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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.12.2001
Aktenzeichen: I B 74/01
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 426 | |
BGB § 774 |
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren nur noch darum, ob der Ausgleich von Bankschulden der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), einer im Jahre 1989 gegründeten GmbH, durch den bisherigen Gesellschafter eine gewinnneutrale Einlage darstellt oder aber einen außerordentlichen Ertrag auslöst.
Die Klägerin, die in den Jahren 1990 bis 1993 beträchtliche Verluste erwirtschaftete, wurde am 28. Dezember 1993 aufgelöst. Liquidator wurde ihr seinerzeitiger Hauptgesellschafter, der seine Anteile am 31. Mai 1994 veräußerte.
Am 14. Januar 1994 traf der Gesellschafter mit der Klägerin eine Vereinbarung, wonach dieser sich verpflichtete, Bankschulden aus Kreditverbindlichkeiten der Klägerin in Höhe von 250 000 DM, für die er sich verbürgt hatte, zu übernehmen und hieraus keine Ersatzansprüche zu stellen. Am 26. Oktober 1994 löste er diese Schulden gegenüber der Bank ab. Eine Bürgschaftsinanspruchnahme war bis dahin nicht erfolgt.
Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) sah in dem Verzicht des Gesellschafters auf die Geltendmachung von Regressansprüchen eine verdeckte Einlage. Da die Regressforderung wertlos gewesen sei, sei bei der Klägerin in gleicher Höhe eine außerordentliche Vermögensmehrung eingetreten. Dementsprechend wurden die Steuern für das Streitjahr 1994 festgesetzt.
Das Finanzgericht (FG) bestätigte die Rechtsansicht der Klägerin. Infolge der Schuldübernahme durch den Gesellschafter am 14. Januar 1994 sei das Vermögen der Klägerin durch entsprechende Forderungen erhöht worden. Daraus ergebe sich aber kein außerordentlicher Ertrag, weil die Forderungen auf werthaltigen Einlagen in gleicher Höhe beruhten. Aus dem (vorweggenommenen) Regressverzicht ergebe sich ebenfalls kein außerordentlicher Ertrag, weil die Klägerin durch Übernahme oder Tilgung der Verbindlichkeit endgültig von ihrer Verpflichtung befreit worden sei. Der Umstand der Bürgschaftsgewährung ändere daran nichts. Zu einem Forderungsübergang aus der Bürgschaft hätte es erst im Falle der Inanspruchnahme durch den Gläubiger kommen können, an der es aber fehle. Im Übrigen sei der Regressverzicht uno actu mit der Schuldübernahme erklärt worden, weshalb ein Ersatz- oder Rückgriffsanspruch nicht habe entstehen können.
Mit seiner Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision vertritt das FA weiterhin die Ansicht, es handele sich tatsächlich nicht um eine Schuldübernahme, sondern um einen bloßen Schuldbeitritt, der bei Zusage noch nicht aktivierbar sei und deshalb noch keine verdeckte Einlage darstelle. Eine Konkretisierung sei erst eingetreten, als festgestanden habe, welchen der Gesamtschuldner die Bank in Anspruch nehmen werde. Außerdem verkenne das FG die Konsequenzen der Bürgschaftsübernahme. Auch wenn der Bürge freiwillig leiste, so leiste er doch auf diese Bürgschaft und erfülle diese, was einen entsprechenden Forderungsübergang auslöse (§ 774 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--). Aber auch wenn er auf die übernommene Schuld und nicht auf die Bürgschaft gezahlt hätte, habe er gleichermaßen einen Ausgleichsanspruch gemäß § 426 BGB gegen die Klägerin erworben. Auf die derart übergegangene Regressforderung sei sodann verzichtet worden. Der Regressverzicht beziehe sich indes auf eine nach wie vor nicht werthaltige Forderung und ziehe deshalb einen außerordentlichen Ertrag nach sich. Die Vorwegnahme des Verzichts ändere daran nichts; vor Entstehen der Rückgriffsforderung komme ein Verzicht nicht in Betracht. Die Nennwertverpflichtung gegenüber der Klägerin sei jedenfalls für eine juristische Sekunde zu passivieren gewesen, auch wenn sie anschließend sofort wieder untergegangen sein sollte.
Die angeschnittenen Fragen seien von grundsätzlicher Bedeutung, weil es andernfalls leichthin möglich wäre, die Wirkungen des Beschlusses des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Juni 1997 GrS 1/94 (BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307) zu umgehen.
Die Klägerin hat nichts erwidert.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Denn ungeachtet dessen, ob der im Streitfall gewählten Sachverhaltsgestaltung Breitenwirkung zukommen könnte, ist das Urteil des FG jedenfalls im Ergebnis bei Anwendung der allgemeinen Bilanzierungsregeln (§ 4, § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--) nicht zu beanstanden. Indem der Gesellschafter der Klägerin deren Darlehensschuld bei der Bank ablöste, wurde diese von der entsprechenden Verbindlichkeit befreit. Die Verbindlichkeit war auszubuchen und mit dem zu aktivierenden Freistellungsanspruch gegen den Gesellschafter infolge der Schuldübernahme (vgl. § 415 Abs. 3 BGB) aufzurechnen (vgl. auch Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 5. Aufl., § 246 HGB Rz. 100; Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 2. Aufl., Kap. D Rz. 1556). Der Vorgang ist gewinnneutral. Ein Verzicht des Gesellschafters auf Regressforderungen liegt darin nicht, weil die Schuldübernahme nach den für ein nachfolgendes Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) von vornherein unbedingt und unter Ausschluss jeglicher Rückgriffsansprüche erklärt worden war. Solche Ansprüche konnten sonach auch nicht entstehen. Der Freistellungsanspruch wurde deshalb in entsprechendem Umfang in die Klägerin eingelegt (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG). Für die Annahme des FA, dass der Gesellschafter statt auf die übernommene eigene Schuld --freiwillig und ohne Inanspruchnahme durch die Bank und mit der Konsequenz eines verzichtbaren Regressanspruchs gemäß § 774 BGB-- auf die Bürgschaftsverpflichtung geleistet hätte, ist nichts ersichtlich.
Dass damit die Grundsätze, die der Große Senat des BFH in seinem Beschluss in BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307 aufgestellt hat, nicht zum Tragen kommen, führt zu keinem abweichenden Ergebnis. Über einen Sachverhalt, wie er diesem Beschluss zugrunde lag, war im Streitfall nicht zu entscheiden (vgl. zu entsprechenden abweichenden Gestaltungsvarianten auch z.B. Hoffmann, Der Betrieb 1998, 1983, dort unter II.; Neu, GmbH-Steuerberater 1998, 131, 133).
Ende der Entscheidung
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