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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: I R 122/04
Rechtsgebiete: AStG, AO 1977


Vorschriften:

AStG a.F. § 11 Abs. 2
AO 1977 § 37 Abs. 2
AO 1977 § 233a
Der Erstattungsbetrag gemäß § 11 Abs. 2 AStG a.F. ist nicht nach § 233a AO 1977 zu verzinsen.
Gründe:

I.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) hatte gegen die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KGaA, gemäß § 11 Abs. 2 des Außensteuergesetzes (AStG a.F.) eine Erstattung von Körperschaftsteuer für 1997 in Höhe von 33 512 DM festgesetzt. Den Antrag der Klägerin, diesen Betrag gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO 1977) zu verzinsen, lehnte das FA ab. Es fehle bei dem Erstattungsverfahren nach § 11 Abs. 2 AStG a.F. an der für die Verzinsung erforderlichen Festsetzung der erstatteten Körperschaftsteuer.

Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf gab ihr mit Urteil vom 9. November 2004 6 K 1569/02 AO statt. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 330 veröffentlicht.

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung. Entgegen der Vorinstanz ist die der Klägerin gemäß § 11 Abs. 2 AStG a.F. erstattete Körperschaftsteuer nicht nach § 233a AO 1977 zu verzinsen.

1. Nach § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 sind Zinsen auf Steuern zu leisten, wenn die Festsetzung der Steuer zu einer Steuernachzahlung oder -erstattung führt. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer einerseits und den anzurechnenden Steuerabzugsbeträgen, der anzurechnenden Körperschaftsteuer und den bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen andererseits (§ 233a Abs. 3 Satz 1 AO 1977), wobei der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO 1977).

2. Diese Verzinsungsvoraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Zwar trifft es zu, dass im Rahmen des Verfahrens gemäß § 11 Abs. 2 AStG a.F. (i.V.m. § 37 Abs. 1 AO 1977) infolge eines Ausschüttungsüberhangs jene Körperschaftsteuer erstattet wird, welche zuvor aufgrund der Hinzurechnung gemäß §§ 7 ff. AStG als Ausschüttungsfiktion gegen die Klägerin festgesetzt worden war. Wirtschaftlich wirkt sich die Erstattung also im Ergebnis wie die Herabsetzung der ursprünglich festgesetzten Körperschaftsteuer aus. Der Fiskus mag auch durch die zuvorige Hinzurechnung --allerdings nach Maßgabe der Regelungskonzeption der Hinzurechnungsbesteuerung systemkonforme-- Liquiditätsvorteile erlangt haben, welche mittels der Vollverzinsung im Grundsatz ausgeglichen werden sollen. Schließlich mag es richtig sein, dass dem Erstattungsbescheid gemäß § 11 Abs. 2 AStG a.F. der Sache nach der Charakter eines "actus contrarius" zu der ursprünglichen Steuerfestsetzung beizumessen ist (vgl. Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 11 Anm. 110), da jene Festsetzung den Rechtsgrund für das Behaltendürfen des vereinnahmten Steuerbetrages bildet. Rechtstechnisch geschieht dies jedoch gerade nicht im Wege einer (eigenständigen) Steuerfestsetzung (bzw. deren Änderung). Die ursprüngliche Steuerfestsetzung bleibt vielmehr unberührt und bildet als solche nach wie vor den Rechtsgrund für die Zahlung (vgl. Wassermeyer, ebenda). Festgesetzt wird insofern --lediglich-- der Erstattungsbetrag im Umfang der Steuer, die in Höhe des Ausschüttungsüberschusses auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt, und zwar nach Maßgabe der Besteuerungsverhältnisse im Erstattungszeitpunkt, nicht aber der Verhältnisse für den betreffenden Veranlagungszeitraum. Es handelt sich hierbei um ein eigenständiges, von dem steuerlichen Festsetzungsverfahren unabhängiges Erstattungsverfahren gemäß § 37 Abs. 2 AO 1977 (vgl. Senatsurteile vom 5. April 1995 I R 81/94, BFHE 177, 437, BStBl II 1995, 629; vom 7. September 2005 I R 64/04, BFH/NV 2006, 27).

Eine Steuerfestsetzung ist indes unabdingbare Voraussetzung, um den Verzinsungsanspruch auszulösen. § 233a Abs. 1 AO 1977 belässt zu diesem tatbestandlichen Erfordernis keine Ausnahmen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Vorschrift uneingeschränkt anderweitige sondergesetzlich bestimmte Erstattungsansprüche der Verzinsungspflicht unterwerfen will. Der Regelungswortlaut ist insoweit unmissverständlich und eröffnet in diesem Punkt keine erweiterten Auslegungsspielräume. Erstattungsansprüche, die sich nicht aus (geänderten) Steuerfestsetzungen errechnen, sondern Gegenstand eines eigenständigen Erstattungsbescheides sind, lösen deswegen keine Verzinsungspflicht aus. Der Verzinsung unterliegen nur Erstattungsansprüche, die sich aus der Festsetzung der in § 233a Abs. 1 AO 1977 aufgeführten Steuerarten ergeben (vgl. Heuermann in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 233a AO Rz. 16; im Grundsatz auch Kögel in Beermann/Gosch, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 233a AO Rz. 5.13; anders Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 233a AO Rz. 10). Dass § 233a AO 1977 damit im Ergebnis möglicherweise Verzinsungslücken enthält, ist de lege lata hinzunehmen. Der Gesetzgeber ist unbeschadet der prinzipiell angestrebten Vollverzinsung nicht zu einer lückenlosen Verzinsung jeglicher Erstattungsansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis verpflichtet.

3. Da das FG eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, war sein Urteil aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.

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