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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.11.2001
Aktenzeichen: I B 65/01
Rechtsgebiete: FGO, ZPO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 128 Abs. 2
FGO § 142 Abs. 1
ZPO § 114
ZPO § 117 Abs. 1 Satz 2
AO 1977 § 69
AO 1977 § 34 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) führt beim Finanzgericht (FG) des Landes Sachsen-Anhalt unter dem Aktenzeichen 3 (2) K 344/96 einen Rechtsstreit gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) wegen Haftung für Steuerschulden der zahlungsunfähigen A-GmbH und der von dieser Gesellschaft geschuldeten steuerlichen Nebenleistungen. Im November 1999 beantragte er beim FG, ihm für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen, da er über keine Einkünfte und kein zur Deckung der Prozesskosten einsetzbares Vermögen verfüge. Das FG wies den Antrag zurück (Beschluss vom 6. Dezember 1999). Zur Begründung führte es aus: Die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Kläger habe nichts vorgetragen, woraus sich die Unrichtigkeit des gegen ihn erlassenen Haftungsbescheides in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. August 1996 ergeben könne. Nach Aktenlage seien keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Einspruchsentscheidung rechtswidrig sei.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 21. Februar 2000 hat der Kläger form- und fristgerecht gegen den Beschluss des FG Beschwerde eingelegt und beantragt, ihm für die 1. Instanz rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung PKH zu gewähren und Rechtsanwalt H als Prozessbevollmächtigten beizuordnen. Durch Beschluss vom 11. Mai 2001 hat der VII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) die Sache an den nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen I. Senat des BFH abgegeben, soweit die Beschwerde die Bewilligung von PKH für den Rechtsstreit wegen Haftung für Körperschaftsteuer 1992, Zinsen und Säumniszuschläge zur Körperschaftsteuer 1992, Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 1992 und Säumniszuschläge zum Solidaritätszuschlag 1992 betrifft.

Der Kläger hat insoweit zur Begründung der Beschwerde sinngemäß vorgetragen: Entgegen der Auffassung des FA habe er seine Pflicht, als Geschäftsführer der A-GmbH für die Abgabe der Körperschaftsteuererklärung 1992 zu sorgen, nicht i.S. des § 69 der Abgabenordnung (AO 1977) verletzt. Mit der Anfertigung der Steuererklärungen der Gesellschaft habe er in den Jahren 1993 und 1994 das Büro des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters K beauftragt und dessen Tätigkeit auch regelmäßig überwacht. Die fertigen Steuererklärungen seien vom Kläger absigniert und dann dem Büro des K zur Absendung überlassen worden. Dass die Körperschaftsteuererklärung 1992 nicht an das FA abgesandt worden sei, müsse auf ein Verschulden des Büros des K zurückzuführen sein.

Das FA hat zu der Beschwerde Stellung genommen und sinngemäß vorgetragen, die Akten enthielten keine Hinweise darauf, dass der Kläger einen Steuerberater mit der Anfertigung der Körperschaftsteuererklärung 1992 beauftragt und den Steuerberater ausreichend überwacht habe. Es hat außerdem eine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Magdeburg vom 7. Juni 2000 vorgelegt. In ihr wird der Kläger u.a. angeklagt, Geschäftsunterlagen der APEG GmbH vernichtet zu haben, um die Aufdeckung der aufgelaufenen erheblichen Verbindlichkeiten der Gesellschaft und eine Dokumentation ihrer Vermögenskrise zu verhindern.

II. Die Beschwerde war als unbegründet zurückzuweisen.

1. Das Rechtsmittel ist statthaft. § 128 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Art. 1 Nr. 18 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567), nach dem Beschlüsse im Verfahren der PKH nicht mit der Beschwerde angefochten werden können, gilt nicht für Beschlüsse, die --wie der im Streitfall mit der Beschwerde angegriffene Beschluss-- vor dem 1. Januar 2001 zugestellt worden sind (Art. 4 2.FGOÄndG).

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

a) Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. In dem Antrag muss das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel dargestellt werden (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO), und zwar --was sich aus dem Zweck des § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO ergibt-- so genau und substantiiert, dass es dem Gericht möglich ist, anhand der Darstellung des Antragstellers zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH vorliegen können.

b) Der Vortrag des Klägers genügt dem nicht. Er lässt nicht erkennen, dass der Haftungsbescheid hinsichtlich der oben bezeichneten Steuern und steuerlichen Nebenleistungen möglicherweise rechtswidrig ist und die Klage des Klägers insoweit hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

aa) Gemäß § 34 Abs. 1 AO 1977 hat der Geschäftsführer einer GmbH deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln der GmbH entrichtet werden, die er verwaltet. Verletzt er vorsätzlich oder grob fahrlässig diese Pflicht und führt dies dazu, dass Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden, dann haftet er insoweit; die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge (§ 69 AO 1977).

Dazu ergibt sich aus den dem beschließenden Senat vorliegenden Akten: Der Kläger war von November 1990 bis zur Sequestrationsanordnung im Mai 1994 alleiniger Geschäftsführer der A-GmbH. Er war daher verpflichtet, die Körperschaftsteuererklärung 1992 der Gesellschaft fristgerecht abzugeben. Der Kläger hat eingeräumt, dass die Körperschaftsteuererklärung nicht abgegeben wurde. Dies führte nach dem vom Kläger nicht bestrittenen Vortrag des FA dazu, dass die Körperschaftsteuer 1992 nicht rechtzeitig vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der A-GmbH festgesetzt und der Steueranspruch nicht erfüllt worden ist.

bb) Soweit der Kläger vorträgt, er habe seine Pflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt, ist sein Vortrag widersprüchlich und unsubstantiiert.

Zunächst trug der Kläger zu seiner Entlastung vor, er habe die Steuererklärungen nicht abgeben können, da die von ihm beauftragten Wirtschaftsprüfer ihre Arbeit eingestellt hätten (Einspruchsschreiben des Klägers an das FA vom 16. Oktober 1995). Nunmehr behauptet er, K habe die Körperschaftsteuererklärung 1992 vom Kläger unterzeichnen lassen und sie an das FA absenden sollen, er habe dies aber unterlassen. Wann dies geschah, insbesondere ob die Erklärung noch vor Ablauf der Abgabefrist fertig gestellt wurde, und warum es dem Kläger --seinen neuen Vortrag als richtig unterstellt-- entging, dass die Erklärung nicht an das FA abgesandt wurde, hat der Kläger jedoch nicht dargelegt. Deshalb kann auf Grund seines neuen Vortrages nicht beurteilt werden, ob er ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit seine Pflicht verletzte und die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Ende der Entscheidung

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