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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 12.02.1999
Aktenzeichen: I B 96/98
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Einkünfte des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) dem Auslandstätigkeitserlaß (Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 31. Oktober 1983 IV B 6 -S 2293- 50/83, BStBl I 1983, 470) unterfallen.

Der Kläger, ein Ingenieur, war vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1994 (Streitjahr) auf einem Schiff tätig. Dieses Schiff war an den Staat Nigeria veräußert worden und sollte nunmehr dort zur Ausbildung von Seeleuten genutzt werden. Während der Zeit der Tätigkeit des Klägers auf dem Schiff lag dieses ständig fest vertäut im Hafen von Lagos (Nigeria), da es nach den seerechtlichen Vorschriften mit der damals vorhandenen Besatzung nicht in See stechen durfte.

Der bei einem Privatunternehmen tätige Kläger, der weder Seemann ist noch ein seemännisches Patent besitzt, arbeitete auf dem Schiff im Auftrag seines Arbeitgebers als Fachberater für Schiffselektrik und Schiffselektronik. Sein Arbeitgeber hatte von dem zuständigen Finanzamt ... auf eine entsprechende Anfrage hin die Auskunft erhalten, daß der an den Kläger gezahlte Arbeitslohn nicht nach dem Auslandstätigkeitserlaß begünstigt sei. Demgemäß unterwarf er den Arbeitslohn der Lohnsteuer. In Nigeria wurde der Kläger nicht zu einer Steuer auf seine Einkünfte herangezogen.

In seiner Einkommensteuererklärung 1994 beantragte der Kläger, den auf seine Tätigkeit in Nigeria entfallenden Arbeitslohn steuerfrei zu belassen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (FA) ging auf diesen Antrag nicht näher ein, sondern unterwarf die betreffenden Einkünfte in vollem Umfang der Einkommensteuer. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen, ohne die Revision gegen sein Urteil zuzulassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner auf Verfahrensmängel gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat zwar eine Verletzung seines Rechts auf Gehör sowie eine mangelhafte Sachaufklärung durch das FG gerügt und damit Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend gemacht. Er hat es jedoch versäumt, die gerügten Mängel in der gebotenen Form darzulegen:

1. Der Kläger beanstandet zunächst, daß das FG erstmals in dem angefochtenen Urteil ausgeführt habe, er --der Kläger-- habe keinen ausreichenden Nachweis über die Art seiner Tätigkeit geführt und insbesondere das Tätigkeitsmerkmal "Instandsetzung" nicht nachgewiesen. Die hiermit erhobene Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs wäre jedoch nur dann ordnungsgemäß angebracht worden, wenn der Kläger zugleich substantiiert dargelegt hätte, was er bei rechtzeitiger Gewährung des vermißten Gehörs zusätzlich vorgetragen hätte und daß bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 119 Rz. 14, m.w.N.). Dem wird sein Vortrag nicht gerecht.

Dieser Vortrag geht nämlich allein dahin, daß bei rechtzeitigem Hinweis auf die Beweisbedürftigkeit des Tätigkeitsmerkmals "Instandsetzung" Arbeitskollegen des Klägers oder Mitarbeiter seines Arbeitgebers benannt worden wären, die über die Art der Tätigkeit des Klägers hätten Auskunft geben können. Eine eigenständige Beschreibung desjenigen Tätigkeitsbildes, das die zu benennenden Personen hätten bestätigen sollen, hat der Kläger hingegen nicht geliefert. Insbesondere hat er keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, daß seine Tätigkeit tatsächlich in der Reparatur --und nicht nur in der laufenden Wartung-- der von ihm betreuten Anlagen des Schiffes bestanden hat. Eines dahingehenden Vortrags bedürfte es aber schon deshalb, weil ohne ihn nicht ersichtlich ist, ob und inwieweit eine etwa durchzuführende Beweiserhebung zu einem abweichenden Prozeßausgang hätte führen können (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. September 1994 I B 245/93, BFH/NV 1995, 414). Der Kläger beschränkt sich letztlich darauf, die vom FG als "Wartung" beurteilte Tätigkeit als "Instandsetzung" zu bezeichnen, ohne aber die tatsächlichen Grundlagen dieser von ihm angestrebten Würdigung darzulegen. Das reicht für eine ordnungsgemäße Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs nicht aus.

Abgesehen davon ist die genannte Rüge des Klägers auch in der Sache nicht begründet. Eine verfahrensrechtlich unzulässige Überraschungsentscheidung liegt nämlich nur dann vor, wenn das FG seinem Urteil einen Gesichtspunkt zugrunde gelegt hat, der zuvor von keinem Beteiligten in das Verfahren eingeführt worden war und in diesem Sinne "neu" ist (BFH-Beschlüsse vom 4. März 1998 X B 71/97, BFH/NV 1998, 1113; vom 23. April 1998 VII B 282/97, BFH/NV 1998, 1492, m.w.N.). Sie ist demgemäß nicht gegeben, wenn sich das FG in dem betreffenden Punkt ohne weitere Erörterung dem Vortrag eines Verfahrensbeteiligten angeschlossen hat, dem der andere Beteiligte nicht entgegengetreten war. So aber liegen die Dinge im Streitfall:

Das FA hatte im Klageverfahren vorgetragen, daß und weshalb seiner Ansicht nach die Tätigkeit des Klägers nicht als "Instandsetzung" zu qualifizieren sei. Es hatte hierzu ausgeführt, daß bei Schiffen nur eine instandsetzende Tätigkeit (nach dem Auslandstätigkeitserlaß) begünstigt sei, während der Kläger seinem Vortrag zufolge die technischen Geräte lediglich überwacht, gewartet und betrieben habe. Zudem spreche gegen eine "Instandsetzung" von Geräten durch den Kläger, daß bei dem hier in Rede stehenden Schiff die Funktionsfähigkeit der vorhandenen Technik vorausgesetzt werden könne. Daraufhin hatte der Kläger erwidert, daß ein Schiff eine "Anlage" im Sinne des Auslandstätigkeitserlasses und daß es deshalb "unzulässig" sei, "für Schiffe ... die begünstigten Tätigkeiten auf solche im Zusammenhang mit der Instandsetzung (zu) reduzieren". Diesen Vortrag durfte das FG dahin verstehen, daß der Kläger eine "Instandsetzung" der auf dem Schiff befindlichen Vorrichtungen nicht mehr geltend machen wollte, sondern sein Begehren nur noch auf die Qualifizierung des Schiffes als "Anlage" stützte. Dann aber konnte es ohne Verfahrensverstoß eine "instandsetzende" Tätigkeit des Klägers verneinen, ohne diese Frage zuvor noch einmal von sich aus angesprochen zu haben. Hätte der Kläger dies vermeiden wollen, so hätte er in diesem Punkt streitig --und insbesondere unter Benennung von Tatsachen, die gegen die Würdigung seitens des FA sprachen-- vortragen müssen.

2. Eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht erblickt der Kläger darin, daß das FG nicht der Frage nachgegangen sei, ob sein --des Klägers-- Arbeitgeber in Nigeria eine Steuer auf den gezahlten Arbeitslohn habe zahlen müssen. Die dahingehende Rüge ist indessen ebenfalls nicht ordnungsgemäß erhoben worden:

Der Kläger trägt nicht vor, die von ihm vermißte Sachaufklärung schon im erstinstanzlichen Verfahren angeregt oder gar einen dahingehenden förmlichen Beweisantrag gestellt zu haben. Er könnte daher einen Verfahrensfehler des FG nur unter dem Gesichtspunkt rügen, daß das FG von Amts wegen zu einer weiteren Sachaufklärung verpflichtet war. Eine hierauf gestützte Aufklärungsrüge wird jedoch nur dann ordnungsgemäß erhoben, wenn u.a. angegeben wird, aus welchen Gründen sich eine weitere Beweiserhebung auch ohne entsprechenden Antrag aufgedrängt hat und welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich durch sie voraussichtlich ergeben hätten (BFH-Beschlüsse vom 16. Juli 1997 XI B 9/96, BFH/NV 1998, 53; vom 1. Juli 1998 IV B 113/97, BFH/NV 1998, 1510, 1511; vom 4. Juni 1998 VII B 67/98, BFH/NV 1999, 54, 55; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 40, m.w.N.). Solche Angaben enthält der Vortrag des Klägers nicht.

Der Kläger hat in diesem Zusammenhang lediglich ausgeführt, es sei in Fällen der hier vorliegenden Art "üblich", daß der Arbeitgeber von ihm gezahlte ausländische Steuern auf den Arbeitslohn nicht auf den Arbeitnehmer abwälze. Diese Darlegung vermag, unabhängig von ihrer inhaltlichen Bewertung, die Annahme einer amtswegigen Aufklärungspflicht nicht zu begründen. Denn sie besagt letztlich nichts zu der Frage, ob und aus welchen Gründen das FG im Streitfall damit rechnen mußte, daß der Arbeitgeber des Klägers zu einer entsprechenden Steuer herangezogen worden ist. Nur unter dieser Voraussetzung hätte sich für das FG aber eine entsprechende Beweiserhebung aufdrängen können.

Das gilt im Streitfall um so mehr, als das FG zunächst wegen des Vorliegens einer doppelten Besteuerung angefragt und der Kläger daraufhin erklärt hatte, in Nigeria mit Ertragsteuern "nicht belastet" worden zu sein. Das FG durfte diese Auskunft dahin verstehen, daß die streitigen Einkünfte des Klägers in Nigeria nicht besteuert worden waren, und konnte nicht zuletzt deshalb von einer weiteren Sachaufklärung in dieser Richtung absehen. Wenn der Kläger seinerzeit nur die von ihm selbst --und nicht vom Arbeitgeber-- gezahlten Steuern gemeint haben sollte, so hätte er dies eindeutig zum Ausdruck bringen können und müssen.

Sonstige Umstände, die eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen geboten erscheinen ließen, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Erst recht hat er sich zu den voraussichtlichen Ergebnissen der von ihm vermißten Beweiserhebung nicht geäußert, weshalb die Nichtzulassungsbeschwerde auch unter diesem Gesichtspunkt die gesetzlichen Anforderungen an die Darlegung eines Revisionsgrundes nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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