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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.12.2005
Aktenzeichen: I B 249/04
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der D-GmbH. Deren Gesellschafter waren im Streitjahr 1989 zu je 50 v.H. die Eheleute S und E. S war allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer.

Die D-GmbH war Eigentümerin des Grundstückes X (496 qm). Das daran angrenzende Grundstück Y (453 qm) gehörte S. Beide Grundstücke waren im Streitjahr unbebaut. Gegenüber diesen Grundstücken errichtete die A ein 186 m hohes Bürogebäude. Bauherrin war bis Ende 1990 die B, eine Tochtergesellschaft der A. Zur Umsetzung des Bauvorhabens bedurfte es der Zustimmung der angrenzenden Grundstückseigentümer. Die A leistete an ca. 15 Personen Geldleistungen für die nachbarrechtliche Genehmigung. Die Höhe der Zahlungen wurde dabei individuell ausgehandelt.

Am 11. Mai 1989 erklärte sich S persönlich und als alleiniger Geschäftsführer der D-GmbH mit dem Bauvorhaben einverstanden. In demselben Vertrag verpflichtete sich die B für das Grundstück Z, das E gehörte, entweder bis zum 1. Oktober 1989 einen Käufer nachzuweisen oder, falls dies nicht gelingen sollte, selbst als Käuferin einzutreten. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 46 Mio. DM vereinbart.

Mit Vertrag vom 29. September 1989 erwarb die C, ein der B nahe stehendes Unternehmen, das Grundstück Z zum Kaufpreis von 46 Mio. DM.

Dem lag eine Vereinbarung zwischen der C und der B vom 27. September 1989 zugrunde, in der beide Vertragsparteien --gestützt auf Gutachten (Verkehrswert 23 Mio. DM bzw. 20 Mio. DM)-- von einem Verkehrswert der Liegenschaft von 20 Mio. DM ausgingen und die B sich bereit erklärte, den über den Verkehrswert hinausgehenden Betrag von 26 Mio. DM der C zu zahlen. Insoweit solle die nachbarrechtliche Zustimmung ausgeglichen werden.

Nach einer Betriebsprüfung wertete der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Kaufpreis in Höhe von 26 Mio. DM als Entgelt sowohl für die nachbarschaftsrechtliche Zustimmung der D-GmbH als auch der von S. Es teilte diesen Betrag entsprechend dem Anteil an der Gesamtfläche beider Grundstücke auf und beurteilte das auf die D-GmbH entfallende anteilige Entgelt in Höhe von 13 590 000 DM als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).

Die Klage hatte nur insoweit Erfolg, als das Finanzgericht (FG) von einer vGA in Höhe von 10 453 108 DM ausging.

Der Kläger stützt seine Nichtzulassungsbeschwerde auf Verfahrensmängel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

II. Die Beschwerde ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 116 Abs. 6 FGO).

1. Das FG hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt und dadurch gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen.

a) Das FG ist verpflichtet, von Amts wegen den Sachverhalt zu erforschen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) und ihn unter allen ernstlich in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Es muss zwar nicht jeder noch so fern liegenden Erwägung nachgehen, wohl aber die sich im Einzelfall aufdrängenden Überlegungen auch ohne entsprechenden Hinweis der Beteiligten anstellen. Substantiierten Beweisanträgen der Beteiligten muss es in der Regel nachkommen. Hiervon darf es nur ausnahmsweise absehen (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. November 2000 X R 17/00, BFH/NV 2001, 611, sowie vom 12. August 1999 XI R 51/98, BFH/NV 2000, 299).

b) Der Prozessbevollmächtigte der D-GmbH hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, den Notar N und den Rechtsanwalt R als Zeugen darüber zu vernehmen, wie der Verhandlungsverlauf während des notariellen Beurkundungstermins gewesen war.

Das FG ist diesem Beweisantrag nicht nachgekommen, da sowohl nach dem Vortrag des als Zeugen vernommenen ehemaligen Geschäftsführers der D-GmbH als auch des ehemaligen Geschäftsführers der B bei diesem Notartermin nur über den Gesamtkaufpreis verhandelt worden sei, nicht dagegen über ein Entgelt für die nachbarrechtliche Genehmigung.

Wie der Kläger mit seiner Beschwerde zu Recht vorbringt, ergibt sich jedoch aus dem Protokoll das Gegenteil. Danach hat der ehemalige Geschäftsführer der B, F, angegeben, gerade die Verknüpfung der Nachbarschaftsabfindung mit dem Grundstückskauf sei Gegenstand intensiver interner Gespräche auch mit dem Notar N gewesen. Soweit er sich erinnere, sei Herr N während der notariellen Beurkundung aufgestanden, um einen Aktenvermerk wegen der Abfindungsklausel zu machen. Er sei sich sicher, dass die Verknüpfung der Nachbarschaftserklärung mit dem Grundstückskauf vor dem Notar diskutiert worden sei (Protokoll S. 9 und 12).

Entgegen den Ausführungen des FG war der Beweisantrag der D-GmbH damit entscheidungserheblich und es hätte ihm daher nachkommen müssen. Denn der ehemalige Geschäftsführer der D-GmbH hat das Vorbringen des Zeugen F bestritten, es sei bei der Beurkundung des Kaufvertrages oder zu einem vorherigen Zeitpunkt über eine Verknüpfung der nachbarrechtlichen Genehmigung mit dem Kaufvertrag gesprochen worden. Das FG hat sein im Wesentlichen klagabweisendes Urteil aber vornehmlich auf die Aussage des Zeugen F gestützt, die B sei bereit gewesen, für die Zustimmung der D-GmbH und S zu dem Bauvorhaben eine Abfindung von 20 Mio. DM zu bezahlen.

Die Entscheidung beruht auch auf dem Verfahrensmangel. Es ist nicht auszuschließen, dass das FG nach einer Vernehmung des Notars N und des Rechtsanwaltes R zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre.

Ende der Entscheidung

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