhe insoweit auf dem genannten Mangel, als das FG die Verweigerung der Vorlage als Verletzung der Mitwirkungspflicht gewertet habe. Damit vermag die Klägerin nicht durchzudringen.
Denn nach § 97 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977), auf den § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO für das gerichtliche Verfahren verweist, kann die Finanzbehörde u.a. von den Beteiligten die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen, Geschäftspapieren und anderen Unterlagen zur Einsicht und Prüfung verlangen. Ferner besagt § 97 Abs. 3 Satz 1 AO 1977, dass die genannten Unterlagen auf Verlangen der Behörde an Amtsstelle vorzulegen sind. Die Behörde hat zwar unter bestimmten Umständen das Recht, die Unterlagen bei dem Vorlagepflichtigen einzusehen (§ 97 Abs. 3 Satz 1, 2. Alternative AO 1977). Die gesetzliche Regel ist jedoch die Vorlage bei der Behörde (Schuster in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 97 AO Rz. 47) bzw. im gerichtlichen Verfahren die Vorlage bei dem FG. Eine dahin gehende Anordnung kann deshalb nur dann rechtswidrig sein, wenn sie missbräuchlich oder die Vorlage beim FG für den Vorlagepflichtigen unzumutbar ist. Eine solche Gestaltung liegt im Streitfall nicht vor.
Denn ausweislich des angefochtenen Urteils diente die von der Klägerin beanstandete Anordnung dazu, dem FG die Möglichkeit zu geben, den Vortrag der Klägerin zur Abwicklung der Geschäftsbeziehungen mit der X-AG umfassend zu überprüfen. Es ist unmittelbar einsichtig, dass eine solche Überprüfung schneller und leichter vorgenommen werden kann, wenn dem FG die dazu notwendigen Unterlagen jederzeit zur Verfügung stehen und nicht jeweils in den Geschäftsräumen des Vorlagepflichtigen eingesehen werden müssen. Zudem ist die Erwägung des FG nachvollziehbar, dass die Klägerin kein dringendes Interesse an der jederzeitigen Verfügbarkeit der Unterlagen gehabt haben dürfte, da die dort dokumentierten Vorgänge schon mehr als sieben Jahre zurücklagen. Schließlich durfte das FG ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass es sich bei der Klägerin um ein Unternehmen mit relativ geringen Umsätzen und nur wenigen Geschäftspartnern handelte, so dass die vorzulegenden Unterlagen --wie es in dem angefochtenen Urteil heißt-- "entsprechend überschaubar" sein dürften; das gilt nicht zuletzt deshalb, weil die Klägerin zum tatsächlichen Umfang der betreffenden Unterlagen --soweit erkennbar-- keine näheren Angaben gemacht hatte. Vor diesem Hintergrund kann weder die Vorlage der Unterlagen als unzumutbar noch die entsprechende Anordnung durch das FG als aus sonstigen Gründen ermessensfehlerhaft angesehen werden. Damit scheidet insoweit die Annahme eines Verfahrensmangels aus.
b) Das FG hat im Zusammenhang mit der Anforderung von Unterlagen nicht das Recht der Klägerin auf Gehör verletzt. Es war insbesondere nicht verpflichtet, der Klägerin den Zweck dieser Maßnahme näher zu erläutern. Denn das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das FG zwar zu einem entsprechenden vorherigen Hinweis, wenn es seine Entscheidung auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützen will, mit dessen Berücksichtigung ein Verfahrensbeteiligter weder gerechnet hat noch bei sorgfältiger Prozessführung rechnen musste (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. August 2004 II B 69/03, BFH/NV 2004, 1666; vom 18. Mai 2005 X B 107/04, BFH/NV 2005, 1617, jeweils m.w.N.). Darum geht es aber hier nicht. Die Klägerin meint vielmehr, dass das FG verpflichtet gewesen sei, ihr den Bezug seiner Aufklärungsmaßnahmen zu den im Streitfall entscheidungserheblichen Tatsachen zu erläutern. Damit macht sie letztlich einen Anspruch auf ein Rechtsgespräch mit dem FG geltend, der vom Gebot des rechtlichen Gehörs nicht umfasst wird (BFH-Beschluss vom 10. August 2005 VIII B 344/04, BFH/NV 2006, 78).
c) Ein Verfahrensmangel liegt entgegen der Annahme der Klägerin auch nicht darin, dass das FG Auskünfte des BfF zum wirtschaftlichen Hintergrund der X-AG verwertet hat, ohne den Beweisanträgen der Klägerin zum Zustandekommen dieser Auskünfte nachzugehen. Im Urteil des FG heißt es hierzu, dass das BfF die X-AG zwar in einer 1995 erteilten Auskunft als "Briefkastengesellschaft" eingestuft habe; diese Einschätzung habe es aber im Jahr 1999 revidiert und nunmehr die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass es sich tatsächlich um eine außerhalb Liechtensteins tätige "Domizilgesellschaft" im Sinne des liechtensteinischen Rechts gehandelt habe. Diese Differenzierung lässt erkennen, dass sowohl dem BfF als auch dem FG der Unterschied zwischen einer (eigenwirtschaftlich tätigen) Domizilgesellschaft und einer bloßen Briefkastengesellschaft (vgl. dazu Senatsurteil vom 10. November 1998 I R 108/97, BFHE 187, 211, BStBl II 1999, 121; KB, Internationales Steuerrecht 1999, 114, 116) bekannt war. Dem entsprechend hat das FG im weiteren Verlauf der Entscheidungsgründe --namentlich im Zusammenhang mit der Anwendung des § 160 AO 1977-- die X-AG stets als "Domizilgesellschaft" --und nicht als "Briefkastengesellschaft"-- bezeichnet. Es hat mithin im Ergebnis zu Gunsten der Klägerin eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit der X-AG unterstellt. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass die Auswertung der Auskünfte des BfF sich zum Nachteil der Klägerin ausgewirkt hat und inwieweit die von der Klägerin vermisste weitere Beweiserhebung zu einem für sie günstigeren Ergebnis hätte führen können.
d) Die Klägerin sieht die Grundordnung des Verfahrens dadurch verletzt, dass das FG "seine Rechtsschutzfunktion preisgegeben" und "eine Reservefunktion für die Finanzverwaltung übernommen" habe, indem es den ursprünglichen Streitstoff zu ihren --der Klägerin-- Lasten erweitert habe. Das FA habe nämlich die angefochtene Steuerfestsetzung ausschließlich darauf gestützt, dass es sich bei der X-AG um eine "Briefkastengesellschaft" gehandelt habe. Der Rechtsschutzfunktion des FG hätte es deshalb entsprochen, allein diese Annahme zu überprüfen und bei Feststellung einer wirtschaftlichen Aktivität der X-AG der Klage stattzugeben. Stattdessen habe das FG geprüft, ob der angefochtene Bescheid auch dann rechtmäßig sein könne, wenn es sich bei der X-AG um eine wirtschaftlich aktive Gesellschaft handelte; das sei unzulässig. Diese Rüge geht fehl.
Das FG hat im Verfahren wegen einer Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid die Aufgabe, den betreffenden Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Im Rahmen dieser Überprüfung muss es von Amts wegen alle rechtlichen Gesichtspunkte berücksichtigen, auf die die streitige Steuerfestsetzung gestützt werden kann. Das gilt auch im Hinblick auf Überlegungen, die von der Finanzbehörde in dem betreffenden Verfahren zuvor nicht angestellt worden sind. Die Befugnis des FG zu einer eigenständigen Würdigung der Rechtslage findet ihre Grenze nur in dem Verbot einer verbösernden Steuerfestsetzung, das im Streitfall beachtet worden ist. Angesichts dessen liegt hier entgegen der Ansicht der Klägerin weder eine fehlerhafte "Erweiterung des Streitstoffs" noch eine eigenmächtige Erstreckung des Prozesses auf zusätzliche Sachverhalte vor.
e) Ebenso liegt kein Verfahrensmangel darin, dass das FG bei seiner Entscheidung Unterlagen verwertet hat, die bei den im März 1995 vorgenommenen Durchsuchungen vorgefunden worden sind.
aa) Die Klägerin beanstandet insoweit zunächst, dass die Durchsuchungen als solche rechtswidrig gewesen seien. Damit kann sie schon deshalb keinen Erfolg haben, weil diese Maßnahmen auf einem rechtskräftig gewordenen Beschluss des zuständigen Amtsgerichts beruhen. Eine solche Anordnung entfaltet im Rahmen des Besteuerungsverfahrens Tatbestandswirkung mit der Folge, dass die Steuergerichte ihre Rechtmäßigkeit nicht eigenständig überprüfen dürfen, sondern als gegeben unterstellen müssen (BFH-Beschlüsse vom 29. Januar 2002 VIII B 91/01, BFH/NV 2002, 749; vom 17. Juli 2003 X B 19/03, BFH/NV 2003, 1594, m.w.N.). So ist das FG im Streitfall verfahren.
bb) Die zweite in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Klägerin geht dahin, dass das FG nicht ihren --der Klägerin-- Vortrag zu den Umständen der Durchsuchung berücksichtigt habe. Es sei dargelegt und unter Beweis gestellt worden, dass der bei der Durchsuchung anwesende Bedienstete der Steuerfahndung eigenständig Ermittlungen angestellt habe, die vom Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts nicht gedeckt gewesen seien. Das FG habe den genannten Vortrag nicht berücksichtigt und sei auch dem Beweisantrag nicht gefolgt. Diese Rüge muss indessen im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg bleiben.
Denn zum einen ist bei der Frage nach dem Vorliegen eines Verfahrensmangels grundsätzlich auf diejenige Sachbehandlung abzustellen, die auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG geboten ist (BFH-Beschlüsse vom 8. Juli 2005 IX B 23/05, BFH/NV 2005, 2031; vom 9. Dezember 2004 V B 85/04, BFH/NV 2005, 712; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 79, m.w.N.). Das FG handelt daher nicht verfahrensfehlerhaft, wenn es einen Vortrag nicht berücksichtigt und eine Beweiserhebung unterlässt, auf die es nach seiner Einschätzung der Rechtslage im Ergebnis nicht ankommen kann (BFH-Beschluss vom 8. August 2005 VI B 18/05, BFH/NV 2005, 2042). Eine solche Gestaltung liegt im Streitfall vor: Das FG hat erklärtermaßen angenommen, dass unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsmaßnahmen des Steuerfahnders ein Verwertungsverbot schon deshalb nicht eingreife, weil unter den gegebenen Umständen die Steuerfahndungsstelle selbst ebenfalls einen entsprechenden Durchsuchungsbeschluss hätte erwirken können (S. 19 des FG-Urteils). Vor diesem Hintergrund war aus seiner Sicht die Frage, ob der Steuerfahnder die ihm durch den Durchsuchungsbeschluss eingeräumten Befugnisse überschritten hatte, nicht entscheidungserheblich. Deshalb musste es dem hierauf abzielenden Vortrag der Klägerin nicht nachgehen. Ob die genannte Beurteilung seitens des FG ihrerseits als verfahrensfehlerhaft angesehen werden könnte, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, da die Klägerin einen dahin gehenden Verfahrensmangel nicht gerügt hat.
Zum anderen kommt hinzu, dass nach ständiger Rechtsprechung des BFH im Besteuerungsverfahren kein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen besteht, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt worden sind (z.B. BFH-Beschlüsse vom 23. Januar 2002 XI R 10, 11/01, BFHE 198, 7, BStBl II 2002, 328; vom 17. Juli 2003 X B 19/03, BFH/NV 2003, 1594). Vielmehr kann sich aus der Rechtswidrigkeit einer eigenständig anfechtbaren Ermittlungsmaßnahme nur dann ein Verwertungsverbot ergeben, wenn die Maßnahme in dem dafür vorgesehenen Verfahren für rechtswidrig erklärt worden ist (BFH-Beschlüsse vom 11. Juli 1979 I B 10/79, BFHE 128, 170, BStBl II 1979, 704, 705; vom 29. Januar 2002 VIII B 91/01, BFH/NV 2002, 749; BFH-Urteil vom 23. Januar 1985 I R 284/81, BFH/NV 1985, 14). Das FG ist in dem angefochtenen Urteil erklärtermaßen davon ausgegangen, dass diese Grundsätze auch für die von der Klägerin beanstandete Durchsuchungstätigkeit des Steuerfahnders gelten und dass es deshalb aus deren etwaiger Rechtswidrigkeit ohnehin kein Verwertungsverbot ableiten könne (S. 19 des Urteils). Auch unter diesem Gesichtspunkt war der Vortrag der Klägerin zu den Umständen der Durchsuchung mithin aus der Sicht des FG unerheblich, weshalb es darauf verzichten durfte, diese Umstände weiter aufzuklären.
f) Die Rüge der Klägerin, das FG habe ein nicht rechtskräftig gewordenes Urteil in einem Strafverfahren gegen S nicht berücksichtigen dürfen, geht fehl. In dem betreffenden Strafverfahren ging es nach den Feststellungen des FG um ein Konkursdelikt, wegen dessen S etwa sieben Jahre lang verfolgt worden ist. Das FG hat daraus geschlossen, dass S sich "über die strafrechtlichen Risiken einer verzögerten Eröffnung eines Insolvenzverfahrens völlig im Klaren" sein musste und dass er deshalb nicht die Bildung erheblicher negativer Kapitalkonten in den Bilanzen der Klägerin in Kauf genommen hätte, wenn er mit einer Durchsetzung der Forderungen der X-AG gegenüber der Klägerin hätte rechnen müssen (S. 36 des FG-Urteils). Diese Schlussfolgerung knüpft ausschließlich an die tatsächliche Existenz und die Dauer des Strafverfahrens, nicht aber an den Inhalt des Strafurteils an. Deshalb steht ihr die von der Klägerin angeführte Unschuldsvermutung nicht entgegen. Aus demselben Grund ist die Rüge, das FG habe durch die Verwertung des Strafurteils gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen und seine Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, nicht berechtigt.
g) Schließlich kann auch die Rüge der Klägerin, das FG habe im Zusammenhang mit der Verwertung der Aussage des B erneut gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweiswürdigung verstoßen, der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Im ersten Rechtsgang hatte der Berichterstatter des FG als von diesem beauftragter Richter (§ 81 Abs. 2 FGO) S als Zeugen vernommen. Nachdem die Klägerin im zweiten Rechtsgang weder B noch dessen Sohn Y als Zeugen zur mündlichen Verhandlung gestellt hatte, hat das FG die Niederschrift über diese Vernehmung im Wege des Urkundenbeweises verwertet. Die Berechtigung dieses Vorgehens zieht die Klägerin nicht in Zweifel. Sie beanstandet aber, dass es in dem angefochtenen Urteil heißt, B habe "zunächst nur die Klägerin" als Geschäftspartner der X-AG bezeichnet und erst "auf Nachfrage" Geschäftsbeziehungen zwischen der X-AG und der M-GmbH sowie der A-AG erwähnt; dass B als Geschäftsführer sowohl der X-AG als auch der A-AG die Geschäftsbeziehungen zwischen diesen beiden Gesellschaften zunächst übersehen haben solle, spreche gegen die Glaubwürdigkeit seiner Aussage (S. 24 des FG-Urteils). Diese Würdigung verstößt nach Ansicht der Klägerin gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, da die im Urteil erwähnte "Nachfrage" im Vernehmungsprotokoll nicht vermerkt sei und tatsächlich nicht stattgefunden habe. Die Berechtigung dieses Vorbringens muss indessen hier nicht abschließend erörtert werden.
Denn es trifft zwar zu, dass das Ergebnis einer Vernehmung durch den beauftragten Richter bei einer Senatsentscheidung nur insoweit berücksichtigt werden darf, als es sich aus der Vernehmungsniederschrift ergibt und die Beteiligten hierzu Stellung nehmen konnten (Senatsbeschluss in BFH/NV 2003, 1587, m.w.N.). Im Streitfall ist jedoch zu beachten, dass die von der Klägerin beanstandeten Ausführungen des FG ausschließlich die Frage betreffen, ob B --wie von ihm vor dem Berichterstatter bekundet-- alleiniger Anteilseigner der X-AG und in dieser Eigenschaft nicht Treuhänder einer anderen Person war. Von der Beantwortung dieser Frage wird die angefochtene Entscheidung aber letztlich nicht getragen. Denn das FG ist in materiell-rechtlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass angesichts der unstreitig bestehenden Freundschaft zwischen S und B und der nicht fremdüblichen Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und der X-AG im Streitfall § 1 des Außensteuergesetzes eingreife und dass die streitige Erhöhung der Einkünfte der Klägerin jedenfalls auf diese Vorschrift gestützt werden könne (S. 38 f. des FG-Urteils). Aus dieser Einschätzung heraus wäre das FG ersichtlich auch dann, wenn es im Hinblick auf die formelle Beteiligung an der X-AG der Aussage des B in vollem Umfang gefolgt wäre, zu keinem inhaltlich abweichenden Ergebnis gelangt. Insoweit war die Frage nach der Glaubhaftigkeit der Bekundung des B zur Inhaberschaft der Aktien für die Entscheidung letztlich unerheblich. Angesichts dessen könnte, selbst wenn dem FG bei der Beweiserhebung ein Fehler unterlaufen sein sollte, dies nicht zur Zulassung der Revision führen.
h) Hinsichtlich der übrigen Verfahrensrügen der Klägerin sieht der Senat von einer Begründung seiner Entscheidung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
2. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn dies zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung geboten ist. Die Klägerin hält beide Voraussetzungen für im Streitfall erfüllt. Zur Begründung verweist sie auf die Annahme des FG, sie --die Klägerin-- sei gemäß § 90 Abs. 2 AO 1977 zur Beschaffung von Geschäftsunterlagen der X-AG verpflichtet gewesen, da die X-AG ihr diese Unterlagen mit Rücksicht auf die freundschaftlichen Beziehungen zwischen S und B auf ein entsprechendes Ersuchen hin überlassen hätte. Die Klägerin hält in diesem Zusammenhang für klärungsbedürftig, ob eine freundschaftliche Verbindung zu dem Inhaber von Beweismaterial eine "rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit" zur Beschaffung dieses Materials begründen kann, die der Verfahrensbeteiligte gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 ausschöpfen muss. Dem ist nicht zu folgen:
Nach § 90 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 muss ein Beteiligter zur Aufklärung von Sachverhalten mit Auslandsbezug nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche Möglichkeiten ausschöpfen. Daraus ergibt sich unmittelbar, dass die in der Vorschrift statuierte gesteigerte Mitwirkungspflicht nicht nur die Beschaffung von Beweismitteln einschließt, deren Herausgabe der Beteiligte mit Rechtsmitteln erzwingen kann. Der dort enthaltene Verweis auf "tatsächliche" Möglichkeiten kommt vielmehr gerade dann zum Tragen, wenn der Beteiligte keinen Rechtsanspruch auf die Überlassung von Beweismitteln hat, diese aber aus anderen Gründen mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann. Das ergibt sich aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und bedarf deshalb keiner Klärung. Die Antwort auf die davon zu unterscheidende weitere Frage, welche tatsächlichen Möglichkeiten der Beweismittelbeschaffung in einer bestimmten Situation bestehen und inwieweit deren Nutzung für den Beteiligten zumutbar ist, hängt von den individuellen Umständen des konkreten Falles ab und entzieht sich einer Anwendung schematischer Kriterien; insoweit ist vielmehr eine einzelfallbezogene Würdigung durch das FG erforderlich (BFH-Beschluss vom 16. Januar 2003 VIII B 114/01, BFH/NV 2003, 738). Eine darüber hinausgehende generalisierende Aussage könnte von einem den Streitfall betreffenden Revisionsurteil nicht erwartet werden, weshalb ein solches weder die Einheitlichkeit der Rechtsprechung fördern noch zur Rechtsfortbildung beitragen würde.
Ende der Entscheidung
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