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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.06.2009
Aktenzeichen: I B 46/09
Rechtsgebiete: KStG 2002, KWG a.F, EStG


Vorschriften:

KStG 2002 § 8b Abs. 2
KStG 2002 § 8b Abs. 7 S. 1
KWG a.F § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
KWG a.F. § 1 Abs. 12
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), eine GmbH, erwarb im August 2003 alle Anteile an der S, einer nach dem Recht der British Virgin Islands gegründeten und dort registrierten Kapitalgesellschaft, zum Preis von 10 000 EUR. Neben dieser Beteiligung wies sie lediglich Forderungen gegenüber ihrem Gesellschafter und einen Kassenbestand/Bankguthaben aus. Der einzige Vermögensgegenstand der S war eine 76,15%ige Beteiligung an der X AG, einem deutschen Softwareunternehmen. Dieses erwirtschaftete im Jahr 2003 einen Jahresfehlbetrag in Höhe von rd. 500 000 EUR und im Jahr 2004 einen Jahresüberschuss in Höhe von rd. 75 000 EUR. Noch im August 2003 veräußerte die Antragstellerin ein Viertel der Anteile an der S zum Preis von 250 000 EUR weiter. Die nicht veräußerten Anteile wies sie im Umlaufvermögen aus. In Höhe des Veräußerungserlöses gewährte sie der S ein Darlehen mit einer Laufzeit vom 15. August bis zum 30. November 2003 zum Zinssatz von 7,5% p.a. Die Laufzeit konnte nach dem Darlehensvertrag durch entsprechende Vereinbarung verlängert werden.

Die Antragstellerin setzte in ihrem Jahresabschluss für das Jahr 2003 eine Darlehensforderung gegenüber der S in Höhe von 250 000 EUR an. In ihrer Körperschaftsteuererklärung behandelte sie den Gewinn aus dem Anteilsverkauf als gemäß § 8b des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung (KStG 2002) steuerfrei. Die Antragstellerin wies die Darlehensforderung in ihren Bilanzen bis zum Jahr 2006 in voller Höhe aus.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) vertrat die Auffassung, die Veräußerung der Anteile sei gemäß § 8b Abs. 7 KStG 2002 steuerpflichtig und erließ geänderte Körperschaftsteuerbescheide 2003 und 2004 sowie Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2003 und 2004.

Im September 2008 änderte die Antragstellerin ihre Bilanzen für die Jahre 2003 bis 2006 dahingehend, dass sie zum 31. Dezember 2003 eine Einzelwertberichtigung der Darlehensforderung gegen die S auf 1 EUR vornahm.

Die Antragstellerin hat gegen die geänderten Bescheide Einspruch eingelegt und beantragt, die Bescheide von der Vollziehung auszusetzen. Das FA hat zunächst die Aussetzung der Vollziehung antragsgemäß gewährt, sie aber mit Bescheid vom 23. Dezember 2008 widerrufen. Den Antrag, die Vollziehung der Bescheide auszusetzen, hat das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 12. März 2009 12 V 12009/09 abgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer vom FG zugelassenen Beschwerde. Sie macht geltend, sie sei kein Finanzunternehmen i.S. des § 8b Abs. 7 KStG 2002. Ferner sei die Vorschrift auf nicht börsengehandelte Anteile, etwa solche an einer GmbH, nicht anwendbar. Die Darlehensforderung gegen die S zum 31. Dezember 2003 sei auf 1 EUR wertzuberichtigen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des FG aufzuheben und die Vollziehung der Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2003, jeweils vom 11. August 2008, auszusetzen.

Das FA beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat zutreffend entschieden, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide bestehen.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll --u.a. und soweit hier einschlägig-- erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechts- oder Tatfragen bewirken (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung).

Derartige ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide über Körperschaftsteuer 2003 und Gewerbesteuermessbetrag 2003 bestehen nicht.

1. Bei der Ermittlung des Einkommens bleiben nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 2002 Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu bestimmten Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören, außer Ansatz. § 8b Abs. 2 KStG 2002 ist allerdings nach § 8b Abs. 7 Satz 1 KStG 2002 nicht auf Anteile anzuwenden, die bei Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten nach § 1 Abs. 12 des Gesetzes über das Kreditwesen in der im Streitjahr gültigen Fassung (KWG a.F.) dem Handelsbuch zuzurechnen sind. Gleiches gilt nach § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 für Anteile, die von Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges erworben werden.

a) Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Antragstellerin ein Finanzunternehmen i.S. von § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 KWG a.F. ist. Erfasst sind danach u.a. solche Unternehmen, die weder Kreditinstitute noch Finanzdienstleistungsinstitute sind und deren Haupttätigkeit u.a. darin besteht, Beteiligungen zu erwerben. Das ist bei Holding- und Beteiligungsgesellschaften der Fall. § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KWG a.F. erfordert nicht, dass das Unternehmen seinen Beteiligungsbesitz fortwährend am Markt "umschlägt" und dass es sich bei jenem Beteiligungsbesitz um seiner Art nach "typischerweise" handelbaren Aktienbesitz handelt. Beteiligung in diesem Sinne ist jede beabsichtigte Überlassung von Vermögenswerten; auf die Dauerhaftigkeit kommt es nicht an (Senatsurteil vom 14. Januar 2009 I R 36/08, BFH/NV 2009, 852, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, m.w.N.).

Die Tätigkeit der Antragstellerin bestand im streitigen Zeitraum darin, Beteiligungen zu erwerben, zu halten und zu finanzieren; es ist jedenfalls nicht vorgetragen oder sonst aus dem Inhalt der Akten ersichtlich, dass sie im Streitjahr andere Tätigkeiten ausgeübt oder andere Erträge als Beteiligungserträge erzielt hätte. Sie wird daher als Finanzunternehmen in persönlicher Hinsicht von dem Anwendungsausschluss des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 erfasst.

b) Das FG hat auch zu Recht angenommen, dass die Antragstellerin die Anteile an der S mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges erworben hat.

aa) Wie der Senat in seinem Urteil in BFH/NV 2009, 852 (m.w.N.) im Einzelnen ausgeführt hat, fallen entgegen der Auffassung der Antragstellerin unter die Regelung des § 8b Abs. 7 KStG 2002 sämtliche Anteile an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, demnach auch GmbH-Anteile oder Anteile an einer nach ausländischem Recht gegründeten und im Ausland registrierten Kapitalgesellschaft, sofern deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG gehören. Hierfür spricht zum einen der Wortlaut des § 8b Abs. 7 KStG 2002, der keinen Verweis auf die einschlägigen Regelungen des Kreditwesengesetzes enthält, sondern einschränkungslos "Anteile" betrifft. Zum anderen ist gemäß § 8b Abs. 7 Satz 2 i.V.m. Satz 1 KStG 2002 § 8b Abs. 1 bis 6 KStG 2002 nicht anwendbar, was nahelegt und verdeutlicht, dass damit jegliche Anteile an Kapitalgesellschaften i.S. von § 8b Abs. 2 KStG 2002 und damit auch GmbH-Anteile sowie Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften erfasst sind (Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8b Rz 115, 161).

bb) Die Antragstellerin hat die Anteile an der S mit dem Ziel des kurzfristigen Eigenhandelserfolgs erworben. Der Begriff der Eigenhandelsabsicht setzt eine Handelsabsicht mit dem Zweck des kurzfristigen Wiederverkaufs aus dem eigenen Bestand voraus, die darauf abzielt, bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen Kauf- und Verkaufspreis zu nutzen und dadurch einen Eigenhandelserfolg zu erzielen. Im Übrigen bestehen keine Einschränkungen: Weder bedarf es des Handels im Rahmen eines organisierten, staatlich geregelten und überwachten Marktes noch erfordert § 8b Abs. 7 KStG 2002 das Vorliegen eines Eigenhandels als Finanzdienstleistung für Dritte i.S. von § 1 Abs. 1a Nr. 4 KWG a.F. Vielmehr umfasst der Begriff des Eigenhandelserfolges den Erfolg aus jeglichem "Umschlag" von Anteilen i.S. von § 8b Abs. 1 KStG 2002 auf eigene Rechnung (Senatsurteil in BFH/NV 2009, 852).

Die von der Klägerin im Umlaufvermögen erfassten Anteile an der S wurden --wie vom FG zu Recht ausgeführt-- mit der erforderlichen Absicht erworben, sie alsbald zu veräußern und einen kurzfristigen Eigenhandelserfolg zu erzielen. Dies folgt schon daraus, dass die Antragstellerin unmittelbar nach dem Erwerb der Anteile ein Viertel davon weiterveräußert hat und die übrigen Anteile im Umlaufvermögen unter dem Konto "GmbH-Anteile zum kurzfristigen Verbleib" ausgewiesen hat. Ferner sollten --wie sie selbst mit ihrer Begründung vorträgt-- weitere Anteile alsbald verkauft werden.

2. Das FG hat auch zutreffend bei summarischer Prüfung die Teilwertberichtigung der Darlehensforderung gegenüber der S nicht anerkannt.

a) Gemäß § 8 Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hat die Antragstellerin in ihrer Bilanz das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Darlehensforderungen sind in der Steuerbilanz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen. Diese entsprechen ihrem Nennwert. Ist der Teilwert einer Forderung aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger als ihr Nennwert, kann der niedrigere Teilwert eingesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Er entspricht dem Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Sind Forderungen mit einem über das allgemeine Kreditrisiko hinausgehenden Ausfallrisiko behaftet, ist dem im Wege der Einzelberichtigung Rechnung zu tragen. Zweifelhafte Forderungen sind mit ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen, uneinbringliche Forderungen sind abzuschreiben (Senatsurteil vom 20. August 2003 I R 49/02, BFHE 203, 319, BStBl II 2003, 941).

Allerdings setzt eine Wertberichtigung voraus, dass die Tatsachen, die ihr zu Grunde liegen, bereits am Bilanzstichtag gegeben waren. Nachträgliche Erkenntnisse des Bilanzierenden sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie wertaufhellend sind, d.h. wenn sie die bereits zum Bilanzstichtag bestehenden Verhältnisse erkennbar machen. Nicht zu berücksichtigen sind hingegen wertbeeinflussende Tatsachen, d.h. solche Tatsachen, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind und sich auf den Wert der Forderung auswirken. Für die Umstände, die zu einer Teilwertabschreibung berechtigen, trägt --wie das FG zu Recht ausführt-- der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Er muss belegen, dass seine Teilwertschätzung eine objektive Grundlage hat (Senatsurteil in BFHE 203, 319, BStBl II 2003, 941).

b) Wie vom FG zutreffend ausgeführt, hat die Antragstellerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Darlehensforderung gegenüber der S zum 31. Dezember 2003 wertlos gewesen ist. Sie trägt im Wesentlichen vor, die S habe beabsichtigt, Aktien der X AG zu veräußern und mit dem Erlös das Darlehen gegenüber der Antragstellerin zu tilgen. Sie hätte jedoch entgegen ursprünglicher Erwartungen keine Aktien verkaufen können. Die ihr von der Antragstellerin gewährten Mittel hätte die S für die Teilnahme an einer Kapitalerhöhung der X AG verwendet. Deren Ertragsaussichten hätten sich jedoch erkennbar bereits im Jahr 2003 erheblich eingetrübt, so dass die S mit keinen Dividendenzahlungen der X AG habe rechnen können.

Damit hat die Antragstellerin eine Teilwertminderung ihrer Forderung nicht hinreichend dargetan. Aus ihrem Vortrag ergibt sich zwar, dass die S im Jahr 2003 über keine hinreichenden liquiden Mittel für die Rückzahlung des Darlehens verfügte. Hieraus ist jedoch nicht abzuleiten, dass sich die S, hätte die Antragstellerin das Darlehen tatsächlich gekündigt, nicht die erforderlichen liquiden Mittel hätte beschaffen können. Die Antragstellerin hat nur den Jahresabschluss der X AG für das Wirtschaftsjahr 2004 eingereicht. Danach hatte die X AG einen Jahresüberschuss von rd. 75 000 EUR erzielt. Soweit die Antragstellerin ausführt, die Ertragsaussichten der X AG hätten sich bereits im Jahr 2003 ersichtlich verschlechtert, weil sich die von ihr entwickelte Software infolge technischer Fortentwicklung als wertlos erwiesen habe, hat sie ihren diesbezüglichen Vortrag nicht weiter belegt. Überdies hatte sie die Forderung noch in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2006 in voller Höhe ausgewiesen. Sie selbst ist daher zumindest bis zu diesem Zeitpunkt von der Werthaltigkeit der Forderung ausgegangen.



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