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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.03.2006
Aktenzeichen: I R 1/04
Rechtsgebiete: GG, GewStG 1999 i.d.F. des UntStFG, KStG 1999 i.d.F. des UntStFG, AO 1977


Vorschriften:

GG Art. 20 Abs. 2 Satz 2
GG Art. 20 Abs. 3
GewStG 1999 i.d.F. des UntStFG § 2 Abs. 2 Satz 3
GewStG 1999 i.d.F. des UntStFG § 10a Satz 1
GewStG 1999 i.d.F. des UntStFG § 36 Abs. 2 Satz 2
KStG 1999 i.d.F. des UntStFG § 14 Abs. 2
KStG 1999 i.d.F. des UntStFG § 34 Abs. 6 Nr. 1
AO 1977 § 207 Abs. 1
AO 1977 § 363 Abs. 2 Satz 2
AO 1977 § 363 Abs. 2 Satz 4
1. Die durch das UntStFG geschaffenen gesetzlichen Regelungen zur sog. Mehrmütterorganschaft sind verfassungsgemäß. Sie verstoßen nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleitete Rückwirkungsverbot.

2. Die verfahrensrechtlichen Bestimmungen über das Ruhen von Verfahren kraft Gesetzes in § 363 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 begründen keinen einfachgesetzlichen Vertrauensschutz, der einer rückwirkenden Anwendung des § 2 Abs. 2 Satz 3, § 36 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 i.V.m. § 14 Abs. 2 KStG 1999 (jeweils i.d.F. des UntStFG) entgegenstünde.

3. Auch im Falle der Beendigung einer sog. Mehrmütterorganschaft gilt, dass Verluste der Organgesellschaft, die während der Dauer der Organschaft entstanden sind, nur von dem maßgebenden Gewerbeertrag der Organträger-GbR abgesetzt werden können. Eine anteilige Berücksichtigung bei einem an der GbR --vormals-- beteiligten Unternehmen kommt mangels Unternehmensidentität (§ 10a GewStG) selbst dann nicht in Betracht, wenn dieses Unternehmen den Betrieb der Organgesellschaft fortführt (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 26. August 2003, BStBl I 2003, 437 Tz. 20).


Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine AG, im Streitjahr 1987 gemäß § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1984) anteilige Verluste in Abzug bringen kann, die im Rahmen zweier zwischenzeitlich beendeter sog. Mehrmütterorganschaften aufgelaufen sind.

1. Dabei geht es um die beiden folgenden Sachverhaltskomplexe:

a) Die Klägerin besaß 75 v.H. der Aktien der T-AG. Inhaber der übrigen Aktien war die A-AG. Seit 1969 bestand zwischen dieser und der Klägerin eine GbR (T-GbR), deren Zweck es war, einen einheitlichen Beherrschungswillen gegenüber der T-AG zu sichern. Die T-AG war zur Abführung ihres Gewinns an die T-GbR verpflichtet. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte die Gestaltung als sog. Mehrmütterorganschaft an. Dementsprechend wurden die von der T-AG erwirtschafteten Verluste für Zwecke der Gewerbesteuer bei der T-GbR vorgetragen. Die seit 1983 aufgelaufenen Gewerbeverluste beliefen sich im Streitjahr auf ... DM.

Mit Vertrag vom 12. Februar 1987 und mit Wirkung zum 31. März 1987 erwarb die Klägerin von der A-AG deren Aktienbesitz an der T-AG; die T-GbR erlosch. In der Folge wurde die T-AG auf die Klägerin verschmolzen. Die Verschmelzung wurde am 30. September 1987 in das Handelsregister eingetragen, jedoch steuerlich zurückbezogen auf den 31. März 1987.

Im Rahmen ihrer Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin Verlustvorträge der GbR in Höhe von ... DM geltend, was einem Anteil von 75 v.H. an den Gesamtverlusten entspricht.

b) Die Klägerin war überdies Alleingesellschafterin der I-GmbH. Zwischen dieser und der Klägerin bestand ein Organschaftsverhältnis mit Ergebnisabführungsvertrag (EAV). Die I-GmbH war ihrerseits zu 50 v.H. an der H-GmbH beteiligt. Die übrigen 50 v.H. der Anteile hielt die P-GmbH. Mit dieser hatte sich die I-GmbH zum Zwecke der Sicherung eines einheitlichen Beherrschungswillens gegenüber der H-GmbH zu einer GbR, der Konsortialgemeinschaft P-GbR, zusammengeschlossen. Zwischen der P-GbR und der H-GmbH war ebenfalls ein EAV abgeschlossen worden. Das FA erkannte auch diese Gestaltung als sog. Mehrmütterorganschaft an.

Mit Vertrag vom 31. Dezember 1986 veräußerte die P-GmbH ihre Geschäftsanteile an der H-GmbH zum "31.12.1986/1.1.1987" an die I-GmbH, wodurch die P-GbR erlosch. Mit Wirkung zum 1. Januar 1987 schloss die H-GmbH mit der nunmehr an ihr zu 100 v.H. beteiligten I-GmbH einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ab. Gleichzeitig wurde das Geschäftsjahr der H-GmbH mit Genehmigung des zuständigen Finanzamts auf den 1. Oktober/30. September umgestellt. Mit Vertrag vom 1. Oktober 1987 nahm die I-GmbH die H-GmbH im Wege der Verschmelzung auf. Die I-GmbH setzte das eingebrachte Betriebsvermögen mit den Buchwerten in der Schlussbilanz der H-GmbH zum 30. September 1987 an.

In der Zeit von 1984 bis 1986 hatte die H-GmbH Fehlbeträge i.S. des § 10a GewStG erwirtschaftet. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für das Streitjahr zog die Klägerin die noch nicht verbrauchten Verluste entsprechend dem in der P-GbR vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel in Höhe von ... DM ab. Dazu ging sie davon aus, dass das Recht zum Verlustabzug nach Beendigung der P-GbR auf die I-GmbH übergegangen sei und ihr somit aufgrund des mit dieser bestehenden Organschaftsverhältnisses zustehe.

2. Das FA lehnte bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 1987 die Berücksichtigung der von der Klägerin in beiden Fällen geltend gemachten Verlustvorträge der jeweiligen früheren Organträger-GbR von insgesamt ... DM unter Hinweis auf Abschn. 17 Abs. 6 der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR 1984) ab. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Auf die Revision der Klägerin hin wurde das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen (Senatsurteil vom 9. Juni 1999 I R 43/97, BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695). Der Senat vertrat hierbei in Abweichung von Abschn. 17 Abs. 6 GewStR 1984, Abschn. 14 Abs. 6 GewStR 1998 und unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (vgl. Senatsurteil vom 14. April 1993 I R 128/90, BFHE 171, 223, BStBl II 1994, 124) die Auffassung, dass bei einer sog. Mehrmütterorganschaft die Beteiligungen der lediglich zur einheitlichen Willensbildung in einer GbR zusammengeschlossenen Gesellschaften an der nachgeschalteten Organgesellschaft unmittelbar den Muttergesellschaften zuzurechnen seien (sog. Lehre von der mehrfachen Abhängigkeit; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Juni 1999 I R 37/98, BFH/NV 2000, 347). Die Organschaft bestehe zu den Muttergesellschaften und nicht zu der jeweiligen BGB-Gesellschaft. Die den Muttergesellschaften anteilig zuzurechnenden Gewerbeerträge und Gewerbekapitalien seien in entsprechender Anwendung von § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO 1977) einheitlich und gesondert festzustellen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das genannte Urteil Bezug genommen.

3. Im 2. Rechtsgang setzte das FG München das Verfahren gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aus, um der Finanzbehörde die einheitliche und gesonderte Feststellung der in den Organgesellschaften --der T-AG und der H-GmbH-- aufgelaufenen Gewerbeverluste zu ermöglichen.

Mit Schreiben vom 4. Dezember 2000 (BStBl I 2000, 1571) ordnete das Bundesministerium der Finanzen (BMF) an, dass die Grundsätze der zitierten Senatsurteile in BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695 und in BFH/NV 2000, 347 "bis auf weiteres nicht allgemein anzuwenden" seien. Im Hinblick auf eine mögliche gesetzliche Regelung seien vergleichbare Fälle offen zu halten. Veranlagungen bzw. Steuerfestsetzungen und gesonderte Feststellungen seien auf der Grundlage der bisherigen Verwaltungsauffassung (Abschn. 52 Abs. 6 der Körperschaftsteuer-Richtlinien --KStR 1995--, Abschn. 14 Abs. 6 GewStR 1998) unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO 1977) durchzuführen. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Regelungen über die steuerliche Organschaft aufgrund eines Auftrags des Deutschen Bundestags an die Bundesregierung insgesamt überprüft würden. Es sei zu erwarten, dass eine gesetzliche Regelung erfolge, die eventuell auch die Vergangenheit mit einbeziehe.

Nachdem durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (UntStFG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) sowohl § 14 Abs. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999) als auch § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG 1999 im Sinne der bisherigen Verwaltungspraxis geändert worden waren --und zwar gemäß § 34 Abs. 6 Nr. 1 KStG 1999 sowie gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 rückwirkend--, nahm das FG das Verfahren wieder auf und gab der Klage entgegen dem BMF-Schreiben vom 26. August 2003 (BStBl I 2003, 437 Tz. 20) statt. Die rückwirkenden Regelungen in § 14 KStG 1999, § 2 GewStG 1999 stünden einem Übergang von gewerbesteuerlichen Verlusten auf den verbleibenden Gesellschafter nach Beendigung einer Mehrmütterorganschaft durch Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aus der Willensbildungs-GbR nicht entgegen, wenn im Übrigen --wie im Streitfall-- die gesetzlichen Voraussetzungen des § 10a GewStG 1984/1999 (Unternehmensidentität und Unternehmeridentität) erfüllt seien. Das Urteil vom 19. November 2003 7 K 3723/03 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 412 veröffentlicht.

Mit der dagegen gerichteten Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend.

Das FA beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die Annahme des FG, der Klägerin stünden die geltend gemachten anteiligen Kürzungen um Fehlbeträge aus den Gewerbeverlusten 1987 zu, verstößt gegen § 10a Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG 1999 in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung des UntStFG (GewStG 1999).

1. Gemäß § 10a Satz 1 GewStG 1999 wird der maßgebende Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG 1999 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Die Kürzung des Gewerbeertrags setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sowohl Unternehmeridentität als auch Unternehmensidentität voraus (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 6. September 2000 IV R 69/99, BFHE 193, 151, BStBl II 2001, 731). Unternehmeridentität bedeutet, dass der Steuerpflichtige, der den Gewerbeverlust in Anspruch nimmt, diesen zuvor in eigener Person erlitten haben muss (BFH-Urteil in BFHE 193, 151, 152, BStBl II 2001, 731, 732). Unternehmensidentität bedeutet, dass der Gewerbeverlust bei demselben Gewerbebetrieb entstanden sein muss, dessen Gewerbeertrag in dem maßgeblichen Erhebungszeitraum gekürzt werden soll (vgl. BFH-Urteil vom 16. April 2002 VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81, m.w.N.). Dabei ist unter Gewerbebetrieb die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG 1999 i.V.m. § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) zu verstehen. Ob diese die gleiche geblieben ist, muss nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale beurteilt werden (vgl. BFH-Urteil vom 14. September 1993 VIII R 84/90, BFHE 174, 233, BStBl II 1994, 764). Diese Grundsätze sind auch bei organschaftlich verbundenen Unternehmen zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 29. August 2000 VIII R 1/00, BFHE 194, 217, BStBl II 2001, 114).

2. Allerdings gilt im Rahmen der gewerbesteuerlichen Organschaft die Besonderheit, dass Verluste der Organgesellschaft, die während der Dauer der Organschaft entstanden sind, auch nach deren Beendigung nur von dem maßgebenden Gewerbeertrag des Organträgers abgesetzt werden können (Senatsurteile vom 27. Juni 1990 I R 183/85, BFHE 161, 157, BStBl II 1990, 916, und I R 158/87, BFH/NV 1991, 116; BFH-Urteil in BFHE 194, 217, BStBl II 2001, 114 - wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten Urteile Bezug genommen). Demnach müssen die Voraussetzungen der Unternehmensidentität und der Unternehmeridentität in einem solchen Fall jeweils in Bezug auf den (vormaligen) Organträger erfüllt sein. Auf die Organgesellschaft kommt es insoweit nicht an.

3. Bei einer sog. Mehrmütterorganschaft ist die GbR Organträger, so dass im Hinblick auf die Kürzung des Gewerbeertrags nach § 10a GewStG das Unternehmen der GbR und die an ihr beteiligten Unternehmer maßgeblich sind.

Dass die GbR als Organträger anzusehen ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG 1999 i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 KStG 1999. Die letztgenannte Vorschrift bestimmt, dass, soweit sich mehrere gewerbliche Unternehmen i.S. des § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1999, die gemeinsam im Verhältnis zur Organgesellschaft die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1999 erfüllen, in der Rechtsform einer Personengesellschaft lediglich zum Zwecke der einheitlichen Willensbildung gegenüber der Organgesellschaft zusammenschließen, die Personengesellschaft als gewerbliches Unternehmen anzusehen ist, wenn jeder Gesellschafter der Personengesellschaft im Übrigen ein gewerbliches Unternehmen unterhält. Für das Gewerbesteuerrecht bestimmt § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG 1999, dass in einem solchen Fall die Personengesellschaft Organträger ist. Beide Bestimmungen gelten gemäß § 34 Abs. 9 Nr. 1 KStG (bislang: § 34 Abs. 6 Nr. 1 KStG 1999) und § 36 Abs. 2 Satz 3 GewStG (bislang: § 36 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999) auch für das Streitjahr 1987.

4. Die genannten Bestimmungen sind verfassungsgemäß. Sie verstoßen nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --GG--) abgeleitete Rückwirkungsverbot. Einer verfassungskonformen Auslegung, wie sie das FG vorgenommen hat, bedarf es daher nicht.

a) Nach der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Frage der Verfassungsmäßigkeit rückwirkender Gesetze entwickelten Systematik verletzt eine steuerbegründende oder steuererhöhende Norm in der Regel rechtsstaatliche Grundsätze, wenn sie für Veranlagungszeiträume gelten soll, die im Zeitpunkt ihrer Verkündung bereits abgeschlossen waren ("echte" Rückwirkung, "Rückbewirkung von Rechtsfolgen", vgl. etwa BVerfG-Beschlüsse vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78; vom 5. Februar 2002 2 BvR 305/93, BVerfGE 105, 17, 40). Betroffen wäre hiervon § 36 Abs. 2 Satz 3 GewStG insoweit, als er die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG 1999 auch für Erhebungszeiträume vor 2001 --und damit auch für das Streitjahr-- anordnet; denn bezogen auf diese Erhebungszeiträume kommt es zu einer echten Rückwirkung bzw. zu einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen.

b) Für das Steuerrecht gibt es allerdings, anders als für das Strafrecht (Art. 103 Abs. 2 GG), kein explizites und absolutes verfassungsrechtliches Rückwirkungsverbot (vgl. BFH-Urteil vom 8. Juni 2000 IV R 37/99, BFHE 193, 85, 91, BStBl II 2001, 162, 165, m.w.N.). Der Erlass rückwirkender belastender Steuergesetze wird vielmehr durch die allgemeinen Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit weitgehend ausgeschlossen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 97, 67, 79, m.w.N.; vgl. hierzu auch Maurer in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts --HStR--, Bd. III, 2. Aufl., § 60 Rn. 17; Mellinghoff, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft --DStJG-- 27 [2004], S. 29).

Diese Grundsätze werden verletzt, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände nachträglich ungünstigere Rechtsfolgen knüpft als diejenigen, von denen der Steuerpflichtige bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 1961 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, 271; BFH-Urteile vom 10. Juli 1986 IV R 12/81, BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 811; in BFHE 193, 85, BStBl II 2001, 162). Dabei kommt es nicht auf die subjektiven Vorstellungen der einzelnen Betroffenen und ihre individuelle Situation an, sondern allein darauf, ob die Rechtslage, auf die sich der Steuerpflichtige beruft, bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe zu begründen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 20. Oktober 1971 1 BvR 757/66, BVerfGE 32, 111, 123; ebenso Maurer, HStR III, § 60 Rn. 35). Beurteilen lässt sich dies nicht abstrakt, sondern nur unter Würdigung aller Umstände der konkreten Regelung (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 111, 123).

Schutzwürdiges Vertrauen kann gegebenenfalls (u.a.) dann nicht entstehen, wenn das geltende Recht so unklar oder verworren ist, dass eine klärende Neuregelung erwartet werden muss (BVerfG-Beschluss vom 25. Mai 1993 1 BvR 1509/91, BVerfGE 88, 384). Des Weiteren haben es das BVerfG und der BFH in bestimmten Fällen für verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen, wenn der Steuergesetzgeber durch ein rückwirkendes Gesetz lediglich eine in der Vergangenheit herrschende Rechtspraxis kodifiziert, um so einer zwischenzeitlich erfolgten Rechtsprechungsänderung entgegenzuwirken (BVerfG-Urteil vom 23. Januar 1990 1 BvL 4-7/87, BVerfGE 81, 228, 239; BFH-Urteil vom 14. April 1986 IV R 260/84, BFHE 146, 411, 413, BStBl II 1986, 518, 519).

c) Im Streitfall werden die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit von den hier maßgeblichen Bestimmungen nicht berührt.

Auf der Grundlage einer langjährigen Rechtsprechungspraxis galt für das Gewerbesteuerrecht bis zum Ergehen der Senatsurteile in BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695, und in BFH/NV 2000, 347, dass ein Organverhältnis nur zu einem beherrschenden Unternehmen bestehen konnte, nicht jedoch zu einer Mehrzahl von beherrschenden Unternehmen. Schlossen sich mehrere Muttergesellschaften zum Zwecke der Willenskoordinierung zu einer GbR zusammen, war nur die GbR als Organträger und als Gewerbesteuersubjekt zu behandeln mit der Folge, dass eine Zurechnung von Gewerbeerträgen und -verlusten der Organgesellschaft an die an der GbR beteiligten Unternehmen ausgeschlossen war (vgl. Senatsurteile vom 25. Juni 1957 I 22/55 U, BFHE 66, 449, BStBl III 1958, 174; vom 8. Oktober 1986 I R 65/85, BFH/NV 1988, 190; in BFHE 171, 223, BStBl II 1994, 124). Dies entsprach auch der einschlägigen Verwaltungspraxis (vgl. Abschn. 17 Abs. 6 GewStR 1984 bzw. Abschn. 14 Abs. 6 GewStR 1998).

Diese Rechtspraxis hat der Steuergesetzgeber mit dem Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz aufgegriffen und festgeschrieben. Damit sind die Rechtsfolgen, die sich rückwirkend aus § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG 1999 i.V.m. § 14 Abs. 2 KStG 1999 für das Streitjahr ergeben, nicht ungünstiger als diejenigen, von denen bei objektiver Betrachtung alle betroffenen Unternehmen bis zum Bekanntwerden der Rechtsprechungsänderung durch die Senatsurteile in BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695, und in BFH/NV 2000, 347, bei ihren Dispositionen ausgehen mussten. Ob die Klägerin hinsichtlich der T-AG bzw. der H-GmbH auch tatsächlich hiervon ausgegangen ist --wofür in Anbetracht der jeweils gewählten Konstruktion einiges spricht-- bzw. dass sie mit dem vorliegenden Streitfall letztlich die Rechtsprechungsänderung überhaupt erst herbeigeführt hat, ist insoweit nicht maßgeblich. Allein die Möglichkeit einer zukünftigen Rechtsprechungsänderung konnte für das Streitjahr noch keinen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz begründen.

d) Der in der Literatur geäußerten Gegenmeinung (Kirchhof/ Raupach, Der Betrieb --DB-- 2001, Beilage Nr. 3, S. 14 ff.; Raupach, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2001, 1325; Völker/ Ardizzoni, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2004, 2413; Wischmann in Herrmann/Heuer/Raupach, Jahresband 2002, § 14 KStG Anm. J 01-3), der sich im Streitfall auch das FG angeschlossen hat, folgt der erkennende Senat, wie schon in seinem Beschluss vom 22. Februar 2006 I B 145/05 (Zeitschrift für Steuern und Recht --ZSteu-- 2006, Heft 8, R 299 - R 302), nicht. Er teilt dabei insbesondere nicht die Auffassung, wonach hinsichtlich der Zulässigkeit eines rückwirkenden Gesetzes zwischen einer --im Sinne der Fallgruppenbildung des BVerfG (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 88, 384, s.o. II.4.b - a.E.)-- unklaren und verworrenen Rechtslage einerseits und einer im Prinzip klaren und eindeutigen Rechtslage, die lediglich von der Rechtsprechung bislang nicht zutreffend erkannt worden wäre, andererseits zu unterscheiden wäre (vgl. hierzu Kirchhof/Raupach, DB 2001, Beilage Nr. 3, S. 16). Besteht ein Dissens zwischen Rechtsprechung und Schrifttum, so ist die Rechtslage allenfalls unklar. Beruht die maßgebliche Rechtsprechung ihrerseits auf einer jahrzehntelangen Praxis, gegen die sich das Schrifttum bislang nicht hat durchsetzen können, trifft im Grunde noch nicht einmal dies zu.

Soweit im Schrifttum vorgetragen wird, Vertrauensschutz bestehe insbesondere auch dann, wenn der BFH eine zweifelhafte und umstrittene Rechtsfrage anhand eines Musterfalls geklärt habe und der Steuerpflichtige auf der Grundlage dieser Entscheidung wirtschaftliche Dispositionen treffe (Kirchhof/Raupach, DB 2001, Beilage Nr. 3, S. 11 ff.), ist dies für den Streitfall nicht relevant. Denn ein solcher Vertrauensschutz kann allenfalls vom Zeitpunkt der Rechtsprechungsänderung bzw. ihrem Bekanntwerden an gelten.

e) Aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) und aus dem verfassungsrechtlichen Verhältnis von Legislative und Judikative lässt sich ein über das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot hinausreichender Vertrauensschutz nicht herleiten.

Im Schrifttum wird vertreten, dass der Gesetzgeber die Vorschriften zur gewerbesteuerlichen Mehrmütterorganschaft nach Ergehen der Senatsurteile in BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695, und in BFH/NV 2000, 347, nicht bzw. nicht ohne besondere Rechtfertigung hätte rückwirkend ändern dürfen (so Völker/Ardizzoni, NJW 2004, 2413, 2415, m.w.N.; vgl. allgemein auch Maurer, HStR III, § 60 Rn. 26). Zur Begründung wird auf den Beschluss des BVerfG vom 31. März 1965 2 BvL 17/63 (BVerfGE 18, 429) und auf den Grundsatz der Gewaltenteilung verwiesen. In dem genannten Beschluss hat das BVerfG allerdings nur festgestellt, dass das Ziel, die höchstrichterliche Rechtsprechung zu korrigieren, keine zusätzliche Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot echter Rückwirkung schaffe (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 18, 429, 436). Der Entscheidung kann hingegen nicht entnommen werden, dass ein entsprechendes Gesetz zusätzlichen Beschränkungen unterliegt. Hierfür besteht auch kein Bedürfnis, da die Belange des Steuerpflichtigen durch die dargelegten Grundsätze des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes hinreichend geschützt sind (im Ergebnis ebenso BVerfG-Beschluss in BVerfGE 81, 228, 239; BFH-Urteil in BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 811). Auf den Grundsatz der Gewaltenteilung kann insoweit ebenfalls nicht verwiesen werden, da dieser lediglich eine Bindung der Rechtsprechung an Gesetz und Recht vorsieht, nicht aber eine Bindung des Gesetzgebers an die Rechtsprechung. Dass unabhängig davon die vielfach geübte Praxis "rechtsprechungsbrechender" Nichtanwendungsgesetze und -erlasse zu kritisieren ist (vgl. z.B. Pezzer, DStR 2004, 525; Wieland, DStR 2004, 1), steht auf einem anderen Blatt; denn diese Kritik ist letztlich rechtspolitischer, nicht aber rechtlicher Natur.

5. Die verfahrensrechtlichen Bestimmungen über das Ruhen von Verfahren kraft Gesetzes in § 363 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 begründen keinen eigenständigen Vertrauensschutz, der im Streitfall einer rückwirkenden Anwendung des § 2 Abs. 2 Satz 3, § 36 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 i.V.m. § 14 Abs. 2 KStG 1999 entgegenstünde.

a) Das Einspruchsverfahren ruht gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 kraft Gesetzes, soweit wegen der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm oder wegen einer Rechtsfrage ein Verfahren bei dem Europäischen Gerichtshof, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht anhängig ist und der betreffende Einspruch hierauf gestützt wird. Das Verfahren ist gemäß § 363 Abs. 2 Satz 4 AO 1977 fortzusetzen, wenn der Einspruchsführer dies beantragt oder die Finanzbehörde dies dem Einspruchsführer mitteilt. Dabei geht der erkennende Senat davon aus, dass sich das Antragsrecht des Einspruchsführers nicht nur auf § 363 Abs. 2 Satz 3 AO 1977, sondern ebenso auf § 363 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 bezieht (vgl. auch BFH-Beschluss vom 6. Juli 1999 IV B 14/99 BFH/NV 1999, 1587; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp--, § 363 AO Rz. 202, m.w.N.). Regelungen über den Inhalt der nach Beendigung der Verfahrensruhe zu treffenden Entscheidung enthält § 363 AO 1977 nicht. Somit gewährt diese Bestimmung ihrem Wortlaut nach keinen Anspruch auf eine bestimmte Entscheidung, die --in welcher Form auch immer-- durch das gerichtliche Verfahren, aufgrund dessen das Einspruchsverfahren geruht hat, vorgeprägt wäre.

b) Ein solcher Anspruch kann weder aus dem systematischen Regelungszusammenhang des § 363 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 noch aus allgemeinen Grundsätzen des steuerlichen Verfahrensrechts hergeleitet werden.

Die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, hat die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) und dabei die im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen. Sie ist als vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG) und muss dementsprechend zwischenzeitlich eingetretene Rechtsänderungen beachten. Verfahrensrechtliche Einschränkungen können sich allenfalls aus § 367 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 ergeben (obligatorischer Hinweis auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung und Anhörung des Steuerpflichtigen).

Nur im Zusammenhang mit der Änderung bestandskräftiger Bescheide sieht die Abgabenordnung gemäß § 176 Abs. 1 AO 1977 unter bestimmten Voraussetzungen vor, dass für den Steuerpflichtigen nachteilige Änderungen der Rechtslage von der Finanzbehörde nicht berücksichtigt werden dürfen. Doch abgesehen davon, dass die dort genannten Regelungsalternativen auf den Streitfall nicht zutreffen, gilt diese Bestimmung ohnehin nicht für das Einspruchsverfahren (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 176 AO Tz. 3; v. Groll in HHSp, § 176 AO Rz. 71 und 102). Dagegen treten selbst verbindliche Zusagen gemäß § 207 Abs. 1 AO 1977 außer Kraft, wenn die Rechtsvorschriften, auf denen die Zusage beruht, geändert werden. In gleicher Weise entfällt die Bindungswirkung höchstrichterlicher Entscheidungen nach § 126 Abs. 5 FGO, wenn sich die der Entscheidung zugrunde liegende Rechtslage durch ein rückwirkendes Gesetz geändert hat (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 6. Februar 1973 GmS-OGB 1/72, BFHE 109, 206; Senatsbeschluss vom 2. Mai 1997 I B 117/96, BFH/NV 1998, 18). Für das gemäß § 363 Abs. 2 Satz 4 AO 1977 fortgesetzte Einspruchsverfahren kann demzufolge nichts anderes gelten.

c) Vor dem Hintergrund dieses Auslegungsergebnisses lässt sich auch aus dem Sinn und Zweck des § 363 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 kein Anspruch auf eine bestimmte Entscheidung im Einspruchsverfahren herleiten. Die Vorschrift dient der Verfahrensökonomie und soll eine unnötige Belastung der Finanzbehörden und -gerichte vermeiden (Birkenfeld in HHSp, § 363 AO Rz. 21). Eine darüber hinausgehende Zielsetzung vermag der erkennende Senat der Regelung nicht zu entnehmen (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 27. November 2002 16 K 1189/01 F, EFG 2003, 559; Gosch/ Neumann, KStG, § 14 Rz. 378; a.A.: Kirchhof/Raupach, DB 2001, Beilage Nr. 3, S. 17; Krebs, Betriebs-Berater --BB-- 2001, 2029, 2033 f.; Herlinghaus, GmbH-Rundschau 2001, 956, 962 f.; Müller, EFG 2003, 561; Wischmann in Herrmann/Heuer/Raupach, Jahresband 2002, § 14 KStG Anm. J 01-3).

6. Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Klägerin, dass sich § 14 Abs. 2 KStG 1999 und § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG 1999 von vornherein nur auf die laufende Besteuerung im Rahmen einer bestehenden Mehrmütterorganschaft beziehen, während im Falle der Beendigung einer Mehrmütterorganschaft allein die allgemeinen Grundsätze des § 10a GewStG 1999 unter Berücksichtigung der geänderten BFH-Rechtsprechung Anwendung finden sollen. Aus dem Wortlaut und der Systematik der genannten Bestimmungen ergibt sich eine solche Einschränkung jedenfalls nicht. Auch auf die Entstehungsgeschichte kann insoweit nicht verwiesen werden. Denn der vorliegende Streitfall ist, neben einem weiteren Verfahren, der Anlass für die Rechtsprechungsänderung und ebenso für die daran anknüpfende Gesetzesänderung gewesen. Das legt den Schluss nahe, dass insbesondere (auch) die ihm zugrunde liegende Problematik von der Gesetzesänderung erfasst werden soll bzw. dass sich andernfalls eine entsprechende Einschränkung entweder unmittelbar aus dem Gesetz ergeben müsste --was nicht der Fall ist (s.o.)-- oder doch zumindest aus den Gesetzesmaterialien. Tatsächlich heißt es jedoch in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu § 2 Abs. 2 GewStG, mit der Gesetzesänderung solle sichergestellt werden, "dass im Fall der Mehrmütterorganschaft der Organkreis bei der BGB-Gesellschaft endet" (BTDrucks 14/6882, S. 41). Dabei nimmt der Entwurf ausdrücklich und ohne jede Einschränkung Bezug auf die beiden Senatsurteile in BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695, und in BFH/NV 2000, 347 (BTDrucks 14/6882, S. 41) und damit auf die dem Streitfall zugrunde liegende Konstellation einer beendeten Mehrmütterorganschaft. Dies entspricht letztlich auch dem Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG 1999, den ursprünglichen Rechtszustand wiederherzustellen und demgemäß eine Zurechnung von Gewerbeerträgen und -verlusten der Organgesellschaft an die an der GbR beteiligten Unternehmen insbesondere auch für den Fall der Beendigung der Organschaft (s.o.: II.2.) auszuschließen.

7. Die genannten Bestimmungen sind nicht wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit verfassungswidrig (vgl. dazu auch BVerfG-Urteile vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271, und vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, 136, jeweils m.w.N.). Zwar hat der erkennende Senat in seinen beiden Urteilen in BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695, und BFH/NV 2000, 347, ausgeführt, dass die obligatorische Zwischenschaltung einer BGB-Gesellschaft als Organträgerin "gekünstelt" sei und der Einheit der Rechtsordnung zuwiderlaufe. Doch kann in Anbetracht der bis zu diesen Entscheidungen geltenden jahrzehntelangen Rechtsprechungspraxis nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber mit der ausdrücklichen gesetzlichen Normierung dieser Praxis die ihm zustehenden wertungsmäßigen Gestaltungsgrenzen überschritten hat.

8. Die von dem erkennenden Senat mit seinem Urteil in BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695, für den Streitfall vertretene Auffassung, dass die Beteiligungen an den beiden nachgeschalteten Organgesellschaften unmittelbar den jeweiligen Muttergesellschaften zuzurechnen sind (s.o.: I.2.), ist in Anbetracht der Gesetzesänderungen nicht mehr maßgeblich. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 126 Abs. 5 FGO, da die Bindungswirkung höchstrichterlicher Entscheidungen (wie dargelegt, s.o.: II.5.b) entfällt, wenn sich die der Entscheidung zugrunde liegende Rechtslage durch ein rückwirkendes Gesetz geändert hat.

9. Aus alledem folgt, dass die Verluste, die im Rahmen der beiden zwischenzeitlich beendeten Mehrmütterorganschaften entstanden sind, nicht bei der Klägerin nach § 10a GewStG 1999 berücksichtigt werden können. Es fehlt an der erforderlichen Unternehmensidentität. Auf das Vorliegen der Unternehmeridentität kommt es im Streitfall nicht an.

a) Die T-GbR ist mit der T-AG organschaftlich verbunden gewesen, ebenso die P-GbR mit der H-GmbH. Die von der T-AG bzw. der H-GmbH erwirtschafteten Verluste sind jeweils der GbR als Organträger (§ 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG 1999 i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 KStG 1999) zuzurechnen und können auch nach Beendigung der Organschaft nur von dem maßgebenden Gewerbeertrag der jeweiligen GbR abgesetzt werden (s.o.: II.2.). Die sich aus § 10a GewStG ergebende Voraussetzung der Unternehmensidentität (s.o.: II.1.) muss dementsprechend in Bezug auf die jeweilige GbR erfüllt sein.

b) Der Gewerbebetrieb der Klägerin bzw. der I-GmbH ist nicht identisch mit dem Gewerbebetrieb der T-GbR bzw. der P-GbR.

aa) Die beiden BGB-Gesellschaften waren reine Innengesellschaften ohne eigenen Geschäftsbetrieb und ohne eigene gewerbliche Betätigung. Ihre Funktion beschränkte sich jeweils darauf, die Interessen ihrer Gesellschafter zu koordinieren und auf diese Weise eine einheitliche Willensbildung gegenüber der jeweiligen Organgesellschaft zu sichern. Als gewerbliche Unternehmen haben sie lediglich kraft gesetzlicher Fiktion (§ 14 Abs. 2 Satz 1 KStG 1999) gegolten, und zwar im Hinblick darauf, dass die in den BGB-Gesellschaften zusammengeschlossenen Gesellschaften ihrerseits gewerbliche Unternehmen unterhalten haben. Durch das Zusammentreffen dieser Merkmale wurde das Gesamtbild der Tätigkeit der BGB-Gesellschaften wesentlich geprägt. Keines dieser Merkmale findet sich nach dem Ausscheiden der A-AG bzw. der P-GmbH und nach der Beendigung der beiden BGB-Gesellschaften bei der Klägerin bzw. bei der I-GmbH wieder.

bb) Demgegenüber genügt es nicht, mit dem FG und der Klägerin darauf zu verweisen, dass die nur fiktive gewerbliche Betätigung der BGB-Gesellschaften durch die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin bzw. der I-GmbH geprägt worden sei und dass "die die Prägung vermittelnde Eingliederung in das Unternehmen der Klägerin auch nach dem Ausscheiden" der A-AG bzw. der P-GmbH weiter bestanden habe. Denn zum einen handelt es sich hierbei nur um einen Teilaspekt der gesetzlich fingierten Gewerblichkeit der BGB-Gesellschaften; und selbst dieser Teilaspekt wird im Hinblick darauf, dass die Zwischenschaltung einer GbR als Organträger für mehrere an der jeweiligen Organgesellschaft beteiligte Unternehmen erfolgt ist, nur unzureichend erfasst. Zum andern würde auf diese Weise die hier maßgebliche gesetzliche Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG 1999 ebenso unterlaufen wie das sich aus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer ergebende Erfordernis der "Unternehmensidentität" (§ 10a Satz 1 GewStG 1999). Da gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG 1999 die Personengesellschaft Organträger ist, muss die Unternehmensidentität gerade im Hinblick auf die Personengesellschaft bestimmt werden; die an ihr beteiligten Gesellschafter werden hingegen abgeschirmt. Diese gesetzliche Folge darf nicht im Wege eines Durchgriffs auf die unternehmerische Tätigkeit eines der an der Personengesellschaft beteiligten Gesellschafter umgangen werden.

cc) Schließlich kann hinsichtlich der Unternehmensidentität auch nicht auf die gewerbliche Betätigung der T-AG bzw. der H-GmbH abgestellt werden bzw. darauf, dass die Klägerin bzw. die I-GmbH das jeweilige Unternehmen fortgeführt haben. Denn für den Verlustabzug im Organkreis kommt es allein auf die Unternehmensidentität des Organträgers an, nicht auf die der Organgesellschaft (s.o.: II.2., a.E.).

Ende der Entscheidung

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