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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.11.2000
Aktenzeichen: I B 98/00
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 128 Abs. 4 | |
FGO § 62 Abs. 3 Satz 3 |
Gründe
1. Die Beschwerdeführer erhoben im Mai 2000 im Namen einer Kapitalgesellschaft (Klägerin) mit Sitz und Geschäftsleitung in Polen Klage gegen den Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--). Mit Schreiben vom 10. Mai 2000 forderte das Finanzgericht (FG) die Beschwerdeführer auf, innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Schreibens eine schriftliche Prozessvollmacht einzureichen. Die gesetzte Ausschlussfrist lief am 8. Juni 2000 ab. Am 5. Juni 2000 nahmen die Beschwerdeführer die Klage zurück. Daraufhin stellte das FG durch Beschluss vom 6. Juni 2000 das Verfahren ein und erlegte die Kosten des Rechtsstreites den Beschwerdeführern auf, da sie bis dahin ihre Bevollmächtigung nicht durch Vorlage einer schriftlichen Prozessvollmacht nachgewiesen hatten.
Am 23. Juni 2000 haben die Beschwerdeführer im eigenen Namen wegen der Kostenentscheidung Beschwerde erhoben und eine schriftliche Prozessvollmacht der Klägerin vorgelegt, die das Datum des 3. Juni 2000 trägt. Zur Begründung der Beschwerde haben sie im Wesentlichen vorgetragen:
Das FG habe verfrüht, nämlich vor Ablauf der zur Vorlage der Prozessvollmacht gesetzten Ausschlussfrist, eine Kostenentscheidung zu ihren Lasten getroffen. Zudem sei die gesetzte Frist unangemessen kurz bemessen worden. Das FG hätte bei der Fristsetzung berücksichtigen müssen, dass die Klägerin ihren Sitz in Polen habe und daher die Postlaufzeiten des Schriftwechsels zwischen der Klägerin und ihren Prozessbevollmächtigten länger als mit Mandanten im Inland seien.
Die Beschwerdeführer beantragen, ihnen wegen der Versäumung der Ausschlussfrist zur Vorlage der Prozessvollmacht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und die Kostenentscheidung im Beschluss vom 6. Juni 2000 dahin gehend zu ändern, dass die Kosten des Klageverfahrens der Klägerin auferlegt werden.
Das FA beantragt unter Hinweis auf § 128 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Beschwerde zurückzuweisen.
2. Die Beschwerde war zu verwerfen. Sie ist nicht statthaft und daher unzulässig.
a) Die Beschwerdeführer greifen den Beschluss vom 6. Juni 2000 nur hinsichtlich der Kostenentscheidung an. In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde jedoch nicht gegeben (§ 128 Abs. 4 FGO). Dies gilt auch dann, wenn die Kostenentscheidung zu Lasten eines vollmachtlosen Vertreters ergangen ist. Die Vorlage der Vollmacht im Beschwerdeverfahren ändert daran nichts (s. Bundesfinanzhof --BFH--, Beschluss vom 4. Januar 2000 II B 139/99, BFH/NV 2000, 743).
b) Die Beschwerde ist auch nicht aufgrund einer "greifbaren Gesetzeswidrigkeit" der Kostenentscheidung statthaft.
Zwar ist die Beschwerde gegen eine nach dem Gesetz nicht anfechtbare Entscheidung ausnahmsweise dann statthaft, wenn für die Entscheidung jegliche gesetzliche Grundlage fehlt, insbesondere wenn eine Entscheidung dieser Art oder dieses Inhalts, von diesem Gericht oder aufgrund eines derartigen Verfahrens im Gesetz nicht vorgesehen ist (s. BFH-Beschlüsse vom 26. Mai 1977 V B 7/77, BFHE 122, 256, BStBl II 1977, 628; vom 27. Juni 1996 IV B 168/95, BFH/NV 1997, 57; vom 4. Oktober 1996 VII B 153/96, BFH/NV 1997, 193; Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 8. Oktober 1992 VII ZB 3/92, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1993, 135, 136, m.w.N.). Dafür reicht es aber nicht aus, dass die Entscheidung rechtsfehlerhaft ist (BGH-Beschluss vom 14. November 1991 I ZB 15/91, NJW 1992, 983, 984; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 128 FGO Anm. 80, m.w.N.) oder auf einer eindeutig unrichtigen Rechtsanwendung beruht (BGH-Beschluss vom 14. Dezember 1989 IX ZB 40/89, NJW 1990, 1794, 1795). Erforderlich ist vielmehr, dass sie entweder schon ihrer Art nach nicht vorgesehen (BGH in NJW 1990, 1794, 1795) oder unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustandegekommen ist (BFH-Beschluss vom 8. April 1997 IX B 4/97, BFH/NV 1997, 699; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 128 Rz. 3 a, m.w.N.) oder dass sie zu einer Gesetzesanwendung führt, die der Gesetzgeber ersichtlich ausschließen wollte (BFH-Beschluss vom 22. November 1994 VII B 144/94, BFH/NV 1995, 791).
Im Streitfall liegt keine derartige "greifbare Gesetzeswidrigkeit" vor. Es entspricht ständiger BFH-Rechtsprechung, dass derjenige, der für einen Dritten eine Klage erhebt und seine Bevollmächtigung nicht durch Vorlage einer schriftlichen Prozessvollmacht dem FG nachweist, grundsätzlich die Kosten des Klageverfahrens zu tragen hat (s. Gräber/Ruban, a.a.O., § 135 Rz. 4, m.w.N.). Dies ist ersichtlich auch die Auffassung der Beschwerdeführer. Dass das FG den Beschwerdeführern die Kosten des Klageverfahrens auferlegte, ohne den Ablauf der von ihm gesetzten Frist zur Vorlage der Prozessvollmacht abzuwarten, ist zwar ein Verfahrensfehler. Er hatte aber keinen Einfluss auf die Kostenentscheidung. Denn die Beschwerdeführer haben ihre Bevollmächtigung unstreitig nicht innerhalb der gesetzten Frist, sondern erst am 23. Juni 2000 dem FG nachgewiesen. Selbst wenn das FG den Ablauf der Frist abgewartet und erst in der Woche nach dem Fristablauf am 8. Juni 2000 über die Kosten entschieden hätte, wären die Kosten des Klageverfahrens daher den Beschwerdeführern aufzuerlegen gewesen.
Offen bleiben kann, ob die Ausschlussfrist zu kurz war. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre dies keine schwerwiegende Verletzung des § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO. Denn eine Frist von vier Wochen war im Streitfall nicht offenkundig zu kurz. Zudem hatten die Beschwerdeführer entgegen ihrer im Beschwerdeverfahren vertretenen Rechtsauffassung die Möglichkeit, unter Hinweis auf die --vom beschließenden Senat unterstellten-- längeren Postlaufzeiten zwischen Deutschland und Polen rechtzeitig vor Ablauf der Frist deren Verlängerung zu beantragen (s. Gräber/Koch, a.a.O., § 62 Rz. 58).
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 62 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 56 FGO) kann den Beschwerdeführern schon deshalb nicht gewährt werden, weil sie nicht substantiiert vorgetragen haben, dass die Frist unverschuldet versäumt wurde. Der bloße Hinweis auf die längeren Postlaufzeiten zwischen Polen und Deutschland allein genügt noch nicht, um glaubhaft zu machen, dass die Beschwerdeführer ohne Verschulden verhindert waren, die Frist einzuhalten.
Ende der Entscheidung
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