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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.10.2008
Aktenzeichen: I B 48/08
Rechtsgebiete: FGO, EStG, KStG, AO


Vorschriften:

FGO § 60 Abs. 3 Satz 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
EStG § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 2
EStG § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 3
KStG § 8b Abs. 1
KStG § 8b Abs. 1 Satz 2
KStG § 8b Abs. 1 Satz 3
KStG § 8b Abs. 1 Satz 4
KStG § 32a
AO § 171 Abs. 10
AO § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Streitpunkt ist, ob von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gezahlte Vermittlungsprovisionen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu beurteilen sind.

Die Klägerin ist eine GmbH, die in den Streitjahren (1999 bis 2001) mit dem An- und Verkauf sowie der Vermittlung und Reparatur von Kraftfahrzeugen aller Art befasst war. Gesellschafter der Klägerin waren die Geschäftsführer A (mit einem Geschäftsanteil von 50 %, ab Juni 2001 von 75 %) und B (mit einem Geschäftsanteil von 50 %, ab Juni 2001 von 25 %). A war außerdem bis November 2001 zu 50 %, ab November 2001 als Alleingesellschafter an der A-GmbH beteiligt und alleiniger Geschäftsführer dieser Gesellschaft. Bis zur Jahreswende 1999/2000 war die A-GmbH, die über einen Verlustvortrag von ca. 240 000 DM verfügte, geschäftlich inaktiv. Die Ehefrau des A (E) war zunächst als geringfügig Beschäftigte bei der Klägerin angestellt und arbeitete ab Januar 2000 für ein monatliches Bruttogehalt von 1 500 DM für die A-GmbH; sie war deren einzige Arbeitnehmerin.

Auf der Grundlage eines im November 1999 geschlossenen schriftlichen "Dienstleistungsvertrages" zahlte die Klägerin für eine Vielzahl von Fahrzeugveräußerungen (2000: 356 Fahrzeuge; 2001: 451 Fahrzeuge) an die A-GmbH Vermittlungsprovisionen von jeweils pauschal 300 DM je verkauftes Fahrzeug. Außerdem verkaufte die A-GmbH nunmehr auch selbst Fahrzeuge an Stammkunden der Klägerin.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) beurteilte die Provisionserlöse und die Erlöse aus den Autoverkäufen der A-GmbH --abzüglich des an E gezahlten Lohnes-- als vGA und rechnete die Beträge dem von der Klägerin in den Streitjahren zu versteuernden Gewinn hinzu. Die dagegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 30. Januar 2008 1 K 2736/04 abgewiesen.

Die Klägerin beantragt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil und stützt ihr Begehren auf Verfahrensfehler des FG und auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Das FG hat nicht verfahrensfehlerhaft gehandelt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), indem es die A-GmbH nicht zum Rechtsstreit beigeladen hat. Weder die A-GmbH noch A waren nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO notwendig Beizuladende.

Eine notwendige Beiladung setzt voraus, dass an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, verändert oder zum Erlöschen bringt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Februar 1969 IV R 263/66, BFHE 95, 148, BStBl II 1969, 343; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 60 Rz 23, m.w.N.). Ein solches Verhältnis der gegenseitigen Abhängigkeit liegt im Hinblick auf die Behandlung einer Leistung als vGA einerseits auf der Ebene der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft und andererseits auf der Ebene des empfangenden Gesellschafters nicht vor (Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 60 FGO Rz 85). Der auf der Hinzurechnung einer vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--) basierende Körperschaftsteuerbescheid gegenüber der Kapitalgesellschaft und der Steuerbescheid, der auf der Ebene des Anteilseigners Kapitaleinkünfte i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bzw. § 8b Abs. 1 KStG einbezieht, stehen nicht im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid gemäß § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO); vielmehr ist darüber in dem jeweiligen Besteuerungsverfahren selbständig zu entscheiden (vgl. Senatsurteil vom 24. März 1987 I B 117/86, BFHE 149, 468, BStBl II 1987, 508; Gosch, Körperschaftsteuergesetz, § 8 Rz 530). Dass sich in beiden Besteuerungsverfahren mit der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis die gleiche Vorfrage stellt und diese logisch nur einheitlich beantwortet werden kann, reicht für die notwendige Beiladung nicht aus (BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 2002 V B 186/01, BFH/NV 2003, 780; vom 14. März 2007 V S 34/06, BFH/NV 2007, 1348; vom 15. Februar 2008 XI B 180/07, BFH/NV 2008, 1169).

Ob sich an dieser Beurteilung durch die Schaffung der Korrespondenzregeln der § 32a, § 8b Abs. 1 Sätze 2 bis 4 KStG, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Sätze 2 und 3 EStG, jeweils i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28), etwas ändert (dagegen Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 60 FGO Rz 85) bedarf im Streitfall keiner Entscheidung; denn diese Regeln sind erstmals auf nach dem 18. Dezember 2006 erlassene, aufgehobene oder geänderte Bescheide (§ 34 Abs. 13b Satz 1 KStG i.d.F. des JStG 2007 --jetzt § 34 Abs. 13c Satz 1 KStG--) bzw. nach diesem Zeitpunkt erfolgte Zuflüsse (§ 34 Abs. 7 Satz 11 KStG i.d.F. des JStG 2007 --jetzt § 34 Abs. 7 Satz 12 KStG--; § 52 Abs. 4b Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2007) anzuwenden.

2. Die Klägerin bringt des Weiteren vor, das FG habe im Streitfall eine Veranlassungsprüfung in Form eines Fremdvergleichs unterlassen und trotz fehlender Beherrschungssituation die vGA nur unter den besonderen Bedingungen bejaht, die für beherrschende Gesellschafter und diesen nahe stehende Personen gelten (Erfordernis vorheriger, klarer und eindeutiger, zivilrechtlich wirksamer und tatsächlich durchgeführter Vereinbarungen, vgl. dazu z.B. Senatsurteil vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545). Hieraus leitet sie einerseits einen Verfahrensverstoß in Form der Verletzung der richterlichen Hinweis- und Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) und andererseits die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ab.

Damit bleibt sie schon deshalb ohne Erfolg, weil dem angefochtenen Urteil der unterstellte Begründungsansatz --Bejahung der vGA nur unter den für Leistungen an herrschende Gesellschafter geltenden Sonderbedingungen-- nicht entnommen werden kann. Vielmehr hat das FG sein Urteil --wie zuvor auch schon das FA die Einspruchsentscheidung-- damit begründet, dass die A-GmbH die Dienstleistungen, für die sie von der Klägerin bezahlt worden ist, gar nicht erbracht hat. Dabei hat es das FG offenkundig als selbstverständlich und nicht weiter erklärungsbedürftig angesehen, dass --was im Übrigen in der Sache zutrifft-- solche Zahlungen an die A-GmbH (als dem A nahe stehende Person) einem Fremdvergleich nicht standhalten, weil ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter an den Gesellschaftern nicht nahe stehende Dritte keine Zahlungen leistet, für die die Kapitalgesellschaft keine Gegenleistung erhält. Darin kann weder die Verletzung der richterlichen Hinweispflicht gesehen werden noch besteht Anlass zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

Ende der Entscheidung

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