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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.09.2008
Aktenzeichen: I B 58/08
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 81
FGO § 82
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Zahlungen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) an eine Schweizer Kapitalgesellschaft den Gewinn der Klägerin mindern. Streitjahre sind 1995 bis 1997.

Die Klägerin ist eine GmbH, die im Immobilienbereich tätig ist. Seit Juni 1995 werden alle Geschäftsanteile an der Klägerin von der B-AG gehalten. Die B-AG ist nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) eine Kapitalgesellschaft, die in dem Schweizer Ort A als Untermieterin einen Raum angemietet hat, daneben die Infrastruktur der Vermieterin --insbesondere ein Sitzungszimmer-- mitbenutzen darf und zudem gegen gesonderte Vergütung weitere Dienstleistungen der Vermieterin (z.B. Sekretariatsarbeiten) in Anspruch nehmen kann. Unter der Adresse der B-AG in A haben mehrere Schweizer Firmen einen Sitz, von denen einige einen Domizilvermerk tragen. Einziger Verwaltungsrat der B-AG ist Rechtsanwalt W, der unter derselben Adresse eine Kanzlei betreibt und bei ca. 30 Schweizer Firmen als Funktionsträger eingesetzt ist.

Im Januar 1996 schlossen die Klägerin und die B-AG einen Beratervertrag, nach dem die B-AG die Klägerin auf verschiedenen Geschäftsfeldern unterstützte. Als Entgelt war zunächst eine Tagespauschale von 2 000 DM, später --seit Januar 1997-- eine solche von 3 000 DM vereinbart. Unter Hinweis auf diesen Vertrag erteilte die B-AG der Klägerin in den Streitjahren 1996 und 1997 mehrere Rechnungen, deren Gesamtbeträge sich auf 26 000 DM (1996) bzw. 30 000 DM (1997) belaufen. Ferner hatte die B-AG der Klägerin am 31. Dezember 1995 einen Betrag von 10 000 DM für "Beratungsdienstleistungen im Hinblick auf eine Expansion ihrer Gesellschaft in die Schweiz" in Rechnung gestellt.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die an die B-AG zu zahlenden Beträge nicht als gewinnmindernd an. Die deshalb erhobene Klage hat das FG abgewiesen, ohne die Revision gegen sein Urteil zuzulassen (Sächsisches FG, Urteil vom 15. Januar 2008 1 K 1753/06). Mit ihrer daraufhin erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen, soweit sie ordnungsgemäß dargelegt worden sind, im Streitfall nicht vor.

1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (Nr. 2) oder wenn das Urteil auf einem geltend gemachten und vorliegenden Verfahrensmangel beruhen kann (Nr. 3). Wird auf einen dieser Gründe eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so muss der betreffende Grund in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Bei der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde können nur die ordnungsgemäß dargelegten Zulassungsgründe berücksichtigt werden.

2. Im Streitfall hat die Klägerin weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch einen der in § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO genannten Zulassungsgründe ausreichend dargelegt:

Das FG hat die Behauptung der Klägerin, die B-AG habe für sie --die Klägerin-- Beratungsleistungen erbracht, nicht für erwiesen erachtet. Es hat ferner für ungeklärt gehalten, ob die B-AG sich ggf. für die betreffenden Leistungen des als Zeugen benannten J bedient hat und ob J Steuerinländer war oder nicht. Die Klägerin macht dazu zwar geltend, es sei grundsätzlich bedeutsam, "ob Beratungen mündlich vorgenommen und pauschal abgerechnet werden können". Ihr Vortrag lässt aber nicht erkennen, dass diese Frage --ein entsprechendes Klärungsbedürfnis als gegeben unterstellt-- im Streitfall geklärt werden könnte. Das hätte schon deshalb erläutert werden müssen, weil das FG die genannte Frage nicht behandelt und insbesondere nicht zum Nachteil der Klägerin beantwortet hat. Mit ihrer weiteren Erwägung, dass "die behauptete Pflicht zur Benennung der Zahlungsempfänger und die Nichtakzeptanz der benannten Zahlungsempfänger" zu einer grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfrage führe, legt die Klägerin ebenfalls keine solche dar; dasselbe gilt für ihren Vortrag, es sei die Aufstellung "konkreter Kriterien" dafür geboten, "welche Anforderungen an die Beschaffung von Unterlagen" zu stellen sind. Denn durch die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung ist geklärt, dass im finanzgerichtlichen Verfahren der Grundsatz der freien Beweiswürdigung herrscht, weshalb sich die Aufstellung fester Beweisregeln verbietet. Der Sache nach zielen die genannten Ausführungen der Klägerin letztlich darauf ab, die Beweiswürdigung seitens des FG in Frage zu stellen; auf diese Weise kann eine Zulassung der Revision nicht erreicht werden (BFH-Beschlüsse vom 13. August 2007 VII B 345/06, BFH/NV 2008, 23; vom 6. November 2007 IX B 64/07, BFH/NV 2008, 242; vom 5. Juni 2008 IX B 249/07, BFH/NV 2008, 1512).

3. Als Verfahrensmangel rügt die Klägerin zunächst, dass das FG ihren Sachvortrag und die von ihr beigebrachten Unterlagen nicht vollständig verwertet habe. Es kann indessen offenbleiben, ob ihr Vortrag dazu dem Darlegungserfordernis des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt. Denn jedenfalls liegt der gerügte Mangel im Ergebnis nicht vor. Im Grundsatz ist nämlich davon auszugehen, dass das FG bei seiner Entscheidung sowohl den Akteninhalt als auch den Vortrag in der mündlichen Verhandlung berücksichtigt hat; das gilt auch für denjenigen Teil des Streitstoffs, den es in seinem Urteil nicht ausdrücklich anspricht. Anders ist es nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das FG bestimmte Aspekte außer Acht gelassen hat (BFH-Beschlüsse vom 30. Oktober 2007 VIII B 153/06, BFH/NV 2008, 389; vom 27. Mai 2008 IX B 12/08, BFH/NV 2008, 1509, m.w.N.). Solche Anhaltspunkte sind im Streitfall weder von der Klägerin aufgezeigt worden noch sonst erkennbar. Angesichts dessen ist auch unter diesem Gesichtspunkt für eine Zulassung der Revision kein Raum.

4. Einen weiteren Verfahrensmangel sieht die Klägerin darin, dass das FG es abgelehnt habe, ihren --der Klägerin-- Geschäftsführer M förmlich zu vernehmen. Diese Rüge greift ebenfalls nicht durch. Insbesondere hat das Vorgehen des FG nicht zur Folge, dass der Klägerin das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) versagt worden ist.

a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein Gericht verpflichtet, einen angebotenen Beweis zu erheben, wenn nicht ausnahmsweise ein Grund für ein Absehen von der Beweiserhebung vorliegt. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist, wenn das FG die unter Beweis gestellte Tatsache als wahr unterstellt, wenn das Beweismittel nicht erreichbar ist oder wenn es unzulässig oder zum Nachweis der betreffenden Tatsache untauglich ist (BFH-Urteil vom 10. April 2008 VI R 13/07, BFH/NV 2008, 1356; Stapperfend in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 76 Rz 26, m.w.N.). Speziell die Vernehmung eines Beteiligten (§§ 81, 82 FGO i.V.m. §§ 450 ff. der Zivilprozessordnung) darf unterbleiben, wenn keine Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vorbringens spricht (BFH-Urteile vom 27. September 1991 VI R 1/90, BFHE 166, 61, 64, BStBl II 1992, 195, 197; vom 2. Juli 1998 IV R 39/97, BFHE 186, 299, BStBl II 1999, 28, 31; Stapperfend in Gräber, a.a.O., § 76 Rz 26, m.w.N.). Dasselbe gilt, wenn es --wie im Streitfall-- um die Vernehmung des Organs einer verfahrensbeteiligten Kapitalgesellschaft geht.

b) Das FG hat unter Hinweis auf die genannte Rechtsprechung ausgeführt, M habe zu Umfang und Inhalt der behaupteten Beratungsleistungen nicht vernommen werden können, weil er als Geschäftsführer der Klägerin "Partei" sei. Damit hat es ersichtlich zum Ausdruck bringen wollen, dass nach seiner Einschätzung die vom BFH entwickelten Voraussetzungen für ein Absehen von der Beteiligtenvernehmung im Streitfall vorlagen. Das FG hat mithin nicht etwa den von der Klägerin vorgetragenen Sachverhalt für wahrscheinlich gehalten; das wäre Voraussetzung dafür, dass es als letzten Schritt zur Überzeugungsbildung eine Beteiligtenvernehmung hätte vornehmen dürfen und müssen. Vielmehr hat es erkennbar gewichtige Zweifel an der Richtigkeit des Vortrags der Klägerin gehabt und vor diesem Hintergrund zu Recht auf eine Vernehmung des M verzichtet. Den Sachvortrag der Klägerin hat es demgegenüber zur Kenntnis genommen, und zwar auch insoweit, als er in der Darstellung der maßgeblichen Vorgänge durch M bestand; denn M ist unstreitig in der mündlichen Verhandlung vor dem FG ohne Einschränkung zu Wort gekommen.

Im Ergebnis ist dem FG mithin in diesem Punkt kein Verfahrensfehler unterlaufen: Es hat die Klägerin in der gebotenen Weise angehört, ihr eine prozessuale Verstärkung ihres Vortrags mit Hilfe einer förmlichen Beteiligtenvernehmung aber versagt. Das Recht der Klägerin auf Gehör wurde dabei schon deshalb nicht berührt, weil weder von der Klägerin geltend gemacht noch sonst erkennbar ist, dass M bei einer solchen Vernehmung andere Angaben hätte machen können als im Rahmen seines Vortrags als Beteiligter.

5. Mit ihren Ausführungen zum Vorliegen einer Überraschungsentscheidung und zu Widersprüchen innerhalb des FG-Urteils legt die Klägerin keinen Grund für eine Zulassung der Revision dar. Dazu und zum weiteren Vortrag der Klägerin wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO auf eine Begründung verzichtet.

Ende der Entscheidung

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