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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 09.08.2000
Aktenzeichen: I R 12/99
Rechtsgebiete: KStG


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
BUNDESFINANZHOF

Die Überlassung des Konzernnamens an ein konzernverbundenes Unternehmen stellt in der Regel einen sog. Rückhalt im Konzern dar, für den Lizenzentgelte steuerlich nicht verrechenbar sind. Ist der Konzernname jedoch zugleich als Markenname oder Markenzeichen geschützt, gilt etwas anderes, soweit der überlassenen Marke ein eigenständiger Wert zukommt.

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2

Urteil vom 9. August 2000 - I R 12/99 -

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz (EFG 1999, 499)


Gründe

I.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, ist die Herstellung und der Vertrieb von ... sowie deren Export und Import. Ihr Stammkapital wurde im Streitjahr 1992 zu 95 v.H. von der X-B.V., Niederlande, und zu 5 v.H. von der X-Plc., Großbritannien, gehalten. Alle konzernabhängigen Unternehmen führen den Begriff "X" an erster Stelle der jeweiligen Firma. Dem Begriff wird ein bestimmtes Logo beigefügt. Begriff und Logo hat sich der ausländische Konzern warenzeichenrechtlich schützen lassen. Beides wurde von der Klägerin seit 1985 unentgeltlich genutzt.

Mit Wirkung vom 1. August 1991 hat die Klägerin mit der X-Ltd., einer britischen Tochtergesellschaft der X-Plc., einen Warenzeichen-Lizenzvertrag abgeschlossen, wonach ihr als Lizenznehmerin ein einfaches Recht zur Benutzung des Konzernnamens und des Firmenlogos als Warenzeichen für die im Gebiet verkauften oder zum Verkauf angebotenen Produkte eingeräumt wird. Für im lizenzierten Gebiet verkaufte Produkte beträgt die Lizenzgebühr 1,5 v.H. des betreffenden Umsatzes. Sie wurde als Betriebsausgabe gebucht. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) behandelte die Lizenzzahlungen demgegenüber als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) und erließ einen entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage als unbegründet ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 499 veröffentlicht.

Ihre Revision begründet die Klägerin mit Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben, das zu versteuernde Einkommen 1992 um 5 525 421 DM zu vermindern und die Körperschaftsteuer auf 0 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (vgl. Senatsurteil vom 2. Februar 1994 I R 78/92, BFHE 173, 412, BStBl II 1994, 479). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung einer Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. Senatsurteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626). Dementsprechend kann auch die entgeltliche Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter im Konzernverbund eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sein, wenn sie --dem Grunde und/oder der Höhe nach-- nicht dem entspricht, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Kapitalgesellschaft zu zahlen bereit wäre.

2. Nach der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 23. Februar 1983, BStBl I 1983, 218 Tz. 6.3.2.; vgl. dazu auch Böcker, Die steuerliche Betriebsprüfung --StBp-- 1991, 73, 75) verhält es sich so bei der Überlassung des Konzernnamens, die als sog. Rückhalt im Konzern angesehen wird und für die deswegen Entgelte nicht verrechenbar sein sollen. Im Schrifttum (z.B. Becker in Becker/Kroppen, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Verwaltungsgrundsätze zur Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen, zu Tz. 6.3.2.; Sieker in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 9 MA Rz. 302; Engler in Handbuch der Verrechnungspreise, Kap. L Rz. 244; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 4. Aufl., S. 918 ff.; Jäger/Heitmann, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht --GRUR-- 1999, 542; Baumhoff, Internationales Steuerrecht --IStR-- 1999, 533; derselbe in Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 2. Aufl., Rz. C 386) wird demgegenüber unterschieden: Namens- und Firmenrechte seien im Grundsatz entgeltfähig. Dem Rechtsinhaber derartiger Schutzrechte stehe grundsätzlich auch das freie Wahlrecht darüber zu, ob er solche Rechte innerhalb eines Konzerns auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage --also unentgeltlich-- oder aber auf schuldrechtlicher Grundlage --und damit entgeltlich-- zur Verfügung stelle. Im Allgemeinen sei Letzteres allerdings nicht üblich; dennoch gezahlte Entgelte seien deswegen steuerlich nicht verrechenbar. Anders verhalte es sich jedoch vor allem dann, wenn der Konzernname zugleich als Markenname oder Markenzeichen geschützt sei. Dann sei die Zahlung einer Lizenzgebühr prinzipiell auch steuerlich zu akzeptieren. Werde zusätzlich die Nutzung speziell gestalteter und farblich hervorgehobener Symbole ---wie im Streitfall das Firmenlogo-- gestattet, sei diese Gestattung stets nach Markenrechtsgrundsätzen zu beurteilen und die Entgeltlichkeit zu bejahen (Jacobs, a.a.O., S. 914).

3. Der Senat hält diese Unterscheidung jedenfalls nach deutscher Gesetzeslage für grundsätzlich zutreffend (vgl. auch bereits Senatsurteil vom 17. April 1956 I 332/55 U, BFHE 62, 486, BStBl III 1956, 180, das eine gesellschaftlich veranlasste Überlassung des Konzernnamens ausdrücklich nur als Regelfall bezeichnet hat). Insbesondere ist die Überlassung warenzeichen- bzw. --seit dem Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 (vgl. Art. 50 Abs. 3 des Gesetzes zur Reform des Markenrechts vom 25. Oktober 1994) infolge der gemeinschaftsrechtlichen Harmonisierung des Markenrechts (vgl. Erste Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 21. Dezember 1988, 89/104/EWG, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 40)-- markenrechtlich geschützter Produkt- und Unternehmensbezeichnungen entgeltfähig und auch im Konzernverbund verrechenbar. Zwar bestand nach der für die Streitjahre maßgeblichen früheren Rechtslage unter der Geltung des Warenzeichengesetzes (WZG) zwischen einem Unternehmensübergang und einer rechtlich geschützten Marke eine Akzessorietät (§ 8 WZG); Warenzeichen konnten seinerzeit nicht isoliert übertragen werden (vgl. im Einzelnen Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., § 3 MarkenG Rz. 52 ff.). Diese Akzessorietät verband jedoch allein Geschäftsbetrieb und Markennamen, nicht aber Firmen- und Markennamen (vgl. § 16 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb --UWG-- a.F., § 16 WZG, vgl. nunmehr § 1 Nr. 1 und § 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen --MarkenG--). Der Warenzeicheninhaber konnte also das Warenzeichenrecht auch als Produktnamen übertragen, vorausgesetzt, Letzteres geschah zusammen mit dem Geschäftsbetrieb. Gleichermaßen --und vor allem-- war er darin frei, ein Tochter- oder Schwesterunternehmen unter Verwendung des Warenzeichennamens zu bezeichnen. Es galt und gilt, Markenrechte als Produkt identifizierende Kennzeichnungen einerseits und Unternehmensbezeichnungen als besondere Bezeichnungen eines Geschäftsbetriebes andererseits strikt auseinander zu halten. Beiden kommen verschiedene Inhalte zu; beide sind grundsätzlich unabhängig voneinander verwertbar und mit entsprechenden Schutzrechten ausgestattet (vgl. eingehend Fezer, a.a.O., § 5 MarkenG Rz. 7; Jäger/Heitmann, GRUR 1999, 542, 543, m.w.N.; s. auch Engler in Handbuch der Verrechnungspreise, Kap. L Rz. 244; Baumhoff, IStR 1999, 533). Das gilt auch, wenn der Marken- und der Firmenname gleichlautend sind; das Namensrecht hat dann gegenüber dem Markenrecht allerdings zumindest teilweise zurückzutreten (vgl. Baumbach/Hefermehl, Warenzeichengesetz, § 16 Rz. 5; Fezer, a.a.O., § 23 MarkenG Rz. 6; Jäger/Heitmann, GRUR 1999, 542, 544).

Dieser Rechtslage steht das Gesellschaftsrecht nicht entgegen. Vor allem fordert dieses nicht, dass das Markenrecht von einer Mutter- zur Tochterunternehmung unentgeltlich lizenziert werden muss, auch nicht bei gleichlautender Firma der Tochtergesellschaft. Der Gesellschafter ist vielmehr auch darin frei, ob er die Gesellschaft nach dem Namen der Gesellschafter oder aber nach dem Gegenstand des Unternehmens --und dies auch unter Verwendung des Markennamens-- benennen will (§ 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--, § 4 des Aktiengesetzes --AktG--, §§ 17 ff. des Handelsgesetzbuches --HGB--).

Vor diesem Hintergrund kommt es für die körperschaftsteuerliche Beurteilung darauf an, ob das Entgelt der Tochtergesellschaft für die Einräumung des Firmennamens oder für die Einräumung des Nutzungsrechts an dem Markennamen geleistet wird. Im letzteren Fall besteht prinzipiell keine Veranlassung, die Entgeltlichkeit der Einräumung und damit auch die Verrechenbarkeit der geleisteten Zahlungen im Konzernverbund steuerrechtlich nicht zu berücksichtigen. Soweit die überlassene Marke werthaltig ist, kann sie der abhängigen Beteiligungsgesellschaft unter den gleichen Umständen und Bedingungen wie einem fremden Dritten überlassen werden (zutreffend Jäger/Heitmann, GRUR 1999, 542, 544 f.; Baumhoff, IStR 1999, 533).

4. a) Das FG hat im Ausgangspunkt und im Ergebnis dahinstehen lassen, ob es der vorstehenden Beurteilung folgen könnte. Es hat den Sachverhalt vielmehr dahin gewürdigt, dass die Firmenbezeichnung der Klägerin in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung jedenfalls nicht hinter jene des Warenzeichens zurücktrete. Letztlich habe sich die Klägerin von vornherein --auch schon vor ihrer Umfirmierung-- am Markt behauptet. Die Einräumung des Warenzeichens habe demgegenüber keine spürbaren --eigenständigen und nachweisbaren-- Vorteile und Verbesserungen gebracht. Sie hätte solche Konsequenzen auch nicht haben können, weil die Klägerin jedenfalls überwiegend als sog. Erstausrüster für Fahrzeughersteller fungiere. Deren Kaufentscheidungen orientierten sich vornehmlich an Qualitätsstandards, am Preis, an der Pünktlichkeit und der Einhaltung von Lieferterminen und Ähnlichem, nicht aber an Produktmarken. Insofern hätte ein fremder Dritter unter vergleichbaren Umständen für die Überlassung der Marke "X" kein Entgelt erbracht.

b) Diese im Rahmen des Fremdvergleichs vorgenommene tatrichterliche Sachverhaltswürdigung kann die Werthaltigkeit des Markennamens nicht widerlegen. Sie wird den warenzeichen- bzw. markenrechtlichen Besonderheiten nicht gerecht und geht insbesondere mit der --rechtlichen-- Ausgangsüberlegung, welches Gewicht der Markenüberlassung im Verhältnis zu der Firmenbezeichnung zukommt, von falschen Voraussetzungen aus.

Entscheidend dafür, ob der überlassenen Marke ein eigenständiger Wert zukommt, ist nicht allein, ob deren Einräumung bei der Klägerin tatsächlich zu einer Absatzsteigerung und/oder zu einer Erhöhung des einschlägigen Marktanteils geführt hat. Vielmehr kommt es darauf an, ob die mit der Einräumung verbundenen besonderen und marktfähigen Schutzrechte geeignet sind, zur Absatzförderung beizutragen. Diese Eignung ist grundsätzlich unabhängig davon, ob der Lizenznehmer seinerseits über einen guten Ruf und ein gewisses "Standing" am Markt verfügt. Auch ein solcher Lizenznehmer wird geneigt sein, seine Situation zu verbessern; dies kann ihm durch die Lizenzierung einer eingeführten Marke gelingen, und zwar auf jeder Absatzstufe. Dass es sich bei den im Streitfall interessierenden Belieferungen von Kraftfahrzeugherstellern abweichend verhielte und dass deren Kaufverhalten von Markenprodukten unbeeinflusst bliebe, ist durch nichts belegt. Diese Sichtweise des FG ignoriert vielmehr, dass die Marke und ihre Innehabung auch dann einen vermarktungsfähigen Eigenwert verkörpern, wenn sie gegenüber dem Endkonsumenten nicht eigenständig in Erscheinung treten. In diesem Zusammenhang kommt verschiedenen Aspekten Bedeutung zu, so neben den erzielbaren Preisen der unter den Markennamen vertriebenen Güter dem Bekanntheitsgrad der Marke, der weltweiten oder regionalen Präsenz, der Exportquote des einzelnen Konzernunternehmens (vgl. im Einzelnen Jacobs, a.a.O., S. 920), insbesondere --was deren Entgeltsfähigkeit anbelangt-- der Frage, wer den Wert der Marke geschaffen und wer die Aufwendungen für deren Begründung und dessen Erhalt (beispielsweise durch Weiterentwicklungen, Werbung, Marketingmaßnahmen) getragen hat (vgl. Jacobs, a.a.O.; Sieker in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 9 MA Rz. 302; Baumhoff, IStR 1999, 533). Ein Markenrechtsinhaber, auf dessen erfolgreiche Aktivitäten die Bedeutung der Marke zurückzuführen ist, wird kaum veranlasst sein, einem Dritten die Nutzung dieser Marke unentgeltlich zu überlassen und diesem die starke Stellung des Markenrechtsinhabers einzuräumen (vgl. auch Tz. 6.10 ff. der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen). Er ist dazu auch im Konzernverbund nicht verpflichtet, und zwar auch dann nicht, wenn die Markenüberlassung zunächst unentgeltlich erfolgt ist. Es besteht keine Pflicht, die Nutzungsüberlassung unentgeltlich fortzuführen. Der erwähnten, von der Vorinstanz (vgl. auch Da, IStR 1993, 271) in den Vordergrund gestellten Frage nach der Gewichtigkeit der Markenrechtsüberlassung im Verhältnis zu der Firmenbezeichnung ist demgegenüber in Anbetracht der unter II. 3. dargelegten Abgrenzung von Marke und Firma und der Eigenständigkeit beider Rechte keine besondere Bedeutung in Bezug auf die entgeltliche Lizenzierung dem Grunde nach beizumessen. Sie kann sich allenfalls auf die Höhe des Lizenzentgeltes auswirken (vgl. auch Engler in Handbuch der Verrechnungspreise, Kap. L Rz. 244).

5. Die aufgeworfenen Fragen, insbesondere jene nach dem Lizenzwert, sind bislang nicht geprüft worden. Um dies nachzuholen, waren das Urteil des FG aufzuheben und die Sache an dieses zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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