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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 25.10.2006
Aktenzeichen: I B 79/06
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 74
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
AO 1977 § 218 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Es bedarf keiner grundsätzlichen Klärung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), ob das Verfahren gegen eine Anrechnungsverfügung nach § 74 FGO ausgesetzt werden muss, wenn während des Klageverfahrens ein Abrechnungsbescheid ergeht. Denn in der Rechtsprechung ist geklärt, dass eine Aussetzung in diesem Fall nicht in Betracht kommt.

a) Mit Erlass des Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ist über die Meinungsverschiedenheiten, die sich aus der Anrechnungsverfügung ergeben haben, verbindlich entschieden worden. Das Rechtsschutzbedürfnis für das Klageverfahren gegen die Anrechnungsverfügung ist entfallen, da das Abrechnungsverfahren vor dem Verfahren gegen die Anrechnungsverfügung Vorrang hat. Das hat zur Folge, dass die Klage gegen die Anrechnungsverfügung --sofern sie aufrechterhalten wird-- als unzulässig zu verwerfen ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Oktober 1999 VII B 94/99, VII S 10/99, BFH/NV 2000, 1096, m.w.N.). Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Klageverfahrens gegen die Anrechnungsverfügung entfallen damit spätestens mit Ergehen des Abrechnungsbescheids (BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 1096).

b) Dem steht der Senatsbeschluss vom 17. September 1998 I B 2/98 (BFH/NV 1999, 440) nicht entgegen. In dieser Entscheidung hat der Senat zwar ausgeführt, das Verfahren sei nach § 74 FGO auszusetzen, bis das Verfahren gegen den Abrechnungsbescheid rechtskräftig abgeschlossen sei; Gegenstand dieses Verfahrens war aber nicht eine Anrechnungsverfügung, sondern ein Rückforderungsbescheid des Finanzamts. Im Gegensatz hierzu wird im Verfahren gegen den Abrechnungsbescheid in vollem Umfang über die Streitigkeit, die dem Verfahren gegen die Anrechnungsverfügung zugrunde liegt, abschließend und verbindlich entschieden, und zwar auch hinsichtlich der Frage, ob eine Änderung der bestandskräftigen Anrechnungsverfügung möglich war oder nicht.

c) Der --im Gesetz angelegte-- Vorrang des Abrechnungsverfahrens vor dem Verfahren gegen die Anrechnungsverfügung verstößt nicht gegen das aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes ableitbare Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Bei Streitigkeiten über die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis i.S. von § 218 Abs. 1 AO 1977 besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides (BFH-Urteil vom 12. August 1999 VII R 92/98, BFHE 189, 331, BStBl II 1999, 751, m.w.N.). Der Steuerpflichtige hat es daher selbst in der Hand, sich durch einen entsprechenden Antrag effektiven Rechtsschutz zu verschaffen.

2. Die Rüge, das Finanzgericht (FG) habe einen erheblichen Verfahrensmangel dadurch begangen, dass es die Bestandskraft der Anrechnungsverfügung nicht geprüft habe, ist nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) erhoben. Wird ein Verfahrensmangel geltend gemacht, sind schlüssig Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass ein Verfahrensmangel vorliegt und das angefochtene Urteil auf ihm beruhen kann. Dabei ist der materiell-rechtliche Standpunkt des FG zu Grunde zu legen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 6. Juli 1999 VIII R 12/98, BFHE 189, 148, BStBl II 1999, 731).

Das FG hat die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig abgewiesen. Es hatte keinen Anlass zu überprüfen, ob die Anrechnungsverfügung nach § 130 Abs. 2 oder § 131 Abs. 2 AO 1977 geändert werden durfte, da seiner Auffassung nach diesem Einwand im Verfahren gegen den Abrechnungsbescheid nachzugehen sein wird.



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