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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 23.09.2008
Aktenzeichen: I R 19/08
Rechtsgebiete: EStG, GewStG


Vorschriften:

EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4
EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3
GewStG 1991/1999 § 7
GewStG 1991/1999 § 8 Nr. 10 Buchst. a
GewStG 1991/1999 § 9 Nr. 2a
Teilwertzuschreibungen nach einer ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung sind auch dann im Gewerbeertrag zu erfassen, wenn die Teilwertabschreibung gemäß § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG 1991/1999 dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet worden war.
Gründe:

I.

Die am 29. Oktober 1998 gegründete Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, erwarb am selben Tag sämtliche Anteile an der mit einem Stammkapital von 50 000 DM ausgestatteten S-GmbH zu einem Kaufpreis von 1 067 000 DM. Die S-GmbH hatte in der Vergangenheit die von ihr erzielten Gewinne in erheblichem Umfang thesauriert. Die Klägerin beschloss am 8. Dezember 1998 eine Vorabausschüttung in Höhe von 1 220 354 DM. Im Jahresabschluss 1998 schrieb sie die Gesamtanschaffungskosten der Beteiligung an der S-GmbH um 896 706 DM auf 286 000 DM ab.

In der Gewerbesteuererklärung für 1998 kürzte die Klägerin den Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 9 Nr. 2a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1991) um den Beteiligungsertrag. Ab dem Jahr 1999 nahm sie Wertaufholungen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/ 2002) vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304 --EStG 1997 n.F.--), § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vor. Die um diese Beträge erhöhten Gewinne legte sie als Gewerbeerträge i.S. des § 7 Satz 1 GewStG 1999 den Gewerbesteuererklärungen zu Grunde.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) war der Auffassung, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb 1998 gemäß § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG 1991 um die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung (896 706 DM) zu erhöhen sei. Die Klägerin machte daraufhin vergeblich geltend, die Gewerbeerträge der folgenden Jahre seien ohne die Teilwerterhöhungen der Beteiligung zu ermitteln.

Der gegen die Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31. Dezember 1999 bis 31. Dezember 2002 sowie die Gewerbesteuermessbescheide 2000 und 2001 erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) Münster mit Urteil vom 7. Dezember 2007 9 K 6262/04 G, F, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 715, statt.

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das FG hat zu Unrecht die Teilwertaufholungen nicht im Gewerbeertrag erfasst.

1. Nach § 7 GewStG 1991/1999 ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG 1991/ 1999 bezeichneten Beträge.

a) Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird nach § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 1991/1999 u.a. gekürzt um die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft i.S. des § 2 Abs. 2 GewStG 1991/1999, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7 GewStG 1991/1999) angesetzt worden sind. Durch die Vorschrift soll eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne zum einen beim Anteilseigner, zum anderen bei der Kapitalgesellschaft vermieden werden (Senatsurteil vom 25. Januar 2006 I R 104/04, BFHE 213, 19, BStBl II 2006, 844).

Diese Vorschrift war, worüber zwischen den Beteiligten Einigkeit besteht, auf die im Jahr 1998 vorgenommenen Ausschüttungen aus der S-GmbH, die die Klägerin in ihrem Betriebsvermögen hielt, anzuwenden.

b) Der Gewinn aus Gewerbebetrieb für 1998 war jedoch gemäß § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG 1991 um die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung zu erhöhen. Da der Gewinn aus Gewerbebetrieb um die Gewinnausschüttung gekürzt wird (§ 9 Nr. 2a GewStG 1991/1999), soll, so die Gesetzesbegründung (BTDrucks 11/2157, S. 175 f.), zur Vermeidung einer gewerbesteuerrechtlichen Doppelentlastung auch die durch die Gewinnausschüttung verursachte Wertminderung der Anteile erfolgsneutral behandelt werden (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. Mai 2003 IV R 35/01, BFHE 202, 360, BStBl II 2004, 460; Senatsurteil vom 2. Februar 1994 I R 10/93, BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768).

2. Da die Beteiligung in den Folgejahren wieder an Wert gewonnen hat, hat die Klägerin zutreffend in ihren Bilanzen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG 1997 n.F. zu den jeweiligen Stichtagen die höheren Teilwerte angesetzt. Diese Wertaufholungen sind gemäß § 7 Satz 1 GewStG 1999 im Gewerbeertrag zu erfassen.

Wie aus § 7 Satz 1 GewStG 1999 ersichtlich, können sich Kürzungen des Gewinns aus Gewerbebetrieb nur aus § 9 GewStG 1999 ergeben. Diese Vorschrift enthält jedoch keine Regelung, die eine Kürzung des Gewinns aus Gewerbebetrieb um die Teilwertzuschreibungen ermöglichte (gleicher Ansicht Oberfinanzdirektion Düsseldorf, Verfügung vom 21. Januar 2004, Finanz-Rundschau 2004, 242). Insbesondere ergibt sich eine solche Kürzungsmöglichkeit --wie vom FG zutreffend ausgeführt-- nicht aus § 9 Nr. 2a GewStG 1999. Zu den Gewinnen aus Anteilen rechnen alle wirtschaftlichen Vorteile, die aus dem Besitz der Anteile gezogen werden und die beim Anteilseigner zu steuerbaren Bezügen führen (Senatsurteile in BFHE 213, 19, BStBl II 2006, 844; in BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768). In erster Linie sind dies die aus den Anteilen fließenden Dividenden. Werterhöhungen der Anteile sind indessen keine Gewinne aus Anteilen i.S. dieser Vorschrift (Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 187; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 9 Nr. 2a Rz 5). Auch im Übrigen eröffnet § 9 GewStG 1999 keine Kürzungsmöglichkeit.

3. Das Gesetz ist insoweit nicht lückenhaft.

§ 8 Nr. 10a GewStG 1991/1999 wurde durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224) in das Gewerbesteuergesetz eingefügt. Der Gesetzgeber hat eine Regelung dahingehend, dass Teilwertaufholungen nach vorangegangener ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibungen im Gewerbeertrag nicht zu erfassen sind, nicht getroffen. Selbst wenn er die gewerbesteuerrechtlichen Folgen der Teilwertzuschreibung nach vorangegangener ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibung bei Einführung des Wertaufholungsgebots durch § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG 1997 n.F. nicht bedacht haben sollte, bestünde für den Senat keine Handhabe, den in § 9 GewStG 1999 detailliert und abschließend geregelten Katalog der Gewinnkürzungen richterrechtlich um einen weiteren Tatbestand zu ergänzen.

Dies führt zwar zu einer gewerbesteuerlichen Doppelbelastung. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, besteht jedoch im Gewerbesteuerrecht weder ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Kürzung bei der Ermittlung des Gewerbeertrages durchzuführen ist, soweit es ohne diese Kürzung zu einer Doppelerfassung kommt, noch muss umgekehrt eine Kürzung unterbleiben, wenn dies zu einer doppelten Entlastung führt (Senatsurteile vom 22. Februar 2006 I R 120/04, BFHE 213, 25, BStBl II 2007, 321; in BFHE 213, 19, BStBl II 2006, 844; vom 15. September 2004 I R 16/04, BFHE 208, 277, BStBl II 2005, 297; vom 23. Oktober 1985 I R 235/81, BFHE 145, 76, BStBl II 1986, 72).

4. Ungeachtet dessen, dass der Gewerbesteuermessbetrag 1998 nicht in Streit ist, stellen die Teilwertaufholungen auch kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung dar, das eine Minderung des gemäß § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG 1991 hinzugerechneten Betrages ermöglichte (anderer Ansicht Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 10 Rz 17).



Ende der Entscheidung

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