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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.01.1999
Aktenzeichen: I B 23/98
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) begehrt die Zulassung der Revision gegen ein Urteil, in dem das Finanzgericht (FG) von der Klägerin behauptete Zinszahlungen an eine ausländische Gesellschaft nicht steuermindernd berücksichtigt hat.

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Liechtenstein. Sie ist am 7. August 1987 gegründet und am 10. August 1987 im Handelregister eingetragen worden. Ausweislich ihrer Gründungsurkunde hatte sie seinerzeit fünf Gesellschafter; darunter befanden sich u.a. ihre Verwaltungsratsmitglieder D, Z und G, die zugleich Inhaber von 17 (D), 15 (H) und einem (G) weiteren Verwaltungsratsmandaten waren. Die Geschäftsleitung der Klägerin befand sich nach den Feststellungen des FG in den Streitjahren (1987 bis 1989 und 1992) nicht im Inland.

Am 11. August 1987 gründete die Klägerin zusammen mit dem in Deutschland ansässigen Herrn L und der in Deutschland domizilierenden L-GmbH eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit dem Zweck der "Haltung und Verwaltung von Grundbesitz". In diese GbR brachten L und die L-GmbH mehrere in Deutschland belegene und mit Erbbaurechten belastete Grundstücke ein, während sich die Klägerin verpflichtete, als "Abfindungsbeträge" an L 1 353 600 DM und an die L-GmbH 446 400 DM zu zahlen. Am 25. September 1987 veräußerten L und die L-GmbH ihre Anteile an der GbR zu "Buchwerten" (L: 150 400 DM; L-GmbH: 49 600 DM) an die Klägerin, wodurch die GbR aufgelöst wurde. Nach Darstellung der Klägerin sind sowohl die "Abfindungsbeträge" in Höhe von insgesamt 1,8 Mio. DM (am 14. August 1987) als auch die Entgelte für die GbR-Anteile in Höhe von insgesamt 200 000 DM (am 25. September 1987) in bar gezahlt worden.

In der Folge erwarb die Klägerin in ähnlicher Weise Anteile an Grundstücksgesellschaften von L sowie von Herrn H, wobei die Gegenleistungen zum Teil in der anteiligen Übernahme von Darlehen bestanden und im übrigen jeweils in bar entrichtet worden sein sollen. Sie finanzierte sämtliche Geschäfte ihren Angaben zufolge durch die Aufnahme mehrerer Darlehen bei der in der Schweiz residierenden R-AG. Alleiniger Anteilseigner der R-AG ist nach Darstellung der Klägerin ihr --der Klägerin-- Gründungsgesellschafter und Verwaltungsratsmitglied D.

Die erste Darlehensvergabe durch die R-AG beruhte nach Angaben der Klägerin auf einem Vertrag vom 14. Juli 1987 über einen Kredit in Höhe von 2 Mio. DM. In diesem Vertrag ist eine Laufzeit des Darlehens von fünf Jahren vorgesehen; zur Verzinsung heißt es, daß diese mit "9 v.H. zuzüglich 1/4 v.H. Kommission pro Quartal, insgesamt somit 10,25 v.H. p.a." erfolgen solle. Die Zinsen sollten per Valuta Auszahlungstag berechnet werden, wobei eine Auszahlung spätestens am 15. August 1987 vereinbart war. Eine Gestellung von Sicherheiten war nicht vorgesehen; die R-AG sollte jedoch Sicherheiten anfordern können, falls D als Verwaltungsrat der Klägerin ausschied oder seine Beteiligung an der Klägerin veräußerte. Am 26. Januar 1988 schlossen die Klägerin und die R-AG einen zweiten Darlehensvertrag über "maximal 750.000 DM", zu dessen Inhalt das FG keine weiteren Feststellungen getroffen hat.

In ihrem Jahresabschluß für 1987 vom 3. Oktober 1989 setzte die Klägerin zunächst Zinsen zugunsten der R-AG in Höhe von 67 818,79 DM als Aufwandsposten an. Später erstellte sie einen berichtigten Abschluß, in dem die Zinsen mit 76 875 DM berücksichtigt sind. Demgegenüber erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) im Anschluß an eine Außenprüfung die Zinsen nicht als einkunftsmindernd an. Entsprechend verfuhr er bei den Veranlagungen für die übrigen Streitjahre. Die u.a. deswegen erhobene Klage der Klägerin hat das FG abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer auf grundsätzliche Bedeutung und Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

II. Der Senat versteht die Nichtzulassungsbeschwerde dahin, daß sie sich ausschließlich gegen die Entscheidung des FG zur Körperschaftsteuer 1987 bis 1989 und 1992 richtet. Zwar umfaßte der erstinstanzliche Rechtsstreit darüber hinaus die Bescheide wegen Körperschaftsteuer 1990 und 1991 sowie einen Zinsbescheid und die Festsetzung eines Solidaritätszuschlags; insoweit hat das FG die Klage als unzulässig abgewiesen. Auch ist im Eingang der Beschwerdeschrift und in dem von der Klägerin gestellten Antrag lediglich --ohne weitere Beschränkung-- davon die Rede, daß die Zulassung der Revision "gegen das Urteil des FG" begehrt werde. Doch ist in der Beschwerdebegründung wiederholt ausgeführt, daß es um die "Festsetzungen der Körperschaftsteuer 1987, 1988, 1989 und 1992" gehe; demgemäß fehlen auch jegliche inhaltlichen Ausführungen zu den vom FG erörterten Zulässigkeitsfragen. Vor diesem Hintergrund muß bei verständiger Würdigung der Beschwerdeschrift davon ausgegangen werden, daß die Klägerin die teilweise Abweisung ihrer Klage als unzulässig hinnimmt und das angefochtene Urteil nur insoweit überprüft wissen will, als dort ihre Klage aus materiell-rechtlichen Gründen abgewiesen worden ist. Im übrigen wäre anderenfalls die Nichtzulassungsbeschwerde, soweit sie sich über den genannten Umfang hinaus erstrecken sollte, mangels jeglicher Darlegung zu etwa vorliegenden Revisionsgründen jedenfalls unzulässig.

III. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) noch eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO hinreichend dargelegt:

1. Das FG hat angenommen, daß es sich bei der Klägerin und der R-AG um einander nahestehende Personen gehandelt habe und daß deshalb zwischen ihnen abgeschlossene Rechtsgeschäfte steuerlich nur dann anzuerkennen seien, wenn sie einem Fremdvergleich standhielten. Diese Würdigung hat die Klägerin nicht angegriffen. Sie hat insbesondere nicht aufgezeigt, daß das erstinstanzliche Urteil insoweit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen oder von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweichen könnte. Unter diesem Gesichtspunkt kommt deshalb eine Zulassung der Revision nicht in Betracht. Damit erübrigt sich zugleich eine Stellungnahme des Senats zu der Frage, ob nicht die vom FG angestellten Erwägungen richtigerweise --statt zur Versagung des Werbungskostenabzugs-- zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung hätten führen müssen (vgl. BFH-Urteile vom 29. Oktober 1997 I R 24/97, BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573, und vom 21. Dezember 1994 I R 65/94, BFHE 176, 571).

2. Die Klägerin leitet eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zunächst daraus ab, daß das FG den von ihm angestellten Fremdvergleich auf Kriterien gestützt habe, deren Sachgerechtigkeit nicht hinreichend gesichert sei. Hierzu weist sie darauf hin, daß im Anschluß an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum "Oder-Konto" (BVerfG-Beschluß vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34) die Rechtsprechung des BFH zu Verträgen zwischen nahen Angehörigen sich gewandelt habe und daß hierbei die früher für maßgeblich erachteten formalen Gesichtspunkte an Bedeutung verloren hätten. Vor diesem Hintergrund hält sie für klärungsbedürftig, ob die vom FG angelegten Kriterien nach wie vor für Zwecke des Fremdvergleichs tauglich seien. Dieser Vortrag reicht zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 1 Nr. 1 FGO nicht aus:

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH können Vereinbarungen zwischen einander nahestehenden Personen steuerrechtlich nur dann anerkannt werden, wenn sie in Inhalt und Durchführung einem Fremdvergleich standhalten. Diese Regel ist durch die von der Klägerin zitierte Entscheidung des BVerfG nicht berührt worden (vgl. BFH-Urteil vom 17. September 1997 IV R 54/96, BFH/NV 1998, 164, 165). Ebenso ist hinreichend geklärt, daß im Rahmen des Fremdvergleichs alle Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen sind und daß die Würdigung dieser Umstände dem FG als Tatsacheninstanz obliegt (BFH-Urteile vom 26. Juni 1996 X R 155/94, BFH/NV 1997, 182; vom 26. November 1996 IX R 51/94, BFH/NV 1997, 404, 405). Das gilt auch insoweit, als es um die Beurteilung von Rechtsgeschäften zwischen einander nahestehenden Kapitalgesellschaften geht (BFH-Urteil in BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573).

Angesichts der Einzelfallbezogenheit des jeweils erforderlichen Fremdvergleichs kann die vom FG vorgenommene Abwägung nur dann unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung angegriffen werden, wenn im einzelnen dargelegt wird, welche über den Einzelfall hinausgehende und in diesem Sinne grundsätzliche Fragen das gerügte Vorgehen des FG aufwirft. Hierzu ist insbesondere ein substantiierter Vortrag dazu erforderlich, welches konkrete Sachverhaltselement das FG unzutreffend gewichtet hat (BFH-Beschluß vom 18. Mai 1998 VI B 71/98, BFH/NV 1999, 49) und inwieweit diese Gewichtung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BFH-Beschluß vom 31. August 1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, 892; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 7, m.w.N.). Das gilt namentlich dann, wenn --wie im Streitfall-- die allgemeinen Regeln der Gewichtung bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt sind (vgl. BFH-Beschluß vom 17. Juni 1998 III B 153/95, BFH/NV 1998, 1508). Außerdem muß zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde dargelegt werden, daß die für grundsätzlich bedeutsam erachtete Rechtsfrage in einem anschließenden Revisionsverfahren klärungsfähig wäre (BFH-Beschluß vom 12. Juni 1996 IV B 133/95, BFHE 180, 450, BStBl II 1997, 82; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 10, m.w.N.). Diesem Erfordernis genügt die Darlegung der Klägerin nicht.

Die Klägerin beschränkt sich vielmehr letztlich auf eine Wiedergabe der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Fremdvergleich sowie auf Ausführungen dazu, daß angesichts dieser Rechtsprechung zur Zeit Unsicherheit hinsichtlich der anzuwendenden Vergleichskriterien herrsche. Ein dahingehender allgemeiner Vortrag vermag die erforderliche Auseinandersetzung damit, in welchem konkreten Punkt die beanstandete Handhabung für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle von Bedeutung ist, nicht zu ersetzen. Das Fehlen entsprechender Ausführungen wäre nur dann unschädlich, wenn die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung offenkundig wäre (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 61, m.w.N.); das ist indessen ebenfalls nicht der Fall. Zur Frage der Klärungsfähigkeit schließlich hat die Klägerin keinerlei Ausführungen gemacht.

3. Der Vortrag der Klägerin zu den Rechtsfolgen eines gescheiterten Fremdvergleichs reicht ebenfalls zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht aus. Die Klägerin hält insoweit für klärungsbedürftig, "ob im Fall der Nichtanerkennung eines Darlehensverhältnisses hinsichtlich der zur Unwirksamkeit führenden Vertragsklauseln eine Fiktion wie unter fremden Dritten vorgenommen werden kann". Ihre Überlegungen lassen jedoch nicht erkennen, aus welchen Gründen in diesem Punkt eine Unklarheit oder Unsicherheit in der rechtlichen Beurteilung bestehen soll, die im Interesse der Allgemeinheit beseitigt werden müßte.

Hierzu reicht es insbesondere nicht aus, daß die Klägerin auf ein Urteil des FG Berlin (vom 5. Dezember 1996 1526/96, Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 599) hinweist, dem zufolge "die überhöhte Gegenleistung aus einem Pachtvertrag zwischen zwei nahestehenden Personen auf das angemessene Maß zu beschränken sei". Denn im Streitfall geht es nicht darum, daß die zu beurteilende Vereinbarung nur hinsichtlich der Höhe der vereinbarten Gegenleistung unüblich ist. Das FG hat vielmehr aus einer Vielzahl einzelner Faktoren geschlossen, daß die Vereinbarung nicht wie unter fremden Dritten abgeschlossen und durchgeführt worden sei. Diese Konstellation berührt das von der Klägerin zitierte Urteil nicht. Weitere Fundstellen, aus denen sich in bezug auf diesen Punkt eine unterschiedliche Beurteilung der Rechtslage und damit ein Klärungsbedürfnis ergeben könnte, hat die Klägerin nicht angeführt. Im übrigen fehlt es auch hier wiederum an jeglicher Darlegung zur Frage der Klärungsfähigkeit.

4. Eine Abweichung des angefochtenen Urteils von der Rechtsprechung des BFH oder des BVerfG hat die Klägerin ebenfalls nicht hinreichend bezeichnet. Sie beruft sich hierzu zwar auf ein Urteil des BFH (vom 4. Juni 1991 IX R 150/85, BFHE 165, 53, BStBl II 1991, 838), mit dem dieser entschieden habe, daß die Unüblichkeit eines unter Verwandten abgeschlossenen Darlehensvertrages nur unter bestimmten Voraussetzungen zur steuerlichen Nichtanerkennung dieses Vertrages führen könne. Das reicht jedoch für eine Divergenzrüge i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht aus. Hierfür wäre vielmehr die Benennung eines abstrakten Rechtssatzes erforderlich, den einerseits das FG seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat und der andererseits einem die BFH-Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz widerspricht (BFH-Beschlüsse vom 22. August 1997 III B 32/97, BFH/NV 1998, 333; vom 30. Juni 1998 X B 10/98 und X B 11/98, BFH/NV 1998, 1509; vom 1. Juli 1998 IV B 113/97, BFH/NV 1998, 1510; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 63, m.w.N.). Eine solche Gegenüberstellung zweier Rechtssätze läßt der Vortrag der Klägerin nicht erkennen.

Er läuft vielmehr im wesentlichen auf die Darlegung hinaus, daß in dem angefochtenen Urteil entweder der Inhalt der zitierten BFH-Entscheidung oder ihre Bedeutung für den Streitfall verkannt worden sei. Die Klägerin rügt damit letztlich nur eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG, die als solche nicht zur Zulassung der Revision führen kann (BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 1997 V B 10/97, BFH/NV 1998, 343, 344; vom 14. Januar 1998 IX B 103/97, BFH/NV 1998, 616; vom 18. März 1998 IX B 119/97, BFH/NV 1998, 1114). Demgemäß fehlt es auch unter diesem Gesichtspunkt an der schlüssigen Darlegung eines Revisionsgrundes, weshalb die Nichtzulassungsbeschwerde im Ergebnis keinen Erfolg haben kann.

Ende der Entscheidung

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