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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 08.07.1998
Aktenzeichen: I R 112/97
Rechtsgebiete: AO 1977, EStG, AStG
Vorschriften:
AO 1977 § 42 | |
AO 1977 § 171 Abs. 3 | |
AO 1977 § 367 Abs. 2 Sätze 1 und 2 | |
EStG § 20 | |
AStG § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2 |
1. Wird eine verzinsliche Forderung als Sicherheit für eine Steuerforderung in der Weise an den Steuergläubiger abgetreten, daß dieser auch die anfallenden Zinsen mit der Steuerschuld verrechnen soll, so sind die Zinsen dem Abtretenden als Einnahmen zuzurechnen.
2. Die entgeltliche Abtretung einer verzinslichen Forderung an eine im Ausland ansässige Person kann einen Gestaltungsmißbrauch darstellen, wenn sie dazu dient, das Fortbestehen wesentlicher wirtschaftlicher Interessen im Inland und damit den Eintritt der erweiterten beschränkten Steuerpflicht zu vermeiden. Ein Gestaltungsmißbrauch liegt in diesem Fall jedenfalls dann vor, wenn die Abtretung dem Forderungsschuldner gegenüber nicht offengelegt worden ist und das vom Zessionar zu zahlende Entgelt sich nach dem Betrag der vom Schuldner geleisteten Zahlungen abzüglich eines Festbetrags bemißt.
3. Eine Erhöhung der festgesetzten Steuer im Rahmen der Einspruchsentscheidung ("Verböserung") ist nach Ablauf der Festsetzungsfrist regelmäßig unzulässig (Bestätigung der BFH-Urteile vom 27. März 1996 I R 182/94, BFHE 180, 444, BStBl II 1997, 449, und vom 30. Juli 1997 II R 9/95, BFHE 183, 235, BStBl II 1997, 635).
AO 1977 § 42, § 171 Abs. 3, § 367 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG § 20 AStG § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2
Urteil vom 8. Juli 1998 - I R 112/97 -
Vorinstanz: FG Münster (EFG 1997, 1486)
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren (1983 bis 1985) mit inländischen Zinseinkünften der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach § 2 des Außensteuergesetzes (AStG) unterlag. Außerdem ist streitig, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berechtigt war, nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist eine verbösernde Einspruchsentscheidung zu erlassen.
Der Kläger hatte bis Ende April 1983 seinen Wohnsitz im Inland. Zu diesem Zeitpunkt verzog er mit seiner Familie in die Schweiz. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß der Kläger bis dahin mindestens fünf Jahre lang unbeschränkt steuerpflichtig gewesen war und daß er in der Folge in der Schweiz einer niedrigen Besteuerung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AStG unterlegen hat.
Bis 1981 war der Kläger an der H-GmbH beteiligt gewesen. Durch notariellen Vertrag vom 29. Oktober 1981 hatte er seine Geschäftsanteile zu einem Preis von 57 412 000 DM an einen im Inland ansässigen Käufer (K) veräußert. K hatte von dem Kaufpreis einen Betrag von 1 148 240 DM für etwaige Gewährleistungsansprüche einbehalten. Der einbehaltene Betrag sollte nach den getroffenen Vereinbarungen mit 10 v.H. verzinst und zu einem zunächst nicht näher bestimmten Termin an den Kläger ausbezahlt werden. Zum 31. Dezember 1985 belief sich der Gewährleistungseinbehalt noch auf 414 213 DM.
Mit Vertrag vom 28. Dezember 1982 trat der Kläger seine Ansprüche auf Auszahlung des Gewährleistungseinbehalts an den in den Niederlanden ansässigen T ab. Dieser Abtretung lag ein schriftlich nicht fixierter Vertrag zugrunde, aufgrund dessen T für seine Tätigkeit ein einmaliges Entgelt erhielt. Die Abtretung wurde gegenüber K nicht offengelegt. K leistete demgemäß Zins- und Kapitalrückzahlungen aus dem Gewährleistungseinbehalt weiterhin nur an den Kläger. Die diesem zugeflossenen Zinszahlungen beliefen sich in den Streitjahren auf 113 866 DM (1983), 105 432 DM (1984) und 97 238 DM (1985).
Nachdem dem FA der Verkauf der Anteile an der H-GmbH bekanntgeworden war, vertrat es die Ansicht, der Kläger habe im Jahr 1981 --und nicht erst in 1982-- einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn erzielt. Es setzte deshalb die Einkommensteuer-Vorauszahlung zum 10. Dezember 1981 rückwirkend um 13 727 077 DM höher als zuvor fest. Außerdem erhöhte es die laufenden Einkommensteuer-Vorauszahlungen auf 434 323 DM. Nachdem der Kläger gegen die betreffenden Vorauszahlungsbescheide Einspruch eingelegt hatte, gewährte ihm das FA eine Aussetzung der Vollziehung (AdV), die es jedoch von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 11 912 718 DM abhängig machte.
Der Kläger erbrachte die Sicherheitsleistung durch Abtretung eines entsprechenden Guthabens bei der D-Bank, wobei er in der Abtretungserklärung den Sicherungszweck ausdrücklich hervorhob. Das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) als Sicherungsnehmer verpflichtete sich, alle Ansprüche und Rechte an dem Guthaben an den Sicherungsgeber (Kläger) zurückabzutreten, sobald seine Ansprüche aus dem streitigen Steuerschuldverhältnis erfüllt seien. Es gestand dem Kläger außerdem zu, den jeweiligen Guthabenbetrag als Festgeld anzulegen. Hiervon machte der Kläger in der Folgezeit Gebrauch.
Der Kläger tilgte in den Jahren 1982 bis 1985 aus dem Festgeldguthaben seine Einkommensteuerschuld für 1981 und löste das Konto schließlich im Dezember 1985 auf. Bis dahin waren in den Streitjahren (1983 bis 1985) aus der Festgeldanlage Zinsen in Höhe von 76 549 DM (1983), 127 080 DM (1984) und 105 538 DM (1985) angefallen. Nur diese Beträge erklärte der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre jeweils als Einnahmen aus Kapitalvermögen. Die betreffenden Steuererklärungen gingen beim FA am 30. Juli 1985 (1983), am 27. Juni 1986 (1984) und am 13. November 1986 (1985) ein. Daraufhin erließ das FA für alle Streitjahre Steuerbescheide, in denen es den Kläger als erweitert beschränkt steuerpflichtig behandelte und ihm in diesem Rahmen die Guthabenzinsen aus der Festgeldanlage zurechnete.
Erst im Verlauf eines deswegen eingeleiteten Einspruchsverfahrens erfuhr das FA durch vom Kläger eingereichte weitere Steuererklärungen von den darüber hinaus angefallenen Zinsen aus dem Gewährleistungseinbehalt. Daraufhin wies es den Kläger mit Schreiben vom 17. März 1988 auf die Möglichkeit einer Verböserung hin. Es kam daraufhin zu einer weiteren Erörterung, die im Jahre 1989 ihren Abschluß fand. Schließlich erließ das FA im Jahre 1993 eine Einspruchsentscheidung, in der es sowohl die Festgeldzinsen als auch diejenigen aus dem Gewährleistungseinbehalt den steuerpflichtigen Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen zurechnete und die Einkommensteuer für die Streitjahre jeweils entsprechend erhöhte.
Das Finanzgericht (FG), dessen Entscheidung auszugsweise in Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 1486 veröffentlicht ist, hat die gegen die Einspruchsentscheidung gerichtete Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Revision.
Das FA beantragt Zurückweisung der Revision. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten und hat sich zur Problematik des § 171 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) geäußert. B. Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
I. Das FG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes; § 96 Abs. 2 FGO) nicht verletzt. Ausweislich des erstinstanzlichen Urteils hatte der Kläger vorgetragen, daß er und T es aus praktischen Gründen bei der bisherigen Abwicklung der Zahlungen zwischen ihm und K belassen hätten. Diesen Vortrag hat das FG gewürdigt. Wenn es hieraus den Schluß gezogen hat, daß T dem Kläger keine "rechtliche Ermächtigung" zum Einzug der Forderungen erteilt habe, so liegt hierin allenfalls eine unrichtige Interpretation des Klägervortrags, nicht aber eine Verletzung des Rechts auf Gehör.
II. In der Sache hat das FG zu Recht entschieden, daß der Kläger in den Streitjahren der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterlegen hat und daß deshalb insbesondere die Zinsen aus der Festgeldanlage der deutschen Einkommensteuer zu unterwerfen sind. Demgegenüber können bei der Besteuerung des Klägers für die Streitjahre die Zinsen aus dem Gewährleistungseinbehalt nicht steuererhöhend berücksichtigt werden, da im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Erfassung die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war:
1. Der Kläger war in den Streitjahren mit seinen Zinseinkünften in Deutschland steuerpflichtig.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG unterliegt eine natürliche Person, deren unbeschränkte Einkommensteuerpflicht durch einen Wegzug in das Ausland endet, unter bestimmten --im Gesetz näher bezeichneten-- weiteren Voraussetzungen für zehn Jahre einer erweiterten beschränkten Einkommensteuerpflicht. Diese besteht darin, daß sie mit allen Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz des Einkommensteuergesetzes (EStG) der deutschen Einkommensteuer unterliegt, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.S. des § 34c Abs. 1 EStG sind.
Zu den gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt der erweiterten beschränkten Steuerpflicht zählt unter anderem, daß die ins Ausland verzogene Person weiterhin wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland hat. Das wiederum ist dann der Fall, wenn ihre Einkünfte, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.S. des § 34c Abs. 1 EStG wären, im jeweiligen Veranlagungszeitraum den Betrag von 120 000 DM übersteigen (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 AStG). Diese Situation ist im Streitfall gegeben:
a) Der Kläger hat in allen Streitjahren sowohl Zinsen aus dem Festgeldguthaben bei der D-Bank als auch solche aus dem Gewährleistungseinbehalt bezogen. Da die betreffenden Schuldner --die D-Bank und K-- ihren Sitz bzw. Wohnsitz im Inland hatten und für eine Besicherung der Schulden durch ausländischen Grundbesitz keine Anhaltspunkte bestehen, handelte es sich hierbei nicht um ausländische Einkünfte i.S. des § 34c EStG (§ 34d Nr. 6 EStG). Die Zinseinkünfte beliefen sich zudem in allen Streitjahren auf mehr als 120 000 DM, so daß der Kläger im Ergebnis weiterhin wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland hatte.
b) Zu einer abweichenden Beurteilung führt nicht der Hinweis des Klägers, daß sowohl die Festgeldforderung gegenüber der D-Bank (an das Land NRW) als auch der Anspruch aus dem Gewährleistungseinbehalt (an T) abgetreten gewesen sei. Denn beide Abtretungen ändern nichts daran, daß die aus den Forderungen resultierenden Zinseinkünfte steuerrechtlich dem Kläger --und nicht dem jeweiligen Abtretungsempfänger-- zuzurechnen sind.
aa) Das gilt in bezug auf die Zinsen für das Festgeldguthaben schon deshalb, weil diese Zinsen mit den Steuerschulden des Klägers verrechnet worden und auf diese Weise --aus steuerrechtlicher Sicht-- dem Kläger zugeflossen sind. Auf die vom Kläger angesprochenen Formalien der vertraglichen Gestaltung und Abwicklung kommt es in diesem Zusamenhang nicht an:
Es entspricht inzwischen gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß Einkünfte aus Kapitalvermögen demjenigen zuzurechnen sind, der das betreffende Kapital im eigenen Namen und für eigene Rechnung zur Nutzung überlassen hat (Senatsurteile vom 18. Dezember 1986 I R 52/83, BFHE 149, 440, BStBl II 1988, 521, 525; vom 22. August 1990 I R 69/89, BFHE 162, 263, BStBl II 1991, 38, 39; Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. November 1997 X R 114/94, BFHE 184, 554, BStBl II 1998, 190, 191). Das bedeutet zwar nicht, daß immer auf die erstmalige Kapitalüberlassung abzustellen ist und eine Abtretung des Darlehensanspruchs in keinem Fall zu einer veränderten Einkunftszurechnung führen kann. Zu einer solchen kann es indessen nur dann kommen, wenn die Abtretung in der Weise ausgestaltet wird, daß nunmehr der Abtretungsempfänger --und nicht (mehr) der Abtretende-- die betreffenden Einkünfte erzielt (BFH-Beschluß vom 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, BStBl II 1983, 272, 274; BFH-Urteil vom 30. April 1991 VIII R 38/87, BFHE 164, 357, BStBl II 1991, 574). Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
Orientiert man sich demgemäß am Maßstab des "Erzielens" der Zinserträge, so ist (nur) der Zedent Bezieher von Zinseinkünften, wenn nach den getroffenen Vereinbarungen die Zinsen sein eigenes Vermögen --und nicht dasjenige des Zessionars-- vermehren sollen. Das ist wiederum auch und gerade dann der Fall, wenn der Zedent die anfallenden Zinsen dazu verwenden kann und soll, seine eigenen Verbindlichkeiten gegenüber dem Zessionar zu tilgen. Gerade so aber liegen nach den Feststellungen des FG die Dinge im Streitfall:
Der Kläger hat die Forderung gegenüber der D-Bank nicht etwa in der Weise an das Land NRW abgetreten, daß dieses nunmehr kraft eigenen Rechts und ohne irgendeinen Ausgleich die fällig werdenden Zinsen vereinnahmen sollte. Vielmehr sollten die Zinsen nach den getroffenen Vereinbarungen mit den Steuerschulden des Klägers verrechnet werden, was in der Folge denn auch geschehen ist. Der Zinszufluß kam damit dem Kläger zugute, der auf diese Weise in die Lage versetzt wurde, seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Land NRW zu reduzieren. Damit aber wurden die Zinsen weiterhin allein durch den Kläger "erzielt", der die ihm zugeflossenen Beträge lediglich an den Zessionar weitergeleitet hat. Daß die Auszahlung möglicherweise unmittelbar von der D-Bank an das Land NRW erfolgte, stellt nur die Abkürzung eines Zahlungswegs dar, der rechtlich nach wie vor über den Kläger verlief.
Die Richtigkeit dieser Überlegung wird nicht zuletzt dadurch bestätigt, daß der Kläger die Zinsen fraglos hätte selbst vereinnahmen (und etwa vom Zessionar vereinnahmte Zinsen hätte zurückfordern) dürfen, wenn die seinerzeit streitige Steuerforderung --aus welchen Gründen auch immer-- ersatzlos entfallen wäre. In diesem Fall hätte eine Verpflichtung zur Steuerzahlung nicht (mehr) bestanden, und es kann keinem Zweifel unterliegen, daß dann auch die zur Tilgung verwendeten Zinsbeträge an den Kläger hätten ausgekehrt werden müssen. Gerade hieran zeigt sich, daß die Zinsen aus rechtlicher Sicht zunächst von der D-Bank an den Kläger und sodann von diesem an den Zessionar gezahlt worden sind. Die jeweils erste Zahlung in dieser Kette führte indessen zu einem Zufluß der Zinsen beim Kläger, dem deshalb die Zinserträge steuerlich zuzurechnen sind.
Vor diesem Hintergrund kommt es nicht auf den vom Kläger ins Feld geführten Umstand an, daß das Land NRW bei der Verwertung der abgetretenen Forderung nicht nach § 327 AO 1977 vorgegangen ist, sondern bei Fälligwerden einer Steuerforderung diese jeweils unmittelbar mit dem abgetretenen Festgeldguthaben verrechnet hat. Denn entscheidend für die hier interessierende Zurechnung sind nicht die Formalien der Verwertung; es geht vielmehr allein darum, wessen Vermögen durch die jeweils anfallenden Zinsen vermehrt worden ist. Dies war indessen im Streitfall der Kläger, der deshalb in bezug auf die Zinsen den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt hat. Schon deshalb müssen ihm die betreffenden Zinseinkünfte zugerechnet werden.
Der Senat vermag nicht der Auffassung des Klägers zu folgen, daß bei der Feststellung der betragsmäßigen Voraussetzungen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht die Festgeldzinsen nach Treu und Glauben außer Ansatz bleiben müßten. Der Kläger leitet dies daraus ab, daß er ausschließlich durch das FA dazu veranlaßt worden sei, das Festgeldguthaben im Inland zu belassen; hätte das FA nicht eine Sicherheitsleistung für die Steuerschuld verlangt, so wäre das angelegte Geld sogleich ins Ausland transferiert worden. Hiermit kann er indessen schon deshalb nicht durchdringen, weil § 2 AStG nur auf das Überschreiten bestimmter Einkunfts- und Vermögensgrenzen, nicht aber auf die Gründe für das Vorhandensein der Einkünfte oder des Vermögens im Geltungsbereich des AStG abstellt. Im übrigen hätte es dem Kläger freigestanden, auf eine AdV zu verzichten und die seinerzeit streitige Steuer (zunächst) zu zahlen, so daß von einem Zwang zur Erzielung inländischer Einkünfte keine Rede sein kann.
bb) Die Zinsen im Zusammenhang mit dem Gewährleistungseinbehalt hat das FG deshalb dem Kläger zugerechnet, weil es die Abtretung des Anspruchs an T als gestaltungsmißbräuchlich i.S. des § 42 AO 1977 beurteilt hat. Diese Bewertung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden:
Nach den Feststellungen des FG war die Abtretung des "Gewährleistungseinbehalts" an T in der Weise ausgestaltet, daß T "für seine Tätigkeit ein einmaliges Entgelt" erhielt, die Abtretung dem K gegenüber nicht offengelegt wurde und demgemäß K weiterhin alle Zahlungen nur an den Kläger geleistet hat. Ferner wurde im Verhältnis zwischen dem Kläger und T --und zwar im Nachhinein-- für die abgetretene Forderung ein "Kaufpreis" vereinbart, der betragsmäßig exakt den von K geleisteten Zahlungen abzüglich des dem T versprochenen Entgelts entsprach. Im Ergebnis beschränkte sich die Position des T damit auf diejenige eines formalen Rechtsträgers, der weder nach außen hin in Erscheinung trat noch an den eingehenden Zinszahlungen partizipierte.
Es mag dahingestellt bleiben, ob nicht bei dieser Sachlage ohnehin davon ausgegangen werden muß, daß (auch) die Zinseinkünfte im Zusammenhang mit dem Gewährleistungseinbehalt weiterhin dem Kläger gebührten und ihm schon unter diesem Gesichtspunkt steuerrechtlich zuzurechnen sind (oben aa). Denn selbst wenn man diese Frage zugunsten des Klägers verneint, ist jedenfalls der Ansicht des FG zu folgen, daß die vom Kläger gewählte Gestaltung steuerrechtlich wegen § 42 AO 1977 nicht anerkannt werden kann:
Ein Gestaltungsmißbrauch ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung gegeben, wenn die gewählte rechtliche Gestaltung unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (BFH-Urteile vom 18. Dezember 1996 XI R 12/96, BFHE 182, 395, BStBl II 1997, 374, 376; vom 29. Oktober 1997 I R 35/96, BFHE 184, 476, BStBl II 1998, 235, 237, m.w.N.). Er kann insbesondere darin liegen, daß Einkünfte auf andere Personen verlagert werden, um auf diese Weise steuerliche Vorteile zu erzielen (Senatsurteil vom 27. August 1997 I R 8/97, BFHE 184, 329, BStBl II 1998, 163).
Im Streitfall ist eine solche Verlagerung in der Weise erfolgt, daß der zunächst dem Kläger zustehende Anspruch gegen K an T abgetreten worden ist. Erklärtes Ziel dieser Maßnahme war es nach den --vom Kläger nicht beanstandeten-- Feststellungen des FG, den Eintritt der erweiterten beschränkten Steuerpflicht in der Person des Klägers zu vermeiden. Sonstige wirtschaftliche Gründe für die erfolgte Abtretung sind weder erkennbar noch vom Kläger geltend gemacht worden. Insbesondere war mit der Abtretung kein Übergang von Chancen oder Risiken auf T verbunden, da dieser einerseits nicht an den vereinnahmten Zinsen teilhatte und andererseits --wie der Kläger ausdrücklich eingeräumt hat-- bei der abgetretenen Forderung ein Ausfallrisiko faktisch nicht bestand. Bedenkt man außerdem, daß der "Kaufpreis" für die Forderung sich unmittelbar an den von K geleisteten Zahlungen orientierte, so ist das Ziel der gewählten rechtlichen Konstruktion offenkundig: Der Kläger wollte wirtschaftlich weiterhin Inhaber der Forderung bleiben und die hieraus erzielten Erträge vereinnahmen, durch die formale Verlagerung der Forderung auf T aber die ansonsten drohende Besteuerung vermeiden. Zu diesem Zweck wurden die von K geschuldeten Zahlungen gleichsam durch den von T zu zahlenden Kaufpreis ersetzt, wobei aber der Kläger gleichwohl die Zahlungen vereinnahmte und diese sodann gegenüber T mit dem Kaufpreis "verrechnete". Hierin liegt eine atypische, allein auf systemwidrige steuerliche Vorteile abzielende Gestaltung, die deshalb als mißbräuchlich i.S. des § 42 AO 1977 zu bewerten ist.
Liegt ein Gestaltungsmißbrauch vor, so entsteht die Steuer so, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung entsteht (§ 42 Satz 2 AO 1977). Diese hätte im Streitfall darin gelegen, daß weiterhin der Kläger Gläubiger der Forderung geblieben wäre und die Zinsen eingezogen hätte. Dann hätte er in Höhe dieser Zinsen ebenfalls Einkünfte erzielt, die nicht ausländische i.S. des § 34c Abs. 1 EStG gewesen wären. Im Ergebnis ist der Kläger deshalb steuerlich so zu behandeln, als seien ihm die von K geleisteten Zinszahlungen nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich unmittelbar zugeflossen.
cc) Sind aber dem Kläger sowohl die von der D-Bank als auch die von K gezahlten Zinsen zuzurechnen, so hat er in jedem Streitjahr nicht-ausländische Einkünfte erzielt, die mehr als 120 000 DM betrugen. Er hatte deshalb in allen Streitjahren wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland, ohne daß es darauf ankommt, ob diese sich zugleich aus dem Umfang seines inländischen Vermögens ergeben (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 AStG). Auf diese zwischen den Beteiligten streitige Frage (vgl. hierzu das denselben Sachverhalt betreffende BFH-Urteil vom 30. Juli 1997 II R 9/95, BFHE 183, 235, BStBl II 1997, 635) muß der Senat deshalb nicht näher eingehen.
2. Das FA war an der Besteuerung der Zinsen nicht durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Schweiz) gehindert (vgl. Art. 4 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz). Dies wird erkennbar auch vom Kläger so gesehen, weshalb der Senat auf weitere Ausführungen hierzu verzichtet.
3. Die Revision hat jedoch insoweit Erfolg, als das FA zu Unrecht in der Einspruchsentscheidung die Steuer über den ursprünglich festgesetzten Betrag hinaus erhöht hat. Diese Vorgehensweise ist deshalb rechtsfehlerhaft, weil im Zeitpunkt des Ergehens der Einspruchsentscheidung in bezug auf alle Streitjahre die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war:
Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger Steuererklärungen für die Streitjahre erstmals in den Jahren 1985 (für 1983) und 1986 (für 1984 und 1985) abgegeben. Im Jahr 1988 hat er für alle Streitjahre weitere Steuererklärungen eingereicht. Es ist deshalb zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig, daß bei Erlaß der Einspruchsentscheidung (1993) die Festsetzungsfrist von vier Jahren (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977) abgelaufen war.
Dies ist nicht deshalb unschädlich, weil der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 Sätze 1 und 2 AO 1977 gehemmt war. Denn wie der BFH inzwischen wiederholt entschieden hat, ermöglichen es die genannten Regelungen den Finanzbehörden nicht, im Rahmen eines Einspruchsverfahrens die festgesetzte Steuer noch nach Ablauf der Festsetzungsfrist zu erhöhen (BFH-Urteile vom 27. März 1996 I R 182/94, BFHE 180, 444, BStBl II 1997, 449; in BFHE 183, 235, BStBl II 1997, 635, 638, jeweils m.w.N.). An dieser Beurteilung, die in der Literatur weitgehend Zustimmung gefunden hat (z.B. Hartmann in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 171 AO 1977 Rz. 32; Baum in Koch/ Scholtz, Abgabenordnung, § 171 Rz. 12 sowie die Nachweise im Senatsurteil in BFHE 168, 1, BStBl II 1992, 995), hält der Senat fest.
Nach § 171 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 läuft im Fall eines Antrags auf Festsetzung einer Steuer oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bis über den Antrag bestandskräftig entschieden ist. Dasselbe gilt nach § 171 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 im Fall der Anfechtung eines Steuerbescheids. Aus dem in Satz 1 verwendeten Wort "insoweit" folgt, daß in den dort genannten Fällen der Ablauf der Festsetzungsfrist nicht in vollem Umfang, sondern nur im Rahmen des gestellten Antrags gehemmt wird. Dasselbe muß, da das Gesetz in diesem Punkt eine Differenzierung nicht erkennen läßt, in bezug auf Satz 2 des § 171 Abs. 3 AO 1977 gelten. Jede andere Handhabung würde die "insoweit"-Einschränkung praktisch funktionslos machen und wäre deshalb mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbar.
Der hiernach für den Umfang der Hemmung maßgebliche Antrag ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (Urteil in BFHE 168, 1, BStBl II 1992, 995) anhand derjenigen Kriterien zu bestimmen, die der Große Senat des BFH (Beschluß vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87, BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327) allgemein für die Auslegung von Verfahrensanträgen entwickelt hat. Diese Einschätzung ist in der Literatur verbreitet auf Kritik gestoßen (z.B. Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 171 AO 1977 Rz. 33; Baum, a.a.O., Rz. 11). Der Streitfall bietet keine Veranlassung, sich mit der hiermit aufgeworfenen Problematik abschließend auseinanderzusetzen. Denn selbst wenn man (auch) im Zusammenhang mit § 171 Abs. 3 AO 1977 --der Auffassung des Großen Senats entsprechend-- für den Regelfall von einer vollumfänglichen Anfechtung des betreffenden Bescheids ausgeht, trägt diese Erwägung eine Erhöhung der Steuer nach Ablauf der Festsetzungsfrist nicht:
Wird ein Steuerbescheid mit einem Rechtsbehelf angefochten, so ist im allgemeinen davon auszugehen, daß der Rechtsbehelfsführer eine Minderung der ihm gegenüber festgesetzten Steuer anstrebt. Das gilt namentlich dann, wenn --wie im Streitfall-- in der Begründung des Rechtsbehelfs ausdrücklich eine (nach Ansicht des Rechtsbehelfsführers) überhöhte Steuerfestsetzung gerügt worden ist. Es würde in dieser Situation dem eindeutig erkennbaren Ziel des Rechtsbehelfsführers zuwiderlaufen, wenn man annehmen wollte, daß dieser --und sei es auch nur vorsorglich oder eventualiter-- eine Erhöhung der Steuer begehrt. Deshalb kann ein Rechtsbehelf, solange nicht konkrete Anhaltspunkte in diese Richtung deuten, nicht als auf eine Verböserung gerichtet angesehen werden. Eine solche ist mithin in aller Regel von dem Rechtsbehelfsantrag nicht umfaßt, weshalb auch auf der Basis der Rechtsprechung des Großen Senats davon ausgegangen werden muß, daß die verjährungshemmende Wirkung der Anfechtung nicht in diese Richtung wirkt (ebenso Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 171 AO 1977 Tz. 29).
Eine abweichende Beurteilung kann auch nicht --wie das FA und das beigetretene BMF meinen-- auf die Erwägung gestützt werden, daß § 171 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 einen ordnungsgemäßen Abschluß des Rechtsbehelfsverfahrens ermöglichen solle und daß hierzu ggf. auch der Erlaß einer verbösernden Einspruchsentscheidung gehören müsse (ähnlich Spindler, Der Betrieb 1991, 1296, 1297 f.). Denn wenn dies richtig wäre, müßte konsequenterweise gleichermaßen die Verpflichtung der Finanzbehörde fortbestehen, die Steuerfestsetzung --und zwar unabhängig vom gestellten Antrag-- zugunsten des Einspruchsführers in vollem Umfang zu überprüfen (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO 1977). Damit aber hätte der Ablauf der Festsetzungsfrist innerhalb eines Rechtsbehelfsverfahrens letztlich keinerlei Auswirkung, was mit der im Gesetz ausdrücklich bestimmten Einschränkung der Ablaufhemmung nicht vereinbar wäre.
Richtigerweise ist deshalb der Zweck des § 171 Abs. 3 AO 1977 darin zu sehen, daß dieser der Finanzbehörde zwar die Möglichkeit geben will, noch nach Ablauf der (regulären) Rechtsbehelfsfrist über den gestellten Antrag zu entscheiden und (nur) in diesem Rahmen ggf. die Steuerfestsetzung zu ändern. Hierzu bedarf es der getroffenen gesetzlichen Regelung, da ohne sie zumindest zweifelhaft wäre, ob mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist überhaupt noch z.B. eine antragsgemäße Herabsetzung der Steuer erfolgen könnte. Damit aber erschöpft sich der Regelungsgehalt der Vorschrift; eine über den Rechtsbehelfsantrag hinausgehende Verjährungshemmung statuiert sie nicht. Bei einer solchen Auslegung haben sowohl die vom Gesetz angeordnete Ablaufhemmung als solche als auch deren durch das Wort "insoweit" erfolgte Beschränkung einen vernünftigen Sinn: Es soll einerseits gewährleistet sein, daß der Erfolg eines Rechtsbehelfs nicht an dem zwischenzeitlichen Ablauf der Festsetzungsfrist scheitert, und andererseits nur diejenige Änderung ermöglicht werden, die der Rechtsbehelfsführer noch vor Fristablauf beantragt hat. Eine solche Deutung hält der Senat deshalb weiterhin für vorzugswürdig, und sie führt im Ergebnis dazu, daß eine verbösernde Steuerfestsetzung nach Ablauf der Festsetzungsfrist zumindest für den Regelfall unzulässig ist.
Der Senat vermag sich schließlich nicht der Ansicht des BMF anzuschließen, daß durch eine solche Handhabung das Interesse des Rechtsbehelfsführers systemwidrig gegenüber demjenigen der Finanzverwaltung an einer gesetzmäßigen Steuerfestsetzung bevorzugt werde. Er hat hierzu schon in seinem in BFHE 168, 1, BStBl II 1992, 995 veröffentlichten Urteil dargelegt, daß eine etwa gegebene einseitige Risikoverteilung im Gesetz selbst angelegt ist und deshalb nicht als Argument für eine Auslegung herangezogen werden kann, die letztlich dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung widerspricht. An dieser Einschätzung hält er fest, weshalb er auf weitere Ausführungen hierzu verzichten kann.
Für die Beurteilung des Streitfalls unerheblich ist schließlich, daß der Kläger bereits vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf die Möglichkeit der Verböserung hingewiesen worden ist. Denn zum einen gibt dieser Umstand nichts dafür her, daß --was allein zu einer entsprechenden Erstreckung der Ablaufhemmung führen könnte-- der Antrag des Klägers aufgrund des erfolgten Hinweises (auch) auf eine höhere Steuerfestsetzung gerichtet gewesen sein könnte. Zum anderen kann auch nicht in der Weise argumentiert werden, daß sich der Kläger nunmehr gleichsam vorsorglich auch gegen die höhere Steuerfestsetzung gewandt hätte. Denn Gegenstand eines Rechtsbehelfs kann nur eine bereits durchgeführte, nicht aber eine nur angedrohte Steuerfestsetzung sein, und eine verbösernde Festsetzung war bis zum Fristablauf gerade nicht erfolgt. Damit fehlte es zwangsläufig auch unter diesem Aspekt hinsichtlich des Erhöhungsbetrags an einem Rechtsbehelf, der allein die erweiterte Ablaufhemmung hätte auslösen können.
III. Angesichts dieser Sach- und Rechtslage ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Der Senat entscheidet in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO) und setzt die Steuer für alle Streitjahre mit den bis zur Einspruchsentscheidung festgesetzten Beträgen fest, deren rechnerische Richtigkeit der Kläger nicht beanstandet hat.
Ende der Entscheidung
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