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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 15.09.2004
Aktenzeichen: I R 16/04
Rechtsgebiete: GewStG, KStG 1991, EStG
Vorschriften:
GewStG § 7 | |
GewStG § 9 Nr. 2a | |
KStG 1991 § 30 Abs. 2 Nr. 4 | |
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 |
Gründe:
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, war seit 1991 Alleingesellschafterin einer anderen GmbH (GmbH II), zu deren Betriebsvermögen Grundstücke gehörten, die in den Büchern ursprünglich mit rd. 88 Mio. DM angesetzt und in 1991 auf einen Teilwert von 30 Mio. DM abgeschrieben worden waren. Der überwiegende Teil der Grundstücke wurde am 26. September 1991 von einer GbR erworben. Zu den beiden je hälftig beteiligten Gesellschaftern dieser GbR gehörte eine KG, an der zu 25 v.H. X beteiligt war. X war damals zugleich Alleingesellschafter der Klägerin.
Im Hinblick auf den unter dem Verkehrswert der Grundstücke liegenden Verkaufspreis verständigten sich zum einen die GmbH II und das für die GmbH II zuständige Finanzamt --am 6. Februar 2001-- sowie zum anderen die Klägerin und der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) --am 7. März 2001-- ausgehend von einem Verkehrswert der Grundstücke von 37 300 000 DM über die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) zugunsten der Klägerin und eine zeitgleiche verdeckte Weiterausschüttung an X in Höhe von 9,9 Mio. DM. Als Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs der Grundstücke wurde der Monat September 1993 (Streitjahr) bestimmt.
Für die GmbH II ergingen entsprechend geänderte Steuerbescheide. Da anderes Eigenkapital nicht zur Verfügung stand, galt für die vGA verwendbares Eigenkapital i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1991 (KStG 1991) als verwendet. Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens wurde der bisherige Verlust von mehr als 10 Mio. DM um die vGA gemindert. Der um die Gewinnausschüttungen verminderte Verlust wurde auch der Berechnung des Gewerbeertrags zugrunde gelegt.
Bezogen auf die Klägerin vertrat das FA die Auffassung, das zu versteuernde Einkommen sei um die den Buchwert der Anteile der GmbH II von 11 500 DM (nachträgliche Anschaffungskosten) übersteigenden Gewinnausschüttungen von 10 233 878 DM zu erhöhen. Der Gewerbeertrag sei jedoch nicht um diesen Betrag zu kürzen, da es sich nicht um einen "Gewinn aus Anteilen" i.S. des § 9 Nr. 2a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1991) handele. Ausschüttungen, für die Eigenkapital i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1991 als verwendet gelte, seien als Kapitalrückzahlungen zu behandeln. Das FA bezog sich insoweit auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 9. Januar 1987 (BStBl I 1987, 171) sowie die Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt vom 23. März 1998 (Betriebs-Berater --BB-- 1998, 994).
Die Klage gegen den hiernach ergangenen Gewerbesteuermessbescheid hatte Erfolg. Das Urteil des Hessischen Finanzgerichts (FG) vom 27. November 2003 8 K 2392/02 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1144 abgedruckt.
Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG hat der Klägerin zu Unrecht die Kürzung des Gewinns gemäß § 9 Nr. 2a GewStG 1991 für die vGA der GmbH II gewährt.
1. Nach § 7 GewStG 1991 ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG 1991 bezeichneten Beträge. Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird nach § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 1991 u.a. gekürzt um die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft i.S. des § 2 Abs. 2 GewStG 1991, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7 GewStG 1991) angesetzt worden sind. Durch die Vorschrift soll eine gewerbesteuerrechtliche Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne zum einen beim Anteilseigner, zum anderen bei der Kapitalgesellschaft vermieden werden (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. April 1997 X R 6/95, BFHE 183, 208, BStBl II 1998, 25, und vom 8. Mai 2003 IV R 35/01, BFHE 202, 360, BStBl II 2004, 460).
2. Zu den Gewinnen aus Anteilen i.S. von § 9 Nr. 2a GewStG 1991 rechnen alle wirtschaftlichen Vorteile, die aus dem Besitz der Anteile gezogen werden. Dies korrespondiert mit den "Gewinnanteilen", die --neben anderen "Bezügen"-- beim Anteilseigner zu steuerbaren Bezügen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG) führen. Zu diesen Bezügen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch vGA. Wie der BFH wiederholt entschieden hat, ist nichts dafür ersichtlich, dass zwischen dem Begriff der "Gewinne aus Anteilen" in § 9 Nr. 2a GewStG 1991 und dem Begriff der "Gewinnanteile" ein sachlicher Unterschied zu machen wäre (BFH-Urteile in BFHE 183, 208, BStBl II 1998, 25; in BFHE 202, 360, BStBl II 2004, 460, jew. m.w.N.). Der Senat folgt dieser Rechtsprechung (ebenso Abschn. 61 Abs. 1 Satz 5 der Gewerbesteuer-Richtlinien 1998 --GewStR 1998--; Güroff in Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 5. Aufl. 2002, § 9 Nr. 2a Anm. 5).
3. a) Nicht zu den Bezügen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören nach Satz 3 dieser Vorschrift allerdings Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft stammen, für die Eigenkapital i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1991 als verwendet gilt. Geht man von der prinzipiellen Übereinstimmung zwischen den "Gewinnanteilen" und --als deren Oberbegriff-- "Bezügen" einerseits und "Gewinnen aus Anteilen" andererseits aus und legt diese Übereinstimmung zugrunde, spricht dies dafür, die Einschränkung in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG für sog. EK 04-Ausschüttungen auf die Ermittlung des Gewerbeertrages gemäß § 7 GewStG 1991 und damit auch des Kürzungsbetrages gemäß § 9 Nr. 2a GewStG 1991 insoweit durchschlagen zu lassen, als sie den Buchwert der Beteiligungen übersteigen. Dem folgen im Grundsatz auch der BFH in den erwähnten Urteilen in BFHE 183, 208, BStBl II 1998, 25; in BFHE 202, 360, BStBl II 2004, 460 (jeweils zu Liquidationsraten) und die Praxis der Finanzverwaltung (Abschn. 61 Abs. 1 Satz 11 GewStR 1998; BMF-Schreiben in BStBl I 1987, 171; OFD Frankfurt, Verfügung in BB 1998, 994).
b) Der Senat pflichtet dem bei (ebenso Güroff in Glanegger/ Güroff, a.a.O., § 9 Nr. 2a Anm. 6 f.; Gosch in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 9 GewStG Rz. 181; anders Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 2a Anm. 43; Orth, Der Betrieb --DB-- 1993, 2152), wobei er im Ausgangspunkt mit der Finanzverwaltung davon ausgeht, dass auf Seiten des Anteilseigners (hier der Klägerin) entsprechende Kapitalerträge nur in jenem Umfang vereinnahmt werden, in welchem die betreffende Ausschüttung (hier in Gestalt des Unterpreisverkaufs) die tatsächlichen Anschaffungskosten übersteigt.
Die von der Vorinstanz ins Feld geführten Erwägungen, bei vGA sei "die Nämlichkeit des den Gewinn erhöhenden Vorgangs gegeben" und es bestehe ein unmittelbarer sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Einkommensteilen, die bei beiden Gesellschaften der Besteuerung nach dem Gewerbeertrag unterliegen, führen zu keinem anderen Ergebnis. Eine vGA, die aus Einlagen der Anteilseigner i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1991 und damit aus bei der Kapitalgesellschaft nicht belasteten Teilbeträgen gespeist wird, ist wie entsprechende Liquidationsraten oder vergleichbare Ausschüttungen kein Gewinnanteil, sondern die Rückzahlung von Einlagen, die das Eigenkapital der Kapitalgesellschaft in nach dem 31. Dezember 1976 abgelaufenen Wirtschaftsjahren erhöht haben. Dass diese Rückzahlung nicht "offen", sondern in Gestalt einer vGA erfolgt, ändert daran ebenso wenig, wie auch eine "offene" Rückgewähr von Gesellschaftereinlagen nicht der Rechtsfolge des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG unterfällt, wenn eine Verrechnung mit dem EK 04 infolge der Verwendungsfiktion der Teilbeträge in § 28 Abs. 3 Satz 1 KStG 1991 ausscheidet. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Verwendung der Teilbeträge in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG und in § 28 Abs. 3 Satz 1 KStG 1991 auf einer gesetzlichen Fiktion beruht. § 7 GewStG 1991 bestimmt unterschiedslos, dass Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb ist. Ob jener Einkommensermittlung Gesetzesfiktionen zugrunde liegen, ist insofern unbeachtlich. Unbeachtlich ist es schließlich, ob das mit der Kürzungsvorschrift verbundene Regelungsziel --die Vermeidung gewerbesteuerlicher Doppelbelastungen-- uneingeschränkt erreicht wird. Weder das Vorliegen einer solchen Doppelbesteuerung noch deren Fehlen sind zwingende Anwendungsvoraussetzungen der Kürzungsvorschrift (insoweit zutreffend Lenski/Steinberg, a.a.O., § 9 Nr. 2a Anm. 43; Orth, DB 1993, 2152).
4. Die Beteiligten streiten allerdings auch noch über die Wirksamkeit und die Reichweite der getroffenen tatsächlichen Verständigungen und hierbei insbesondere darüber, ob tatsächlich eine vGA (i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1991) an die Klägerin im (anteiligen) Umfang des Unterpreisverkaufs der Grundstücke an die GbR vorgelegen hat, die bei Ermittlung des Gewerbeertrages gemäß § 7 GewStG 1991 im Gewinn aus Gewerbebetrieb zu erfassen ist. Das FG hat dazu keine weiteren Feststellungen getroffen und diese Frage nicht geprüft. Das wird im 2. Rechtsgang nachzuholen sein. Zu diesem Zweck ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Ende der Entscheidung
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