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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 11.04.2001
Aktenzeichen: I B 94/00
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 218 Abs. 2
AO 1977 §§ 130 f.
FGO § 115
FGO § 115 Abs. 2 a.F.
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheids i.S. des § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977).

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin einer GmbH (B-GmbH), die durch Umwandlung aus einem ehemaligen Volkseigenen Betrieb (VEB) hervorgegangen war. Der Gesellschaftsvertrag der B-GmbH datierte vom 26. Juni 1990, der Antrag auf Eintragung im Handelsregister vom 6. Juli 1990. Am 9. August 1990 wurde die Umwandlung im Handelsregister eingetragen.

Durch einen an den VEB gerichteten "Bescheid über die Haushaltsbeziehungen der in Kapitalgesellschaften umgewandelten volkseigenen Kombinate, Betriebe und Einrichtungen" vom 5. Juni 1990 hatte der Magistrat von ... als Steuerabschlagszahlung einen Steuersatz "ab dem Monat der Umwandlung 1990 auf 27,66 % des Umsatzes" festgesetzt. Auf der Grundlage dieses Bescheides hatte der VEB u.a. am 27. Juni 1990 einen Betrag von 1 337 466 Mark der DDR gezahlt.

Am 16. Dezember 1992 reichte die B-GmbH beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) eine Körperschaftsteuererklärung für 1990 ein, in der sie zum 1. Halbjahr keine Angaben machte und für das 2. Halbjahr einen Verlust erklärte. Das FA folgte der Erklärung und setzte die Steuerrate 1990 auf 0 DM fest.

Am 8. April 1993 erging eine Abrechnung, in der auf die Steuerrate von 0 DM ein Betrag von 1 337 466 DM als getilgt angerechnet wurde. Unter Berücksichtigung fälliger Umsatzsteuer und Säumniszuschläge von insgesamt 149 297,97 DM verblieb hiernach ein Restguthaben von 1 188 168,03 DM. Diesen Betrag zahlte das FA in der Folge an die B-GmbH aus.

Mit Schreiben vom 11. Juni 1993 teilte das FA der B-GmbH mit, es halte die Abrechnung vom 8. April 1993 für fehlerhaft. Die vom VEB geleistete Zahlung betreffe Haushaltsbeziehungen des 1. Halbjahres 1990 und könne deshalb nicht für spätere Zeiträume in Anrechnung gebracht werden. Es habe sich nicht um eine Steuervorauszahlung gehandelt. Ferner kündigte das FA an, dass eine neue Abrechnung erstellt werde, in der die irrtümlich als getilgt bezeichneten 1 337 466 DM zurückgefordert würden. Schließlich bat es darum, "den zu Unrecht angerechneten Betrag in Höhe von 149 297,97 DM ... auf das Konto des FA zu überweisen".

In einem weiteren, vom 12. August 1993 datierenden Schreiben führte das FA aus, dass die Steuerpflicht der B-GmbH am 1. Juli 1990 begonnen habe. Es folgen weitere Ausführungen zu dem nach Auffassung des FA einschlägigen Übergangsrecht und schließlich die Bitte, "Ihren Standpunkt zu überdenken und den genannten Betrag bis zum 25. August 1993 zu überweisen". Nachdem die B-GmbH dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, zog das FA den Betrag von 1 188 168,03 DM im Vollstreckungswege ein.

Daraufhin legte die B-GmbH mit Schreiben vom 4. November 1993 einen "Rechtsbehelf ein gegen alle Verwaltungsakte, die in den folgenden Schreiben (möglicherweise) enthalten sind:

a) b) c) d) e) f)|Schreiben vom 11. Juni 1993, automatische Mahnung vom 3. August 1993, Schreiben vom 12. August 1993, Zahlungsaufforderungen vom 22. September 1993, Schreiben vom 5. Oktober 1993 sowie alle zwischenzeitlich ergangenen Vollstreckungsmaßnahmen."

Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, dass die Anrechnung vom 8. April 1993 nicht rückgängig gemacht werden könne, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach §§ 130 f. AO 1977 nicht vorlägen. Das FA wies den Einspruch zurück und führte zur Begründung u.a. aus, dass der Bescheid vom 8. April 1993 rechtswidrig gewesen und deshalb zurückgenommen worden sei.

In der Folge erging ein Rückforderungsbescheid, durch den das FA den Betrag von 1 188 168,03 DM bei der B-GmbH anforderte. In einem diesen Bescheid betreffenden Rechtsstreit entschied der beschließende Senat, dass zunächst durch einen Abrechnungsbescheid darüber zu entscheiden sei, in welchem Umfang die vom VEB geleisteten Zahlungen auf die festgesetzte Steuerschuld anzurechnen sei (Senatsbeschluss vom 17. September 1998 I B 2/98, BFH/NV 1999, 440). Daraufhin erließ das FA einen Abrechnungsbescheid folgenden Inhalts:

Vorauszahlungssoll 0,00 DM Veranlagung vom 8. April 1993 0,00 DM Ist Zahlung am 27. Juni 1990 ... 1 337 466,00 M/ bestimmt für Haushaltskonto zur Lösung gesellschaftl. Entwicklungsprobleme Abbuchung auf div. Steuern und SZ am 1. Juni 1993 ./. 149 297,00 DM Erstattung am 21. April 1993 ./. 1 188 168,03 DM Rückbuchung von div. Steuern und SZ am 16. Juni 1993 149 297,00 DM Zahlung am 10. Oktober 1993 1 188 168,03 DM 0,00 DM

Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab, ohne die Revision zuzulassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer auf Divergenz und grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

II. Die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde ist, da das angefochtene Urteil der Klägerin vor dem 1. Januar 2001 zugestellt worden ist, nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften zu beurteilen (Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze --2.FGOÄndG-- vom 19. Dezember 2000, BStBl I 2000, 1567). Maßgeblich ist mithin § 115 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der im Jahr 2000 geltenden Fassung (FGO a.F.).

III.

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO a.F. nicht in der erforderlichen Form dargelegt bzw. bezeichnet.

1. Das gilt zunächst insoweit, als sie sich auf eine Abweichung des angefochtenen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) beruft. Dieser Zulassungsgrund wird nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. nur dann in statthafter Form geltend gemacht, wenn die Abweichung in der Beschwerdeschrift bezeichnet wird. Hierzu ist es nach ständiger Rechtsprechung des BFH erforderlich, dass der Beschwerdeführer einen das FG-Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz formuliert und diesen einem ebenfalls tragenden Rechtssatz aus einer BFH-Entscheidung so gegenüberstellt, dass die Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom 30. März 2000 V B 184/99, BFH/NV 2000, 1223; vom 23. Juni 2000 VIII B 52/99, BFH/NV 2000, 1487; vom 7. Juni 2000 III B 32/00, BFH/NV 2001, 45). Das ist im Streitfall nicht geschehen. Die Klägerin rügt vielmehr lediglich, dass das FG die Rechtsprechung des BFH zu den Voraussetzungen für das Vorliegen eines Verwaltungsakts übersehen oder unrichtig angewandt habe, was den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. nicht genügt.

2. Im Ergebnis dasselbe gilt, soweit die Klägerin die Nichtzulassungsbeschwerde auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache stützt. Diese Rüge wäre nur dann ordnungsgemäß erhoben worden, wenn in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung dargelegt worden wäre (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.). Hierzu hätte die Klägerin vortragen müssen, dass und weshalb eine im Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist (BFH-Beschluss vom 8. Februar 1999 VII B 284/98, BFH/NV 1999, 1217; Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 115 FGO Rz. 216). Dem wird die hier zu beurteilende Beschwerdeschrift nicht gerecht:

Die Klägerin macht dort geltend, dass nach der Rechtsprechung des BFH und des Bundesverwaltungsgerichts eine behördliche Maßnahme nur dann Verwaltungsakt sein könne, wenn sie eine verbindliche und auf Rechtsbeständigkeit abzielende Regelung beinhalte. Mit dieser Rechtsprechung sei es nicht vereinbar, wenn das FG davon ausgehe, dass die Abrechnungsverfügung vom 8. April 1993 durch die Schreiben des FA vom 11. Juni 1993, vom 12. August 1993 und vom 3. Februar 1994 zurückgenommen worden sei. In allen diesen Schreiben seien nämlich verbindliche Regelungen nicht getroffen, sondern nur angekündigt worden. Unabhängig davon, ob dieser Vortrag in der Sache zutrifft oder nicht, ergibt sich aus ihm jedoch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Vielmehr läuft auch er letztlich darauf hinaus, dass das FG --nach Meinung der Klägerin-- die höchstrichterliche Rechtsprechung missachtet hat und sein Urteil in diesem Sinne unrichtig ist. Mit dem Hinweis auf die Unrichtigkeit der im Einzelfall ergangenen Entscheidung wird jedoch ein Revisionszulassungsgrund nicht dargelegt (BFH-Beschlüsse vom 5. März 1998 VII B 251/97, BFH/NV 1998, 1231, 1232; vom 16. Juli 1998 V B 47/98, BFH/NV 1999, 195, 196).



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