Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 09.09.1998
Aktenzeichen: I R 104/97
Rechtsgebiete: BGB, KStG, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 181
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
GmbHG § 35 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), deren Unternehmensgegenstand die Produktion und der Verkauf von Kunstgewerbeartikeln ist, wurde 1984 gegründet. Sie führt die Geschäfte der X-KG (KG) fort.

An der Klägerin waren bis zum 11. Februar 1987 fünf Gesellschafter mit je 20 % beteiligt. Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war der Gesellschafter R, der auch von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit war. R erhielt aufgrund des Geschäftsführervertrages vom 28. Januar 1984 ein monatliches Festgehalt in Höhe von 9 000 DM sowie eine Gewinntantieme in Höhe von 30 %, begrenzt auf höchstens 36 000 DM. Die Höhe seiner Gewinntantieme wurde mit Gesellschafterbeschluß vom 5. Januar 1987 auf 25 % und mit Gesellschafterbeschluß vom 15. Dezember 1989 ab 1990, nunmehr unter Wegfall der Höchstbegrenzung, auf 15 % des Gewinns festgesetzt.

Am 11. Februar 1987 erwarb R einen weiteren Gesellschaftsanteil, so daß er seither 40 % der Anteile hielt.

Neben R waren auch die übrigen Gesellschafter im Unternehmen der Klägerin beschäftigt. Sie bezogen hierfür --ohne Höchstbegrenzung-- eine Gewinntantieme, die für drei Gesellschafter jeweils 15 % und für einen Gesellschafter 10 % betrug.

Neben dem Produktionsbetrieb führte die Klägerin auch ein Ladenlokal mit ca. 200 qm Verkaufsfläche fort, das die KG errichtet hatte. Der Laden war bis zum Erreichen der Altersgrenze von der Ehefrau des R geleitet worden. Da ein geeigneter Dritter für deren Nachfolge nicht gefunden werden konnte und --nach unbestrittenen Angaben der Klägerin-- die übrigen Gesellschafter die Übernahme der Leitung des Ladens ablehnten, verpflichtete sich R, die Leitung des Direktverkaufs im Laden zusätzlich zu übernehmen. Für diese zusätzliche Tätigkeit sollte ihm aufgrund Vereinbarung vom 30. März 1984 folgende am Ladenumsatz orientierte Vergütung zustehen:

Bis 500 000 DM Jahresumsatz 10 %, von 500 000 DM bis 1 Mio. DM Jahresumsatz 5 % und über 1 Mio. DM Jahresumsatz 3 %.

Daraus ergaben sich in den Streitjahren 1987 bis 1990 folgende --der Höhe nach unbestrittene-- Umsatztantiemen: 57 610 DM (1987), 56 656 DM (1988), 52 486 DM (1989) und 55 849 DM (1990).

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, die Umsatzbeteiligungen stellten verdeckte und in Höhe der tatsächlichen Auszahlungen andere Ausschüttungen dar, weil R als Geschäftsführer für die Führung und Organisation des gesamten Betriebes und damit auch des Verkaufsladens zuständig sei. Auch sei die Zahlung einer Umsatztantieme nicht branchenüblich.

Gegen die in diesem Sinne ergangenen Körperschaftsteuerbescheide für 1987 bis 1990 legte die Klägerin Einspruch und Klage ein, die keinen Erfolg hatten (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1998, 136).

Mit ihrer Revision hebt die Klägerin Umstände des Streitfalles hervor, die nach ihrer Auffassung für eine Umsatztantieme sprechen und rügt die Verletzung des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Körperschaftsteuer 1987 bis 1990 unter Berücksichtigung der Umsatztantieme festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet.

A. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung ist unzulässig (vgl. z.B. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Februar 1996 X B 199/95, BFH/NV 1996, 620, m.w.N.). Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

B. Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis bejaht, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Urteil vom 18. Dezember 1996 I R 26/95, BFHE 182, 190, m.w.N.).

1. Nach Fremdvergleichsmaßstäben ist es zwar nicht zu beanstanden, daß die Klägerin ihrem alleinigen Geschäftsführer für die Führung und Leitung des Ladenlokals ein zusätzliches Entgelt zusagte. Übernimmt ein Gesellschafter-Geschäftsführer über den ihm nach der internen Geschäftsverteilung zugewiesenen Aufgabenbereich hinaus auf Dauer zusätzliche Aufgaben in einzelnen Betriebsabteilungen, so kann er hierfür --wie jeder gesellschaftsfremde Geschäftsführer-- eine Erhöhung seiner Geschäftsführervergütung verlangen. Dies gilt im Streitfall um so mehr, als R die Aufgaben eines ausgeschiedenen und nicht ersetzten Arbeitnehmers übernahm.

Die Aufgabe des Geschäftsführers ist, neben der gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der GmbH (§ 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung), die Führung der Geschäfte. Er ist aber nicht --jedenfalls nicht auf Dauer-- verpflichtet, jede im Betrieb anfallende Maßnahme, und sei sie auch leitender Funktion, selbst wahrzunehmen (vgl. Schneider in Scholz, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 8. Aufl., § 43 Rdnr. 35; vgl. auch Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 16. Aufl., § 35 Rdnr. 3). So war auch in § 3 Abs. 1 des Geschäftsführervertrages für R ausdrücklich geregelt, daß R "die Leitung und Überwachung des Unternehmens im Ganzen" oblag. Nicht zu seinen Augaben gehörte die Leitung des Ladenlokals, die bis zu ihrem Ausscheiden von seiner Ehefrau wahrgenommen worden war.

2. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer diese zusätzliche Vergütung unter den gegebenen Umständen aber nicht in Form einer spartenbezogenen Umsatztantieme, sondern in Form einer Anpassung der bisherigen Gehaltsbestandteile gewähren.

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung ist eine umsatzbezogene Vergütung nur aus besonderen Gründen gerechtfertigt, da sie unabhängig von der Ertragslage zu zahlen ist und deshalb die Gefahr einer Gewinnabsaugung in sich birgt (BFH-Urteile vom 5. Oktober 1977 I R 230/75, BFHE 124, 164, BStBl II 1978, 234; vom 28. Juni 1989 I R 89/85, BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854; vom 19. Mai 1993 I R 83/92, BFH/NV 1994, 124; BFH-Beschlüsse vom 30. August 1995 I B 114/94, BFH/NV 1996, 265; vom 28. September 1995 I B 201/94, BFH/NV 1996, 365). Ein solcher Ausnahmefall liegt im Streitfall nicht vor. Die Zusage der Umsatztantieme hält auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin dargelegten betrieblichen Besonderheiten einem Fremdvergleich nicht stand:

a) Dies gilt zunächst aufgrund der Tatsache, daß R bereits am Erfolg des Unternehmens in Form einer Gewinntantieme beteiligt war. Eine Kumulation verschiedenartiger Tantiemen hält im allgemeinen dem Fremdvergleich schon deswegen nicht stand, weil sie bereits als solche die Gefahr einer Gewinnabsaugung in sich birgt. Wird ein Geschäftsführer für seine Tätigkeit durch Vereinbarung eines Festgehalts und einer Gewinntantieme entlohnt, so ist grundsätzlich davon auszugehen, daß eine zusätzliche Arbeitsbelastung durch Erhöhung dieser Gehaltsbestandteile abgegolten wird.

b) Im übrigen würde kein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem Gesellschaftsfremden als zusätzliche Vergütung eine auf den Laden bezogene Umsatztantieme zusagen, wenn er --wie im Streitfall-- mangels ausreichender Kalkulationsgrundlagen gar nicht erkennen kann, ob der im Ladengeschäft erzielte Umsatz die Tantieme wirtschaftlich deckt. So gesehen können das Fehlen einer Kostenrechnung und die möglicherweise mit einer Kostenrechnung verbundenen Abgrenzungschwierigkeiten keine Gründe sein, die unter Fremdvergleichsgesichtspunkten eine Spartenumsatztantieme neben einer Gewinntantieme gerechtfertigt erscheinen lassen. Der Hinweis der Klägerin, der Laden erwirtschafte in jedem Fall einen Deckungsbeitrag für das Gesamtunternehmen, reicht mangels Quantifizierung nicht aus, um die gesellschaftliche Veranlassung der Umsatztantieme auszuschließen.

Ende der Entscheidung

Zurück